Kitabı oku: «Das lachende Baby»

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Über das Buch

Das lachende Baby erzählt von Erfahrungen und wissenschaftlichen Erkenntnissen und zeigt, dass Lachen uns miteinander verbindet, dass es die Hintergrundmusik unserer Erfolge ist, dass es uns tröstet, dass es uns beschwingt.

Das erste Lachen von Babys ist ein magischer Augenblick. Eltern erinnern sich immer daran. Wir wissen, dass ein Baby in den ersten zwei Jahren mehr lacht als in allen folgenden, aber warum sie so viel lachen, ist wenig erforscht. Der Entwicklungspsychologe Caspar Addyman ist diesem Phänomen mit einer großangelegten Studie nachgegangen und kommt zu dem Schluss, dass Lachen evolutionär tief in uns verwurzelt und wichtig für unsere frühe Entwicklung ist. Mit dem Lachen, das ist seine Erkenntnis, teilt uns das Baby seine Erfolge mit, und es lohnt sich, innezuhalten und zu betrachten, wie Babys gedeihen und sich anstrengen, größere Ziele zu erreichen. Addyman berichtet von der vorgeburtlichen Entwicklung, macht deutlich, wie sich gleich nach der Geburt die Bindung zwischen Mutter und Kind aufbaut, dass das erste Lächeln immer authentisch ist und Ausdruck davon, dass das Baby glücklich ist, satt und zufrieden. Er befragt psychoanalytische und philosophische Konzepte, erklärt, wie sich Babys durch einfache Vergnügungen wie Kitzeln und beim Baden mit Wasserspritzen ihres Körpers bewusst werden, was Lächeln im Schlaf bedeutet, wie wichtig Berührungen und Musik sind, und dass das Kuckuck-Spiel, das alle Babys begeistert, die reine soziale Interaktion ist.

Der Autor

Dr. Caspar Addyman ist Dozent für Psychologie und Direktor des InfantLab an der Goldsmiths University of London. Er hat Mathematik und Biologie studiert und an dem renommierten Birkbeck Babylab promoviert. Wie Babys Sprache und Konzepte erwerben und ein Zeitgefühl entwickeln war Gegenstand seiner Forschung. Seit 2012 untersucht er, was Babys zum Lachen bringt und warum. Er lebt in London.

Caspar Addyman

DAS
LACHENDE
BABY

Fröhliche Wissenschaft: Was Babys glücklich macht

Aus dem Englischen von

Ursel Schäfer

Verlag Antje Kunstmann


Für meine Mutter

Mit besonderem Dank an Lindsay Addyman und Imogen Heap für ihre großzügige Unterstützung bei diesem Buch

Inhalt

Einleitung: Was ist so lustig?

Kapitel eins: Eine Zeit vor dem Lächeln

Kapitel zwei: Alles Gute zum Geburtstag

Kapitel drei: Die kleinen Vergnügungen

Kapitel vier: Schlafen!?

Kapitel fünf: Die erste Berührung

Kapitel sechs: Kitzeln, Hinfallen und an den Zehen knabbern

Kapitel sieben: Spielzeugfreuden

Kapitel acht: Überraschung!

Kapitel neun: Lache, und die Welt lacht mit dir

Kapitel zehn: Der Klang des Glücks

Kapitel elf: Fröhliches Geplauder

Kapitel zwölf: Ja, Nein, Maybe Baby

Kapitel dreizehn: Freunde

Nachwort: Lachen ist wichtig

Literaturverzeichnis

Einleitung
Was ist so lustig?

Babys sind so ein schöner Weg, um Menschen zu beginnen.

Don Herold, amerikanischer Humorist (1889–1966)

Welch Meisterwerk ist doch der Mensch, wie groß an Vernunft, wie unbegrenzt an Fähigkeiten, an Gestalt und an Geste wie wunders harmonisch verschmolzen, im Tun wie gleich einem Engel, im Begreifen wie gleich einem Gott: das Schmuckstück der Welt, die Vollendung alles Lebendigen!

