Kitabı oku: «Ohne Freiheit ist Führung nur ein F-Wort», sayfa 2
GESTATTEN: COMO
Welcome to Monkey Business, wo Freiheit ein Schimpfwort ist. Die Führungskräfte, die ich meine, gibt es in jedem Unternehmen. Auf allen Ebenen sind sie anzutreffen. Von ganz unten in der Hierarchie bis hinauf in den Vorstand. Das sind die Führungskräfte, die sich pudelwohl fühlen im Zwangskorsett der Abhängigkeiten. Sie tragen den richtigen Anzug. Sie hangeln sich mehr oder weniger elegant die Karriereleiter hoch. Sie küssen im Vorbeigehen die richtigen Hintern. Sie scheinen immer den richtigen Riecher zu haben, um es noch einen Schritt weiter nach oben zu bringen. Aber eigentlich ist alles, was sie tun und sagen, irrelevant.
Diese Spezies hat einen Namen. Ich nenne sie Corporate Monkeys. Kurz: COMOs. Und was sie tun, das nennen sie Führung. Sie jagen alle der gleichen Kokosnuss hinterher. Und diese Kokosnuss, die nennen sie dann auch noch Erfolg. Corporate Monkeys machen Führung durchschnittlich. Und, was noch viel wichtiger ist:
Dieser Spezies fehlt das, was Führung erst ihren Sinn gibt: der Wille zur Freiheit. Ich bin mir ganz sicher: Ihnen gehen die Corporate Monkeys genauso auf die Nerven wie mir. Auch Sie wollen anders führen und anders geführt werden, als die COMOs es Ihnen vorleben. Sie wollen auch anders erfolgreich sein – wirklich erfolgreich sein für Mitarbeiter, für Ihre Kunden, für Ihr Unternehmen. Am Ende auch für sich selbst. Davon bin ich überzeugt, denn da geht es mir nicht anders als Ihnen: Auch ich habe oft unter schlechter Führung gelitten, und auch ich habe schlecht geführt.
Ganz recht: Auch ich war mehrfach kurz davor, zum Corporate Monkey zu mutieren. Vielleicht habe ich die Grenze sogar ein paarmal überschritten. Ganz bestimmt habe ich das eine oder andere Mal die falsche Entscheidung getroffen. Und damit nähern wir uns des Pudels Kern, denn das ist das Spielfeld der Führung: Führen heißt entscheiden.
KEINE ENTSCHEIDUNGSFREIHEIT, NIRGENDS
Kennen Sie das Dilemma der Alphatiere? Sie wollen alles entscheiden und müssen dann eben auch jede Entscheidung treffen, die sie an sich gerissen haben. Und kennen Sie das Dilemma der dressierten Alphatiere? Sie wollen alles entscheiden, dürfen aber nicht.
Ich ging 1993 nach Dresden. Als Pre-Opening-Manager und designierter F&B-Direktor sollte ich das historische „Kempinski Hotel Taschenbergpalais“ mit aufbauen. Die erste Adresse in einer Stadt, die gerade mitten im Umbruch ist. Dresden war 1993 noch eine ziemliche Ruine. Kopfsteinpflaster, verfallene Fassaden, viel Grau. Aber gleichzeitig ein Mekka der Kulturwelt: In der Semperoper gab sich alles die Klinke in die Hand, was Rang und Namen hatte. Und drum herum war noch architektonischer Sozialismus. Das war wirklich spannend.
Das Problem war nur: Ich mache mich nicht so gut als dressiertes Alphatier. Wenn ich zu wenig Freiheit habe, bekomme ich einen Lagerkoller. Und der kam in Dresden ziemlich schnell, obwohl ich mich in der Stadt damals sehr wohlfühlte. Was mich bei der Stange gehalten hat, war die Herausforderung. Man bekommt ja nicht jeden Tag die Chance, ein historisches Hotel direkt neben der Semperoper neu zu eröffnen.
