Kitabı oku: «David Copperfield», sayfa 16

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Miß Murdstone antwortet nur mit einem zurückweisenden Blick und einem steifen Knicks. Mr. Chillip geht eingeschüchtert in eine Ecke, nimmt mich mit sich und tut den Mund nicht mehr auf. Ich bemerke es, weil ich alles bemerke, was um mich herum vorgeht, nicht weil mir daran lag meinetwegen oder weil mir seit meiner Rückkehr nach Hause daran gelegen hatte.

Und jetzt fängt die Sterbeglocke zu läuten an; Mr. Omer kommt mit einem Gehilfen, uns anzukleiden und zum Leichenbegängnis bereit zu machen. Wie Peggotty mir schon mehr als einmal erzählt hatte, war dies dasselbe Zimmer, worin auch das Leichengefolge meines Vaters mit dem Trauerputz versehen worden war, um ihn zum selben Grabe zu geleiten.

Es sind da Mr. Murdstone, unser Nachbar Mr. Grayper, Mr. Chillip und ich. Als wir zur Türe heraustreten, sind die Träger und ihre Bürde schon im Garten und bewegen sich langsam den Pfad hinab, an den Ulmen vorbei und durch das Gartentor in den Friedhof, wo ich so manchen Sommermorgen die Vögel habe singen hören.

Wir stehen in einem Kreis um das Grab. Der Tag scheint mir anders als jeder andere Tag, und das Licht nicht von derselben Farbe zu sein, sondern trüber. Jetzt ist eine feierliche Stille, die wir mit dem, was im Staube ruht, aus dem Hause mit hergebracht haben, und während wir entblößten Hauptes dastehen, höre ich die Stimme des Geistlichen, die hier im Freien so fern und doch so deutlich und klar klingt: »Ich bin die Auferstehung und das Leben, spricht der Herr!«

Jetzt höre ich schluchzen und sehe, abseits unter den Zuschauern stehend, die gute treue Magd, die ich jetzt von allen Menschen aus Erden am liebsten habe, zu der, wie mein kindliches Herz die felsenfeste Überzeugung hegt, der Herr des Himmels einst sagen wird: »Dein Werk war wohlgetan auf Erden!«

Unter den Umstehenden sind viele Gesichter, die ich kenne; Gesichter, die ich von der Kinderzeit her aus der Kirche kenne; Gesichter, die meine Mutter sahen, als sie in ihrer Jugendblüte in das Dorf kam. Ich kümmerte mich – nur mit meinem Schmerz beschäftigt – nicht um sie, und dennoch sehe und kenne ich sie alle, und sehe selbst im Hintergrund Mimi zuschauen und auf ihren Schatz blicken, der nicht weit von mir steht.

Es ist vorbei – das Grab ist zugeschüttet, und wir wenden uns wieder heimwärts. Vor uns steht das Haus, so hübsch, so unverändert, so eng verknüpft in meinem Geist mit dem jugendschönen Bilde der Geschiedenen, daß all mein bisheriger Schmerz nichts ist gegen den Schmerz, den sein Anblick hervorruft. Aber sie ziehen mich mit sich fort, und Mr. Chillip spricht mir freundlich zu, und als wir nach Hause kommen, gibt er mir etwas Wasser zu trinken, und da ich bitte, ob ich auf mein Zimmer gehen darf, heißt er mich mit weiblicher Zärtlichkeit gehen.

Alles das, sage ich, kommt mir so vor, als wär es erst gestern geschehen. Spätere Ereignisse sind hinübergespült worden zu jenem Strande, wo alles Vergessene wieder auftauchen wird: aber dieses eine Ereignis steht wie ein hoher Fels im weiten Meere.

Ich wußte, daß Peggotty zu mir aufs Zimmer kommen würde. Die Sabbatstille jener Zeit (der Tag war wie ein Sonntag, das vergaß ich zu erwähnen) entsprach so recht unserer beider Stimmung. Sie setzte sich neben mich auf mein kleines, Bett; dann nahm sie meine Hand, und während sie diese manchmal an ihre Lippen drückte und streichelte, wie wenn sie meinen kleinen Bruder hätte beruhigen wollen, erzählte sie mir in ihrer einfachen Weise, wie alles gekommen war. »Sie befand sich seit langer Zeit schon gar nicht mehr recht wohl«, sagte Peggotty. »Sie fühlte sich nicht glücklich. Als das Kleine zur Welt kam, glaubte ich anfangs, es werde sich mit ihr bessern, aber sie war angegriffener als je und nahm mit jedem Tage mehr ab. Vor der Geburt des Kindes pflegte sie viel allein zu sitzen und dann weinte sie; aber später sang sie dem Kinde vor – so leise, daß ich manchmal, wenn ich sie hörte, dachte, es sei wie eine Stimme in der Luft, die immer höher und höher steigt und endlich ganz verschwebt.

