Kitabı oku: «Weihnachtsgeschichten», sayfa 2

Yazı tipi:

Vollkommen zufrieden, machte er die Tür zu, schloß sich ein und riegelte noch zu, was sonst seine Gewohnheit nicht war. So gegen Überraschung gesichert, legte er seine Halsbinde ab, zog seinen Schlafrock und die Pantoffel an, setzte die Nachtmütze auf und setzte sich vor das Feuer, um seine Suppe zu löffeln.

Es war wirklich ein sehr kleines Feuer, so gut wie gar keins in einer so bitterkalten Nacht. Er mußte sich dicht daran setzen und sich darüber beugen, um das geringste Wärmegefühl von einer solchen Handvoll Kohlen zu genießen. Der Kamin war vor vielen Jahren von einem holländischen Kaufmann errichtet worden und ringsum mit seltsamen holländischen Fliesen belegt, die bestimmt waren, die Heilige Schrift zu illustrieren. Da sah man Kain und Abel, Pharaos Töchter, Königinnen von Saba, Engel durch die Luft auf den Wolken gleich Federbetten herabschwebend, Abraham, Belsazar, Apostel in See gehend auf Marktschiffen, Hunderte von Figuren, seine Gedanken zu beschäftigen; und doch kam das Gesicht Marleys wie der Stab des alten Propheten und verschlang alles andere. Wenn jede glänzende Fliese blank und vermögend gewesen wäre, aus den zerstreuten Fragmenten von Scrooges Gedanken ein Bild auf seine Fläche zu zaubern, auf jedem wäre ein Abbild von des alten Marleys Gesicht erschienen.

»Dummes Zeug!« sagte Scrooge und schritt im Zimmer auf und ab.

Nachdem er einigemal hin- und hergegangen war, setzte er sich wieder nieder. Als er den Kopf in den Stuhl zurücklegte, blieb sein Blick wie von ungefähr an der Glocke hängen, an einer alten, nicht mehr gebrauchten Glocke, die zu einem jetzt vergessenen Zweck mit einem Zimmer in dem obersten Stockwerk in Verbindung stand. Es befiel ihn großes Erstaunen und ein seltsamer unerklärlicher Schauer, als die Glocke anhub, sich zu bewegen; erst bewegte sie sich so sachte, daß sie kaum einen Ton von sich gab; aber bald läutete sie laut und mit ihr alle Glocken des Hauses.

Dies mochte eine halbe Minute oder eine Minute gedauert haben, aber es schien eine Stunde zu sein. Die Glocken hörten gleichzeitig auf, wie sie gleichzeitig angefangen hatten. Darauf vernahm man ein klirrendes Geräusch, tief unten, als ob jemand eine schwere Kette über die Fässer in des Weinhändlers Keller zerrte. Jetzt erinnerte sich Scrooge, gehört zu haben, daß Gespenster Ketten schleppen sollten.

Die Kellertür flog mit einem dumpfdröhnenden Krachen auf, und dann hörte er das Klirren viel lauter auf dem Hausflur unten; dann wie es die Treppe heraufkam; und dann wie es gerade auf seine Tür zukam.

»Es ist dummes Zeug«, sagte Scrooge. »Ich glaube nicht daran.«

Marleys Geist erscheint Scrooge.

Aber er wechselte die Farbe, als es, ohne zu verweilen, durch die schwere Tür und in das Zimmer kam. Als es hereintrat, flammte das sterbende Feuer auf, als ob es riefe: »Ich kenne ihn, Marleys Geist!« und fiel wieder zusammen.

Dasselbe Gesicht, ganz dasselbe. Marley mit seiner Zopfperücke, seiner gewöhnlichen Weste, den engen Beinkleidern und hohen Stiefeln, deren Quasten sträubten sich wie sein Zopf und seine Rockschöße und das Haar auf seinem Kopf. Die Kette, die er hinter sich herschleppte, war mitten um seinen Körper geschlungen. Sie war lang und wand sich wie ein Schweif und war (denn Scrooge betrachtete sie sehr genau) aus Geldkassetten, Schlüsseln, Schlössern, Hauptbüchern, Verträgen und schweren Börsen aus Stahl zusammengesetzt. Sein Leib war durchsichtig, so daß Scrooge durch die Weste hindurch die zwei Knöpfe rückwärts auf seinem Rock sehen konnte.

Scrooge hatte oft behaupten gehört, Marley habe kein Herz im Leibe, aber er hatte es bis jetzt nicht geglaubt.