Wenn Sie ein Fünf-Sterne-Hotel eröffnen, dann treffen Sie täglich 100 Entscheidungen. Oder vielmehr: Sie müssten täglich 100 Entscheidungen treffen. Wogegen ganz und gar nichts auszusetzen ist, wenn man denn alles selbst entscheiden könnte. Aber als dressiertes Alphatier trifft man diese Entscheidungen eben nicht allein, zumindest nicht verantwortlich. Stattdessen werden sie konsensiert. In den meisten größeren Unternehmen braucht es für jede Entscheidung, die über den Wechsel einer Glühbirne hinausgeht – und selbst da hört es in manchen Unternehmen schon auf – irgendein Gremium.
Schon der Begriff „Gremium“ löst bei den meisten von uns ein weiteres Reizwort aus: Meeting. Das sind die Sitzungen, bei denen die COMOs unterm Tisch verstohlen Taschenbillard spielen, während am Kopfende der langen Tafel irgendein höheres Tier einen ordentlichen Affentanz veranstaltet.
In Dresden beginne ich nicht zum ersten Mal, aber in bis dahin ungeahnter Form unter dieser Kultur zu leiden. Ich bin der Gastronomiedirektor dieses Hotels, aber ich darf nicht mal das Geschirr selbstständig aussuchen. Ich muss jeden verdammten Teller mit einem Gremium klären, das aus der gesamten Führungsmannschaft und meinem Vorgesetzten besteht. Und der ist meistens nicht mal da. Kennen Sie diesen Typ auch, den unerreichbaren Chef, der aber alles absegnen will? Dann kennen Sie schon mal mindestens einen Corporate Monkey.
Nun muss ich ergänzen: Ich war relativ verwöhnt aus früheren Engagements. Unter anderem war ich vorher in Südafrika gewesen. Dort hatte ich in zwei sehr speziellen Grand-Hotels weitgehend schalten und walten können, wie ich wollte. In Dresden aber steckte ich in der Konzernkultur fest und durfte praktisch nichts mehr allein entscheiden. Weil jede Tasse mit den Kempinski-Standards konform gehen muss. Und mit den Befindlichkeiten aller anderen sogenannten Entscheidungsträger. Damit wir uns richtig verstehen: Nichts gegen die Kempinski-Standards. Aber alles ist durchschematisiert. Und was nicht durchschematisiert ist, muss konsensiert werden. Keine Entscheidungsfreiheit, nirgends.
Die Entscheidungen aber sind das, was eine Führungskraft auszeichnet. Die Entscheidungen sind die Momente im Führungsalltag, in denen wir scheitern oder Erfolg haben, wachsen oder stagnieren. Wenn führen entscheiden heißt – wie sollen wir dann führen, wenn wir nicht entscheiden dürfen? Wie sollen wir es jemals zu guten Führungskräften bringen? Wie sollen wir andere zu Leadern machen? Und wenn wir Leader nicht an ihren Entscheidungen messen können, woran denn dann?
Genau deshalb sind die Corporate Monkeys so oft und oft so lange erfolgreich auf ihrer Jagd nach der Kokosnuss. Deshalb fällt so oft gar nicht auf, dass sie immer zuerst an den eigenen Vorteil denken. Wo alles konsensiert wird, lässt sich am Ende auch ein Misserfolg nicht schlüssig erklären und an seinen Ursprung zurückverfolgen. Und wo alle der gleichen Kokosnuss hinterherjagen, besteht daran auch gar kein Interesse. Eine Führungskultur, in der Menschen der Freiheit zu entscheiden beraubt werden, züchtet Corporate Monkeys: Führungskräfte, die gar nicht entscheiden wollen.
ENTSCHEIDUNGSFREIHEIT: EIN INDIKATOR FÜR QUALITÄT
Vielleicht war es ein Fehler, dass ich schon als Auszubildender Tom Peters gelesen hatte. Er musste später viel Kritik einstecken, weil sich einige seiner Prognosen darüber, welche Unternehmen in Zukunft erfolgreich sein würden, später nicht bewahrheiteten. Ob das tatsächlich daran lag, dass seine Schlussfolgerungen fehlerhaft waren, oder daran, dass sich die Rahmenbedingungen für wirtschaftlichen Erfolg einige Jahre später grundlegend änderten, sei dahingestellt. Für mich sind einige seiner Thesen dennoch bis heute wegweisend geblieben. Nicht unbedingt als Kriterien für Marktführerschaft, wohl aber als Indikatoren für die Umsetzungskompetenz von Unternehmen. Insbesondere drei davon habe ich später abgewandelt in all meinen Unternehmen bis heute zur Anwendung gebracht:
•Schnelle Entscheidungen und Problemlösungen verhindern, dass die Bürokratie überhandnimmt.
