Kitabı oku: «Das lachende Baby», sayfa 7

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Warum schlafen wir überhaupt?

Eltern, die sich fragen, warum ihr Baby nicht schläft, können eine zweifelhafte Befriedigung aus der Tatsache ziehen, dass nicht einmal die besten Schlafexperten der Welt genau wissen, warum wir überhaupt Schlaf brauchen. Trotz all unserer Bemühungen haben wir keine umfassende Theorie des Schlafes. Wir verstehen nicht genau, was Schlaf bei Erwachsenen bewirkt, und bei Babys wissen wir es schon gar nicht. Ein Grund, warum die meisten Psychologen sich aus diesen Diskussionen heraushalten, ist, dass durch Schlafmangel erschöpfte Eltern den Satz »Es ist kompliziert« nicht hören wollen.

Schlaf ist nicht mein zentrales Forschungsthema, und um mehr zu erfahren, ging ich deshalb den Flur hinunter zu der Schlafexpertin an der Goldsmiths University, Professor Alice Gregory. Auf den ersten Blick wirkt Alice zu jung und zu witzig, um Professorin zu sein. Aber wenn man sich ihre imposante Liste von über 100 wissenschaftlichen Veröffentlichungen zum Thema Schlaf anschaut, wird klar, dass Alice eine internationale Koryphäe ist und Schlaf in der Tat eine komplizierte Sache.

Wie es der Zufall wollte, hatte Alice gerade Nodding Off abgeschlossen, ein populärwissenschaftliches Buch über den Schlaf. Der Untertitel lautet »Schlaf verstehen von der Wiege bis zum Grab«. Damit war sie die perfekte Person, um mir den Schlaf zu erklären. Ich begann mit der ganz großen Frage: Wozu dient Schlaf? Und sie antwortete, das sei die falsche Frage. »Manche Wissenschaftler sagen, zu fragen, warum wir schlafen, sei genauso lächerlich wie zu fragen, war um wir wach sind. Die Forscher diskutieren nicht mehr über die Aufgabe des Schlafs. Sie sind sich mittlerweile einig, dass er vielfältige Aufgaben hat.« Die vier wichtigsten sind Regeneration, Stoffwechsel, Lernen und etwas, das man mangels einer besseren Bezeichnung Therapie nennen könnte.

Die Regenerationshypothese wurde in den 1960er- und 1970er-Jahren von dem Forscherehepaar Ian Oswald und Kristine Adam von der Universität Edinburgh vertreten (Adam und Oswald 1983). In ihrer ursprünglichen Form ist sie ganz einfach. Sie besagt, dass Schlaf den Menschen körperlich und Träumen ihn seelisch wiederherstellt. Regeneration ist nicht einfach »Ausruhen«. Schlaf ist gar nicht so geruhsam. Tatsächlich verbrennt ein Mensch beim Schlafen 12 Prozent mehr Kalorien, als wenn er vor dem Fernseher sitzt. Schlafen ist eine aktive Zeit. Beim Schlafen geht es nicht darum, durch Inaktivität Energie zu sparen, und wohl auch nicht einfach nur um physische Erholung. Laufen Sie einmal einen doppelten Marathon (ich warte solange hier). Ein paar Tage lang werden Sie danach ein bisschen tiefer und ein bisschen länger schlafen, und dann wird sich Ihr normaler Schlaf wieder einstellen (Shapiro u. a. 1981).

Ein wesentlicher Punkt bei der Regenerationshypothese ist die Unterscheidung von verschiedenen Schlafphasen. Schlaf läuft in Zyklen von 90 Minuten ab: Erst durchlaufen wir vier Stadien, in denen der Schlaf immer tiefer wird, dann erfolgt der Übergang in eine Phase des Traumschlafs. Dieser Zyklus wiederholt sich immer wieder bis zum Morgen. Der Traumschlaf ist auch bekannt als REM-Schlaf (Rapid Eye Movement, Schlaf mit schnellen Augenbewegungen) oder paradoxer Schlaf. Er heißt REM-Schlaf, weil sich die Augäpfel unter den Augenlidern schnell hin- und herbewegen. Und es ist paradoxer Schlaf, weil das Gehirn genauso aktiv ist wie im Wachzustand. Zum Träumen komme ich gleich, zunächst steigen wir noch etwas tiefer in den tiefen Schlaf ein.