Nein, er glaubte es auch jetzt nicht einmal. Obwohl er das Gespenst durch und durch vor sich stehen sah; obwohl er den erfrieren machenden Schauer seiner totkalten Augen fühlte und selbst den Stoff des Tuches erkannte, das um seinen Kopf und sein Kinn gebunden war, und das er früher nicht bemerkt hatte, war er doch noch ungläubig und verwahrte sich gegen die Eindrücke seiner Sinne.

»Nun«, sagte Scrooge, barsch und kalt wie gewöhnlich, »was wollt Ihr?«

»Viel!« Das war Marleys Stimme; kein Zweifel.

»Wer seid Ihr?«

»Fragt mich, wer ich war.«

»Nun, wer waret Ihr denn?« sagte Scrooge lauter. »Ihr seid ein besonderes Exemplar für ein Gespenst.« Er wollte sagen »als Gespenst«; aber er ersetzte das »als« durch »für ein«, um auf alle Fälle sich zu sichern.

»Als ich lebte, war ich Euer Kompagnon, Jakob Marley.«

»Könnt Ihr auch sitzen?« fragte Scrooge und sah ihn zweifelnd an.

»Ich kann es.«

»Dann bitte!«

Scrooge stellte die Fragen, weil er nicht wußte, ob ein so durchsichtiges Gespenst sich werde setzen können, und fühlte, daß er ihn recht unangenehm hätte zur Rede stellen können, wenn jener dies nicht gekonnt hätte.

»Ihr glaubt nicht an mich?« fragte der Geist.

»Nein«, sagte Scrooge.

»Welchen Beweis wollt Ihr, außer dem Eurer Sinne, von meiner Wirklichkeit haben?«

»Ich weiß nicht«, sagte Scrooge.

»Warum glaubt Ihr Euren Sinnen nicht?«

»Weil eine Geringfügigkeit sie stört«, sagte Scrooge. »Eine kleine Störung im Magen macht sie zu Lügnern. Ihr könnt ein unverdautes Stück Rindfleisch, ein Senfklecks, eine Käserinde, ein Stückchen schlechter Kartoffel sein. Wer Ihr auch sein mögt, Ihr seid mehr Unterleib, als Unterwelt.«

Es war nicht eben Scrooges Art, Witze zu machen, auch fühlte er jetzt keine besondere Lust dazu. Die Wahrheit war, daß er sich bestrebte, aufgeräumt zu sein, überlegen zu erscheinen, um seine Aufmerksamkeit auf das Gespenst zu verjagen und um sein Entsetzen niederzuhalten; denn die Stimme des Geistes machte selbst das Mark in seinen Gebeinen erzittern.

Nur einen Augenblick schweigend diesen starren, erfrorenen Augen gegenüberzusitzen, würde ihn wahnsinnig machen, das empfand Scrooge wohl. Auch war die Tatsache so grauenerregend, daß das Gespenst seine eigene höllische Atmosphäre hatte. Scrooge fühlte sie zwar nicht selbst, aber doch mußte es der Fall sein. Obwohl nämlich das Gespenst ganz regungslos dasaß, bewegten sich seine Haare, seine Rockschöße und seine Stiefelquasten wie von der erhitzten Luft eines Ofens.

»Ihr seht diesen Zahnstocher«, sagte Scrooge und nahm aus dem eben angeführten Grund seine Attacke wieder auf, von dem Wunsch beseelt, wenn auch nur für einen Augenblick den starren, eisigen Blick des Gespenstes von sich abzuwenden.

»Ja«, antwortete der Geist.

»Ihr seht ihn ja nicht an«, sagte Scrooge.

»Aber ich sehe ihn trotzdem«, erwiderte das Gespenst.

»Gut«, meinte Scrooge. »Ich brauche ihn nur hinunterzuschlucken, und mein ganzes übriges Leben hindurch verfolgen mich eine Legion Kobolde, die ich selbst erzeugt habe. Dummes Zeug, sag' ich, dummes Zeug!«

Bei diesen Worten stieß das Gespenst einen gräßlichen Schrei aus und ließ seine Kette so grauenhaft und fürchterlich klirren, daß Scrooge sich an seinen Stuhl festklammern mußte, um nicht in Ohnmacht zu sinken. Aber wieviel größer ward sein Entsetzen, als das Gespenst die Binde vom Kopf nahm, als wäre es ihm zu warm im Zimmer, und die Unterkinnlade auf die Brust herabsank.

Scrooge fiel auf die Knie nieder und schlug die Hände vors Gesicht.