•Service-Persönlichkeiten sind nahe am Kunden und bereit, von seinen Bedürfnissen zu lernen.
•Besondere Unternehmen zeichnen sich durch Autonomie und Unternehmergeist auf allen Ebenen aus.
Aus diesen Prinzipien kann man meiner Meinung nach ableiten, wie eine gesunde Entscheidungskultur aussehen kann. Nicht nur im Service-Bereich, sondern überall, wo es darum geht, was der Kunde braucht. Und darum geht es in jedem Unternehmen eigentlich. In denen, die von Corporate Monkeys geführt werden, nur leider oft nicht operativ. Folgende Schlussfolgerungen über die Entscheidungskultur – also Führungskultur – eines Unternehmens lassen sich aus den obigen Prinzipien ableiten:
•Schnelle Entscheidungen und Problemlösungen sind nur möglich, wenn sie nicht erst durch die Hierarchiestufen hindurch debattiert und konsensiert werden.
•Nahe am Kunden sein kann nur, wer selbst befugt ist, auf die Kundenbedürfnisse mit konkreten, operativen Entscheidungen zu reagieren.
•Wir können nicht von Mitarbeitern erwarten, dass sie Unternehmergeist leben, und ihnen gleichzeitig keine Befugnisse übertragen.
Die Quintessenz dieser Erkenntniskette ist: Auch Mitarbeiter müssen autonom entscheiden können. Entscheidungen sind kein Führungsprivileg. Und gerade deshalb eine Frage der Führungskultur. Denn nur ein Leader, der selbst die Freiheit hat zu entscheiden, kann und wird auch seinen Mitarbeitern genau die Entscheidungsfreiheit einräumen, die sie brauchen, um einen guten Job zu machen.
FREIHEIT IST UNTEILBAR
Die Entscheidungsfreiheit des Leaders hat zwei Aspekte, die beide auf unterschiedliche Weise davon abhängig sind, wie abhängig oder unabhängig ich als Führungskraft bin.
Die Entscheidungsfreiheit des Leaders besteht darin, dass er in seinem Verantwortungsbereich autonom entscheiden kann und dass er nicht alles selbst entscheiden muss, sondern andere in ihrem Verantwortungsbereich ebenfalls autonom macht.
Ein Beispiel, um diese Dualität der Unabhängigkeit von Führungsentscheidungen zu verdeutlichen: An der Rezeption eines meiner Hotels steht ein sogenannter HWC-Gast. HWC steht für „Handle with Care“ – so werden in den besseren Grand-Hotels dieser Welt Gäste genannt, die man anderswo gern einfach als „schwierig“ abstempelt. Dieser Gast ist vielleicht schon zum x-ten Mal bei uns im Hause und erwartet, dass wir uns mit seinen Bedürfnissen auseinandersetzen. Und dieser Gast will ein kostenfreies Upgrade: Statt des gebuchten Deluxe-Zimmers verlangt er nach einer Business-Suite. „Das kann doch kein Problem darstellen. Für mich als Stammgast können Sie das doch machen! Ich komme in diesem Jahr garantiert noch zehnmal, da produziere ich doch genügend Umsatz …“
Wer sollte hier eine Entscheidung treffen? Und sollte es in Ihrem Unternehmen, wenn ein Kunde sich mit unerwarteten Ansprüchen zu Wort meldet? Wenn das Bauteil zum gleichen Preis plötzlich eine hochwertigere Lackierung bekommen soll oder wenn der Code für den Web-Shop ein zusätzliches Plug-in integrieren soll, von dem bisher keine Rede war?
