Kitabı oku: «Hearts Collide», sayfa 6
"Ja, wie immer.“
"Was bist du? Eine Berühmtheit oder so? Du kennst wirklich alles und jeden", bemerke ich.
Er zuckt mit den Achseln. "Na ja, ich komme halt viel rum. Ich lebe schon lange in London und mit der Zeit kennt man nun mal die Leute."
"Wo hast du gewohnt, bevor du aufs College gekommen bist?
"In Holmes Chapel. Ein kleines Dorf hier in England. Klein, aber wirklich nett, ich gehe jedes Mal wieder gerne dort hin." Sein Lächeln zeigt mir, dass er an seine Heimat denkt.
"Also lebt deine Familie noch dort?"
"Fast. Meine Eltern sind geschieden, meine Mutter wohnt dort mit ihrem Verlobten Robin. Mein Vater lebt auch hier in London."
Ich nicke. "Hast du noch Geschwister?"
Kurz erstarrt er, lacht dann aber auf. "Man, Raven, seit wann hast du so viel Interesse an meinem Leben?"
"Sorry, bin ich zu aufdringlich?" Werde bloß nicht rot, Raven ... ähm, Ravely.
"Nein, ist schon in Ordnung, es ist nur extrem ungewohnt", sagt er und sieht hinter mich.
Die Kellnerin bringt unser Essen und die Getränke. Ich betrachte Aidens Burger. "Wieso bestellst du eigentlich einen Barbecue-Burger, wenn du keine Barbecue Sauce drauf haben möchtest?"
Er wickelt das Besteck aus der Serviette und piekst eine Pommes auf. "Weil auf dem Barbecue-Burger der Belag einfach am besten ist. Aber die Soße ist einfach grausam."
"Na toll, wieso hast du mich sie dann bestellen lassen?", frage ich angewidert und klappe meinen Burger auf, um die Soße abzukratzen.
Er betrachtet mich amüsiert und nimmt einen Schluck von seinem Wasser. "Hör auf das da runter zu kratzen, das war ein Spaß. Ich mag Barbecue einfach nur nicht."
Ich stöhne laut auf und verdrehe die Augen, kann mein Grinsen aber trotzdem nicht verbergen. "Du hast meine Frage nicht beantwortet", sage ich und beiße in meinen Burger. Er ist wirklich lecker. Er sieht mich fragend an und ich sage mit vollem Mund: "Ob du Geschwister hast."
"Ach so, ja, natürlich." Herzhaft beißt er in seinen Barbecue - Burger ohne Barbecue und sagt mit vollem Mund: "Eine große Schwester."
Ich starre ihn immer noch mit vollen Backen an und er sieht mich mit vollen Backen an. Ich schlucke schnell den Brocken herunter und pruste dann los. Das sieht einfach zu lustig aus. Aiden muss sich beherrschen nicht auch loszulachen, damit er nicht gleich alles ausspuckt. Er schafft es ebenfalls, alles herunter zu schlucken, scheint sich dabei aber verschluckt zu haben. Er hustet und lacht gleichzeitig, trinkt einen Schluck und wir beruhigen uns.
"Eine Schwester also", sage ich und nehme ebenfalls einen Schluck von meiner Cola.
"Ja, Gemma. Sie ist toll. Sie lebt momentan auch hier in London."
"Du hast es gut", seufze ich. "Du kannst so oft du willst deine Familie sehen. Ich kann meinen Dad höchstens einmal im Monat besuchen. Er wohnt vierhundert Kilometer entfernt."
"Was ist mit deiner Mum?"
Sofort sticht es in meinem Herzen. Meine Mum ist ein heikles Thema und ich habe bestimmt schon Jahre nicht mehr über sie geredet. Meine Laune sinkt binnen Sekunden. "Ich habe keinen Kontakt zu ihr", sage ich resigniert und esse ein paar Pommes.