William Shakespeare, Hamlet, Zweiter Akt, 2. Szene

Selbst der düstere Prinz von Dänemark muss zugeben, dass Menschen etwas Großartiges sind. Dank Charles Darwin betrachten wir uns nicht mehr allein als den Gipfel der Evolution. Wir sind nur ein kleiner Zweig im Dickicht des Lebens. Wir besetzen eine Nische als soziale, aufrecht gehende Allesfresser. Wenn wir uns auf dem Planeten umschauen, sehen wir, dass wir viele gut angepasste Mitbewohner mit herausragenden Eigenschaften haben, die alle etwas ganz hervorragend können. Adler und Haie sind bessere Jäger als wir. Geparden und sogar Flusspferde können schneller laufen als wir. Grönlandwale leben länger als wir. Pflanzen und Amphibien haben größere Genome. Und Bakterien sind die heimlichen Herrscher der Welt. Aber kein Lebewesen ist so klug, so geschickt, so sozial, so kooperativ und so gefühlvoll wie wir Menschen, von künstlerischem Talent, Sprache und Musikalität ganz zu schweigen. Wir sind als Art beeindruckend, und dennoch kommen wir beinahe vollkommen hilflos zur Welt.

Andererseits: Wenn Menschenbabys nicht so hilflos wären, wären wir nicht so klug. Wenn unsere Babys nicht unsere Hilfe bräuchten, wären wir nicht so sozial. Die Verbindung zu unserem Nachwuchs macht uns sogar musikalisch und künstlerisch kreativ. Für beide sind die ersten beiden Lebensjahre das Trainingsset – für einen Wohlfühlfilm.

Babys sind eine reine Freude, und dieses Buch feiert ihre Leistungen und ihre Begeisterung dabei. Beides hängt eng zusammen. In ihren ersten beiden Lebensjahren arbeiten Babys sehr hart, doch für sie ist es wie Spiel. Sie lernen viel, und sie lachen viel. Neugier und Entzücken treiben sie an. Überraschende Entdeckungen und tägliche Fortschritte sorgen dafür, dass sie immer weitermachen. Von den Eltern kommen Unterstützung und Ermutigung – sie befriedigen die Grundbedürfnisse der Babys und strukturieren ihr Leben. Aber die Babys erklimmen die Berge und stehen triumphierend auf den Gipfeln.

In diesem Buch wird nicht aufgezählt, was man tun und lassen soll, wenn man einen Superhelden großzieht. Es ist kein Elternratgeber voller Empfehlungen und Warnungen. Es geht vielmehr um die Wissenschaft, ein Baby zu sein. Nicht als Vater, sondern als Entwicklungspsychologe interessiere ich mich für die Sicht der Babys. Ich möchte wissen, was sie denken, wie sie lernen und warum sie dabei so viel Spaß haben. Ein Baby zu sein ist ein großes Abenteuer mit vielen Höhen und Tiefen. Elternratgeber helfen Ihnen, die Tiefpunkte zu vermeiden, aber ich glaube, man kann auch von den Höhepunkten viel lernen.

Ich befasse mich seit 2005 wissenschaftlich mit Babys, aber erst 2012 habe ich begonnen, das Lachen der Babys ernst zu nehmen. Meine jüngere Schwester hatte gerade ihr zweites Kind bekommen, und mein jüngerer Bruder trat als Comedian auf. Ich überlegte, was wir alle gemeinsam tun könnten. Und dann hatte ich die Idee! Max konnte das Baby zum Lachen bringen, und ich konnte erklären, war um das funktionierte. Es stellte sich heraus, dass Comedians das Lachen ziemlich ernst nehmen, deshalb fand Max die Aufgabe zu leicht. Aber die Idee blieb in meinem Kopf, und ich überlegte, ob das Lachen von Babys ein angemessener Forschungsgegenstand war.