Nur Vögel und Säugetiere träumen, aber alle Tiere müssen schlafen. Reptilien, Amphibien, Fische, Insekten und sogar kleine Fadenwürmer – alle schlafen. Der Schlaf scheint bei allen tierischen Lebewesen Standard zu sein, trotzdem ist es seltsam, weil Schlaf ein so verwundbarer Zustand ist. Wäre es aus evolutionärer Sicht nicht besser, sich einfach im Wachzustand auszuruhen und zu regenerieren? Aber so ist es nicht, und das muss gute evolutionäre Gründe haben.

Einen Hinweis gibt die Tatsache, dass man ohne Schlaf stirbt. Allan Rechtschaffen und Bernard Bergmann von der Universität Chicago haben das mit einigen gruseligen Experimenten in den 1980er-Jahren bewiesen, zumindest für Ratten. In einem erlesen sadistischen Experiment bauten die Forscher eine runde Kammer mit einer horizontalen Drehscheibe im Zentrum, die über flachem Wasser aufgehängt war. Die Kammer war durch eine senkrechte Wand in der Mitte in zwei Bereiche unterteilt. Auf jeder Hälfte der Plattform saß eine Ratte. Die Gehirnströme einer Ratte wurden aufgezeichnet, und immer, wenn sie im Begriff war einzuschlafen, begann die Scheibe zu rotieren. So waren beide Ratten gezwungen, zu laufen, weil sie sonst ins Wasser gefallen wären. Auf diese Weise konnte die überwachte Ratte niemals schlafen. Die zweite Ratte musste sich auch bewegen, wenn die Scheibe rotierte, konnte aber schlafen, wenn die erste Ratte wach und aktiv war. Beide Ratten hatten die gleiche Umgebung, aber nur eine Ratte wurde gezielt am Schlafen gehindert. Und welche Ratte starb? Im Studienprotokoll heißt es: »Die Versuchsratten erkrankten schwer und starben; die Kontrollratten nicht« (Rechtschaffen u. a. 1983, S. 182).

Nach fünf bis 33 Tagen Schlafentzug starben alle acht Ratten, die die Forscher aktiv am Schlafen gehindert hatten, oder mussten eingeschläfert werden. In ihren letzten Stunden hatten die Ratten Wunden, geschwollene Pfoten, Gleichgewichts- und Muskelprobleme und zeigten abgeschwächte Gehirnströme. Nach ihrem Tod fanden die Forscher Geschwüre, Blutungen und Lungenprobleme. Die Kontrollratten waren erschöpft, aber ansonsten ging es ihnen gut. Allerdings wurden auch sie getötet, wenn die jeweiligen Partnerratten starben, damit die Forscher vergleichende Autopsien durchführen konnten. (Für Laborratten geht es nie gut aus, egal, wie die Versuchsanordnung aussieht.)

Zweifellos würde Ähnliches bei Menschen passieren, obwohl ich nur von einem dokumentierten Todesfall weiß. 2012 starb der chinesische Fußballfan Jiang Xiaoshan, nachdem er angeblich elf Nächte hintereinander nicht geschlafen hatte, weil er die Übertragungen der Fußballeuropameisterschaft anschauen wollte. 1964 stellte der 15-jährige Randy Gardner mit elf Tagen und 25 Minuten ohne Schlaf einen Weltrekord auf. Randy schien nicht sehr unter negativen Auswirkungen zu leiden, aber andere, die Ähnliches versuchten, wurden sehr aufgeregt und fantasierten. Wenig später nahm Guinness diesen Rekord nicht mehr auf, weil der Versuch, ihn zu überbieten, gefährlich werden konnte.

In der Wissenschaft setzt sich die Ansicht durch, dass bestimmte physiologische Prozesse verlangen, dass wir schlafen. Wenn der Schlaf unterbrochen wird, stoppen diese Prozesse, mit verheerenden Konsequenzen. Die Gründe sind tief in der Evolution verwurzelt. Wir wissen nicht, wie und wann das Leben begann, aber seit es komplexes Leben gibt, gibt es auch Zyklen von Tag und Nacht; deshalb ist der Schlaf fest in unserem Stoffwechsel verankert.