Aiden sieht mich stirnrunzelnd an. "Ist das ein Thema, worüber du nicht gerne redest?"
Eigentlich schon. "Ich denke schon." Ich zucke mit den Schultern.
"Du denkst schon?"
"Bisher hat mich nie jemand danach gefragt, also weiß ich eigentlich nicht, ob ich so etwas jemandem erzählen möchte."
"Wow. Du scheinst weniger von 'So etwas' zu haben, als ich dachte."
"Anscheinend."
"Und hast du Geschwister?", lenkt er höflich vom Thema ab.
"Nein, bin Einzelkind."
"Das erklärt einiges", bemerkt Aiden grinsend. "Dieses Einzelgängerding, das du durchziehst. So etwas machen meistens nur Einzelkinder", erklärt er, als er meinen fragenden Blick sieht.
"Wieso weißt du so viel?", frage ich lachend.
Er zuckt mit den Schultern und sieht auf seinen Teller. "Schriftsteller wie wir, lesen viel. Da erfährt man nun mal viele Dinge."
Und da fällt es mir wieder ein. Aby hat mir mal erzählt, dass Aiden ein Buch veröffentlicht hat und ich weiß noch, wie neidisch ich auf ihn war. "Aby meinte mal, dass du schon ein Buch veröffentlicht hast", sage ich nebenbei und schiebe mir noch ein Stück in den Mund.
"Hach, hat sie das?" Er lacht leise. "Das war letztes Jahr im Herbst, also noch gar nicht so lange her."
"Das ist wirklich beeindruckend. Ich wünschte, ich könnte auch ein Buch von mir veröffentlichen und endlich Geld damit verdienen." Ich seufze theatralisch.
"Du musst nur extrem gut sein. Und dazu gilt nicht nur eine gute Schreibweise, sondern auch Erfahrung, Raven." Sein Blick spricht Bände.
Ich weiß ganz genau, was er meint und schäme mich dafür, dass ich so wenig Lebenserfahrung in meinem Leben gemacht habe, sondern alles nur objektiv betrachtet habe. Aber wieso reichen denn das Wissen, die Gefühle und die Erlebnisse, in den Büchern nicht aus, um ein erfülltes Leben zu haben? Ich wünschte, die Menschheit wäre nicht auf solch Konzepte eingestellt.
"Darf ich dein Buch lesen?", frage ich.
"Na, klar."
"Wie heißt es?" Mir ist die Freude ins Gesicht geschrieben. Ich bin froh, wenn ich in Aidens Seele schauen darf. Denn bei Schriftstellern ist es so, dass sich in ihren Büchern auch ihre Seele spiegelt.
Doch Aiden schüttelt nur schelmisch grinsend den Kopf.
"Du willst es mir nicht sagen?", sage ich empört.
"Erfasst."
"Brauchst du auch nicht. Ich gebe einfach deinen Namen bei Google ein."
"Da wirst du nichts finden. Ich habe mein Buch unter einem falschen Namen veröffentlicht."
Wie bitte? "Wieso?"
"Weil Bücher, die hier von diesem College veröffentlicht werden, international veröffentlicht werden und ich möchte nicht, dass die Leute mich sehen."
"Sondern nur dein Buch", vervollständige ich seinen Satz.
Er nickt. Wow, dass er das Ansehen der Leute nicht genießen möchte ist wirklich das selbstloseste, das ich je mitbekommen habe.
Aiden und ich verbringen noch eine Stunde im Restaurant und gehen um halb zwei morgens zurück zum Campus.
Gähnend lehne ich wieder meinen Kopf an die Fensterscheibe und schaue den Lichtern und den Straßen beim Vorbeiziehen zu. Das leichte Wackeln des Autos bringt mich immer mehr zum Ermüden.
"Was hat es eigentlich mit deinem August auf sich?", fragt Aiden nach Momenten der Stille.