Wie ich feststellte, gab es bis dahin nur sehr wenig Forschung dazu. Lachen ist etwas Spontanes und deshalb schwierig im Labor zu untersuchen. Das gilt ganz besonders für Babys: Sie lachen zwar oft, es kann uns aber bisweilen Rätsel aufgeben, dass sie über gänzlich unerwartete Dinge lachen. Comedy für Babys ist schwieriger, als man vielleicht denkt. Nur wenige Wissenschaftler hatten die Herausforderung angenommen, das Lachen zu studieren; Lachen galt üblicherweise als Marker für etwas anderes, als eine Möglichkeit, um frühen Humor und Spaß zu verstehen, oder als Hinweis auf das Temperament des Babys und seine gute Laune. Selten betrachtete man Lachen als zentrales Element der Entwicklung.

Lachen kommt im Alltag eines Babys häufig vor und ist für alle Menschen immer faszinierend. Ich spürte, dass es wichtig sein musste. Ich richtete eine Website ein und entwarf eine detaillierte Studie zum Babylachen. Journalisten aus aller Welt berichteten über das Projekt, Tausende Eltern aus Dutzenden von Ländern füllten meinen Fragebogen aus. Hunderte andere schickten mir kurze »Feldstudien« und Videos von dem, was ihre Babys zum Lachen brachte. Ich nahm das Babylachen wirklich sehr ernst.

Inzwischen bin ich zu dem Schluss gekommen, dass ich mit meiner Intuition im Wesentlichen richtiglag. Lachen ist wichtig für unsere frühe Entwicklung, und die Evolution hat das Lachen tief in uns verwurzelt. Das heißt nicht, dass Babys, die lachen, sich besser entwickeln. Es gibt keine empfohlene Tagesdosis Lachen. Am besten stellt man sich das Lachen als fröhliches Gegengewicht zum Weinen vor. Wenn ein Baby weint, konzentrieren wir uns nicht auf das Weinen an sich: Wir unterbrechen das, was wir gerade tun, und versuchen, das Problem zu lösen, von dem uns das Baby berichtet. Lachen ist das Gegenteil, damit teilt uns das Baby seine Erfolge mit. Ich glaube, es lohnt sich, innezuhalten und diese Triumphe näher zu betrachten. Tatsächlich könnte das der Sinn und Zweck des Lachens sein.

Während ich das Lachen studierte, dehnte sich mein Interesse auf all die Aspekte aus, wie Babys gedeihen und wie sie sich anstrengen, ihre größeren Ziele zu erreichen. Deshalb geht es in diesem Buch um die Gefühle der Babys, um ihre Kontakte, ihr Lernen und ihre Neugier. Es behandelt die ersten beiden Lebensjahre ungefähr in chronologischer Reihenfolge, aber ich habe vermieden, zu viele Meilensteine zu setzen. Meilensteine haben keine besondere Bedeutung. Jedes Baby geht seinen eigenen Weg. Dieses Buch befasst sich mit dem Weg, nicht mit dem Ziel.

Auch jenseits der ersten beiden Lebensjahre haben wir noch viel mit Wachsen und Lernen zu tun. Die Grundlagen, die wir schaffen, sind wichtig. Die Untersuchung unserer Anfänge hilft, uns selbst besser zu verstehen. Glauben Sie ja nicht, dass es in diesem Buch nur um Spaß und Spiele von Babys geht. Es steckt eine Menge ernsthafte wissenschaftliche Forschung darin, und ich werde viele Schlüsselkonzepte erklären, die weit über die Babyzeit hinaus Bedeutung haben. Wir werden uns mit so großen Fragen befassen wie der, wie der Geist arbeitet, wie wir uns entwickeln, was Gefühle sind und was Kunst ist. Dabei werden wir erleben, dass Babys es mit intellektuellen Giganten wie René Descartes, Sigmund Freud, Noam Chomsky und Ludwig Wittgenstein aufnehmen können.

Letzten Endes soll dieses Buch jedoch das Unmögliche leisten und den wunderbaren Klang eines Babylachens noch zauberhafter machen. Wenn mir das nicht gelingt, suchen Sie sich am besten ein Baby und lassen Sie sich von ihm unterhalten.