In den meisten Unternehmen läuft in so einem Moment – und diese Momente sind garantiert auch bei Ihnen nicht selten – ein Entscheidungsprozess an. Was zunächst schon mal bedeutet, dass der Kunde in diesem Moment der Wahrheit vom Mitarbeiter, dem er gerade gegenübersteht, keine unmittelbare Lösung bekommt. Allein das erzeugt schon Frust, allein das wirkt schon nicht souverän. Ab hier kostet der Prozess, der nun anläuft, das Unternehmen aber auch schlicht und ergreifend Geld, denn ab hier müssen Zeit und Man-Power investiert werden für etwas, das der Mitarbeiter am Kunden sehr oft selbst regeln könnte. Um beim Beispiel zu bleiben: Was wird jetzt in den meisten Hotels passieren? Die Mitarbeiterin an der Rezeption stößt schon hier an die Grenzen ihrer Entscheidungskompetenzen und greift zum Telefon, um ihren Vorgesetzten anzurufen. Und der muss dann entscheiden, wie mit dem Kunden zu verfahren ist. Vielleicht muss der für sein Upgrade zahlen. Vielleicht bekommt er es einfach so. Vielleicht bekommt er irgendeine andere Vergünstigung oder das Versprechen eines Upgrades in der Zukunft. Höchstwahrscheinlich bekommt er aber nicht genau das, was er will.
Und das muss ihm jetzt wer verklickern und sich mit einem ungehaltenen HWC-Gast ein Tänzchen liefern? Die Mitarbeiterin an der Rezeption, die die Entscheidung nicht selbst treffen konnte oder vielmehr: durfte. Was ihre Ausgangsposition für die nachfolgende Diskussion schon mal ziemlich schlecht aussehen lässt, denn von Augenhöhe kann in diesem Gespräch ja wohl keine Rede mehr sein. Die Gute wirkt jetzt auf den Gast wie ein Roboter, der nicht viel mehr drauf hat, als ein Anmeldeformular auszufüllen. Sie hat ja schon einräumen müssen, dass sie eigentlich gar nicht die Richtige ist, um sich mit dem Kunden auseinanderzusetzen. Schlimmer noch: Kann sie keine Einigung erzielen (was aus dieser schwachen Position heraus sehr wahrscheinlich ist), steht sie doppelt unter Druck. Sie muss wieder bei ihrem Vorgesetzten anrufen, der wieder einen Vorschlag unterbreiten muss, den sie wieder diskutieren muss … Wahrscheinlich bekommt sie von beiden Seiten Dampf. Aber einer Lösung sind wir immer noch nicht nähergekommen.
Wer gewinnt bei diesem Prozess? Der Kunde? Sicher nicht. Die Mitarbeiterin an der Rezeption, die nicht selbst entscheiden darf? Verliert mindestens ihr Ansehen bei diesem Gast, vielleicht sogar bei ihrem Vorgesetzten. Der Vorgesetzte? Verliert Zeit und Nerven. Das Unternehmen? Verliert auf ganzer Linie.
Und jetzt stellen wir uns mal vor, wie viel schwieriger das Ganze wird, wenn diese Entscheidung noch durch eine weitere Hierarchiestufe gereicht werden müsste. Das Ergebnis wäre im schlimmsten Fall, dass ich irgendwann als CEO des Hotels selbst an der Rezeption stünde und mich mit dem Gast auseinandersetze. Dabei könnte die Mitarbeiterin, die dort steht, das viel besser als ich, denn sie wurde für diesen Job ausgesucht und geschult.
Und das alles wegen einer kleinen, operativen Entscheidung.
Zugegebenermaßen habe ich diesen Fall zu Demonstrationszwecken ausgereizt. Übertrieben habe ich aber keineswegs. Ich habe das schon mehrfach so erlebt, und zwar von beiden Seiten, als Führungskraft in Grand-Hotels und auch als Gast in Grand-Hotels. Ja, ich bin auch manchmal ein HWC-Gast. Hin und wieder sogar ganz bewusst.