Ich glaube, sie wurde in der letzten Zeit immer schüchterner und furchtsamer; und ein hartes Wort war für sie wie ein Schlag, Aber gegen mich blieb sie immer dieselbe. Sie wurde nie anders gegen ihre närrische Peggotty, der liebe Engel.«

Hier hielt Peggotty inne und klopfte mir ein Weilchen sanft die Hand.

»Das letztenmal, wo sie ganz wieder war wie früher, das war an dem Abend, wo du nach Hause kamst, liebes Kind. An dem Tage, wo du fortgingst, sagte sie zu mir: ›Ich werde meinen lieben Herzensjungen nie wieder sehen. Das sagt mir eine innere Stimme, die die Wahrheit spricht.‹

Sie versuchte aber von da ab, sich aufrecht zu erhalten und ein heiteres Gesicht anzunehmen; und so manchesmal, wenn sie ihr sagten, sie sei leichtsinnig und sorglos, stellte sie sich so; aber damit war es vorbei. Sie sagte ihrem Manne nie, was sie mir gesagt hatte – sie fürchtete sich, es jemand anders zu sagen – bis sie eines Abends, kaum acht Tage bevor es geschah, zu ihm sagte: ›Lieber Mann, ich glaube, ich sterbe bald.‹

›Jetzt habe ich mir das Herz erleichtert, Peggotty,‹ sagte sie zu mir, als ich sie an diesem Abend zu Bett brachte. ›Es wird ihm in den wenigen Tagen immer deutlicher werden, dem Armen; und dann ist's vorbei. Ich bin sehr müde. Wenn das Schlaf ist, so bleibe bei mir sitzen, während ich schlafe. Verlaß mich nicht! Gott segne meine beiden Kinder! Gott beschütze und behüte meinen vaterlosen Knaben!‹

Ich habe sie seitdem nicht verlassen«, sagte Peggotty. »Sie sprach oft mit den beiden da unten – denn sie liebte sie; sie mußte jeden lieben, der in ihre Nähe kam – aber wenn die zwei fort waren, wendete sich sie immer wieder zu mir, als ob für sie nur da Ruhe wäre, wo Peggotty war, und anders konnte sie nie einschlafen.

Am letzten Abend küßte sie mich und sagte: ›Wenn der Säugling mit mir sterben sollte, Peggotty, so sollen sie ihn mir in die Anne legen und uns zusammen begraben.‹ (Es geschah, denn das arme Lämmchen lebte nur noch einen Tag länger.) ›Und mein teuerster Davy soll mit zu meinem Grabe gehen,‹ sagte sie, ›und erzähle ihm, daß seine Mutter als sie hier lag, ihn nicht einmal, sondern tausendmal segnete.‹«

Hier folgte wieder eine Pause des Schweigens, und sie klopfte mir wieder sanft die Hand.

»Es war schon tief in der Nacht,« sagte Peggotty, »als sie zu trinken verlangte; und als sie getrunken hatte, da lächelte sie mich so geduldig an und so lieb und so schön!

Der Tag war schon angebrochen, und die Sonne ging auf, als sie mir erzählte, wie gütig und rücksichtsvoll Mr. Copperfield immer gegen sie gewesen, wie er mit ihr Geduld gehabt, und wie er, wenn sie an sich selbst gezweifelt, zu ihr gesagt hätte, daß ein liebendes Herz besser und stärker sei als Weisheit, und daß er sich glücklich fühle in ihrer Liebe. ›Liebe Peggotty,‹ sagte sie dann, ›lege mich näher an dich heran‹ – denn sie war sehr schwach. – ›Lege deinen lieben Arm unter meinen Kopf‹, sagte sie, ›und wende ihn dir zu, denn dein Gesicht weicht immer ferner und ferner von mir, und ich möchte dir gern so recht nahe sein.‹ – Ich tat, wie sie verlangte; und ach, Davy! die Zeit war gekommen, wo das wahr wurde, was ich beim ersten Abschied von dir gesagt hatte – wo sie froh war, ihren armen Kopf auf den Arm ihrer einfältigen mürrischen, alten Peggotty zu legen – und sie starb wie ein Kind, das in Schlummer sinkt!«

So endete Peggottys Erzählung.