Oh nein, er weiß es noch. Sofort schäme ich mich wieder und halte mir die Hände vors Gesicht. "Ich habe gehofft, du hast es vergessen", murmle ich verlegen.
"Habe ich nicht." Er lacht.
"Das ist wirklich peinlich. Muss das sein?"
"Definitiv, du hast mich wirklich neugierig gemacht."
"Na gut". Ich seufze ergeben und setze mich richtig auf, blicke aber immer noch auf die Straße. Schon wieder wundere ich mich darüber, wie leicht es mir doch fällt, mit Aiden so offen zu reden. "August ist für mich irgendwie ... wie soll ich das sagen? Perfekt? Als wir unendlich waren habe ich schon etliche Male gelesen, einfach nur, weil der Autor es geschafft hat, eine Figur zu erschaffen, die einfach alles hat."
"Zum Beispiel?"
"Diesen sarkastischen Humor, Mut, Intelligenz und ..." Ich werde zum Ende immer leiser. Mir ist das wirklich unangenehm.
Aiden sieht mich mit erhobener Braue von der Seite an. "Und was?"
Ich zögere. "Er weiß, wie es funktioniert. Liebe. August war der erste, der mir gezeigt hat, dass Liebe ... existieren kann und wie er in dem Buch um seine Frau gekämpft hat, wie er jede Sekunde, jeden Tag, seine große Liebe vermisst hat und ..." Ich reibe mir mit der Hand über die Stirn. "Aiden, das ist wirklich peinlich."
"Raven, das braucht dir nicht peinlich zu sein. Ich bin es ja schließlich nur", lächelt er mir aufmunternd zu. „Und glaubst du, du findest deinen perfekten August?"
"Ich weiß es nicht, ich hoffe es." Ich hebe die Knie an meinen Körper und kuschle mich gähnend in den Sitz.
"Schlaf ruhig, bis wir am Campus sind. Immerhin sind es noch knapp zwanzig Minuten", sagt Aiden leise.
Ich nicke und schließe die Augen.
Das Stoppen des Autos weckt mich und ich öffne verschlafen meine Augen. "Wir sind da", flüstere ich, nachdem ich den Campus erblickt habe.
"Ja", gähnt Aiden. "Dir beim Schnarchen zuzuhören macht wirklich müde."
Ich hab geschnarcht? Oh Gott. Ich reiße meine Augen auf und starre ihn entsetzt an. "Ich hab geschnarcht?"
Aiden wirft den Kopf in den Nacken und lacht laut. "Du solltest aufhören, alles so ernst zu nehmen, Raven."
"Du hast echt einen kranken Humor." Augenrollend öffne ich die Autotür und steige aus. Mein Grinsen kann ich trotzdem nicht verbergen. Ich steige aus und beuge mich nochmal ins Auto. "Danke für dein Fahrdienst."
"Danke für diese durchaus interessante Nacht mit interessanten Gesprächen", grinst Aiden und startet den Motor.
Ich schließe die Tür und warte noch auf dem Parkplatz bis Aiden weggefahren ist. Er winkt mir zu und biegt dann um die Kreuzung. Ich atme einmal tief und lasse auf dem Weg in mein Zimmer die letzten Stunden durch meinen Kopf gehen.
Eigentlich wollte ich ja nur zu einer einfachen Lesung und daraus wurde ... ich glaube, die beste Nacht meines Lebens? Ich fange definitiv an, Aiden zu mögen. Er bringt mich in jeder Sekunde zum Lächeln, egal was er macht. Er hat ständig einen Spruch auf den Lippen und sieht nie etwas zu eng.
Aber gleichzeitig ist er auch so solidarisch. Aiden gibt mir das Gefühl, dass ich mehr bin, als ich von mir denke und das fühlt sich gut. Ja, in seiner Gegenwart fühle ich mich gut. Vielleicht brauche ich keine Partys, Drogen oder Alkohol, um in meinem Leben Spaß zu haben. Ich denke, das einzige, das ich brauche, ist so etwas. Freundschaften.