Eine Anmerkung zu den wissenschaftlichen Quellen

Im gesamten Buch bemühe ich mich, frühere Leistungen zu würdigen. Wissenschaft ist ein kooperatives und kumulatives Unterfangen. Isaac Newton prägte 1675 den berühmten Satz: »Wenn ich weiter geblickt habe, so deshalb, weil ich auf den Schultern von Riesen stehe.« Wissenschaftlicher Fortschritt vollzieht sich durch Evolution. Revolutionen in der Wissenschaft verwerfen selten Früheres, sie verfeinern es eher. Wir streiten über die Details, aber wir arbeiten alle am selben großen Bild.

Nur ein kleiner Teil der Forschung in diesem Buch ist meine eigene, und meistens gebe ich nur eine Zusammenfassung. Es ist wichtig, die Personen zu würdigen, die die Arbeit geleistet haben, und darauf hinzuweisen, wo das vollständige Original zu finden ist. Populärwissenschaftliche Bücher verstecken diese Information oft in Fußnoten oder Endnoten oder lassen sie ganz weg. Ich ziehe das Verfahren vor, das psychologische Fachzeitschriften praktizieren: Wenn man eine Studie referiert, nennt man die Namen der Verfasser und das Erscheinungsjahr (Autor und Autor, Jahr). Eine frühe Arbeit über glückliche Babys stammt beispielsweise von Charles Darwin. Seine Schrift »Biografische Skizze eines kleinen Kindes« erschien 1877 in der Zeitschrift Mind, und der Verweis darauf sieht so aus: (Darwin 1877). Natürlich können Sie die Angabe überspringen. Aber immer, wenn Sie einen Verweis sehen, sollten Sie sich bewusst sein, dass diese Personen die wirkliche Arbeit geleistet haben. Der vollständige Titel des Werks und wo es veröffentlicht wurde finden sich im Literaturverzeichnis am Schluss des Buchs.

Auch auf Fußnoten habe ich verzichtet. Wissenschaftler sind ein pedantisches Volk, die immer Ausnahmen, Annäherungen und Alternativen hervorheben. Das ist für alle sehr mühsam, deshalb habe ich es gelassen (ich habe sogar versucht, Klammern zu vermeiden).


Kapitel eins
Eine Zeit vor dem Lächeln

Als das erste Baby zum ersten Mal lachte, zerbrach sein Lachen in tausend Stücke, und die hüpften alle herum, und so nahmen die Elfen ihren Anfang.

J. M. Barrie, Peter Pan, 1904

Das erste Lachen eines Babys ist ein magischer Augenblick. Eltern erinnern sich noch nach Jahren daran. Es passiert irgendwann nach den ersten Wochen bis zum Alter von vier oder fünf Monaten, und das erste Lachen wird sehr wahrscheinlich klein und fein sein, ein leichtes, gehauchtes Glucksen. Ein Baby kann die schnellen Kontraktionen der Zwischenrippenmuskeln noch nicht koordinieren, die nötig sind, um richtig zu lachen, aber der Klang ist trotzdem eindeutig.

Für den griechischen Philosophen Aristoteles ist der Moment, in dem wir zum ersten Mal lachen, der Zeitpunkt, an dem die Seele in den Körper einzieht und wir wirklich zu Menschen werden. Er meinte, das Lachen unterscheide uns von den Tieren. Damit irrte er sich natürlich. Auch Tiere können lachen und tun es, die Grenze zwischen uns und anderen Arten ist graduell, eine Sache von Genen und Kultur. Statt von Seele würden wir heute wohl von »Bewusstsein« sprechen, und wir wissen, dass es langsam entsteht.

Das erste Lachen eines Babys ist ein ganz besonderes Ereignis, das als große Veränderung erlebt wird. Manchmal ist es eine spontane Bekundung des Wohlbefindens und der Zufriedenheit: »Ich habe es warm und bin glücklich und voll mit Muttermilch.« Oder es ist die Reaktion auf etwas, das das Baby sieht, etwa einen Schatten an der Wand. Am allerbesten ist es, wenn das Lachen durch etwas ausgelöst wird, was ein Elternteil macht – ins Zimmer zurückkommen oder dem Baby einen Kitzelkuss geben. Wie flüchtig das erste Lachen auch sein mag, Eltern werden darin erkennen, dass Lachen »ein aufgeplatztes Lächeln« ist. Zum ersten Mal bringt ein Baby sein absolutes Entzücken über die Welt zum Ausdruck.