Von dem Augenblicke an, wo ich den Tod meiner Mutter erfuhr, war das Bild, das ich mir zuletzt von ihrem Wesen gemacht hatte, verschwunden. Von diesem Augenblicke an stand sie nur vor mir, als die junge Mutter meiner frühsten Erinnerungen, wie sie sich die hellblonden Locken immer um die Finger wickelte und mit mir im Zwielicht in der Wohnstube tanzte. Was Peggotty mir jetzt erzählt hatte, war weit entfernt, mich an die spätere Zeit zu erinnern, es befestigte nur das frühere Bild in meiner Seele. Es mag seltsam klingen, aber es ist wahr. Mit ihrem Tode schwebte sie zurück zu ihrer ruhigen, ungetrübten Jugend, und alles übrige war verwischt und ausgelöscht.

Die Mutter, die im Grabe lag, war die Mutter meiner ersten Kinderzeit, das kleine Wesen in ihren Armen war ich selbst, wie ich es früher gewesen war, – aber an ihrem Busen auf ewig eingeschlummert.

Zehntes Kapitel. Ich werde vernachlässigt und später wieder versorgt.

Das, erste, was Miß Murdstone am Tage nach dem Begräbnisse tat, und nachdem die Läden wieder dem Lichte geöffnet waren, bestand darin, daß sie Peggotty binnen vier Wochen den Dienst kündigte. So sehr auch Peggotty der Dienst mißfallen mußte, so hätte sie ihn doch nur um meinetwillen lieber als den besten andern auf der Welt behalten. Sie sagte mir, daß wir uns trennen müßten, und teilte mir auch den Grund mit; und wir beklagten einander in aller Aufrichtigkeit.

In bezug auf mich oder meine Zukunft wurde von Murdstones nichts gesprochen und nichts unternommen. Ich bin aber überzeugt, sie hätten sich glücklich geschätzt, wenn sie mich auch durch Kündigung auf Monatsfrist hätten fortschicken können. Einmal faßte ich mir ein Herz und fragte Miß Murdstone, wann ich wieder in die Schule gehen würde, und sie antwortete trocken, sie glaube nicht, daß ich überhaupt wieder hinkommen werde. Weiter erfuhr ich nichts. Ich hätte aber gar zu gern gewußt, was man mit mir vorhatte, und Peggotty hätte es auch gern gewußt; aber weder sie noch ich konnten das mindeste erkunden.

Indessen hatte sich meine Lage in einer Weise verändert, die mir zwar die Gegenwart viel angenehmer machte, die mir aber, wenn ich ihre Bedeutung hätte gehörig ermessen können, für die Zukunft viele Sorgen hätte machen müssen. Und das kam daher. Der mir sonst auferlegte Zwang hatte ganz aufgehört. Anstatt mir zu befehlen, meinen tödlich langweiligen Platz in der Wohnstube einzunehmen, veranlaßte mich jetzt Miß Murdstones finsterer Blick mehr als einmal, das Zimmer zu verlassen, wenn ich es versucht hatte. Anstatt mir ebenso Peggottys Gesellschaft zu verbieten, fragte man niemals nach mir, wenn ich nur nicht Mr. Murdstone vor die Augen kam. Anfangs fürchtete ich an jedem Morgen, er oder Miß Murdstone würden mich wieder zu unterrichten anfangen; aber ich fand bald, daß diese Besorgnis ganz unbegründet war, und daß ich weiter nichts zu erwarten hatte als Vernachlässigung.

Ich glaube nicht, daß mir diese Entdeckung damals viel Kummer verursachte. Ich war noch immer betäubt von dem Tode meiner Mutter und stand allen andern Dingen mit einer ziemlich gleichgültigen Dumpfheit gegenüber. Ich kann mich erinnern, daß mir zu Zeiten gar nichts mehr daran lag, überhaupt erzogen zu werden, daß ich wie ein Bummler, der sich im Dorfe herumtrieb, hätte aufwachsen mögen; oder ich dachte daran, diese Vorstellung los zu werden durch die andere: irgendwohin zu gehen und wie die Helden meiner Romane mein Glück zu versuchen. Aber das waren rasch vorübergehende Stimmungen, Träumereien mit wachen Augen, die wie Rauch= und Schattenbilder ihre Spuren auf die Wände meines Zimmers zeichneten, und dann wieder spurlos verschwunden waren. ...