Und in dieser Nacht träume ich von grünen Augen und vorbeiziehenden Lichtern.
Ich werde von meinem Handyklingelton geweckt und stöhne genervt auf. Mit geschlossenen Augen greife ich auf meinen Nachttisch und nehme den Anruf an, ohne meine Augen zu öffnen. "Ja?", krächze ich ins Telefon.
"Ravely? Hast du noch geschlafen?", fragt mich die Person an der anderen Leitung, bis sich nach kurzem Überlegen herausstellt, dass es mein Vater ist.
"Ganz offensichtlich."
"Tut mir leid, Mäuschen." Er lacht. "Sieht dir gar nicht ähnlich, bis halb zwei zu schlafen."
Sofort reiße ich meine Augen auf und schaue auf die Uhr auf meinem Handy. 1.34 PM. Tatsächlich, ich habe den halben Sonntag geschlafen. "O, ähm, ja", stottere ich. "Ich hab letzte Nacht einfach zu lange geschrieben." Mein Dad muss nicht wissen, dass ich letzte Nacht so lange mit Aiden unterwegs war. Ich hab keine Ahnung, wie er reagieren würde.
Mein Dad seufzt in die Leitung. "Ravely ..."
"Ja?"
"Ich finde es ja gut, dass du viel lernst und schreibst, aber ... meinst du nicht, dass du - wenn du schon mal auf einem College bist - eventuell ein paar neue Leute kennenlernen möchtest?"
Ich runzle verwirrt die Stirn. Selbst mein Dad sagt, dass ich Freundschaften knüpfen sollte. Kurz schweige ich, entschließe mich aber, ihm zu Liebe die Wahrheit zu sagen. "Um ehrlich zu sein, war ich letzte Nacht mit jemandem aus."
"Wirklich? Das freut mich wirklich, Schatz. Ist es deine Zimmerkameradin?"
"Ähm, nein, eigentlich war ich mit einem Jungen aus meinem Kurs unterwegs. Aiden."
"O." Er ist unverkennbar überrascht. "Na ja, du bist alt genug und ich hoffe du weißt das ganze ... mit der Verhü -"
"Oh Gott, Dad, ja!", unterbreche ich ihn. Darüber will ich mit meinem Vater wirklich nicht reden. "Es ist auch eher nur eine Freundschaft." Ich betone das Wort Freundschaft extra, damit auch keine Missverständnisse aufkommen.
"Gott sei Dank! Du fehlst mir hier ganz schön. Ohne dich ist das Haus so leer."
"Ich vermisse dich auch, Dad. Aber weißt du, wie du nicht mehr so einsam sein würdest?"
Dad stöhnt genervt ins Telefon, "Schatz, bitte nicht scho -"
"Richtig, wenn du dir eine Frau suchst. Du bist doch noch ein attraktiver Mann. Wenn du einmal alt und runzlig bist, werden die Frauen dir nicht mehr hinterherrennen." Ich grinse breit.
"Ravel - "
"Ich meine, allein schon unsere Nachbarin. Die schmachtet dich doch schon seit Jahren an."
"Ravely!", ruft Dad lachend. "Ich hab dich verstanden."
"Gut, dann solltest du die Chance nutzen und dich endlich mal wieder verlieben."
Ich merke durch das Handy, dass er die Augen verdreht. "Ist ja gut, ich überlege es mir."
Dad hat nach meiner Mutter keine Frau mehr an seine Seite herangelassen. Als ich noch klein war, habe ich ihn immer gefragt, wieso er sich keine Frau sucht und er meinte, dass er seine 'Prinzessin' noch nicht gefunden hat. Mit den Jahren merkte ich immer wieder, dass er einzig und allein Angst hat, noch einmal so verletzt zu werden, wie damals von Mum. Ich meine, er ist wirklich - für sein Alter - noch ein gutaussehender Mann und ich kenne auch viele Frauen, die sich oft verzweifelt an ihn rangemacht haben. Sogar meine Mathelehrerin aus der Grundschule hat sich damals Hals über Kopf in ihn verliebt, aber er hat ihnen jedes Mal nach ein paar Wochen gesagt, dass er für Beziehungen nicht bereit sei und blieb am Ende jedes Mal wieder allein.