Die meisten Eltern vergessen diesen Augenblick nie. Als ich 2012 eine weltweite Umfrage zum Babylachen durchführte, machte sich eine Mutter, Mary, die Mühe, mir ausführlich über den »engelsgleichen Ton« zu schreiben, den ihre kleine Tochter von sich gab, als sie ihren Bauch küsste. Das Ereignis lag mittlerweile 42 Jahre zurück, aber für Mary war es immer noch ganz präsent, und der Gedanke dar an ließ sie »lächeln vor GLÜCK«. Viele Geschichten klangen ähnlich. Das ist ziemlich erstaunlich, weil die Erinnerung von Erwachsenen im Allgemeinen sehr vage und unbestimmt ist. Was haben Sie gestern zu Mittag gegessen, was haben Sie an Ihrem letzten Geburtstag gemacht? Nicht viele Ereignisse in unserem Erwachsenenleben prägen sich wirklich gut ein. Selbst Hochzeitstage verschwimmen. Aber das erste Lachen unserer Kinder, ihre ersten Schritte, die ersten Worte bleiben uns im Gedächtnis und bringen uns noch Jahrzehnte später zum Lächeln. Erinnerungen an das erste Lächeln können schlechter fassbar und diffus sein. Eltern fällt es meistens schwer, zu sagen, wann das Kind zum ersten Mal lächelte, und noch schwerer, sich daran zu erinnern. Dabei spielen mehrere Dinge eine Rolle. Ein Lächeln ist nicht nur unmerklicher und flüchtiger, den Eltern wurde auch vielfach beigebracht, an ihrem eigenen Urteil zu zweifeln.

Immer wieder hört man, ein Lächeln vor der sechsten Lebenswoche habe nichts zu bedeuten; es sei nur aufgestaute Luft oder ein Zeichen, dass das Baby gerade in die Windel macht, und nicht wirklich ein Ausdruck von Vergnügen oder Zufriedenheit. Dieser Mythos ist weitverbreitet und hält sich hartnäckig. Ich bin ihm sogar auf Hebammenseiten im Internet begegnet. Ich lehne diese Auffassung radikal ab. Natürlich ziehen Babys komische Gesichter, wenn sie rülpsen oder pupsen. Doch sie lächeln auch aus echter Zufriedenheit. Die Eltern, die ich befragt habe, waren überzeugt, dass sie bei ihrem Baby schon ganz früh echtes Lächeln gesehen hatten, und ich glaube ihnen. Zweifellos sind Eltern ein bisschen voreingenommen, aber sie beobachten ihr Baby auch genauer als jeder andere. Niemand bezweifelt, dass die ersten Schreie und die ersten Tränen echt sind. Wenn ein Baby unglücklich ist, erkennt das jeder. Doch seltsamerweise bestreiten Experten oft, dass frühe positive Gefühle echt sind, und behaupten, das erste Lächeln sei kein »richtiges Lächeln«.

Das macht es noch schlimmer: Frischgebackene Eltern hören von Experten, dass sie sich bei einer so grundlegenden Sache irren. Weil sie ohnehin unsicher sind, ist das nicht gerade hilfreich. Die Schlüsselbotschaft dieses Buchs lautet, dass Eltern und ihre Babys das meiste selbst herausfinden. Niemand ist auf ein Baby perfekt vorbereitet. Aber Eltern wissen mehr, als sie denken, und sie lernen schnell. Für das Baby sind die ersten Lebenswochen sogar noch anstrengender und verwirrender, aber ihr zaghaftes Lachen und Lächeln sind Zeichen, dass sie Fortschritte machen. Niemand sollte ihnen das wegnehmen. Glücklicherweise werden wir feststellen, dass die Eltern recht haben und nicht die Experten, denn Babys können Freude sogar schon vor der Geburt empfinden und ausdrücken.