»Peggotty,« sagte ich gedankenvoll flüsternd eines Abends, als ich meine Hände am Küchenfeuer wärmte, »Mr. Murdstone hat mich noch weniger gern als früher. Er hat mich nie gern gehabt, Peggotty; aber jetzt möchte er mich am liebsten gar nicht sehen.«

»Vielleicht ist's sein Gram«, sagte Peggotty und strich mir die Haare glatt.

»Ich gräme mich gewiß auch, Peggotty«, erwiderte ich. »Wenn ich glaubte, es wäre sein Gram, so würde ich weiter gar nicht daran denken. Aber das ist's nicht, ach nein, das ist's nicht.«

»Woher weißt du, daß es das nicht ist?« sagte Peggotty nach einer Pause.

»Ach! sein Kummer ist etwas ganz, ganz anderes. Er grämt sich auch jetzt, wo er mit Miß Murdstone am Kamin sitzt; aber wenn ich hineinkäme, Peggotty, so würde er noch anders sein.«

»Wie würde er sein?« fragte Peggotty.

»Zornig«, antwortete ich und ahmte unwillkürlich seinen drohenden Blick nach. »Wenn er sich nur grämte, würde er mich nicht so ansehen, wie er es zu tun pflegt. Ich gräme mich auch, aber mich macht es nur freundlicher gegen andere.«

Peggotty sagte für jetzt weiter nichts, und ich wärmte mir meine Hände, stumm wie sie.

»Davy«, sagte sie endlich.

»Ja, Peggotty.«

»Liebes Kind, ich habe auf alle Weise versucht, hier in Blunderstone einen passenden Dienst zu bekommen, aber es ist hier keiner zu finden.«

»Und was gedenkst du nun zu tun, Peggotty?« sagte ich und sah sie forschend an. »Willst du fortgehen und dein Glück anderwärts versuchen?« »Ich glaube wohl, ich werde nach Yarmouth gehen und dort bleiben müssen«, erwiderte Peggotty.

»Du hättest noch weiter fortgehen können und so gut wie verloren für mich sein,« sagte ich ein wenig erleichtert, »aber dort kann ich dich wenigstens manchmal besuchen, meine gute alte Peggotty. Du bist doch da nicht ganz am andern Ende der Welt, nicht wahr?«

»Ganz das Gegenteil, will's Gott!« rief Peggotty mit großer Lebhaftigkeit. »Solange du hier bist, mein Goldkind, besuche ich dich jede Woche einmal, solange ich lebe – jede Woche einmal, solange ich lebe.«

Dies Versprechen nahm mir eine wahre Last vom Herzen; aber selbst das war noch nicht alles, denn Peggotty fuhr fort:

»Nun, siehst du, Davy, ich gehe erst auf vierzehn Tage zu meinem Bruder auf Besuch, damit ich mich ein bißchen umsehen und wieder ins alte Gleis kommen kann. Nun habe ich mir gedacht, da sie dich hier nicht brauchen, so lassen sie dich vielleicht mit mir gehen.«

Wenn mir damals irgend etwas (abgesehen von einer gänzlichen Umgestaltung des Verhältnisses zu meiner Umgebung, mit Ausnahme von Peggotty) ein Gefühl der Freude einzuflößen vermocht hätte, so wäre es dieser Vorschlag gewesen. Der Gedanke, wieder von jenen ehrlichen Gesichtern umgeben zu sein, von ihnen herzlich empfangen zu werden, wieder einen so friedlich stillen Sonntagmorgen zu erleben, die Glocken klingen zu hören, die Steine plätschernd in das Wasser zu werfen und zu sehen, wie die schattenhaften Schiffe aus dem Nebel auftauchten. Wieder mit der kleinen Emily umherzuschweifen, ihr meine Leiden klagen zu können und Zaubermittel dagegen in den Muscheln und Steinen auf dem Strand zu suchen: das beruhigte mir wundersam das Herz. Doch diese Ruhe wurde im nächsten Augenblick durch den Zweifel gestört, ob Miß Murdstone ihre Erlaubnis dazu geben würde, allein selbst dieser wurde rasch beschwichtigt. Denn Miß Murdstone erschien sehr bald, während wir uns noch unterhielten, um eine nächtliche Untersuchung des Vorratsschrankes anzustellen, und Peggotty brachte die Sache mit einer mich in Staunen setzenden Kühnheit alsbald zur Sprache.