"Ich weiß, dass du es nicht tust, aber das solltest du wirklich machen", sage ich.
"Schatz, ich muss jetzt wieder auflegen. Oma und Opa kommen gleich zu Besuch und mir verbrennt sonst die Lasagne im Ofen. Aber es freut mich, dass du Freunde gefunden hast."
"Ist gut, Dad. Grüß die beiden von mir. Ich hab dich lieb!"
"Dito."
Kapitel 10
Sofort muss ich an Aiden denken und wie aufregend die letzte Nacht war. Ich frage mich, was er heute macht. Ich würde ihn unheimlich gerne wieder sehen, aber wahrscheinlich wäre das viel zu aufdringlich und er würde mich als nervig abstempeln.
Ich schaue nach links und wundere mich schon gar nicht mehr, dass Aby nicht da ist. Mir fällt erst jetzt auf, dass ich gar nicht ihre Handynummer habe, um sie mal anzurufen und zu fragen, ob alles in Ordnung ist. Ich muss sie auf jeden Fall danach fragen, wenn sie wieder da ist.
Verloren scrolle ich durch all meine Kontakte, die größtenteils aus Familienmitgliedern bestehen. Und jetzt auch aus Aiden. Sofort wird mein Grinsen breiter. Was macht er nur mit mir?
Ich beschließe, mir Als wir unendlich waren zu schnappen und August noch einmal beim Lieben zuzusehen. Ich komme bei jedem Kapitel nicht drum herum, August mit Aiden zu vergleichen, denn in gewisser Art und Weise sind sie sich manchmal ähnlich. Sie haben den gleichen Humor und ich muss mir jedes Mal vorstellen, wie Aiden diese Dinge sagt, die August im Buch sagt.
Als ich bei Seite 189 angekommen bin, öffnet sich die Zimmertür und Aby kommt herein getrottet. Sie sieht heute gar nicht aus wie immer. Sie sieht irgendwie traurig aus.
"Aby, alles okay?", frage ich sie und lege das Buch beiseite.
Aby lässt sich auf ihr Bett fallen, starrt auf den Boden und schüttelt nur mit dem Kopf.
Sofort setze ich mich neben sie. "Was ist passiert?"
Dann verzieht sie ihr Gesicht und sie fängt an, laut zu schluchzen und sich an mir festzuhalten. Ich bin ein wenig überrumpelt und weiß nicht, was ich tun soll, streiche ihr dann aber langsam mit der Hand über den Rücken. Aby heult so laut, dass ich Angst habe, dass es jemand auf dem Flur hören könnte und vermuten könnte, dass ich sie gerade umbringen will. "Er hat Schl-uss ge-gemacht", heult sie.
Jetzt erinnert mich diese Szene an Scar. Sie hat auch oft geweint, wenn ihre Freunde Schluss gemacht oder sogar sie selber Schluss gemacht hat. Bis heute weiß ich nicht, wie ich damit umgehen soll.
"Wieso?", frage ich und streiche ihr immer noch über den Rücken.
"Er meinte", schluchzt Aby, richtet sich auf und wischt sich nicht gerade mädchenhaft mit ihrem Handrücken über die Nase. "Dass er es sich n-nicht leisten kann, seinen J-Job zu verlieren."
"O." Mehr kann ich dazu nicht sagen. Eigentlich hat er doch Recht. Es ist wirklich extrem gefährlich, als Lehrer eine Affäre mit einer Schülerin einzugehen. Das war schon immer so und wird es wahrscheinlich auch immer bleiben.