»Gnade!« rief er. »Schreckliche Erscheinung, warum quälst du mich?«

»Mensch mit der weltlich gesinnten Seele«, erwiderte der Geist, »glaubst du an mich oder nicht?«

»Ich glaube«, sagte Scrooge, »ich muß es. Aber warum wandeln Geister auf Erden und warum kommen sie zu mir?«

»Von jedem Menschen wird gefordert«, antwortete das Gespenst, »daß der Geist in ihm unter seinen Mitmenschen wandle und ferne, weite Reisen mache. Wenn nun dieser Geist nicht bei Lebzeiten hinausgeht, so ist er verdammt, durch die Welt zu wandern – ach, weh mir! – und anzusehen, was er nicht mehr mitgenießen kann, was er aber auf Erden hätte mitgenießen und zum Guten hätte ausnutzen können.«

Wieder stieß das Gespenst einen Schrei aus, rüttelte an seinen Ketten und rang die schattenhaften Hände.

»Du bist gefesselt«, sagte Scrooge zitternd. »Sage mir, weshalb?«

»Ich trage die Kette, die ich im Leben geschmiedet habe«, sagte der Geist. »Ich schmiedete sie Glied für Glied und Elle für Elle; mit meinem eigenen freien Willen gürtete ich sie um; und nach meinem eigenen freien Willen muß ich sie nun tragen. Ihre Glieder kommen dir seltsam vor.«

Scrooge zitterte immer heftiger.

»Oder willst du die Schwere und Länge der Kette wissen«, fuhr der Geist fort, »die du selber trägst? Sie war gerade so lang und so schwer wie diese hier vor sieben Weihnachten. Seitdem hast du an ihr weitergearbeitet. Es ist eine schwere Kette.«

Scrooge schaute auf den Boden herab in der Erwartung, sich von fünfzig oder sechzig Klaftern Eisenketten umschlungen zu sehen; aber er gewahrte nichts.

»Jakob«, sagte er bittend, »Jakob Marley, erzähle mir mehr. Sage mir einen Trost, Jakob.«

»Ich habe keinen zu geben«, antwortete der Geist. »Er kommt aus anderen Sphären, Ebenezer Scrooge, und wird von andern Boten zu andern Menschen gebracht. Auch darf ich dir nicht sagen, was ich dir sagen möchte. Nur ein Weniges mehr als das Bisherige ist mir zu sagen erlaubt. Ich kann nicht rasten, ich kann nicht ruhen, ich kann nur etwas versichern. Mein Geist ging nie über unser Kontor hinaus – merk auf – im Leben blieb mein Geist immer in den engen Grenzen unserer Wucherhöhle; und weite Reisen liegen noch vor mir.«

Es war eine Gewohnheit von Scrooge, wenn er nachdenklich wurde, die Hand in die Hosentasche zu stecken. Nachsinnend über das, was der Geist sagte, tat er es auch jetzt, aber ohne seine Augen zu erheben oder vom Stuhl aufzustehen.

»Du mußt dir aber viel Zeit genommen haben, Jakob«, bemerkte er in der Art eines Geschäftsmannes, wenn auch mit vieler Demut und Ehrerbietung.

»Viel Zeit!« sagte der Geist.

»Sieben Jahre tot«, sann Scrooge nach. »Und die ganze Zeit über gewandert.«

»Die ganze Zeit», sagte der Geist. »Kein Bleiben, kein Frieden, nur unaufhörlich die Qual der Reue.«

»Du reisest schnell«, sagte Scrooge.

»Auf den Fittichen des Windes«, sagte der Geist.

»Da mußt du doch eine große Strecke in den sieben Jahren absolviert haben«, sagte Scrooge.

Als der Geist das vernahm, stieß er wieder einen Schrei aus und klirrte so grauenvoll mit seiner Kette in dem Todesschweigen der Nacht, daß ihn der Nachtwächter mit vollem Recht wegen Ruhestörung hätte anzeigen können.

»Oh, gefangen und gefesselt, in doppeltes Eisen gelegt!« rief das Gespenst, »nicht zu wissen, daß Zeitalter von unaufhörlicher Mühe sterblicher Geschöpfe vergehen, ehe das Gute, dessen die Erde fähig ist, sich entfalten kann; nicht zu wissen, daß ein christlicher Geist, und wenn er auch in einem noch so kleinen Kreis der Liebe wirkt, in diesem Erdenleben sich selbst belohnende Arbeit genug finden kann! Aber ich ahnte es nicht, ach, ahnte es nicht!«

»Aber du warst doch immer ein guter Geschäftsmann, Jakob«, stotterte Scrooge zitternd, der jetzt begann, das Schicksal des Geistes auf sich selbst zu übertragen.