In der Biologie geht es um Stoffwechselzyklen, und sie bestehen immer aus zwei Teilen. Beim Anabolismus werden aus kleineren Molekülen größere gebildet, ein Vorgang, der üblicherweise Energie verbraucht; beim Katabolismus werden größere Moleküle zu kleineren abgebaut, was üblicherweise Energie freisetzt. Im Grunde ist das Leben ein unendlicher Kampf darum, diesen Kreislauf zu erhalten. Die metabolische Theorie des Schlafs besagt, dass der effizienteste Weg, das zu erreichen, darin besteht, zwei getrennte Vorgänge daraus zu machen: Aktivität im Wachzustand und Regeneration im Schlaf. Der Neurologe Markus Schmidt spricht vom »Laufen der Maschine« und von der »Wartung der Maschine« (Schmidt 2014, S. 126).

Natürlich erklärt das allein noch nicht den Schlaf. Aber der Zyklus von Nacht und Tag organisiert die Chemie des Lebens schon ziemlich lange nach einem zirkadianen Rhythmus. Einige der frühesten Lebensformen, alte Pflanzen und Algen, haben es bereits so gemacht: Fotosynthese funktioniert nachts nicht. Tiere sind nicht so eingeschränkt, aber es ist sehr sinnvoll, sich als nachtaktives oder tagaktives Tier zu spezialisieren. Sonst hat man einen evolutionären Nachteil gegenüber anderen entsprechend spezialisierten Tieren. Die ersten Landtiere waren wahrscheinlich alle tagaktiv: wach am Tag, und in der Nacht schliefen sie. Sie waren Kaltblüter und brauchten wie die heutigen Reptilien die Sonne, die sie auf Betriebstemperatur aufwärmte. Ihnen blieb gar nichts anderes übrig, als nachts zu schlafen. Aber dadurch entstand in der Nacht eine Nische, die sich nutzen ließ. Unsere weit entfernten Vorfahren sind womöglich Warmblüter geworden, um nachtaktiv sein zu können. (Als Warmblüter hat man die Wahl.)

Markus Schmidts Stoffwechselhypothese erklärt auch, warum unser Schlaf zyklisch verläuft. Er stimmt mit Oswald und Adam darin überein, dass der Schlaf der physischen Regeneration dient und der REM-Schlaf der mentalen. Überraschend ist, dass der REM-Schlaf noch mehr Energie verbraucht. Beim Träumen schalten warmblütige Lebewesen ihre Thermoregulation ab, damit sie mehr Energie für den Umbau des Gehirns aufwenden können; deshalb steigt unsere Kerntemperatur, während wir träumen. Wenn das zu lange ginge, würden wir überhitzen, deshalb fallen wir zurück in den tiefen Schlaf, in dem wir wieder abkühlen. Kleinere Säugetiere können Wärme schneller ansammeln und abgeben und müssen die Zyklen deshalb schneller durchlaufen. Mäuse haben mehr Schlafzyklen als Elefanten und träumen weniger. Menschen haben längere Schlafzyklen, wenn es kalt ist. 1983 stellte man in einer Untersuchung fest, dass ein durchschnittlicher Schlafzyklus bei uns 109 Minuten dauert, wenn die Umgebungstemperatur bei 13 Grad liegt, aber nur 85 Minuten bei einer Temperatur von 25 Grad. In einem kühlen Schlafzimmer schläft man besser.

Eine weitere Funktion unserer nächtlichen Auszeit scheint eine Art neuronaler Hausputz zu sein. Der Biochemiker Robert Cantor sieht den Schlaf als »unvermeidliche Konsequenz« der Art und Weise, wie unsere Gehirne Neurotransmitter einsetzen (Cantor 2015). Jedes Mal, wenn eine Gehirnzelle feuert, schwappen chemische Botenstoffe, die Neurotransmitter, über den synaptischen Spalt zwischen zwei Zellen. Die meisten docken auf der anderen Seite an, aber im Lauf der Zeit konzentrieren sie sich in der Gehirnflüssigkeit und den Fettschichten rund um die Zellen. Das hindert die Zellen daran, effizient zu funktionieren, und deshalb muss das Gehirn herunterfahren, um die überschüssigen Botenstoffe zu beseitigen. Erstaunlicherweise wurde dieses Entsorgungssystem für Abfallstoffe, das sogenannte glymphatische System, erst 2013 entdeckt (Xie u. a. 2013).