Es gäbe eine ganz einfache Lösung für dieses kleine Alltagsdilemma, das so typisch ist für die Führungskultur im Monkey Business. Auch bei viel komplexeren Problemen, denn das Schema bleibt das gleiche. Wenn diese Situation an unserer Rezeption auftaucht – und glauben Sie mir, das ist keine Seltenheit –, dann wird sie zum Beispiel so gelöst: Der Gast bekommt ein doppeltes Upgrade auf eine Executive Suite. Eine Stufe zahlt er selbst, eine schenken wir ihm. Eine Win-win-Lösung.
Doch mir geht es gar nicht darum, wie die Lösung aussieht, sondern darum, wer sie trifft: nämlich die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter an der Rezeption. Eigenverantwortlich. Der Mitarbeiter am Kunden trifft die Entscheidung. Wann immer das irgendwie möglich ist. Und ich als Führungskraft bleibe schön oben in meinem Büro sitzen, wo ich sowieso selten genug bin, und treffe die Entscheidungen, die ich am besten treffen kann.
Aber das klappt nur, wenn sowohl ich als auch die Führungskräfte auf der mittleren Ebene als auch die Mitarbeiterin am Kunden in ihrem Verantwortungsbereich autonom entscheiden können.
Damals in Dresden konnte von einer solchen Entscheidungskultur keine Rede sein. Da konnte ich nicht einmal als Gastronomie-Direktor grundlegende Entscheidungen selbst treffen. Darunter habe ich massiv gelitten.
Dort habe ich die Konsenskultur hassen gelernt. Weil sie nicht funktioniert. Nicht, wenn Sie Ihren Gästen außergewöhnlichen Service oder außergewöhnliche Produkte bieten wollen. In Ihrem Unternehmen ist das gewiss ganz genauso: Wenn Sie den Kunden aus den Socken hauen wollen, dann müssen Sie schneller werden. Flexibel. Persönlich. Handlungsfähig, jederzeit, immer und überall. Egal, was Sie machen, ob Sie Hotelier sind oder Schrauben verkaufen.
Wie geht es Ihnen? Wie oft kommen Sie zu dem Schluss, dass Sie Ihrem Kunden besser dienen könnten, wenn die Entscheidungsbefugnisse anders verteilt und die Prozesse anders aufgestellt werden? Und haben Sie diese Frage schon einmal Ihren Mitarbeitern gestellt?
Schnelle, persönliche Lösungen sind nur umsetzbar, wenn sie nicht erst durch die Hierarchiestufen hindurch debattiert werden müssen. Nahe am Kunden kann ein Mitarbeiter nur sein, wenn er selbst operative Entscheidungen treffen kann. Wenn er auf die Bedürfnisse des Kunden eingehen kann.
DIE UMVERTEILUNG DER ENTSCHEIDUNGSMACHT
In den letzten Jahren ist die Forderung laut geworden, Mitarbeiter müssten mehr wie Mitunternehmer denken. Eine nachvollziehbare Forderung – aus Sicht des Unternehmers. Nur leider schrecken die meisten Unternehmer und die meisten Führungskräfte davor zurück, aus dieser Überlegung auch Konsequenzen für die Führungskultur zu ziehen. Das würde nämlich bedeuten, dass die Corporate Monkeys auf allen Führungsebenen einen Teil ihrer Entscheidungsmacht abgeben müssten. An, oh Graus, die Mitarbeiter. Oder – noch schlimmer – an die Führungsebene unter ihnen. Um dieser logischen Konsequenz auszuweichen, werden stattdessen allerlei Kammerstücke aufgeführt. Nichts gegen Maßnahmen, um die Motivation zu erhöhen – auch das ist ein wichtiger Teil von Führungskultur, und auch das wird in diesem Buch noch Thema sein. Motivation kann aber keine strukturellen Mängel ausgleichen. Genau dafür werden derartige Maßnahmen gern missbraucht: Gib ihnen ein gutes Gefühl, dann schlucken sie die nächste Kröte mit einem Lächeln.