»Geschäft!« rief das Gespenst, seine Hände wieder ringend. »Der Mensch war mein Geschäft. Die allgemeine Wohlfahrt war mein Geschäft; Barmherzigkeit, Versöhnlichkeit und Liebe wären alles mein Geschäft gewesen. Der Fleiß in meinem Gewerbe aber war nur ein Tropfen Wasser in dem weiten Ozean meines wahren Geschäfts.«

Er hielt seine Kette weit von sich weg, als ob dies die Ursache seines hoffnungslosen Schmerzes gewesen wäre, und warf sie wieder dröhnend nieder.

»In dieser Zeit des endenden Jahres«, sagte das Gespenst, »leide ich am meisten. Warum ging ich mit zur Erde gesenkten Augen durch das Gedränge meiner Mitmenschen und hob meinen Blick nie zu dem gesegneten Stern empor, der die Weisen zur Wohnung der Armut führte? Gab es nicht arme Heime genug, wohin mich sein Licht hätte führen können?«

Scrooge war außer sich, das Gespenst so reden zu hören, und begann heftig zu zittern.

»Höre mich«, rief der Geist. »Meine Zeit ist beinahe vorüber.«

»Ich will hören«, sagte Scrooge. »Aber verfahre glimpflich mit mir! Sei nicht zu hart, Jakob, ich bitte dich.«

»Wie es möglich ist, daß ich in einer dir wahrnehmbaren Gestalt vor dich treten kann, weiß ich nicht. So manchen, manchen Tag habe ich unsichtbar neben dir gesessen.«

Das war keine angenehme Vorstellung. Scrooge schauderte und wischte sich den Schweiß von der Stirn.

»Es ist kein leichter Teil meiner Buße«, fuhr der Geist fort. »Heute nacht komme ich zu dir, um dich zu warnen, weil für dich noch eine Aussicht und Hoffnung besteht, meinem Schicksal zu entgehen. Eine Aussicht und eine Hoffnung, die du mir zu verdanken hast.«

»Du bist immer ein guter Freund zu mir gewesen«, sagte Scrooge. »Ich danke dir.«

»Du wirst besucht werden«, fuhr das Gespenst fort, »von drei Geistern.« Bei diesen Worten wurde Scrooges Blick noch länger als der des Gespenstes.

»Ist das die Möglichkeit und die Hoffnung, die du erwähnt hast, Jakob?« fragte er mit bebender Stimme.

»Ja.«

»Ich – ich sollte meinen, das wäre aber gerade keine Hoffnung«, sagte Scrooge.

»Ohne ihr Kommen«, entgegnete der Geist, »kannst du nicht hoffen, den Pfad zu vermeiden, den ich durchwandern muß. Erwarte den ersten am Morgen, wenn die Glocke eins schlägt.«

»Könnte ich sie nicht alle auf einmal über mich ergehen lassen?« fragte Scrooge.

»Erwarte den zweiten in der nächsten Nacht um dieselbe Stunde. Den dritten in der folgenden Nacht, wenn der letzte Schlag zwölf verklungen ist. Sieh mich an, denn du erblickst mich nicht wieder; und sieh mich an, daß du dich um deiner Rettung willen an das erinnerst, was zwischen uns geschehen ist.«

Als es diese Worte gesprochen hatte, hob sich das Gespenst das Tuch vom Tisch und band es sich wieder um den Kopf. Scrooge bemerkte dies durch das Knirschen der Zähne, als die Kiefern zusammenklappten. Er wagte es, die Augen aufzuheben, und sah seinen übernatürlichen Besuch vor sich stehen, die Augen noch starr auf ihn geheftet, und die Kette um den Leib und den Arm gewunden.

Die Erscheinung entfernte sich rückwärtsschreitend; und bei jedem Schritt öffnete sich das Fenster ein wenig, so daß es weit offen stand, als das Gespenst bei ihm ankam. Es winkte Scrooge, näherzukommen, was dieser befolgte. Als sie noch zwei Schritte voneinander entfernt waren, hob Marleys Geist die Hand empor und bedeutete ihm, daß er nicht näherkomme. Scrooge stand still.

Er tat dies minder aus Gehorsam als aus Überraschung und Furcht; denn als sich die gespenstische Hand erhob, hörte er wirre Klänge durch die Luft schwirren und zusammenhanglose Töne des Klagens und des Schmerzes unsagbar und reuig. Das Gespenst horchte ihnen eine Weile zu und stimmte darauf in das Klagelied ein. Dann schwebte es in die dunkle Nacht hinaus.

Scrooge trat an das Fenster, von Neugierde bis zur Verzweiflung getrieben. Er blickte hinaus.