Auch die Synapsen brauchen Aufmerksamkeit. Die Synapsen machen unser Gedächtnis aus und repräsentieren unsere Erfahrungen. Sie sind die Verbindungen zwischen den Gehirnzellen, und den ganzen Tag über bilden wir neue. Giulio Tononi und seine Kollegin Chiara Cirelli (2014) haben die Vermutung aufgestellt, dass der Schlaf die Synapsen zurechtstutzt; ihre Hypothese belegen sie mit einer großen Studie an Mäusegehirnen. Tononi schreibt, auf funktionaler Ebene sei »Schlaf der Preis, den wir für das Lernen zahlen«. Wahrscheinlich könnte das nicht funktionieren, während die Schaltkreise benutzt werden, aber die Details sind immer noch einigermaßen mysteriös. Woher weiß das Gehirn, welche Verbindung es stutzen soll und welche nicht? Ein Teil der Antwort liegt in unseren Träumen.

Lebe deine Träume

Haben Sie schon einmal Tetris gespielt? Richtig gespielt? Stundenlang? Dem frustrierenden Suchtpotenzial nachgegeben und »nur noch ein Spiel« gemacht, wieder und wieder? Und dann von stürzenden Rechtecken und eckigen Ss und Zs geträumt? Was war mit Ihren Träumen, als Sie Skifahren, Surfen oder Salsa tanzen gelernt haben? Oder in der ersten Woche in einem neuen Job, einer neuen Stadt oder einem neuen Land? In neuen Situationen sind die Träume immer besonders lebhaft.

Wissenschaftler wissen seit jeher, dass Träume den Tag Revue passieren lassen. Aber wozu sie genau dienen, ist immer noch ein Rätsel. Wenn ich Alice Gregory nach Träumen frage, schüttelt sie bedauernd den Kopf. »Ich habe immer einen Bogen um die Traumforschung gemacht. Träume sind nur schwer wissenschaftlich zu untersuchen.« Das ist verständlich, denn wie will man diese höchst subjektive Erfahrung objektiv untersuchen?

Nehmen wir ein einfaches Beispiel: die schnellen Augenbewegungen, die dem REM-Schlaf seinen Namen gegeben haben. Forscher vermuten, dass unsere Augenbewegungen damit zusammenhängen, was wir in unseren Träumen sehen, aber sie konnten das nie beweisen. Am weitesten kam ein Team aus Paris, das Menschen mit einer Schlafstörung untersuchte, die bewirkt, dass man während des REM-Schlafs nicht vollständig bewegungsunfähig ist. Die Muskeln der Betroffenen agieren teilweise ihre Träume aus. Die Forscher fanden eine starke Korrelation zwischen ihren Aktionen und ihren Augenbewegungen. Zum Beispiel »schauten« ihre Augen auf ihre Hand, wenn sie nach etwas griffen, und gingen rauf und runter, wenn sie scheinbar kletterten (Leclair-Visonneau u. a. 2010). Aber als Beweis für Trauminhalte ist das bestenfalls dürftig, wie andere Forscher dargelegt haben.

Trotzdem wollen die Wissenschaftler nach wie vor das Geheimnis der Träume ergründen. Wenn der Schlaf so alt ist wie das Leben, könnte das Träumen vor 220 Millionen Jahren begonnen haben. Alle warmblütigen Lebewesen träumen, ausgenommen Wale und Delfine, die immer nur mit einer Gehirnhälfte schlafen, damit sie nicht ertrinken. Während des REM-Schlafs ist der Körper bewegungsunfähig und der Träumer darum extrem verwundbar. Deshalb schlafen Raubtiere mehr als Beutetiere, und viele große Vierbeiner kommen mit ganz wenigen Stunden Schlaf aus. Pferde, die 98 Prozent der Zeit stehend verbringen, schlafen sehr wenig, und Giraffen können bis zu einer Woche ganz ohne Schlaf auskommen.

