Sadece LitRes`te okuyun

Kitap dosya olarak indirilemez ancak uygulamamız üzerinden veya online olarak web sitemizden okunabilir.

Kitabı oku: «Tokeah», sayfa 16

Yazı tipi:

Siebzehntes Kapitel

Die sinkende Sonne leuchtete auf ein fröhlich jubelndes Völkchen herüber, das die Vereinigung mit seinen neuen Brüdern mit einem gastlichen Aufwande feierte, der in diesem Maße noch nie in einem indianischen Wigwam jenseits des Mississippi gesehen worden war.

Sowie die große Versammlung aufgebrochen war, waren die Pawnees in die für sie bestimmten Hütten eingeführt worden, die ihre Wirte mit allem versehen hatten, was den Aufenthalt ihrer Gäste so angenehm als möglich machen konnte.

Die Pawnees sahen nicht ohne Verwunderung den Überfluß und selbst Reichtum ihrer roten Brüder an Dingen, die für sie, die bloß von der Jagd und dem Austausche ihrer Felle lebten, gänzlich unerreichbar gewesen waren. Der Überfluß an Wolldecken, dem größten Luxusartikel, den sie kannten, und Kleidungen allerart, die verschiedenen Möbel und Werkzeuge des Ackerbaus und Hauswesens vergrößerten in eben dem Maße ihr Staunen, als ihre Wirte ihnen mit indianischer Beredsamkeit die Anwendung derselben erklärten. Es war der Anblick dieser Überlegenheit, der allmählich den Stolz dieser Wilden, die sich natürlich als das stärkere Volk weit über die schwachen Oconees erhaben glaubten, auf seine gehörigen Grenzen zurückwies und den Weg zur freundschaftlichen Verbrüderung bahnte. Doch was ihre neuen Brüder in den Augen ihrer Gäste am meisten erhob, war der Anblick ihrer für Indianer wirklich ausgezeichnet schönen Waffen: ein Punkt, der natürlich von um so größerer Wichtigkeit bei Wilden ist, als bei ihnen nur die ersten Krieger mit Feuergewehren versehen sind. Als sie sich endlich auf dem freien Platze vor dem Councilwigwam zu ihrem Mahle niedergelassen, das die Squaws und Mädchen nun bereitet hatten, und jeder Pawnees eine Kürbisflasche des deliziösen Feuerwassers neben sich fand, da wußten sie kaum mehr ihrem Erstaunen Worte zu geben.

Der Miko selbst war hoch erfreut, und zum ersten Male leuchtete aus seinen Augen reine Zufriedenheit. Seine sehnlichsten Wünsche waren ihrer Erfüllung nahe. Seine Tochter war auf dem Punkte, mit dem größten Häuptlinge vereint zu werden, von dem er je gehört; sein Völkchen war mit einem mächtigen Stamm verbrüdert. Mit diesen glänzenden Aussichten verwob sich unwillkürlich in seiner Seele die Hoffnung einstiger Rache an seinen weißen Feinden.

Die strengen Gesetze des indianischen Anstandes hatten bisher El Sol noch nicht gestattet, seine Braut zu sehen; als aber die beiden Häuptlinge in die Hütte zurückgekehrt waren, nahm der Miko die Hand des jungen Mannes und führte ihn ins innere Stübchen.

Kaum hatten die vier Cumanchees die Bewegungen der zwei Häuptlinge bemerkt, als sie die Stube verließen und sich vor dem Eingange aufstellten.

»Nimm sie hin,« sprach der alte Mann, »die dein ist, und möge der Ring, der dich an Tokeah bindet, nie rosten!«

Canondah näherte sich langsam, ihre beiden Hände auf ihren Busen gekreuzt, ihr Haupt demütig auf ihre Brust gesenkt.

»Hat Canondah«, sprach der junge Mexikaner mit sanfter Stimme, »El Sol nicht vergessen? Und will sie gerne in die grünen Wiesen der Cumanchees folgen, die weit gegen die untergehende Sonne zu liegen?«

»Mein Befreier! mein Gebieter! mein All!« – lispelte sie, ihr Gesicht an seinem Busen verbergend.