Die Luft war mit Schemen angefüllt, die in ruheloser Hast klagend hin und wider schwebten. Jeder trug eine Kette, wie Marleys Geist. Einige waren zusammengeschmiedet (wahrscheinlich schuldige Minister), keines war ganz ohne Fesseln. Viele waren Scrooge während ihres Lebens bekannt gewesen. Ganz genau hatte er ein altes Gespenst in einer weißen Weste gekannt, das einen ungeheuren eisernen Geldkasten hinter sich herschleppte und jämmerlich schrie, weil er einem armen, alten Weibe mit einem Kinde nicht helfen konnte, das unten auf einer Türschwelle kauerte. Man sah es deutlich, ihre Pein bestand darin, sich umsonst danach zu sehnen, menschliche Not zu lindern, und die Macht dazu für immer verloren zu haben.

Ob diese Geschöpfe in dem Nebel zergingen oder ob der Nebel sie verhüllte, konnte Scrooge nicht sagen. Aber sie und ihre Geisterstimmen vergingen zu gleicher Zeit, und die Nacht wurde wieder so, wie sie war, als er nach Hause ging.

Scrooge schloß das Fenster und prüfte die Tür, durch die das Gespenst hereingekommen war. Sie war noch verschlossen und verriegelt wie vorher. Er versuchte zu sagen: Unsinn, stockte aber bei der ersten Silbe. Da er von der Erregung oder von den Anstrengungen des Tages oder von seiner Schau in die unsichtbare Welt oder der bedrückenden Unterhaltung mit dem Gespenst oder der späten Stunde sehr erschöpft war, ging er sogleich zu Bett, ohne sich auszuziehen, und sank bald in Schlaf.

Anspielung auf Shakespeares »Hamlet«, wo Hamlets Vater als Geist in den ersten Szenen erscheint und den Sohn bittet, seinen Mord zu rächen.Mansion-House, Bezeichnung für das Amtsgebäude des Oberbürgermeisters.Der kleine Dunstan (sprich Dannsten), Erzbischof von Canterbury (925–988), berühmt als Gelehrter und Klosterreformator im Sinne der Benediktiner.

Zweites Kapitel.

Der erste der drei Geister.

Als Scrooge erwachte, war es so finster, daß er kaum das das Außenlicht hindurchlassende Fenster von den Wänden seines Zimmers unterscheiden konnte. Er bemühte sich, die Finsternis mit seinen Luchsaugen zu durchdringen, als die Glocke eines Turmes in der Nachbarschaft zu läuten begann. Er horchte auf die Zeit der Stunde. Zu seinem großen Erstaunen ging der Schlag der Glocke von sechs zu sieben, und von sieben zu acht und so weiter bis zwölf; dann stoppte sie.

Zwölf! Es war nach zwei Uhr gewesen, als er sich zu Bett gelegt hatte. Die Uhr ging wohl falsch. Ein Eiszapfen mußte in das Werk geraten sein. Zwölf!

Er drückte auf die Feder seiner Repetieruhr, um die irre Glocke in Ordnung zu bringen. Ihr kleiner schneller Puls schlug zwölf und schwieg.

»Was! es ist doch nicht möglich«, sagte Scrooge, »daß ich den ganzen Tag und bis in die andere Nacht geschlafen haben sollte? Es ist doch nicht möglich, daß der Sonne etwas zugestoßen ist und daß es mittags zwölf Uhr ist.«

Die Vorstellung alarmierte ihn. Er stieg aus dem Bett und tappte ans Fenster. Er mußte das Eis erst wegschaben und das Fenster mit dem Ärmel seines Schlafrockes abwischen, ehe er etwas sehen konnte. Aber auch danach konnte er nur wenig sehen. Alles, was er wahrnehmen konnte, war, daß es noch sehr neblig und sehr kalt war, und daß man nicht das Lärmen hin und her eilender Leute hörte, das doch gewiß vorhanden gewesen wäre, wenn die Nacht den lichten Tag vertrieben und die Welt beschlagnahmt hätte. Das war ein großer Trost, weil »drei Tage nach Sicht begleichen Sie diesen Primawechsel an Mr. Ebenezer Scrooge oder dessen Order usw.« lediglich Vereinigte Staaten-Sicherheit gewesen wäre, wenn keine Tage mehr zu zählen waren. 4

Scrooge legte sich wieder nieder und dachte nach, konnte aber zu keinem Resultat kommen. Je mehr er nachdachte, desto wirrer wurde er; und je mehr er sich bestrebte, nicht nachzudenken, desto mehr dachte er nach. Marleys Geist beunruhigte ihn viel. Jedesmal, wenn er nach reiflicher Überlegung zu der festen Überzeugung gelangt war, daß alles nur ein Traum gewesen, schnellte sein Geist wie eine starke vom Druck befreite Feder wieder in die alte Lage zurück und wiederholte ihm die Frage, die er schon zehnmal durchgrübelt hatte: War es ein Traum oder nicht?