Unter den Primaten sind wir Menschen insofern ungewöhnlich, als wir kürzer und tiefer schlafen und mehr träumen. Menschen in Gesellschaften von Jägern und Sammlern schlafen im Durchschnitt offenbar sechseinhalb Stunden pro Nacht. Hingegen kommt ein Schimpanse auf elf Stunden und unser Freund, der Graukehl-Nachtaffe, auf 17 Stunden. Menschen verbringen 25 Prozent ihrer Schlafzeit im REM-Schlaf. Bei den anderen Primaten sind es rund 10 Prozent und bei Schimpansen 18 Prozent (Samson und Nunn 2015). Bei Menschenbabys entfallen bis zu 45 Prozent ihrer Schlafzeit auf REM-Schlaf, und da sie 18 Stunden pro Tag schlafen, bedeutet das acht Stunden Träumen. Aus dieser Sicht ist Träumen für alle Tiere wichtig, aber am wichtigsten für Menschenbabys.

Die beiden Nutzen des Träumens scheinen Lernen und Glück zu sein. Es gibt eine Fülle von Hinweisen, dass der Schlaf Gelerntes festigt und das Gedächtnis stärkt sowie bei der Regulierung unserer Emotionen hilft. Träumen scheint der Trick zu sein, neue Erfahrungen in unser Modell der Welt zu integrieren und uns auf eine unbekannte Zukunft vorzubereiten. Es hilft uns auch, mit allem fertigzuwerden, was uns ängstigt. Zahllose Studien mit Erwachsenen, Tieren und Babys haben gezeigt, dass Schlafen das Lernen verbessert. Aber Lernen ist ein vielfach missverstandenes Konzept. Der größte Teil des Lernens ist nicht so wie in der Schule. Es ist keine Parade aufbereiteter Fakten, die zusammengepackt und dann als Ganzes geschluckt werden. Lernen funktioniert mehr wie bei einer Ratte, die durch ein Labyrinth läuft, oder einem Teenager, der Videospiele spielt, oder wie bei einem Baby, das einfach nur ein Baby ist. Es gibt keinen Lehrer, und zunächst hat man keine Vorstellung, was man tun soll. Aber durch Erforschung und Versuch und Irrtum werden wir immer besser.

Eines der größten Probleme mit der Welt ist, dass sie meistens nicht sehr viel Sinn ergibt. Das gilt für Ratten, Babys und sogar für Erwachsene. Die meisten Dinge, die uns begegnen, sind unwichtig, unverständlich oder vielleicht einfach nur uninteressant. In späteren Kapiteln werden wir sehen, was für eine Herausforderung das für Babys ist und wie sie diese Probleme lösen, wenn sie wach sind. Aber an dieser Stelle interessieren wir uns dafür, welchen Beitrag der Schlaf und die Träume dazu leisten.

Erinnerung und Lernen sind überlebenswichtig: Wir erinnern uns an die Vergangenheit, damit wir mit der Zukunft besser zurechtkommen. Lernen ist die Fähigkeit zu generalisieren, zu wissen, wie man vergangene Erfahrungen auf gegenwärtige Probleme anwendet. Das kann nicht geschehen, während wir wach sind, weil wir da schon genug zu tun haben, etwa Nahrung finden, Raubtieren aus dem Weg gehen, mit unserem Spielzeug spielen, stehen lernen, sprechen lernen. Aber im Schlaf kann Altes und Neues abgeglichen werden. Und da kommen die Träume ins Spiel. Sie mischen Eindrücke von gestern mit dem, was davor passiert ist, und versuchen, alles zusammenzu fügen.

Ein Gehirnbereich namens Hippocampus koordiniert diesen Prozess. Der Hippocampus scheint der Sitz der Erinnerung zu sein; wie ein Bibliothekar katalogisiert er alles, was in unserem Leben geschieht. Die Erinnerungen verteilen sich über das gesamte Gehirn, und der Hippocampus weiß, wo was zu finden ist – oft ganz wortwörtlich, weil unsere mentalen Landkarten ebenfalls im Hippocampus liegen. Er ist aktiv, wenn wir herumlaufen, und ganz besonders aktiv, wenn wir träumen. Vielleicht ist deshalb ein so großer Teil unserer Traumbilder so geografisch und so episodisch.

Warum sind Träume so verrückt? In erster Linie deshalb, weil es nicht ihre Aufgabe ist, einen Sinn zu ergeben. Träume sind wie das Anprobieren eines Kleidungsstücks, um zu sehen, ob die Größe richtig ist. Unsere Psyche betreibt Brainstorming, ohne zu urteilen, nur für den Fall, dass ein paar interessante Verbindungen auftauchen. Mit diesen Hirngespinsten versuchen wir, das Neue mit dem Alten so zu verknüpfen, dass etwas Nützliches herauskommt. Die klinische Psychologin Magdalena Fosse und ihr Team baten 29 Personen, zwei Wochen lang genau über ihre täglichen Aktivitäten und ihre Träume Tagebuch zu führen. Sie stellten fest, dass 65 Prozent der Träume Aktivität widerspiegelten, aber nur ein Prozent tatsächliche Ereignisse wiedergaben (Fosse u. a. 2003). Die Einzelheiten, wie ein Tag abläuft, sind nicht wichtig, die Konzepte schon.

Eine aktuelle Untersuchung hat das illustriert, indem sie zeigte, dass der Schlaf Erinnerungen verstärkt, von denen das Gehirn annimmt, dass sie in der Zukunft nützlich sein könnten. Ines Wilhelm und ihr Team (2011) baten die Teilnehmer ihrer Studie, Wörter oder bestimmte Fingerbewegungen zu lernen oder sich die Orte bestimmter Gegenstände zu merken. Wenn sie nach der Aufgabe schlafen konnten, verbesserte sich ihre Leistung, aber nur, wenn die Teilnehmer damit rechneten, dass sie sich anschließend erinnern sollten. Wenn sie wussten, dass sie nicht getestet werden würden, spielte es keine Rolle, ob sie schliefen oder wach blieben.

Die Lehre daraus lautet: Wenn Sie etwas lernen wollen, schlafen Sie darüber. Während ich an diesem Kapitel arbeitete, fuhr ich durch Kalifornien. Der erste Tag auf amerikanischen Straßen mit den ungewohnten Regeln und einem Auto mit einer nicht vertrauten Linkslenkung war ziemlich beängstigend. Jeder Fahrbahnwechsel drohte schiefzugehen, jede Kreuzung brachte mich in Schwierigkeiten. Ich schlief ziemlich unruhig und träumte viel. Der nächste Tag war nicht annähernd so schlimm, und am übernächsten machte mir die Sache fast schon Spaß. Meine Fahrkünste waren über Nacht besser ge worden.

In diesem Zusammenhang ergeben Albträume sehr viel mehr Sinn. Sie sind eine Art Planung für den Katastrophenfall, ein ganzes Arsenal von Worst-Case-Szenarien, und trainieren uns für Situationen, sodass wir womöglich Raubtiere und Rivalen überlisten können. Daran ist nichts Gezieltes oder Rationales. Unser Gehirn schaltet in den Schnellgang und kombiniert die Ereignisse auf neue, interessante Weise, bei der wir womöglich zu Schaden kommen, damit genau das am Tag hoffentlich nicht passiert. Kein Wunder, dass Träume so emotional sind. Wären sie das nicht, sie wären nicht annähernd so hilfreich. Im Lauf des Heranwachsens nehmen unsere ursprüng lichen Ängste vor dem Unbekannten ab, aber mit genug Fantasie führen uns unsere Albträume wieder in die alten Zeiten zurück. Ich wette, dass sogar Tiger Albträume haben. Wir träumen von Geistern, Aliens, Zombies und Vampiren, weil wir nie wissen, was auf uns lauert. Womöglich herabfallende Felsbrocken. Und Albträume sind nicht nur gut für unser Überleben, sie sind auch gut für unsere Gesundheit.

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