»Der Junge wird dort freilich nur faulenzen,« sagte Miß Murdstone, indem sie in einen Krug mit sauer eingelegten Früchten guckte, »und Nichtstun ist die Wurzel alles Übels. Aber er wird hier ebensowenig etwas tun – hier und überall: das ist meine Meinung!«

Auf Peggottys Lippen schwebte eine heftige Antwort; aber sie verschluckte sie meinetwegen und blieb stumm.

»Hm!« sagte Miß Murdstone und guckte immer noch in den Krug mit dem Eingemachten hinein, »es ist jetzt von großer Wichtigkeit – von größerer sogar als alles andere, daß mein Bruder durchaus nicht gestört wird. Ich glaube daher, es ist besser, ich willige ein.«

Ich dankte ihr, ohne Freude an den Tag zu legen, damit sie nicht etwa ihre Einwilligung zurückziehe. Und ich konnte nicht umhin, dies für klug zu halten, als sie mich jetzt wieder mit einem so sauern Gesicht ansah, als hätte sie mit ihren schwarzen Augen den ganzen Inhalt des Kruges mit sauerm Eingemachten verzehrt. Die Erlaubnis war jedoch erteilt und wurde nicht zurückgenommen; denn als der Monat vorüber war, waren Peggotty und ich zur Abreise bereit.

Mr. Barkis kam ins Haus, um Peggottys Koffer abzuholen. Soviel ich weiß, hatte er noch nie die Schwelle der Gartentür überschritten, aber bei dieser Gelegenheit kam er bis ins Haus. Und als er den größten Koffer auf seine Schultern lud und hinausging, warf er mir einen vielsagenden Blick zu, wenn Mr. Barkis' Gesicht überhaupt jemals etwas sagen konnte.

Peggotty war natürlich sehr betrübt über ihren Abschied von dem Orte, wo sie soviele Jahre heimisch gewesen war und wo die beiden stärksten Neigungen ihres Lebens – zu meiner Mutter und mir – entstanden waren. Sie war schon ganz früh auf dem Kirchhof gewesen; und als sie in den Wagen stieg und sich setzte, hielt sie das Taschentuch vor die Augen.

Solange sie dies tat, gab Mr. Barkis kein Lebenszeichen von sich. Er saß auf seinem gewöhnlichen Platz und in seiner gewöhnlichen Haltung, wie eine große ausgestopfte Strohpuppe. Aber als sie das Taschentuch entfernt hatte und mit mir zu sprechen anfing, nickte er mehrmals und zeigte grinsend die Zähne. Ich hatte nicht die leiseste Vorstellung davon, was er damit meinte.

»Ein schöner Tag heute, Mr. Barkis«, sagte ich, um ein Gespräch anzuknüpfen.

»Nicht schlecht«, sagte Mr. Barkis, der selten ganz offen heraus sprach und alle seine Bemerkungen vorsichtig abwog.

»Peggotty befindet sich jetzt ganz wohl, Mr. Barkis«, bemerkte ich zu seiner Befriedigung.

»Wirklich?« sagte Mr. Barkis.

Nachdem Mr. Barkis mit wahrhaft philosophischer Miene darüber nachgedacht hatte, sah er sie an und sagte:

»Hm, befindet Ihr Euch jetzt wirklich recht wohl?«

Peggotty lachte und antwortete bejahend.

»Aber wirklich und wahrhaftig, meine ich. Wirklich?« brummte Mr. Barkis und rutschte auf der Bank näher an sie heran und gab ihr einen zärtlichen Stoß mit dem Ellbogen. »Wirklich? Wirklich und wahrhaftig wohlauf? Wirklich? He?«

Bei jeder dieser Fragen rutschte Mr. Barkis ihr näher und gab ihr einen Stoß mit dem Ellbogen, so daß wir alle zuletzt in der linken Ecke des Wagens zusammengedrängt waren und ich so eingeklemmt dasaß, daß ich es kaum mehr aushalten konnte.