Scrooge lag in diesem Zustande, bis es drei Viertel schlug. Da besann er sich plötzlich, daß der Geist ihm eine Erscheinung mit Schlag eins versprochen hatte. So nahm er sich vor, wachzubleiben, bis die Stunde vorüber sei; und wenn man bedenkt, daß er ebensowenig einschlafen wie in den Himmel eingehen konnte, war dies wahrscheinlich der klügste Entschluß, den er zu fassen vermochte.

Die Viertelstunde war so lang, daß es ihm mehr als einmal dünkte, er müßte unversehens in Schlaf gesunken sein und die Uhr überhört haben. Schließlich vernahm sein lauschendes Ohr die Glocke.

»Ding, dong!«

»Ein Viertel«, sagte Scrooge zählend.

»Ding, dong!«

»Halb«, sagte Scrooge.

»Ding, dong!«

»Drei Viertel«, sagte Scrooge,

»Ding, dong!«

»Voll!« rief Scrooge freudig, »und nichts weiter!«

Er sprach's, bevor die Stundenglocke schlug, was sie jetzt mit einem tiefen, dunklen, hohlen, melancholischen Eins tat.

Licht ergoß sich augenblicklich in den Raum, und die Vorhänge seines Bettes wurden aufgezogen.

Die Vorhänge seines Bettes wurden, ich sage es euch, von einer Hand fortgezogen, nicht die Vorhänge vor seinen Füßen, nicht die Vorhänge hinter seinem Rücken, sondern die Vorhänge, nach denen sich sein Gesicht wandte, wurden fortgezogen; und Scrooge blickte, sich zu einer halb liegenden Stellung aufrichtend, dem unirdischen Besucher, der sie geöffnet hatte, ins Antlitz. So dicht stand er ihm gegenüber, wie ich jetzt im Geiste neben euch stehe.

Es war eine merkwürdige Gestalt, gleich einem Kinde; aber doch eigentlich nicht gleich einem Kinde, sondern eher wie ein alter Mann, der durch ein wunderbares Medium gesehen ward, und so zu den Größenverhältnissen eines Kindes vermindert war. Sein Haar, das in langen Locken über seine Schultern wallte, war weiß, wie vom Alter. Aber das Gesicht hatte keine einzige Falte, und um das Kinn bemerkte man den zartesten Flaum. Die Arme waren lang und kräftig; ebenso die Hände, als ruhe eine ungeheure Kraft in ihnen. Seine zart und fein geformten Füße waren wie die Arme bloß. Der Geist trug eine Tunika vom reinsten Weiß, und um seinen Körper schlang sich ein Gürtel von wunderbarem Schimmer. Er hielt einen frisch-grünen Stechpalmenzweig in der Hand. Aber in seltsamem Widerspruch mit diesem Zeichen des Winters war sein Gewand mit Sommerblumen geschmückt. Das Wunderbarste aber war, daß aus der Krone auf seinem Haupte ein heller Lichtstrahl emporschoß, der alles rings erhellte, und der gewiß der Grund war, daß der Geist in weniger guter Stimmung einen großen Lichtauslöscher, den er jetzt unter dem Arme trug, als Kappe aufstülpte.

Aber eben das war noch nicht seine sonderbarste Eigenschaft. Denn wie der Gürtel des Geistes bald an dieser Stelle glänzte und funkelte und bald an jener, und wie das, was im Augenblick hell gewesen war, dunkel wurde, so verwandelte sich auch die Gestalt selbst auf unerklärliche Art. Bald war es ein Wesen mit einem Arm, bald mit einem Bein, bald mit zwanzig Beinen, bald mit nur zwei Füßen ohne Kopf, bald ein Kopf ohne Körper. Wenn einer dieser Teile verschwand, blieb keine Spur von ihm in dem dichten Dunkel zurück, das ihn umfing. Und das größte Wunder dabei war, daß die Gestalt immer die gleiche blieb.

»Seid Ihr der Geist, dessen Erscheinung mir verkündet wurde?« fragte Scrooge.

»Ich bin es.«

Die Stimme war sanft und wohlklingend und so leise, als erklinge sie nicht dicht neben ihm, sondern aus einiger Ferne.

»Wer und was seid Ihr?« forschte Scrooge.