Ein weiterer Meilenstein für junge Mütter wird oft übersehen. Wann hat das Baby seine Mutter zum ersten Mal zum Lachen gebracht? Das passiert früher, als man gemeinhin denkt. Natürlich kann es ganz am Anfang ein breites Lächeln geben. Vielleicht, wenn die Mutter erstmals vermutet, dass sie schwanger ist. Oder wenn der zweite blaue Strich auf dem Schwangerschaftstest die Vermutung bestätigt? Oder vielleicht ein bisschen später, wenn sie eine andere Mutter mit ihrem neugeborenen Baby sieht und ihre Zukunft dadurch für sie konkreter wird?

Heimliche Freude

Aber ich meine nicht diese Augenblicke. Mir gefällt die Vorstellung, dass ein Baby seine Mutter zum ersten Mal direkt zum Lachen bringt, wenn sie spürt, dass es sich in ihrem Bauch bewegt. Eine gute Freundin hat mir erzählt, dass sie lachen musste, als sie merkte, dass ihre ungeborene Tochter Schluckauf hatte. Doch auch viel harmlosere Dinge bringen eine Mutter zum Lächeln. Oft ist es einfach die Freude über eine greifbare neue Realität.

An Chitra Ramaswamys Buch Expecting über ihre Schwangerschaft gefällt mir eine Passage ganz besonders. Darin schildert sie, wie sie mit Freunden zum Abendessen ausgeht, um ihren Geburtstag zu feiern. Im fünften Monat schwanger, kann sie die exotischen Köstlichkeiten auf der Speisekarte nicht wirklich genießen, und die Bewegungen ihres Babys lenken sie vom Gespräch mit ihren Freunden ab.

Ich nippte am Champagner, der eher wie Apfelmost schmeckte, und tat so, als würde ich der Unterhaltung folgen, während das Baby in meinem Bauch strampelte. Ich erzählte nichts von diesem kurzen Feuerwerk. Ich hatte nicht das Bedürfnis, dar über zu sprechen. Niemand anderer konnte es spüren, niemand anderer konnte es verstehen. Es war mein geheimer Morsecode, der eine Botschaft an mein Inneres sandte. Freude durchströmte mich. Es war einer der glücklichsten Augenblicke in meinem Leben, ich kann ihn zurückrufen, wann immer ich will, und ich tue es oft (Ramaswamy 2016, S. 84f.).

Diese ganz private Freude wurde zu einem der glücklichsten Augenblicke in ihrem Leben. Ramaswamy zitiert dazu auch eine Schlüsselszene aus Tolstois Anna Karenina, einem Meisterwerk des Realismus. Anna ist schwanger mit dem Kind ihres Geliebten Wronski, aber zwischen ihnen stehen hohe Hindernisse, denn sie ist mit einem anderen verheiratet. Sie hat geträumt, dass sie bei der Geburt sterben wird, und erzählt es Wronski, was zu einer weiteren angespannten Diskussion über ihre aussichtslose Affäre führt. Doch plötzlich werden Annas große Ängste von einem Glücksgefühl in den Hintergrund gedrängt, als sie spürt, wie sich das Baby in ihrem Bauch bewegt.

Jahrtausendelang waren die ersten Kindsbewegungen das erste große Ereignis in der Schwangerschaft. Bevor es Schwangerschaftstests und moderne medizinische Methoden gab, konnte eine Frau erst von da ab mit Sicherheit sagen, dass sie schwanger war. Die alten Griechen und Römer glaubten, in dem Augenblick ziehe die Seele in den Körper ein. Sie dachten, die Bewegungen zeigten den Zeitpunkt an, in welchem dem Fötus Leben »eingehaucht« werde – animus und anima sind die lateinischen Wörter für Geist und Seele, und beide haben ihre Wurzeln in einem noch viel älteren proto-indoeuropäischen Wort für Atem oder Atmen.