Peggotty machte ihn auf meine Drangsal aufmerksam, worauf Mr. Barkis sogleich etwas Platz machte und nach und nach wieder weiter abrückte. Aber ich bemerkte doch, daß er zu glauben schien, er sei auf ein herrliches Mittel verfallen, sich angenehm, fein und deutlich auszudrücken, ohne viel mühsame und zeitraubende Worte zu gebrauchen. Eine Zeitlang lachte er vergnügt vor sich hin. Allmählich wandte er sich wieder zu Peggotty um und fragte von neuem: »Seid Ihr hübsch wohlauf?« und wiederholte das vorige Manöver des Zusammenrückens, bis ich fast keinen Atem mehr hatte. Es dauerte nicht lange, so tat er dasselbe noch einmal mit denselben Folgen. Endlich stand ich auf, wenn ich ihn herankommen sah, und tat, als ob ich mir die Gegend ansähe; und dabei befand ich mich ganz wohl.

Er war so zuvorkommend, nur unsertwegen an einem Wirtshause anzuhalten und uns mit Hammelbraten und Bier zu bewirten. Aber selbst einmal, während Peggotty trank, hatte er einen seiner alten Drängelanfälle und brachte sie fast zum Ersticken. Als wir jedoch dem Ziele der Reise näher kamen, hatte er mehr zu tun und weniger Zeit galant zu sein, und als wir erst das Pflaster von Yarmouth erreichten, wurden wir viel zu sehr durcheinandergeschüttelt, als daß wir zu etwas anderm Zeit gehabt hätten.

Mr. Peggotty und Ham erwarteten uns an der alten Stelle. Sie empfingen mich und Peggotty sehr freundlich, und schüttelten Mr. Barkis die Hand, der mit weit zurückgeschobenem Hut, einem einfältigen Lächeln auf dem Gesichte und weit auseinandergespreizten Beinen dastand. Jeder von den beiden nahm einen von Peggottys Koffern, und wir wollten eben fortgehen, als Mr. Barkis mir feierlich zuwinkte, mit ihm unter einen Torweg zu treten.

»Was ich sagen wollte,« brummte Mr. Barkis, »alles in Ordnung.«

Ich sah ihn an und antwortete mit einem Versuch, ein sehr kluges Gesicht zu machen: »Ah!«

»Damals war's noch nicht aus«, sagte Mr. Barkis mit einem vertraulichen Nicken. »Alles in Ordnung.«

Wieder antwortete ich: »Ah!« »Sie wissen, wer willens war«, sagte mein Freund. »Es war Barkis und nur Barkis.«

Ich nickte beistimmend.

»Alles in Ordnung«, sagte Mr. Barkis und schüttelte mir die Hand. »Ich bin dafür Ihr Freund. Sie haben es zuerst ins Lot gebracht. Alles in Ordnung.«

In seinem Bestreben, besonders klar zu sein, war Mr. Barkis so erstaunlich rätselhaft, daß ich ihn eine Stunde hätte ansehen können, ohne mehr von ihm zu erfahren, als von einer Uhr, die still steht, wenn mich nicht Peggotty weggerufen hätte. Unterwegs fragte sie mich, was er gesagt habe, und ich wiederholte ihr seine Worte: »Alles in Ordnung.«

»O über seine Unverschämtheit!« sagte Peggotty. »Aber das ist mir gleich! Lieber Davy, was meinst du wohl, wenn ich mich verheiratete?«

»Nun, du würdest mich doch wohl ebenso lieb haben, wie jetzt, Peggotty?« erwiderte ich nach einiger Überlegung.

Zum großen Erstaunen der Vorübergehenden und der beiden voranschreitenden Peggottys mußte die gute Seele stehen bleiben und mich mit vielen Beteuerungen ihrer unveränderlichen Liebe umarmen.

»Sage mir, was du dazu meinst, lieber Schatz?« fragte sie wieder, als sie damit fertig war und wir unsern Weg fortsetzten.

»Wenn du dich verheiratetest – mit Mr. Barkis, Peggotty?«

»Ja«, sagte Peggotty.

»Ich glaube, es wäre ganz vortrefflich. Denn siehst du, Peggotty, du hättest immer das Pferd und den Wagen, um mich zu besuchen, und könntest umsonst kommen und wann du willst.«

»Wie klug das Goldkind ist!« rief Peggotty. »Das habe ich immer schon den ganzen Monat gedacht! Ja, lieber Schatz; und ich glaube, ich wäre im ganzen viel unabhängiger, und es würde mir jetzt viel leichter, im eignen Hause zu arbeiten, als bei Fremden. Ich weiß nicht, ob ich's jetzt als Dienstbote bei Fremden aushalten könnte. Und ich wäre immer in der Nähe der Ruhestätte meines Engels,« sagte Peggotty nachdenklich, »– könnte sie sehen, wann ich wollte; und wenn ich mich zur Ruhe lege, könnten sie mich neben meiner lieben Frau legen.«

Wir schwiegen beide eine Weile.