Die beiden Liebenden standen lange in wechselseitiger Umarmung, als unterdrückte Seufzer die Anwesenheit eines dritten verrieten. El Sol trat näher und sah am Ende des Lagers Rosa, ihr Gesicht mit ihrem Tuche verhüllt. Canondah entwand sich den Armen ihres Bräutigams, und, sich vor Rosa aufs Knie niederlassend, hob sie sanft ihr Haupt empor und blickte ihr mit unaussprechlicher Zärtlichkeit ins Gesicht.

»Weine nicht, teure Rosa,« sprach sie – »du wirst mit uns ziehen – Canondah wird dir Schwester wie zuvor sein, El Sol Bruder; – er wird seine Augen und Ohren den Tränen der seufzenden Rosa nicht verschließen.«

Sie erhob das leidende Kind und führte sie mit sanfter Gewalt ihrem Geliebten zu. – Dieser faßte mit seinen beiden Händen die ihrigen.

»Die Schwester Canondahs wird auch die Schwester El Sols sein, und seine weiten Fluren werden sie als die weiße Rose der Oconees begrüßen. El Sol wird stolz sein, in seinem Wigwam die weiße Rose als Schwester zu sehen.«

»Ich danke dir, mein Bruder!« sprach sie mit Würde, »die verlassene Rosa hat doch wenigstens eine Seele, die sich ihrer annimmt. – Und der Miko hat den Dieben der Salzsee« – sie stockte —.

»Der Dieb der Salzsee muß sich um ein anderes Weib umsehen« – sprach El Sol rasch.

»Gott segne dich, edler El Sol«, sprach das Mädchen, sich vor ihm ehrfurchtsvoll neigend und dann zurücktretend, als heftige, barsche Stimmen vor der Hütte gehört wurden.

El Sol stürzte durch den Vorhang der äußern Türe zu, vor welcher der Seeräuber mit gezogenem Säbel stand, wütende Blicke auf die vier Cumanchees werfend. Einem derselben war seine Lanze entzwei gehauen. Der alte Häuptling hatte sich in die Mitte der Streitenden geworfen und war nahe daran gewesen, in Stücke gehauen zu werden. —

»Ich hoffe, ich werde nicht diese Wilden da um Erlaubnis zu bitten haben, Euch zu sprechen«, sprach der Seeräuber stolz.

»Die Türe zum Wigwam ist offen; aber meine Brüder haben sie bewacht, während ihr Häuptling die Tochter des Miko gesehen, die sein Weib werden wird«, sprach der alte Mann im bittend versöhnenden Ton.

»Miko!« erwiderte der Pirat mit einer stolzen Bewegung. »Ich bin gekommen. Euch Lebewohl zu sagen. Ihr geht auf eine andere Fährte – gut Glück! Zum Beweise, daß ich ohne Haß scheide, nehmt dieses.« Er legte einen Stutzen und ein Kästchen auf den Tisch.

»Mein Bruder«, sprach der Miko mit einer Stimme, der man die Verlegenheit stark ansah, »wird doch nicht das Wigwam verlassen, wenn die Sonne bereits untergegangen ist. Will er nicht teilen mit den roten Männern, was ihre Armut geben kann?«

»Lafitte ist zu stolz, aus einem Becher mit einem zu trinken, der seine dargebotene Hand zurückgestoßen. Miko, ich wünsche Euch Glück zu Euern neuen Alliierten. – Noch einmal, lebt wohl.«

»Halt!« sprach der Miko zitternd vor Scham über die Zurückweisung seiner Gastfreiheit.

»Mein Bruder muß zurücknehmen, was er der weißen Rose gegeben. Er wird das Gold, die Korallen und alles finden.« Mit diesen Worten eilte er ins Stübchen und kam beladen mit Kleidern und verschiedenen nicht unbedeutenden Kostbarkeiten. —

Der Seeräuber stand eine Weile betroffen, wie es schien, über die starre Ehrlichkeit des alten Mannes. »Behaltet,« sprach er, »was für mich keinen Wert hat«, und ihm die Hand drückend, wandte er sich rasch, ohne die übrigen auch nur eines Blickes zu würdigen. In wenigen Minuten war das Boot hinter dem Palmettorohre verschwunden.

Die unerwartete Abreise des Piraten schien dem Miko schwer aufs Herz zu fallen und auch die übrigen in eine gewisse Unbehaglichkeit zu versetzen. Sie ließen sich schweigend zum Mahle nieder.