Teambuilding-Maßnahmen zum Beispiel können das Arbeitsklima verbessern und damit die Produktivität steigern. Was sie nicht können, ist, Abteilungen und deren Arbeitsabläufe verbessern, also operative Veränderungen ersetzen, wie mancher Veranstalter am Markt für Teambuilding-Maßnahmen das in seiner Kommunikation schon mal darstellt. Den Zusammenhalt und die Kommunikation zu verbessern, ist oft eine sinnvolle Maßnahme; ohne damit einhergehende Anpassungen des operativen Vorgehens ist das aber nichts als Kosmetik für die Produktivität und vor allem für die Kundenbegeisterung.
Wir können nicht von Mitarbeitern erwarten, dass sie Unternehmergeist zeigen, und ihnen gleichzeitig keine Befugnisse übertragen. Wir können ihnen nicht die Verantwortung des Unternehmers überstülpen und ihnen dabei sämtliche Freiheiten des Unternehmers vorenthalten. Das geht nicht. Wenn Sie wollen, dass Ihre Mitarbeiter sich unternehmerisch verhalten, dann bleibt Ihnen nichts anderes übrig, als ihnen auch den nötigen Handlungsspielraum zu geben.
„Die Freiheit ist unteilbar“, hat John F. Kennedy am 26. Juni 1963 vor dem Schöneberger Rathaus in Berlin gesagt. Als Deutschland geteilt war. In derselben Rede, in der er sagte: „Ich bin ein Berliner.“ Ich finde: Erst in Kombination entfalten die beiden Zitate, von denen nur das eine so richtig berühmt wurde, ihre volle Wirkung.
„Die Freiheit ist unteilbar, und wenn auch nur einer versklavt ist, dann sind alle nicht frei. Aber wenn der Tag gekommen sein wird, an dem alle die Freiheit haben und Ihre Stadt und Ihr Land wieder vereint sind, wenn Europa geeint ist und Bestandteil eines friedvollen und zu höchsten Hoffnungen berechtigten Erdteiles, dann, wenn dieser Tag gekommen sein wird, können Sie mit Befriedigung von sich sagen, dass die Berliner und diese Stadt Berlin 20 Jahre die Front gehalten haben. Alle freien Menschen, wo immer sie leben mögen, sind Bürger dieser Stadt West-Berlin, und deshalb bin ich als freier Mann stolz darauf, sagen zu können: Ich bin ein Berliner.“
Der Präsident fand mit diesen Worten deshalb so großen Anklang, weil er eine Einheit herstellte, ein Wir-Gefühl. Er sprach von einer größeren Mission, in der alle freien Menschen vereint sind – einem Projekt, bei dem alle Beteiligten gleich sind. So baut man Motivation auf: indem man einer gemeinsamen Mission auch eine gemeinsame Handlungsgrundlage gibt.
Das ist der Weg, wenn es gilt, etwas Außergewöhnliches zu schaffen. Wenn wir eine Unternehmenskultur wollen, die Spielräume für Excellence lässt, dann gibt es gar keine andere Option, als dass diese Kultur für alle gilt. Nicht nur für die Teppich-Etage. Entscheidungen können kein Führungsprivileg sein.
Genauso wie die Verantwortung. Wenn wir die Verantwortung innerhalb der Führung und bei der Mitarbeiterführung aufteilen wollen, dann gibt es keinen anderen Weg, als auch die Freiheit aufzuteilen. Und das bedeutet zuerst: die Entscheidungsmacht verteilen. Ein Mitarbeiter, der keine Entscheidungen treffen kann, der kann auch keine Kunden begeistern! Und wissen Sie was: Das ist ganz nebenbei eine richtig gute Strategie zur Personalentwicklung. Diejenigen, die nur die Freiheiten wollen, aber nicht die Verantwortung – die Corporate Monkeys also –, entlarven sich mit wachsender Entscheidungsmacht ganz schnell selbst. Sie werden an den entscheidenden Schnittpunkten von Unternehmensinteressen und Eigeninteressen nämlich gerade nicht unternehmerisch entscheiden, sondern ihre Macht ausnutzen und Entscheidungen treffen, die vor allem ihnen selbst nützen.