»Ich bin der Geist der vergangenen Weihnachten.«

»Der lange vergangenen?« fragte Scrooge, die zwerghafte Gestalt in Rechnung ziehend.

»Nein, deiner vergangenen.«

Vielleicht hätte Scrooge nicht sagen können, warum, wenn ihn jemand gefragt hätte; aber er hegte den besonderen Wunsch, den Geist in seiner Kappe zu sehen; und er bat ihn, sich zu bedecken.

»Was?« rief der Geist, »willst du so bald mit unfrommer Hand das Licht, das ich schenke, auslöschen? Ist es nicht genug, daß du einer von jenen bist, deren Leidenschaften diese Kappe hervorgebracht haben, und die mich zwingen, sie oft auf Jahre tief ins Gesicht zu ziehen?«

Scrooge widerrief demütig jede Absicht, daß er ihn habe etwa beleidigen wollen. Er versicherte hoch und teuer, nicht zu wissen, daß er je im Leben dem Geiste Ursache gegeben habe, sich zu bedecken. Dann war er so kühn zu fragen, welche Angelegenheit ihn hierher führe.

»Dein Heil!« sagte der Geist.

Scrooge versicherte ihm sehr seinen Dank, konnte sich aber nicht helfen als in den Gedanken, daß eine ungestörte Nachtruhe ihm mehr genützt haben würde. Der Geist mußte seine Gedanken durchschaut haben; denn er sagte alsbald: »Deine Besserung also. Nimm dich in acht!«

Er streckte bei diesen Worten seine starke Hand und ergriff sanft seinen Arm.

»Steh auf und komm mit!«

Umsonst würde Scrooge eingewendet haben, Wetter und Stunde seien zum Spazierengehen nicht sonderlich geeignet; das Bett sei warm und das Thermometer stände beträchtlich unter Null; er habe nur Pantoffel, Schlafrock und Nachtmütze und leide überdies an Schnupfen. Dem Griffe, wie von Frauenhand, war nicht zu widerstehen. Scrooge erhob sich; aber als er sah, daß der Geist dem Fenster zuschwebte, faßte er ihn flehend beim Gewande.

»Ich bin sterblich«, sagte Scrooge, »und würde stürzen, möchte ich noch so behutsam sein.«

»Laß dich nur von meiner Hand berühren«, sagte der Geist, indem er ihm die Hand auf das Herz legte, »und du wirst größere Gefahren überstehen, als eine solche.«

Als er diese Worte gesprochen hatte, verschwanden sie beide durch die Wände und standen plötzlich im Freien auf der Landstraße, rings von Fluren umgeben. Die Stadt war ganz versunken. Keine Spur war mehr davon übrig. Die Finsternis und der Nebel waren mit ihr verschwunden, denn es war jetzt ein klarer, kalter Wintertag, und der Boden von weißem, reinem Schnee bedeckt.

»Guter Himmel!« rief Scrooge, die Hände faltend, als er um sich blickte, »hier wurde ich geboren. Hier lebte ich als Knabe.«

Der Geist sah ihn mit lindem Blicke an. Seine sanfte Berührung, obwohl sie nur leise und kurz gewesen war, klang immer noch in dem Herzen des alten Mannes nach. Er war sich tausenderlei Düfte in der Luft bewußt, deren ein jeder einzelne mit tausend Gedanken, Hoffnungen, Freuden und Sorgen verbunden war, die lange vergessen waren.

»Deine Lippe zittert«, sagte der Geist. »Und was ist denn das hier auf deiner Wange?«

Scrooge stammelte mit einem ungewöhnlichen Stocken in der Stimme, es sei ein Bläschen, und bat den Geist, ihn zu geleiten, wohin er wolle.

»Erinnerst du dich des Weges?« fragte der Geist.

»Ob ich mich seiner erinnere?« rief Scrooge mit Feuer, »ich könnte ihn mit verbundenen Augen finden.«

»Merkwürdig, daß du ihn so viele Jahre lang vergessen hast«, sagte der Geist. »Komm!«

Sie schritten den Weg entlang. Scrooge erkannte jedes Gatter, jeden Pfosten, jeden Baum wieder, bis ein kleiner Marktflecken in der Ferne mit seiner Kirche, seiner Brücke und dem sich windenden Fluß erschien. Nun erblickten sie einige zottige Ponies auf sich zutraben, mit Jungens auf ihren Rücken, die wieder anderen Jungens in ländlichen Wagen und Gefährten, getrieben von Farmern, laut zuriefen. Alle diese Jungens waren sehr vergnügt und laut, bis die weiten Felder so voll heiterer Musik waren, daß die kalte, sonnige Luft selbst mitzulachen schien.