Dem alten Manne war die Trennung von dem lebhaften Franzosen augenscheinlich sehr schwer gefallen. Dieser hatte sich während der zwei Jahre ihrer Bekanntschaft mit einer Artigkeit, einem Zuvorkommen betragen, die ihm die Zuneigung des Indianers in hohem Grade gewonnen hatte. Er hatte sich an seine Gesellschaft gewöhnt und liebte es, ihn um sich zu haben.

Tokeah war ein Mann, ergraut in Gefahren und jenem Mißtrauen, das den gedrückten, schwächern Indianern gegenüber ihren stärkern, weißen Unterdrückern natürlich ist. Die mannigfaltigen Verrätereien, zu denen er wahrscheinlich in jüngern Jahren seine Zuflucht nehmen mußte, um diesen einigermaßen die Spitze zu bieten, und die mit derselben verräterischen Münze bezahlt worden waren, hatten seine im Grunde hochherzige und wahrhaft königliche Seele getrübt; die Maske jedoch, in der Lafitte sich ihm genähert, war so himmelweit von dem kalt abweisenden, höhnisch verächtlichen Wesen verschieden gewesen, in welchem ihm die Amerikaner ihre Überlegenheit fühlen ließen, daß er allmählich zu ihm Zutrauen gefaßt hatte.

Es schien, als ob der Seeräuber seinen jedesmaligen Aufenthalt im Wigwam als eine Erholung von seinen blutigen Umtrieben angesehen hätte. Er hatte mit den Indianern getanzt, gejagt und sich allen ihren Unterhaltungen auf die natürlichste Weise angeschlossen. – Den alten Miko hatte seine unerschöpfliche Sprachseligkeit und sein Reichtum an kriegerischen Abenteuern oft bis Mitternacht wach gehalten. Der muntere, lustige Häuptling der Salzsee, der mit einer liebenswürdigen Anspruchslosigkeit die glänzendste Freigebigkeit vereinte und in seinem Verkehr eine Ehrlichkeit und Gewissenhaftigkeit zu erkennen gab, welche die Indianer noch nie gesehen, und die von den Betrügereien der Weißen so seltsam abstach, hatte endlich seine ganze Zuneigung gewonnen. Sein Prahlen mit seinen Waffentaten bezog sich zudem so ganz auf sich selbst und hatte für den Miko, mit dessen Volke er nie in Feindschaft gewesen, so wenig Beleidigendes, daß die Eigenliebe dieses auch nie verletzt worden war. Es war, so sprach er öfter, ein ungeheurer Unterschied zwischen den höhnenden, kaltherzigen und alles mit Verachtung wegweisenden Yankees und dem artigen, freundlichen Häuptling der Salzsee, der mit seinen Taten prahlte, ohne die anderer herabzusetzen.

Er hatte deshalb nicht ohne Seelenkampf ihm angekündigt, daß ihre Verbindung nun getrennt werden müßte, und vielleicht würde er doch noch, trotz seines mikoischen Stolzes, wenigstens eine gewisse entferntere Verbindung erhalten haben, wenn nicht El Sol gewesen wäre.

Als er aber diesem in der Unterredung, die sie vor der Versammlung hatten, einige Winke rücksichtlich der Vorteile gab, die auch den Cumanchees von einem nähern Verbande mit dem Seeräuber zufließen müßten, warf der edle Mexikaner die bloße Zumutung mit einer Verachtung von sich, die dem Miko für immer den Mund schloß. —

Das Dörfchen war im größten Aufruhr. Wildes Jauchzen, der Schall der Trommeln und der Schellen hatten, mit den allzureichen Gaben Canondahs, die Freude des Völkchens zur Tollheit gesteigert.

Die Pawnees hatten mit den Oconees sich zum Nachttanze vereinigt. – Und nun führten sie den Kriegertanz ihres Stammes auf.

Der junge Häuptling hatte schweigend seinen Gefährten zugesehen und war wieder mit bedenklicher Miene in die Hütte zum Miko zurückgekehrt.

»Mein Vater«, sprach er in einem ehrerbietigen, aber zugleich bestimmten Tone, »ist weise, und seine Augen haben der Sommer viele gesehen; aber die Seele des Diebes ist umwölkt.«

»Es ist die Seele eines tanzenden Mädchens, die sich umwölkt, weil man ihr ihre Korallen genommen«, erwiderte der alte Mann, auf den Vorhang deutend, hinter welchem Rosa war.