»Aber ich würde kein einzigesmal wieder daran denken,« sagte Peggotty heiter, »wenn mein Davy etwas dagegen hätte – und wenn ich auch dreimal dreißigmal in der Kirche aufgeboten sein würde und den Ring mein lebelang in der Tasche herumtragen müßte.«

»Sieh mich an, Peggotty,« erwiderte ich, »und sieh, ob ich mich wirklich nicht freue und es wahrhaftig wünsche!« – was ich auch von ganzem Herzen tat.

»Liebes Herz,« sagte Peggotty und drückte mich an sich, »ich habe es Tag und Nacht überlegt und in jeder Weise daran gedacht, und ich glaube, in der rechten Weise; aber ich will noch einmal darüber nachdenken und mit meinem Bruder darüber sprechen, unterdessen wollen wir es aber für uns behalten, Davy. Er ist ein einfacher, guter Mann,« sagte Peggotty, »und wenn ich versuchte, meine Pflicht gegen ihn zu tun, so glaube ich, wäre es meine Schuld, wenn ich nicht – wenn ich mich nicht recht wohl mit ihm befände«, sagte Peggotty und lachte herzlich.

Dieses Zitat von Mr. Barkis war so passend und kitzelte uns beide so sehr, daß wir immer von neuem zu lachen anfingen und sehr heiterer Laune waren, als wir Mr. Peggottys Häuschen erblickten.

Es sah noch ganz aus wie früher, nur daß es vielleicht in meinen Augen ein wenig kleiner geworden war; Mrs. Gummidge wartete in der Tür, als ob sie seit jener Zeit immer noch dort stände. Inwendig war alles noch beim alten geblieben einschließlich des Seegrases im blauen Krug in meinem Schlafzimmer. Ich ging in den Seitenschuppen, um mich umzusehen, und dieselben Hummern, Krabben und Krebse, erfüllt von demselben Verlangen, alles in der Welt zu kneifen, lagen in demselben wirren krabbelnden Durcheinander in derselben alten Ecke.

Aber keine kleine Emilie war zu sehen, und ich fragte daher Mr. Peggotty, wo sie sei.

»Sie ist in der Schule, Sir«, sagte Mr. Peggotty und wischte sich den Schweiß von der Stirn ab, den ihm das Tragen von Peggottys Koffer verursacht hatte. Dann sah er nach der Wanduhr und sagte: »Sie kommt in zwanzig Minuten oder in einer halben Stunde. Wir vermissen sie auch alle, das weiß Gott!«

Mrs. Gummidge seufzte. '

»Na, immer munter, Mutter!« rief Mr. Peggotty.

»Ach,« sagte Mrs. Gummidge, »ich bin ein einsames, verlassenes Geschöpf.«

Das Haus war noch so hübsch wie immer, oder hätte mir ebenso erscheinen sollen, aber dennoch machte es nicht denselben Eindruck auf mich wie früher. Ich fühlte mich sogar etwas enttäuscht. Vielleicht war die Abwesenheit der kleinen Emilie schuld daran. Ich wußte, welchen Weg sie kommen würde, und ging ihr daher immer langsam entgegen.

Es dauerte auch nicht lange, so erschien in der Ferne eine Gestalt, und ich erkannte bald Emilien, die, obgleich gewachsen, immer noch klein und zierlich war. Aber als sie näher kam und ich sah, wie ihre blauen Augen noch blauer, ihr Gesicht mit den Grübchen noch heiterer und ihr ganzes, reizendes Ich noch hübscher und schelmischer geworden war, da überkam mich ein seltsames Gefühl der Scheu, das mich veranlaßte, zu tun als ob ich sie nicht kennte, und vorbeizugehen, als ob ich nach etwas, draußen in der Ferne sähe. Ich habe so etwas auch noch später im Leben getan, oder ich müßte mich sehr irren.

Die kleine Emilie kümmerte sich gar nicht darum. Sie sah mich recht gut; aber anstatt sich umzudrehen und mich zu rufen, rannte sie lachend fort. Das trieb mich, ihr nachzueilen, aber sie lief so schnell, daß ich sie erst nahe beim Häuschen einholen und fangen konnte.