»Dies sind bloß Schatten der Wesen, die gewesen sind«, sagte der Geist, »sie wissen nichts von uns.«

Die fröhlichen Reisenden kamen näher, und jetzt erkannte Scrooge sie alle und konnte sie alle bei Namen nennen. Wie war er erfreut über alle Begriffe, sie zu sehen! Wie leuchtete sein trockenkaltes Auge feucht auf! Wie jubelte sein Herz, als sie vorübereilten. Wie ward er von Frohsinn erfüllt, als sie an den Kreuzwegen voneinander schieden und sich fröhliche Weihnachten wünschten? Was waren fröhliche Weihnachten für Scrooge?

Zum Kuckuck mit fröhlichen Weihnachten! Was hatte er schon Gutes davon gehabt?

»Die Schule ist noch nicht ganz verlassen«, sagte der Geist. »Ein einsames Kind, von seinen Freunden verlassen, sitzt noch einsam dort.«

Scrooge sagte, er wisse es. Und er weinte.

Sie verließen jetzt die Chaussee auf einem wohlbekannten Feldweg und erreichten bald ein Haus aus dunkelroten Ziegeln, mit einer kleinen Kuppel auf dem Dache und darin eine Glocke. Es war ein großes Haus, aber jetzt nur Zeuge verflossenen Reichtums, denn die geräumigen Gemächer waren wenig benutzt, die Wände feucht und modrig, die Fenster zerbrochen, die Gitter zerfallen. Hühner gackerten und scharrten in den Ställen; und die Schuppen und Tennen waren mit Gras überwachsen. Auch im Innern war nichts von seinem alten Glanz übriggeblieben; denn als sie in den verödeten Hausflur traten und durch die offenen Türen in die vielen Zimmer blickten, gewahrten sie nur ärmlich ausgestattete, kalte, öde Räume. Ein modriger Geruch erfüllte die Luft, eine frostige Unfreundlichkeit schien über dem Ort zu lagern, der an Frühaufstehen bei Kerzenlicht und an Schmalhans als Küchenmeister erinnerte.

Sie schritten, der Geist und Scrooge, über den modrigen Hausflur zu einer Tür in der Rückfront des Hauses. Sie öffnete sich vor ihnen und zeigte ihnen einen langen, kahlen, trostlosen Saal, noch kahler und trostloser gemacht durch die Reihen von einfachen hölzernen Bänken.

Auf einer der Bänke saß ein einsamer Knabe neben einem schwachen Feuer und las; und Scrooge setzte sich auf eine Bank nieder und weinte, sein eigenes, vergessenes Ebenbild, wie es in früheren Jahren war, wiederzusehen.

Kein schwaches Echo in dem Hause, kein Rascheln der Mäuse hinter der Täfelung, kein Getröpfel der halbgefrorenen Wasserröhre in dem Hofe rückwärts, kein Seufzer in den blattlosen Zweigen einer verlassen trauernden Pappel, nicht das Klappen der vom Winde hin und her bewegten Tür der leeren Vorratsräume, selbst nicht das Knistern des Feuers waren für Scrooge verloren. Alles traf sein Herz mit rührenden Klängen und löste seine Tränen.

Der Geist berührte seinen Arm und deutete auf sein jüngeres, in ein Buch vertieftes Selbst. Überraschend stand auf einmal ein Mann in fremdartiger Kleidung da, wunderlich und seltsam anzusehen, mit einer Axt im Gürtel, der einen mit Holz beladenen Esel am Zaume führte. 5

»Wie! das ist ja Ali Baba!« rief Scrooge voller Freude aus. »Es ist der liebe, alte, brave Ali Baba. Ja, ja, ich weiß noch. Einst zu Weihnachten, als jener verlassene Knabe hier ganz allein saß, kam er zum erstenmal, gerade wie jetzt. Der arme Junge! Und Valentin«, fuhr Scrooge fort, »und sein wilder Bruder Orson, da gehen sie. Und wie hieß doch jener, der, während er schlief, vor das Tor von Damaskus gesetzt wurde? Siehst du ihn nicht! Und der Stallmeister des Sultans, der von den Genien auf den Kopf gestellt wurde, dort ist er! Geschieht ihm recht! Warum mußte er auch die Prinzessin heiraten!«

₺65,09
Yaş sınırı:
0+
Hacim:
740 s. 1 illüstrasyon
ISBN:
9783969693315
Yayıncı:
Telif hakkı:
Bookwire
İndirme biçimi:
Ses
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Ses
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre