Sadece LitRes`te okuyun

Kitap dosya olarak indirilemez ancak uygulamamız üzerinden veya online olarak web sitemizden okunabilir.

Kitabı oku: «Das blutige Blockhaus», sayfa 25

Yazı tipi:

3

Wir waren nun wirklich auf dem Weg, den wir verfolgen mußten und kaum verfehlen konnten, wenn wir nicht vorsätzlich die Augen schlossen. Und wir verfolgten diesen Weg mit einer Freude und Lust, die unserm ganzen Wesen einen neuen Antrieb verlieh. Diesen Antrieb, diese freudig frohe Tätigkeit hätten wir nicht mit dem glänzendsten Hofleben vertauscht.

Und in der Tat, wer sein Leben fortwährend nur in überzivilisierter, höherer Gesellschaft zugebracht, auf jedem seiner Tritte beschützt, bewacht, jedem seiner Wünsche zuvorgekommen, so gleichsam auf den Sprungfedern der bürgerlichen Gesellschaft getragen, wer so gelebt und seine eigene Kraft nie versucht hat, der kann sich unmöglich das reine Vergnügen und das Entzücken vorstellen, die das Erschaffen einer eigenen Existenz gewährt. Wenn die Werke unserer Hand allmählich vor uns erstehen, werden wir uns auf einmal neuer Kräfte bewußt, die so lange geschlummert, uns selbst unbekannt waren. Es liegt ein wunderbarer Reiz in diesem Gefühl erwachender Kräfte!

Wir genossen dieses Entzücken in langen Zügen, und wahrlich, es machte uns diese ersten Jahre in Louisiana zu den glücklichsten unseres Lebens. Trotz der vielfältigen und mitunter großen Schwierigkeiten, mit denen wir zu kämpfen hatten, trotz der nimmer endenden Arbeiten, die allerseits unser warteten. Aber diese Squatters hatten uns, wie gesagt, zum Bewußtsein unserer Kräfte gebracht, uns auf den Weg getan.

Von dem Haus standen zwar bloß erst die hölzernen Wände, die die Squatters aufgeblockt, ohne Dach, Fenster, Kamin, Fußboden. Für alles dieses mußten wir erst sorgen. Aber diese Sorgen waren nun vergleichsweise leicht. Akadier wurden gemietet, um uns das Dach zu decken, Amerikaner, um den Kamin aufzubauen. Fünf Meilen oberhalb von uns befand sich die Sägemühle der Gemeinde, die der Sohn des Major Gale gebaut, der zugleich Tischler, Schreiner und Zimmermann war. Mit diesem einigten wir uns, und in acht Wochen konnten wir aus unserer Hütte in das Haus einziehen und unsere Sachen endlich von den Attacapas heraufbringen lassen.

Wir selber hatten immer noch nicht die Zeit, unsere Freunde oder unsere gepachtete Pflanzung zu sehen. Wir mußten Amadée senden, der die Heraufschaffung unserer Sachen besorgte. Hauterouge hatte den Wunsch geäußert, die von uns gepachtete Pflanzung zu übernehmen. Wir traten sie ihm ab, um unsere Aufmerksamkeit ganz auf unsere neue Wirtschaft lenken zu können.

Wir dachten an nichts als an diese neue Wirtschaft. Musik, Lesen, Billard, Freunde — unsere Squatternachbarn ausgenommen —, selbst unser schönes Frankreich hatten wir vergessen und seine Leiden und Freuden. Kaum daß wir dazu kommen konnten, unseren Lieben von unserm Treiben Nachricht zu geben.

Unsere liebste Unterhaltung war, abends die Arbeiten des Tages zu besprechen. Was wir getan, wie wir es getan, jeder Baum, den wir gefällt, jeder Zaunriegel, den wir gelegt, wie wir ihn gelegt, alles das wurde erörtert. Ich erinnere mich noch bei einer Gelegenheit, wo wir zehn bis fünfzehn Akadier gedungen hatten, um Zaunriegel für unsere Felder zu spalten, mit welcher Umständlichkeit wir die Geschichte einer seltsam geformten Zypresse, die wir gefällt, besprachen. Wir hatten beide einen halben Tag damit zugebracht, den sieben Fuß im Durchmesser haltenden Stamm zu fällen, und zwei Äxte zuschanden gearbeitet.

Inmitten dieser Tätigkeit überraschte es uns zugleich nicht wenig, daß wir anfingen, über Dinge, die vor und hinter uns lagen, auf eine ganz neue Weise zu reden, auf eine republikanisch amerikanische Weise zu reden, möchte ich sagen, eine Weise, die mit unserer früheren Sprache und Denkungsart auch nicht im mindesten Zusammenhang stand.

Wir begannen, die Verhältnisse des Lebens, unsere Lage und die anderer aus einem weniger ideellen, mehr realen Gesichtspunkt zu beurteilen, selbständiger zu beurteilen in dem Grad, als wir selbständiger zu werden begannen. Es ging eine ganze Revolution in unserer Gedankenwelt vor. Selbst die Verhältnisse des öffentlichen Lebens, die Politik Europas, unseres Königshauses erschienen uns aus einem ganz neuen Gesichtspunkt. Unsere Kavaliersansichten verloren sich in die Vogelschau.

Es war ein psychologisches Wunder und desto unerklärbarer, da wir über diese Gegenstände kaum je mit unsern Squatternachbarn gesprochen, unsere Gedanken daher ohne fremde Einwirkung entstanden waren. Es schien uns, als wären wir aus einem langen Traum erwacht, der Kindheit, dem Leitband entwachsen, das uns bisher hin und her gegängelt hatte.

Auch in bezug auf die Schwarzen erlitten unsere Ansichten eine starke Revolution. Wir hatten unser Haus endlich so ziemlich eingerichtet, die Felder mit Zäunen umgeben, unsere Zimmer zum Teil möbliert, die Vorplätze herzustellen angefangen. Alles das hatten wir und unsere Diener mit Beihilfe unserer Squatternachbarn und einiger der tätigeren jungen Akadier getan. Noch hatte kein Schwarzer Hand an irgend etwas in unserm Hause gelegt.

Wir wünschten uns Glück zu diesem Umstand, aber wir begannen zugleich zu fühlen, daß wir dessen ungeachtet ohne diesen Fluch in Louisiana nicht würden bestehen können. Wir konnten uns wohl für eine Weile dem Sklavenhalten entziehen, unsere Felder durch Weiße bearbeiten lassen, aber für die Dauer, das sahen wir ein, war dies unmöglich. Trotz aller Opfer, die ein solcher Versuch uns kosten mußte, würden wir uns nur zugrunde richten, ohne der schwarzen Rasse auch nur die mindeste Erleichterung verschafft zu haben. Wenn wir dagegen Sklaven hielten, konnten wir nicht nur ihre Lage verbessern, sondern auch durch unser Beispiel und bürgerlichen Einfluß auf die bessere Behandlung aller übrigen vorteilhaft einwirken.

Es gibt Übel, deren schlimmen Einfluß wir nicht dadurch vermeiden, daß wir ihnen aus dem Wege gehen, sondern einzig und allein durch ein kräftiges Kämpfen, Ringen mit ihnen. Ein solches Übel ist die in den südlichen Teilen der Union eingeführte Sklaverei. Ist ein Prinzip einmal zugelassen, so steht es in keines einzelnen Menschen Gewalt mehr, ihm Folge zu leisten oder sich zu versagen — er muß mit dem Strom schwimmen. Nur durch Ableitung des Stromes läßt sich dieser und mit ihm das Übel verringern.

Diese Wahrheiten fingen damals an, bei uns zu dämmern, obwohl wir Sklaven zu kaufen oder zu halten noch immer für etwas Gräßliches hielten und jede Berührung damit so lange wie nur möglich vermeiden wollten. Der Zufall entschied auch über diese Skrupel.

Unsere werdende Pflanzung war so weit in Ordnung, daß wir endlich an die so lange hinausgeschobene Reise nach der Hauptstadt denken konnten. Eigentlich hätten wir diese vor unserer Ansiedlung unternehmen sollen, hätten wir schon lange dem Gouverneur und den übrigen höheren Beamten unsere Aufwartung gemacht und besonders unsere Schenkungsangelegenheiten in Ordnung gebracht haben sollen. Aber das in New Orleans bis spät im November herrschende gelbe Fieber und der Drang der Geschäfte hatten uns abgehalten. Jetzt eilten wir daher um so mehr, als Lefèvre, der in meinem Regiment als Bataillonsarzt gestanden, mit Briefen von Europa angekommen war.

Wir reisten also ab, kamen glücklich in Nouvelle Orléans an, gaben unsere Empfehlungsschreiben ab und stiegen im Hause des Barons Marigny ab, eines der vornehmsten Bürger der Kolonie und von alter Familie. Er stellte uns dem Gouverneur vor, der die Gefälligkeit hatte, mir meine Schenkung an dem Fluß, an dem unser ersteigertes Land lag, und für Lassalle noch besonders eine Strecke Landes von zweitausend Arpents ausmessen zu lassen. Damals nahm man es mit diesen Schenkungen nicht sehr genau. Erst die Regierung der Vereinigten Staaten wußte den Ländereien Wert zu verleihen.

Wir hatten bald unsern lieben Lefèvre aufgefunden. Die gastfreundliche Fürsorge unseres trefflichen Marigny wies ihm ein Zimmer neben den unsrigen an. In Geschäften, Besuchen der um die Stadt liegenden Zuckerpflanzungen, Gefeiertwerden und Plaudern über das teure Frankreich und die europäischen Zustände waren uns so vierzehn Tage wie Stunden verlaufen. Wir hatten unsere Einkäufe besorgt, mehrere Zuckerpflanzungen besichtigt, die Verhältnisse der Sklaven zu ihren Gebietern kennengelernt. Wir dachten wieder an die Heimreise.

Den Tag vor unserer Abreise hatte Marigny zur Eröffnung seiner Villa an der untern Levee, beiläufig fünf Meilen unterhalb New Orleans, bestimmt. Bloß sehr wenige enge Freunde und wir mit Lefèvre waren geladen.

Wir saßen beim Nachtisch im traulichen Gespräch in einem herrlichen Gartenpavillon. Es war ein entzückender Februartag, um uns war die duftende Pflanzenwelt Louisianas, waren ganze Wälder blühender Rosen. Unser Auge konnte den gewaltigen Mississippi bis zum großen Bend, der Krümmung unterhalb New Orleans verfolgen.

Meine Aufmerksamkeit wurde durch ein Schiff angezogen, das etwa eine Meile unterhalb des Landhauses am Ufer angelegt hatte. Der Wind war plötzlich widrig geworden und hatte es gezwungen, beinah am Ziel seiner Reise zu halten. Mir fiel dieses Schiff auf. Sein Bau, sein Sparrenwerk, seine Ausrüstung, selbst seine Stückpforten hatten etwas so eigentümlich Verdächtiges.

»Es ist ein Sklavenschiff«, bemerkte einer der Gäste gelassen.

»Ein Sklavenschiff? Ist die Einfuhr von Sklaven denn erlaubt? Ich hörte, sie sei unter Baron Carondelet verboten worden?«

»Sie war es«, sagte der Baron. »Aber die Übel, die dieses Verbot nach sich zog, zeigten sich so einleuchtend, daß es wieder aufgehoben wurde. Wollen Sie etwa kaufen? Sie hätten jetzt eine gute Gelegenheit dazu.«

Ich verneinte. Der Baron schüttelte den Kopf.

»Hüten Sie sich, lieber Freund, hier rührseligen Abneigungen Raum zu geben. Wir sind in Louisiana, wo solche Abneigungen nur schaden können. Glauben Sie mir, bei uns besteht die Menschlichkeit nicht darin, daß wir uns von diesem Handel frei halten, sondern daß wir ihn in unsere Hände bekommen, so den Ton angeben. Nur wenn die Anständigen des Landes den Ton angeben, kann das Übel für Louisiana und selbst für die Schwarzen zum Guten werden. Darum wünschte ich, Sie kauften und jeder gebildete anständige Mann kaufte.«

Ich schwieg. Die Gesellschaft erhob sich nach einer Weile, sie wollte zum Schiff spazieren, die Ladung besehen, wie sie sich ausdrückte. Wir gingen also dem Schiff zu, um die Ladung zu besehen.

Ein Teil seiner lebendigen Ladung war bereits an Land geschafft worden. Wir sahen um eine der schwarzen Gruppen alte Weiber beschäftigt, die häßlichen Leiber der Transportierten zu säubern. Eine zweite Gruppe führte zum Schall zweier alter Kessel, die ein alter Neger schlug, einen Tanz auf. Sobald einer oder eine der Schwarzen aus den Händen der alten Negerinnen oder Neger entlassen wurde, schloß sich das bejammernswerte Geschöpf an die Tanzenden an.

Dies schien der ganzen Gesellschaft so an der Tagesordnung zu sein, daß keiner ein Wort darüber verlor. Wir hatten uns unterdessen bis auf Sprechweite dem Schiff genähert. Der Kapitän war uns entgegengekommen und bot uns an, seine Ladung näher zu besehen und auszuwählen.

Mehrere von der Gesellschaft besahen die gelandeten Neger und Negerinnen. Wir schritten über die Laufbretter auf das Schiff, das eben von dem siebenmonatigen Unrat gesäubert wurde, kehrten aber wieder zurück, die Gerüche waren nicht auszuhalten. Auf dem Verdeck bemerkten wir einen Verschlag, vor dem eine Kanone stand. Sie war mit Kartätschen geladen, wie wir später erfuhren.

Ich konnte mich nicht enthalten, dem Kapitän über sein trauriges Gewerbe Vorstellungen zu machen. Er zuckte die Achseln.

»Was wollen Sie? Alle diese Schwarzen wären längst tot, wenn wir sie nicht gekauft hätten. Sie waren sämtlich zum Tode verurteilte Kriegsgefangene. Zum Glück kamen wir zur rechten Zeit.«

Und der Kapitän erzählte uns von dem furchtbaren Leben der Eingeborenen an der afrikanischen Küste.

Noch war er in seiner Erzählung begriffen, als Doktor Lefèvre vom Verdeck zurückkam. Er war trotz der erstickenden Gerüche in das Schiff eingedrungen und kam nun auf den Kapitän zugerannt.

»Kapitän, wenn Sie die fünfundzwanzig Elenden, die in dem Verschlag unter dem Verdeck sind, nicht sogleich in bessere Pflege bringen, so ist morgen keiner mehr am Leben!«

Der Kapitän zuckte die Achseln.

»Kann nicht helfen!«

»Fünfundzwanzig!« rief ich schaudernd.

»Der Ausschuß!« meinte der Kapitän. »Kann nicht helfen! Wäre ich in New Orleans, ließe sich vielleicht etwas tun, aber der verdammte Nordwester!«

Wir gingen nochmals über die Bretter, bestiegen das Verdeck, stiegen die Treppen hinab. Die Ausdünstungen wurden so erstickend, daß uns der Atem verging. Lefèvre öffnete den Verschlag.

»Mein Gott!« rief ich.

Am Eingang lag ein Weib im Todesröcheln. Wo ihr schwarzer Körper nicht vom Unrat starrte, war er bereits von der grellen schwarzblauen Leichenfarbe überzogen. An ihren bis über die Hüften herabhängenden Brüsten zerrte ein Wurm von Säugling. Der Arzt hob sie auf und brachte sie samt dem Kind an die frische Luft. Sie schnappte.

»Sie können diese fünfundzwanzig Schwarzen mit zehn Säuglingen für ebenso viele hundert Piaster haben«, sagte der Kapitän. »Wenn Sie auch nur den fünften Teil retten, so machen Sie ein gutes Geschäft. Ich habe nicht die Zeit dazu.«

»Gott behüte, wer wird hier an Geschäfte denken! Ich gebe Ihnen fünfundzwanzighundert Piaster. Schaffen Sie sie mir auf das Verdeck hinauf!«

Die Schwarzen waren mein. In meinem Leben habe ich keine scheußlicheren Gestalten gesehen. Mich rüttelt es noch fieberig, wenn ich an diesen Anblick denke. Sie wurden auf Deck und dann ans Ufer gebracht.

Wir eilten in die Villa, der Arzt in die Stadt, um Wolldecken, Medizinen, Erfrischungen herbeizuschaffen. Zwei der Unglücklichen starben in derselben Nacht, drei den folgenden Tag, fünf auf der Mississippifahrt.

Von den fünfundzwanzig brachten wir fünfzehn und sieben Säuglinge nach Hause. Zwölf Erwachsene und fünf Kinder wurden vollkommen hergestellt, die übrigen siechten an den Folgen der fürchterlichen Leiden, die sie während der Überfahrt erduldet, dahin und starben.

Unsere Menschlichkeit hatte uns aber eine Bürde aufgelegt, von der wir keine Ahnung hatten und die uns beinah zum Verzweifeln brachte. Es ist wirklich zum Verzweifeln, Geschöpfe, die so wenig Menschliches an sich haben, die tierischer sind als das Tier selbst, auch nur zu Sklaven heranzuziehen.

»Mein Gott!« fragte ich mich oft, »können diese Geschöpfe mit ihren Orang-Utan-Schädeln, diese Weiber mit ihren Hängebrüsten, diese über alle Begriffe häßlichen Geschöpfe, die Erde fressen, weder Verstand noch Gedächtnis, nicht einmal Instinkt haben, wirklich Menschen sein?«

Wir spürten so gar nichts vom göttlichen Funken. Erst als wir mehrere der im Lande eingewöhnten Sklaven gekauft und unter sie gemengt hatten, erst dann fing sich etwas wie Instinkt zu zeigen an. Ja, wir haben erfahren, was es sagen will, diese Geschöpfe zu erziehen! Und man kann Schwarze kaufen, sie halten und doch Mensch sein und bleiben.

4

Ein Jahr war so vergangen.

Das Jahr 1802 brachte uns den Frieden von Amiens und erlaubte uns an das Herüberbringen unserer Lieben zu denken. Mir war es nicht möglich, nach Europa zu reisen. Die Arbeiten auf der Pflanzung, die Sorge für vierundzwanzig Schwarze ließ es nicht zu, wenn auch unser schwächer gewordener Geldbeutel uns noch hätte zusammen reisen lassen. So fuhr denn Lassalle allein ab.

Ich zählte unterdessen die Wochen, Tage, Stunden, die mich von meiner Eleanor trennten. Sie verflossen, und am Ende von vier Monaten schloß ich sie endlich in meine Arme.

Wir hatten uns in New Orleans trauen lassen, aber der eigentliche Freudentag war, an dem ich die geliebte Gattin in die selbstgeschaffene Heimstätte einführen, ihr den Herd übergeben konnte, über den sie schützend wachen wollte. Meine Wünsche, meine süßesten Erwartungen waren jetzt erfüllt. Alles ließ sich zu glücklichen Tagen an.

Und glücklich wurden sie, glücklich, wie wir sie nie zuvor gesehen! Unser Heimwesen begann unter unserer Frauen Schirm zu blühen. Unsere Schwarzen, die eine Mutter gefunden, begannen mehr und mehr menschlich zu werden. Wir waren geliebt von den Akadiern, geachtet von unseren Squatterfreunden. Unsere Bedürfnisse waren nicht nur befriedigt, wir konnten an Bequemlichkeit und allmählich an Luxusgegenstände denken.

Wochen und Monate verflossen heiter und ungetrübt und doch wieder in reger Tätigkeit. Man mußte Nathan und Madame Vignerolles sehen und hören! Sie in ihrer fröhlichen freundlichen Anmut, die denn doch wieder einen leicht mutwilligen Anstrich hatte, ihn kalkulierend und der Notion, Mistreß Vignerolles sei die lieblichste Hinterwäldlerin, die je in Petticoats und ihren eigenen Schuhen stak.

So war wieder ein Jahr verstrichen. Da kam 1803 die Nachricht, daß Louisiana infolge des letzten Friedens mit Spanien an Frankreich zurückgegeben werden würde. Briefe aus der Hauptstadt bestätigten bald diese Nachricht und fügten hinzu, der Übernahmekommissar der französischen Regierung werde jeden Tag erwartet.

Einen Augenblick machte uns diese Nachricht bestürzt. Wir waren emigriert, hatten gegen Bonaparte in der Vendée gefochten. Doch beruhigte uns wieder die Anständigkeit, die der Erste Konsul gegen die Emigrierten in seiner sonst so rücksichtslosen Politik durchschimmern lassen zu wollen schien. Wir wußten, daß mehrere unserer Freunde nicht nur nach Frankreich zurückgekehrt, sondern insgeheim auch von Napoleon berücksichtigt, ja begünstigt worden waren. Wir beschlossen daher, nach New Orleans hinab zu gehen und uns an der Quelle von der Lage der Dinge zu unterrichten. Ohnedem sahen unsere Frauen ihrer Niederkunft entgegen und wollten diese in der Hauptstadt abwarten.

Wir reisten daher ab. Den Tag vor unserer Ankunft war Monsieur Laussat, der Präfekt, eingetroffen. Zwei Stunden nach unserem Aussteigen wurden wir ihm bereits vorgestellt. Wir fanden in ihm einen Mann von Ehre, einen Franzosen durch und durch, und das war alles, was wir wünschten. Er beruhigte uns über die Gesinnung des Ersten Konsuls und teilte uns seine Anweisungen mit, allen Franzosen ohne Unterschied ihrer politischen Vergangenheit jeden möglichen Schutz angedeihen zu lassen und ihre künftige bürgerliche Existenz zu sichern. Er versprach, alles mögliche für uns zu tun.

Er tat es trotz seiner gehäuften Geschäfte. Denn er war nicht sowohl gekommen, Louisiana für Frankreich zu übernehmen, sondern vielmehr dieses nach der Übernahme von Spanien an die Regierung der Vereinigten Staaten zu übergeben. Aber trotz seiner vielen Geschäfte fand er noch Zeit, uns unsere Schenkungen, die wohl in allen Punkten richtig und gültig, aber von der lässigen spanischen Regierung nicht fest ausgemittelt worden waren, gehörig festzulegen und so jeder künftigen Beanstandung zu begegnen.

Am 30. November 1803 übernahm er die Kolonie von den spanischen Vertretern, dem Gouverneur de Salcedo und dem Marquis de Casa Calvo, um sie zwanzig Tage darauf, am 20. Dezember, an die amerikanischen Bevollmächtigten, den Gouverneur Claiborne vom Mississippiterritorium und den General Wilkinson, zu übergeben.

Wer Franzose ist, wird sich den Jubel vorstellen können, der bei dem ersten Akt, der Übernahme Louisianas durch den französischen Abgeordneten, herrschte. Die bei weitem größere Mehrzahl der Kolonisten und Einwohner waren Franzosen oder französischen Ursprungs, hatten nie aufgehört, Franzosen zu sein. Es war ein wirklicher Freudenrausch, ein Taumel, der sich der Hauptstadt bemächtigt hatte. Ein Fest folgte dem andern. Festliche Beleuchtungen, Bälle, öffentliche Mahle reihten sich die zwanzig Tage aneinander.

New Orleans hatte nie solchen Jubel, solche Verschwendung gesehen. Aber auch nie solche plötzliche Abspannung, als am einundzwanzigsten die dreifarbige Fahne vom Stadthaus und den öffentlichen Gebäuden sank, um dafür dem Sternenbanner Platz zu machen. Die amerikanische Flagge wollte lange nicht emporkommen trotz aller Bemühungen ihrer Matrosen, flatterte aber endlich unter den gellenden Hurras der anwesenden Amerikaner weit und stolz den tausenden entgegen.

War auch unsere schöne Hoffnung, gewissermaßen auf französischem Boden zu leben, getäuscht worden, so fanden wir keine Ursache, uns über die Veräußerung Louisianas zu beklagen. Der Erste Konsul hatte mehrere für uns sehr günstige Bedingungen in dem Abtretungsvertrag vereinbart. Die Schenkungen sowohl der französischen wie der spanischen Regierung sollten anerkannt, die Einwohner Louisianas ohne Unterschied den geborenen Bürgern der Union in jeder Hinsicht gleichgestellt werden. Mit einem Wort, alles war getan worden, die bürgerliche wie die politische Existenz der Verkauften zu sichern.

Bei den vielfältigen Geschäften, die dieser Verkauf Louisianas an eine fremde Regierung nach sich zog, bei den Festen, die ihm vorangingen und folgten, sowie über der Unzahl von Aufträgen, die uns von unseren Squatterfreunden und aus den Attacapas geworden waren, zu dem sich der Verkauf unserer eigenen Baumwolle und der der Niederlassung gesellte, verliefen zwei Monate. Wir hatten über tausend Ballen für Nathan, Nollins und Nachbarn in Kommission, nebst einigen hundert für unsere eigene Rechnung. Der Absatz forderte Zeit. So war die Entbindung unserer Frauen herangekommen, die uns nun in New Orleans zu bleiben zwang. Denn Lefèvre hatte bereits früher eine Anstellung als Arzt in der Hauptstadt erhalten, und im ganzen Umkreis unserer Pflanzung war keine Person, auf die wir uns in einem solchen Lebenspunkt wie die Entbindung unserer Frauen hätten verlassen können.

Gern wären wir jedoch unserer lieben Heimstätte zugeeilt, ja, der Aufenthalt in der Hauptstadt wurde uns allmählich drückend. Denn das Gerücht brachte uns seltsame Dinge von dem Treiben unserer neuen Landsleute und Regenten im Lande zu Ohren. Ganze Schwärme von Abenteurern und sogenannten Landsharks — Landhaifischen, wie sie die Landspekulanten nannten — waren aus dem Norden wie Heuschrecken angekommen, waren in Gehöfte, Pflanzungen, Häuser und Hütten gedrungen, nach Ländereien schnüffelnd. Darunter waren Männer von großem politischem Einfluß. Dann gab es wieder junge, Whisky trinkende Leutnants, jetzt Kommandanten der Forts, und Tischler, Gerber und derlei ehrenwerte Leute, die zu Sheriffs und County Clerks aufgerückt waren und Gerechtigkeit verwalten sollten, in einem Land, dessen Sitten, Gebräuche und Gesetze sie nicht kannten, von dessen Sprache sie kein Wort verstanden. Mehrere Verweisungen von Ländereien, wo die Besitztitel nicht gehörig befunden worden waren, sollten gleichfalls stattgefunden haben.

Amadée bat uns in seinen Briefen dringend, unsere Nachhausekunft zu beschleunigen. Wir würden in der Niederlassung seltsame Veränderungen finden.

Diese wiederholten Aufforderungen hatten uns unruhig gemacht. Ungeduldig erwarteten wir die Zeit der Niederkunft unserer Frauen. Sie war kaum vorüber und unsere Frauen wieder hergestellt, als wir mit zwei Knaben bereichert und bedeutenden Wechseln nach unserer neuen Heimat hinaufschifften. Amadée war benachrichtigt worden, uns Pferde an den Red River entgegen zu senden.

Dort angekommen, brachten wir die Frauen in den Wagen, den wir in New Orleans gekauft, und eilten, so rasch es die von den Squatters angelegte Knittelstraße gestattete, unserer Pflanzung zu. Unsere Ungeduld, Nathan zu sehen, war so groß, daß wir die Frauen nach Hause fahren ließen und die Pferde Amadées und des ihn begleitenden Negers bestiegen, um den zwölf Meilen langen Abstecher zu Nathan zu machen.

Wir ritten, was die Pferde laufen konnten. Es war, als ob eine Ahnung uns sagte, daß wir zu spät kämen. Eine tiefe, unheimliche Stille herrschte in der Niederlassung, wir trafen keine lebendige Seele in der ersten, zweiten, dritten Pflanzung. Nathans war die vierte. Uns wurde nun wirklich bange. Wir spornten die Pferde und fanden uns endlich vor dem so wohl bekannten Blockhaus.

James, der älteste Sohn Nathans, kam uns entgegen. Er war ungemein ernst, ja düster, als er uns die Hand schüttelte.

»Wo ist Freund Nathan?«

»Weit von hier bei dieser Zeit, Colonel.«

»Weit von hier bei dieser Zeit? Seien Sie so gut, ihm zu sagen, daß wir zurück sind.«

»Das dürfte einem guten Gaul manchen harten Tagritt nehmen, ihm das zu sagen«, versetzte der junge Squatter. »Vater ist weggezogen.«

»Weggezogen? Wie meinen Sie das, Mister Strong?«

»Weggezogen mit Weib und Kind. Mit Mutter und Schwester Mary und Bruder Joshua und Neger und Vieh und allem und zwanzig Familien mehr. Seht ja, daß ein Wegziehen gewesen ist.«

Der junge Mann deutete auf den nackten Porch.

»Weggezogen!« riefen wir. »Weggezogen, ohne ein Wort zu sagen!«

Mir war beinah übel bei dieser Nachricht geworden.

»Das nicht! Hat Aufträge hinterlassen, schriftlich und mündlich. Und versteht sich, daß ihr uns in deren Ausrichtung freundlich beistehen werdet.«

»Weggezogen!« rief ich abermals.

»Weggezogen!« wiederholte James. »Er kalkulierte, wäre Zeit zu gehen, als das Gesetz und der Sheriff sich zu melden begannen.«

»Aber was hat Ihr Vater mit dem Gesetz, dem Sheriff zu tun? Er hat doch keinen Mord noch Diebstahl begangen?«

»Ei, kalkuliere, er hat nicht! Aber ist den Gesetzmännern nicht um Mord oder Diebstahl zu tun, ist ihnen um das Land zu tun. Und wir haben für unser Land, wissen Sie, keine Besitztitel, keine Schenkungen, die wir vorzeigen könnten. Und kam vor sechs Wochen eine Schar, die die Niederlassung von allen Seiten abmaß und wieder maß. Und zwei Wochen darauf kam ein Sheriff mit Amtsstab, der das Land als Kongreßland ansprach und uns ein Haus weiter wies, weil wir von der spanischen Regierung keinen Besitztitel aufzuweisen hätten.«

»Und Ihr Vater ließ sich wegweisen?«

»Was konnten wir gegen das Gesetz? Vater sah, daß nichts helfe, als das Land zu kaufen. Hat mir deshalb Auftrag gegeben und ein Schreiben hinterlassen. Scheint, das Land gefällt einem der Regierungskommissare, der die gute Gelegenheit gern nützen möchte.«

James zeigte mir das Schreiben oder genauer, die Vollmacht, denn dies war sie. Ich wurde darin mit Lassalle ermächtigt, das von Nathan in Besitz gehabte Land für seine Familie und Freunde, nämlich James, Geoffroy, Jonathan, Mistreß Barclay — die gewesene Miß Elisabeth — und die, die es vorzogen, in Louisiana zu bleiben, zu ersteigern und dazu die in meinen Händen befindlichen Gelder, beiläufig sechstausend Piaster, anzuwenden. Sollten wir nicht imstande sein, das Land zu ersteigern, so ersuchte er mich, die zurückgebliebenen Mobilien und Immobilien, darunter die beiden Cottonpressen, bestmöglich anzubringen. Gleiches ersuchte er für seine Freunde Nollins und Barclay, deren Kinder es gleichfalls vorzogen, in Louisiana zu bleiben.

»Aber um Himmels willen, warum schrieb mir Ihr Vater nicht, warum wartete er nicht? Mir wäre es möglich gewesen, die Sache in New Orleans auszugleichen.«

»Sie kennen bei alledem, Colonel, den Vater nicht«, meinte James kopfschüttelnd, »wenn Sie der Notion sind, er würde das erst kaufen, was er für sein Eigentum hält und wofür er keinem Menschen ein gutes Wort geben würde. Aber Gesetz ist ein andres. Wollte nichts mehr mit Louisiana zu tun haben. Wollte ein Land suchen, wo kein Sheriff, kein Gesetz ihn ein Haus weiter weisen kann.«

»Dann wird er lange suchen müssen, in irgendeinem erst zu entdeckenden Weltteil suchen müssen«, versetzte ich unmutig. »Aber ich sehe, Ihr Vater zieht es vor, es lieber mit spanischen Musketen als mit dem amerikanischen Gesetz aufzunehmen.«

»Ei, wer wird es mit dem Gesetz aufnehmen?« erwiderte der junge Mann. »Lieber mit fünfundachtzig spanischen Musketen als dem Gesetz! Der Himmel verhüte!«

Der junge Mann sprach die Worte mit einer Art Scheu. Sie hätte uns, die wir damals das Grauen vieler Amerikaner vor dem Gesetz noch nicht kannten, notwendig auf den Gedanken bringen müssen, der alte Nathan müsse mit diesem Gesetz in seinem Land zerfallen sein, wenn wir nicht vollkommen vom Gegenteil überzeugt gewesen wären. Denn Nathan hatte nicht nur in fortwährender Verbindung mit seiner früheren Heimat gestanden, sondern sie auch zu wiederholten Malen besucht.

»Ei«, sprach der junge Mann, der unsere Gedanken erraten mochte. »Ei, war eine trübe Stunde, Sie mögen es glauben, wie der Vater das Blockhaus zum letzten Mal so ansah und Asas Gebeine herausnahm, ohne die Muhme Barclay, die gewesene Mistreß Nollins, wissen Sie, nicht gehen wollte.«

»Und sie haben Asas Gebeine aus dem Blockhaus mitgenommen?«

»Ei, so haben sie!«

Wir standen schmerzerfüllt, verdrückten eine Träne im Auge. Was mußte der eiserne Mann nicht gefühlt haben, als er denselben Landsleuten weichen, aus demselben Lande weichen mußte, das für sie zu erobern er alle seine Geisteskräfte angestrengt — zehn Jahre hindurch angestrengt hatte!

»Sehe, Sie sind der Mann, Colonel, für den Vater Sie gehalten. Vielleicht kommt die Zeit ...«

»Wo wir ihn wiedersehen, nicht? Sagen Sie, junger Mann, er kommt zurück? Nicht wahr?« riefen wir beide zugleich.

James schüttelte den Kopf.

»Wollte das nicht sagen. Wollte sagen, Vater hat sich nicht in Ihnen getäuscht, als er uns sagte, daß Sie seine Aufträge ausrichten würden.«

»Das wollen wir so gewiß, als wir Männer von Ehre sind. Jetzt lebt wohl, James! Morgen sehen wir uns wieder!«

Wir ritten ab, unserer Sinne kaum mächtig. So hatte uns der Schlag betäubt. Denn Nathan war uns mehr als Freund, er war uns Wegweiser, Führer, Bedürfnis geworden, uns ans Herz gewachsen. Die ganze Niederlassung erinnerte an ihn, unser Haus, alles erinnerte an ihn, aus allen Ecken sprach er. Nichts war ohne seinen Rat, seine Bestimmung getan worden.

Als wir unser Haus betraten, kamen uns die Frauen jammernd entgegen. Sie wußten jetzt gleichfalls den Verlust, den wir, sie erlitten hatten. Dieser Abend und noch viele andere gehörten unter die traurigsten, die wir in Louisiana verlebten. Nathan fehlte uns, den Frauen, Amadée, den Dienern, allen. Immer sich gleich, war er allen alles in allem geworden, geblieben. Er war die Würze unseres Hinterwäldlerlebens gewesen, das durch ihn erst seinen rechten Geschmack erhalten hatte.

Yaş sınırı:
12+
Litres'teki yayın tarihi:
30 ağustos 2016
Hacim:
460 s. 1 illüstrasyon
Telif hakkı:
Public Domain

Bu kitabı okuyanlar şunları da okudu

Bu yazarın diğer kitapları