»O, du bist's?« sagte die kleine Emilie – »du also?«

»Na, du wußtest doch, wer's war, Emilie!«

»Und wußtest du es nicht, wer's war?« sagte Emilie.

Ich wollte sie küssen, aber sie bedeckte ihre Kirschenlippen mit den Händen und sagte, sie sei kein kleines Kind mehr, lief fort ins Haus und lachte toller als vorher.

Sie schien einen Gefallen daran zu finden, mich zu necken, und das war eine Veränderung an ihr, über die ich mich sehr wunderte. Der Teetisch war fertig, unsere kleine Sitzlade stand auf dem alten Flecke, aber anstatt sich neben mich zu setzen, leistete sie der alten brummigen Mrs. Gummidge Gesellschaft; und als Mr. Peggotty fragte, warum, vermuschelte sie das Gesicht mit den krausen Locken ihres Stirnhaars und konnte nicht aufhören zu lachen.

»Ein kleines Miesekätzchen, nicht wahr?« sagte Mr. Pegotty und streichelte sie mit seiner großen Hand.

»Das ist sie! das ist sie!« rief Ham. »Mas'r Davy, das ist sie!« und er saß da und lachte sie eine Zeitlang an in einem gemischten Zustande von Wonne und Bewunderung, der sein Gesicht brennendrot machte.

Ja, die kleine Emilie wurde von ihnen in allem verzogen und von niemand mehr als von Mr. Peggotty, dem sie alles abschmeicheln konnte, wenn sie nur zu ihm ging und ihre Wangen an seinen stacheligen Backenbart legte. So glaubte ich wenigstens, als ich sah, daß sie es so machte, und ich fand, daß Mr. Peggotty vollkommen recht hatte. Denn sie war so zärtlich und herzig und hatte eine so angenehme Art, neckisch und schüchtern zugleich zu sein, daß ich mehr als je ihr Sklave war.

Sie hatte aber auch ein weiches Gemüt; denn als wir nach dem Tee um das Feuer saßen und Mr. Peggotty eine Hindeutung auf den Verlust, den ich erlitten hatte, machte, traten ihr die Tränen in die Augen, und sie sah mich über den Tisch so freundlich an, daß ich ihr wirklich dankbar war.

»Ah!« sagte Mr. Peggotty, indem er ihre Locken nahm und sie wie Wasser über die Hand laufen ließ, »hier ist auch eine Waise, Sir. Und hier,« sagte Mr. Peggotty und gab Ham mit der Rückseite der Hand einen leisen Schlag auf die Brust, »hier ist noch eine Waise, obgleich man es ihnen nicht sehr anmerkt.«

»Wenn ich Sie zum Vormund hätte, Mr. Peggotty,« sagte ich und schüttelte mit dem Kopf, »so glaube ich wohl, ich würde es auch nicht so sehr fühlen.«

»Schön gesagt, Master Davy!« rief Ham ganz entzückt. »Hurra! Schön gesagt! Nein, das täten Sie auch nicht! Hört, hört!« – Hierbei klopfte er in freundschaftlicher Erwiderung des erhaltenen Puffs Mr. Peggotty auf die Brust, und die kleine Emilie stand auf und küßte Mr. Peggotty.

»Und was macht Ihr Freund, Sir?« sagte Mr. Peggotty zu mit.

»Steerforth?« sagte ich.

»Ja ja, den meine ich«, erwiderte Mr. Peggotty. »Ich wußte doch, sein Name gehörte zu unserm Gewerbe.«

»Du sagtest immer, er hieße Rudderforth«, lachte Ham.

»Na« – verteidigte sich Mr. Peggotty – »Ruder oder Steuer, das ist kein so großer Unterschied. – Also wie geht's ihm, Sir?«

»Er war ganz wohl, als ich ihn verließ, Mr. Peggotty.«

»Ja, das ist ein Freund!« sagte Mr. Peggotty und streckte seinen Arm mit der Pfeife vor sich aus. »Das ist ein Freund, wenn Ihr von Freunden sprecht! Gott soll mich ewig leben lassen, wenn es nicht eine Freude ist, ihn anzusehen.«

»Er ist sehr hübsch, nicht wahr?« sagte ich, und mein Herz wurde warm bei diesem Lobe.

»Hübsch!« rief Mr. Peggotty. »Er steht vor einem wie – wie ein – na, ich weiß wahrhaftig nicht, wie er vor einem steht. Er ist so, er hat so etwas keckvornehmes!«

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