In der Rechtsordnung sind die ersten Kindsbewegungen ebenfalls der Zeitpunkt, der Leben von potenziellem Leben trennt. Im englischen Common Law war Abtreibung bis zu diesem Augenblick zulässig, und Angriffe auf eine Frau, die zu einer Fehlgeburt nach den ersten Kindsbewegungen führten, wurden schwerer bestraft. Bis 1869 vertrat sogar die katholische Kirche diese Auffassung; Abtreibungen vor den ersten Kindsbewegungen galten als Vernichtung von potenziellem Leben und nicht von tatsächlichem Leben. Die juristischen Definitionen drehen sich heute darum, ob der Fötus außerhalb des Mutterleibs lebensfähig ist. Das englische Recht geht davon aus, dass ein Fötus ab der vollendeten 24. Woche »lebensfähig geboren werden kann«, und juristisch zur Person wird ein Baby in dem Augenblick, wenn es seinen ersten Atemzug tut, in Deutschland ab Beginn der Geburt.

In der privaten Geschichte einer Schwangerschaft sind die ersten Kindsbewegungen ein großer Meilenstein. Die allerersten Regungen sind greifbare Freude, buchstäblich ein »berührender« Augenblick. Von da an hat die Mutter eine neue Verbindung zu ihrem kleinen Mitbewohner und kann damit beginnen, Mutmaßungen über seine Persönlichkeit anzustellen. Sie vergleicht die Bewegungen im eigenen Leib mit dem, was andere Mütter erleben – wird er oder sie eher spät am Abend munter oder früh am Morgen? Wie reagiert er oder sie auf Musik, auf die Stimmungslage der Mutter, auf Kaffee oder Kuchen?

Eine Frau, die zum ersten Mal Mutter wird, spürt die Bewegungen ihres Kindes üblicherweise zwischen der 16. und der 20. Woche. Beim zweiten Kind werden die Kindsbewegungen bereits einige Wochen früher wahrgenommen, weil die Uteruswände dünner sind. Aber der Fötus bewegt sich schon lange, bevor die Mutter es registriert. Die ersten Bewegungen erfolgen vier bis acht Wochen nach der Empfängnis. Zu dem Zeitpunkt kann die Mutter noch nichts spüren, denn der Fötus ist erst so groß wie eine Linse.

Schon vor Einführung der hormonellen Schwangerschaftstests in den 1970er-Jahren merkten die meisten Frauen die starken Veränderungen in ihrem Körper, wenn ein befruchtetes Ei sich eingenistet hatte. Alles beginnt mit einer Flut von humanem Choriongonado tropin (für Eingeweihte hCG), das freigesetzt wird, wenn sich die Plazenta bildet. Das hCG informiert die Eierstöcke, dass eine Schwangerschaft eintritt, und bringt sie dazu, weiter Progesteron zu produzieren, während die Plazenta die Produktion von Östrogen übernimmt. Die Spiegel dieser beiden wichtigsten weiblichen Hormone steigen die gesamte Schwangerschaft hindurch an. Ein drittes wichtiges Hormon, Oxytocin, kommt später, um die Zeit der Geburt, ins Spiel.

Progesteron erhöht die Körpertemperatur der Mutter und steigert ihren Stoffwechsel, was zusätzliche Energie erfordert – einer der Gründe, warum werdende Mütter dauernd müde sind. Progesteron setzt auch die Muskelspannung herab, was in späteren Stadien der Schwangerschaft nützlich ist, aber am Anfang Auswirkungen auf Magen und Darm haben und Sodbrennen durch den Rückfluss von Magensäure verursachen kann. Das Östrogen verändert Geruchs- und Geschmackssinn, und man vermutet, dass es schuld ist an der Morgenübelkeit mit Erbrechen und Magenkrämpfen. Zu allem Überfluss hat die Frau gerade erst festgestellt, dass sie schwanger ist. Es ist nur nachvollziehbar, wenn sie sich ein bisschen wackelig fühlt und im Dunkeln tappt, und da ist die erste Bewegung des Babys beruhigend.

Im Dunkeln können wir lauschen. Das Leben im Mutterleib abzuhören war 200 Jahre lang ein wichtiger Bestandteil der Geburtshilfe. Das schlichte Stethoskop und sein moderner Verwandter, das Ultraschallgerät, wurden beide von Geburtshelfern erfunden. 1816 entwickelte René Laënnec das Stethoskop. Es war ihm unangenehm, dass er sein Ohr auf den Brustkorb einer Frau legen musste, um ihr Herz abzuhören, und so erfand er ein Hörrohr. Laënnec und seine Kollegen erkannten, dass die neue Erfindung ihnen auch ermöglichte, den Herzschlag eines ungeborenen Kindes abzuhören. Die ersten Berichte über die kindliche Herzschlagfrequenz stammen aus dem Jahr 1821, von Laënnecs Schüler Jean-Alexandre Le Jumeau de Kergaradec (Wulf 1985). Das Y-förmige Stethoskop tauchte 1851 auf und hat sich seither nicht sehr verändert. Damit kann man den Herzschlag eines Babys ab der 22. Schwangerschaftswoche hören, allerdings in Abhängigkeit von der Lage im Mutterleib (und je nachdem, wie laut die Geräusche im Bauch der Mutter sind). Mit einem Stethoskop könnte man sogar feststellen, ob es Zwillinge werden.

Die Messung der fötalen Herzfrequenz und ihrer Variation gibt den Ärzten Aufschluss über den Gesundheitszustand des Fötus. Die Herzfrequenz wird durch zwei komplementäre Systeme geregelt, das sympathische und das parasympathische Nervensystem. Das sym pathische Nervensystem steigert die Herztätigkeit, und das parasympathische hemmt sie. Normalerweise befinden sie sich im Gleichgewicht, und die Herzfrequenz geht mal herauf und dann wieder zurück. Ein sehr schneller oder sehr langsamer Herzschlag oder auch fehlende Variabilität können für Ärzte ein Warnsignal sein.

Der Pionier beim Einsatz von Ultraschall in der Gynäkologie war Ian Donald, Geburtshelfer am Glasgow Royal Maternity Hospital. Er wusste, dass hochfrequente Schallwellen in der Industrie zum Einsatz kamen, um Fehler bei Schweißnähten und Verbindungen zu entdecken, und fragte sich, ob das nicht auch bei Gewebe funktionieren könnte. 1955 besuchte er den Anlagenbauer Babcock & Wilcox in Glasgow. Donald brachte zwei Wagenladungen medizinische Proben mit und stellte fest, dass der industrielle Ultraschall anomale Signale von Tumoren und Zysten aufspüren konnte. Zusammen mit seinen Kollegen baute er ein eigenes Gerät und begann mit dem Einsatz in der Diagnostik. Ihre Erkenntnisse fassten sie 1958 in einem Artikel für die Medizinzeitschrift The Lancet zusammen (Donald, Macvicar und Brown 1958). Damit lösten sie eine Revolution in der medizinischen Diagnostik aus.

Ultraschall und die Aufzeichnung der Herzschlagfrequenz sind die beiden wichtigsten Säulen bei der Überwachung der Entwicklung des Fötus. Entwicklungsforscher wie ich nutzen diese Verfahren, um festzustellen, was Babys im Mutterleib erleben. Dank der Herzfrequenzmessung können wir sagen, wenn ein Fötus durch etwas überrascht wird. Mit dem Ultraschall sehen wir, wie ein Fötus sich als Reaktion auf Geräusche, Bewegungen oder andere Reize bewegt. Zusammen mit dem, was wir über die Biologie des heranwachsenden Fötus wissen, ergibt sich ein Bild, was ein Fötus im Mutterleib lernen kann.

Der Ultraschall zeigt uns, dass der Zellklumpen, der einmal das Herz wird, bereits in der sechsten Woche nach der Empfängnis schlägt. Zu dem Zeitpunkt ist der Embryo so groß wie eine Linse, aber Ohren, Mund und Nase sind bereits zu erkennen. Augen und Nasenlöcher sind nur zwei schwarze Pünktchen, Arme und Beine kleine Stummel, Finger und Zehen durch eine Art Schwimmhäute verbunden. Doch ein sechs Wochen alter Embryo bewegt sich bereits als Reaktion auf Berührungen im Bereich von Mund und Nase. Das sind einfach nur Reflexe, aber sie zeigen, dass das Nervensystem sich langsam ausbildet. Wir bekommen eine Vorstellung, warum Babys die Welt erkunden, indem sie alles in den Mund stecken.

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