"Aber er sagte doch, dass er mich liebt!", schreit Aby jetzt und steht aufgebracht auf. "Er hat es ständig gesagt und ich habe es auch ständig gesagt! So etwas tut man doch eigentlich nur, wenn man es komplett ernst mit einer Beziehung meint!" Sie fährt sich aufgebracht durch die blonden Haare.
Sie haben sich schon nach nicht einmal einer Woche gesagt, dass sie sich lieben? Aus Erfahrung mit Scar weiß ich, dass ich nun lieber still sein sollte, denn ich habe es nur noch schlimmer gemacht, wenn ich ihr meine Meinung präsentiert habe.
Ich nicke nur und höre Aby weiter zu.
"Rave, jetzt mal ernsthaft, so etwas tut man doch nicht!" Aufgebracht geht sie von links nach rechts. Wow, anscheinend gibt es diese Stadien der Trauer wirklich. Wir sind jetzt in nicht einmal zwei Minuten von Verzweiflung zu Wut gewechselt. "Ernsthaft, Cam ist so ein Arschloch! Ich sollte ihn anrufen und ihm die Meinung geigen!" Sie zieht ihr Handy aus ihrer Hosentasche und tippt darauf herum.
Ich handle sofort und ziehe es ihr aus der Hand. „Wow, wow, wow, ganz ruhig, Aby. Das ist keine gute Idee."
"Doch ist es!" Sie will wieder nach ihrem Handy greifen, doch ich bin schneller. "Rave, gib es mir wieder her!" Ihr kommen die Tränen und sie lässt sich erschöpft aufs Bett fallen. "Er ist einfach so ein Arschloch! Ein Hurenbock, ein Wichser, ein Schlappschwanz, ein -"
"Okay, Aby, ich hab verstanden, dass du sehr, sehr wütend auf ihn bist. Aber ihn jetzt anzurufen und anzubrüllen ist wahrscheinlich das schlechteste, das du gerade tun kannst. Du darfst nicht vergessen, dass er immer noch dein Lehrer ist."
"Ach ja? Als er mit mir geschlafen hat, hat ihn das auch nicht interessiert!"
Ich schnappe erschrocken nach Luft. An diese Offenheit muss ich mich erst gewöhnen. Ich sehe sie nur sprachlos an.
"Rave, ich hab eine Idee." Entschlossen wischt sie sich eine Krokodils Träne von der Wange. "Wir rufen die anderen zusammen und unternehmen etwas. Ich brauche unbedingt Ablenkung."
"Ähm, klar, von mir aus. Wen meinst du denn alles?"
"Noah, Leon, Lucas, Aiden und noch jemand, den du noch nicht kennst. Joe", erklärt sie und ich reiche ihr ihr Handy.
Innerlich macht mein Herz Luftsprünge, weil ich weiß, dass ich Aiden heute vielleicht nochmal sehen werde. Nur bei Noah bin ich mir noch nicht ganz sicher, ob ich mich freuen soll. Er sah beim letzten Mal echt sauer aus, als er mich mit Aiden gesehen hat.
Aber eigentlich hat er keinen Grund eifersüchtig zu sein und ich habe keinen Grund ihn nicht leiden zu können. Bis auf die Tatsache, dass er kifft, sprechen alle seine Charaktereigenschaften für ihn.
"Kannst du Aiden vielleicht schon mal anrufen und ich rufe solange die anderen an?", fragt Aby mit gebrochener Miene.
Ich nicke und hole mein Handy. Es tutet zweimal und dann nimmt Aiden ab.
"Raven?", ruft er in die Leitung. Im Hintergrund sind laute Geräusche.
"Aiden?", rufe ich zurück und grinse. Aby sieht mich komisch an.
"Sekunde!" Es raschelt einmal kurz laut. "Besser?" Die Hintergrundgeräusche sind jetzt leiser und ich höre ihn besser.
"Ja, besser. Was war das?" Mein Grinsen ist viel zu breit dafür, dass ich nur mit einem Freund rede.
"Ich fahre gerade Auto und du warst auf Lautsprecher. Bin aber jetzt - dem Gesetz zu Liebe - links rangefahren."
"Vorbildlich."
Aby fängt jetzt auch an zu telefonieren und weint sich am Telefon gerade bei irgendwem aus.
"Erlegst du gerade ein Tier?" Aiden lacht.
Ich gebe Aby zu verstehen, dass ich auf den Flur gehen werde und verlasse das Zimmer.
“Aby weint", erkläre ich und schließe die Tür hinter mir.
"Lass mich raten. Ihr Mister Mathematiker hat sie verlassen."
"Du weißt es?", frage ich erschrocken. Wem hat sie das denn noch alles erzählt?
Aiden lacht. "Natürlich, Aby erzählt uns alles. Sie gehört immerhin zu einen meiner besten Freunde." Ich wusste gar nicht, dass Aby so gut mit ihm befreundet ist. Hat er dann Aby auch von mir und ihm erzählt? Was denke ich da? Da gibt es ja nichts zu erzählen, außer, dass wir jetzt Freunde sind.
"Wow, und ich dachte ernsthaft, ich sei was Besonderes, weil sie es mir sofort erzählt hat", sage ich gespielt verärgert.
Hinter mir öffnet sich die Tür und Aby guckt mit verheulten Augen heraus. "Hast du ihn gefragt? Ich will so früh wie möglich los."
Ich nicke und zeige auf mein Handy. "Also ich muss zum Beweggrund meines Anrufs kommen."
"Aby will sich mit uns allen treffen."
"Ähm, ja. Passiert so etwas öfters?", frage ich amüsiert.
"Mindestens alle zwei Wochen."
"Oh", grinse ich. Ich grinse wie ein Vollidiot, obwohl Aby sich gerade die Augen ausheult.
"Sag ihr, dass ich in einer halben Stunde da bin", meint Aiden und ich höre im Hintergrund, wie er den Motor seines Autos startet.
"Weißt du denn, wo sie hinwill?" Ich muss wieder lauter sprechen, denn die Geräusche seines Motors sind zu laut.
"Ja!", ruft Aiden zurück. "Also wir sehen uns dann, Raven!" Sein Lächeln ist unüberhörbar.
"Bis dann!"
Ich versuche eine angepasste Miene aufzusetzen und betrete wieder das Zimmer. "Aiden kommt in einer halben Stunde, meinte er", gebe ich Aby Bescheid.
"Gut. Die anderen kommen auch."
Ich nicke. "Ich gehe nochmal schnell duschen." Und ich dusche mich in Rekordzeit. Ich ziehe mir eine schwarze Jeans und ein schlichtes weißes T-Shirt an. Mit meinen Haaren muss ich selten etwas machen, da ich von Natur aus leichte Locken habe. Viel Make-Up brauche ich auch nicht, da mein Gesicht so gut wie pickelrein ist. Scar behauptet immer, dass sie mich beneiden würde, weil ich mich immer total schlicht und einfach kleide, aber trotzdem gut aussehe. Ich kann ihr das allerdings nicht wirklich abkaufen, denn Scar ist eine gut gebaute, große, großbusige, junge Frau, der wirklich jeder Typ hinterherpfeifen würde.
Ich könnte Scar mal wieder anrufen, ich vermisse sie wirklich sehr.
Aby wirft die ganze Fahrt über mit Schimpfwörtern um sich und wechselt mal wieder vom Stadium der Verzweiflung zum Stadium der Wut. Ich freue mich jetzt schon, wenn sie endlich bei Akzeptanz angekommen ist.
In Momenten wie diesen - so war es bei Scar auch immer - bin ich froh, dass ich niemanden habe, der mich so derartig verletzen könnte, dass ich schreie und weine.
"Wo fahren wir eigentlich hin?", traue ich mich endlich zu fragen, nachdem Aby sich ein wenig beruhigt hat.
"Auf eine Kartbahn."
Ich sehe sie ungläubig von der Seite an. Das kauf ich ihr nicht ab, das passt wohl mal überhaupt nicht zu ihr. "Nein, jetzt ernsthaft."
"Glaubst du, ich mache Scherze?", faucht sie.
"Okay, tut mir leid", sage ich und hebe die Hände hoch. "Ich finde es cool. Ich mag Kartfahren, hab ich mit meinem Dad früher oft gemacht."
"Sorry, Rave." Sie seufzt und reibt sich über die Schläfen. "Ich bin einfach so enttäuscht. Nimm am besten nichts ernst, was ich hier so von mir gebe."
"Das tue ich schon seit "Hurenbock" nicht mehr." Ich lache und ziehe mir meine Sonnenbrille auf.
Aby grinst jetzt auch leicht.
Nach fünf Minuten kommen wir bei einem alten Gebäude am Ende der Stadt an. Noah und Leon sind schon da und warten bei ihren Autos auf uns. Als Aby und ich aussteigen, verändert sich ihre vorher gut gelaunte Miene und sie kommen beide auf Aby zu.
Noah nimmt Aby zuerst in den Arm und drückt sie fest. "Hey, Große."
Leon nimmt sie danach ebenfalls in den Arm und drückt sie fest. Ich bin total erstaunt, wie liebevoll sie miteinander umgehen. Ich hätte nie gedacht, dass die Bindung zwischen ihnen so tief ist, dass sie sofort füreinander da sind, wenn jemand Hilfe braucht. Zwischen Noah und mir merkt man überhaupt keine Spannung mehr. Wir verstehen uns total gut. Darüber bin ich sehr froh, denn ständig unter Druck zu stehen, hätte - gerade beim Kartfahren - wirklich nerven können.
Kurze Zeit später fährt auch schon Lucas in den Hof und steigt mit einem dunkelhäutigen Mädchen aus dem Auto. Sie ist mir neu, ist sie seine Freundin? Sie ist dünn, aber auch ein klein wenig jungenhaft gekleidet und sie hat kurze Haare.
"Hey Leute!" Lucas kommt zu uns. Auch seine Miene verändert sich blitzartig, als er auf uns zukommt und Aby in den Arm nimmt.
Aby fängt sofort wieder an zu schluchzen. Das dunkelhäutige Mädchen geht jetzt auf sie zu: "O, Aby, komm her", flüstert sie mit einer extrem rauchigen Stimme und nimmt sie in den Arm. "Dieser Wichser hat es nicht verdient, dass du Tränen für ihn vergießt."
Aby entzieht sich aus ihrer Umarmung und sieht mich an. "Rave, das ist Joe."
Das ist Joe? Ich dachte Joe ist ein Junge.
"Oh", sage ich und sehe Joe an. "Ich dachte, du bist ein Junge."
"Das höre ich öfter", lacht sie und klopft mir einmal kumpelhaft auf die Schulter. "Und übrigens. Damit wir das auch von Anfang gleich geklärt haben: Ich bin lesbisch. Nur falls du dich mit der Zeit wunderst, warum ich so bin, wie ich bin." Man, ist die ehrlich. Doch das erklärt ihr maskulines Verhalten.
Jetzt fährt auch Aidens Range Rover in den Hof und er steigt aus. Sofort sticht mir wieder sein gutes Aussehen ins Auge. Er trägt eine schwarze Jeans mit Loch und ein dunkelgrünes Shirt mit Sonnenbrille, er hat seine Haare wieder mit einer Art Schal nach hinten gebunden. Sofort geht Aby auf ihn zu und umarmt auch ihn. "Ist ja gut", flüstert er ihr lächelnd zu. "Gleich lässt du erst mal richtig Dampf ab."
Ücretsiz ön izlemeyi tamamladınız.