»Seine Zunge ist die Zunge einer Schlange, aber sie ist nicht halb so giftig, als der Stachel seiner Augen – seine Seele schießt drohende Blicke. Mein Vater muß seine Augen weit auftun.«

»Tokeah hat ihn zwei Sommer gesehen und hat ein Mädchen erblickt«, sprach der alte Mann mit der Zuversichtlichkeit, die dem Alter eigen ist, das seine angenommene Meinung nicht fahren lassen will. »Seiner Männer sind wenige«, fügte er hinzu, »und die übrigen sind über vier Sonnen gegen die Salzsee zu, und El Sol weiß, daß die Oconees morgen aufbrechen.«

Obwohl er wußte, daß der Seeräuber ein Boot den Fluß hinabgeschickt hatte, so tat er von diesem Umstande doch keine Erwähnung, entweder weil es sich während des verlängerten Aufenthaltes Lafittes häufig ereignet hatte, oder er es nicht der Mühe wert hielt, die Unruhe seines Gastes durch eine anscheinend so unbedeutende Maßregel zu vermehren. Es war dieselbe Eigenliebe für seine einmal angenommene Meinung, die seinen Mund verschloß. Er war ein Mann, der sowie der Tiger an dem zerfleischten Büffel und die wilde Rebe am Kottonbaume, so an der einmal vorgefaßten guten oder bösen Meinung hing. Er hatte nun einen günstigen Begriff von dem Seeräuber, und dieser hatte sich in seine Seele gleich den übrigen eingegraben, und nichts in der Welt war imstande, ihn daraus zu verdrängen. Der junge Mexikaner schien beruhigt und schwieg.

Die Nacht war weit vorgerückt, und der Tanz vorüber, die Töne der Instrumente waren verklungen, bloß einzelne Stimmen ließen sich noch hören; allmählich schwiegen auch diese, und das Dörfchen versank in Ruhe. Der alte Miko faßte nun die Hand El Sols und führte ihn ins Stübchen.

»Canondah!« sprach er mit milder Stimme.

Das Mädchen stand bereits vor ihm, ihre Hände wie gewöhnlich auf ihren Busen gefaltet. Ein melancholisches Lächeln spielte auf ihren ängstlichen Zügen, und eine Träne perlte über ihre Wangen. Ihre liebenswürdig muntere Laune schien auf immer von ihr geflohen zu sein. Der Vater nahm die beiden Hände des jungen Mannes und, sie auf die Schultern der Tochter legend, übertrug er so seine väterliche Gewalt auf ihn; – dann legte er seine beiden Hände auf ihre Scheitel und sprach:

»Möge der große Geist eure Vereinigung mit vielen tapfern Kriegern segnen!«

»Und soll El Sol sein Weib mit schmerzerfülltem Herzen in sein Wigwam führen?« sprach mild der Bräutigam.

»El Sol ist Canondah teurer, als die Sehnen ihres Lebens; er ist die lieblichste Blume, die ihr Auge je gegrüßt; seine Stimme ist ihren Ohren Musik, und seine Liebe der Born ihres Lebens; aber die Brust Canondahs ist enge und droht zu zerspringen. – Der große Geist flüstert ihr etwas zu, aber sie kann seinem Flüstern keine Worte geben.« Sie sprach diese Worte und faßte dann Rosa beinahe fieberisch an und drückte einen langen Kuß auf ihre Lippen. – Bereits war sie zur Türe hinaus, als sie nochmals zurückeilte und Rosen umfing. »Rose,« murmelte sie mit hohler Stimme, »willst du dem Miko Tochter sein, wenn Canondah nicht mehr ist?«

»Ich will«, schluchzte Rosa.

»Versprichst du mir bei dem großen Geiste, ihn nicht zu verlassen?«

»Ich verspreche es«, schluchzte Rosa stärker.

Der Miko, der schweigend und in Nachdenken versunken gestanden war, machte nun ein Zeichen, und Canondah schwankte ihrem Gatten zu, der sie in seine Arme schloß und mit ihr in das Councilhaus ging, wohin Tokeah vorangeschritten war.

Achtzehntes Kapitel

Mitternacht war vorüber, und Dorf und Flur im tiefsten Schlafe begraben. – Von dem Ufer her stahl sich ein Mann im behutsamen Schritte auf die Hütte des Miko zu; er hatte einen gezogenen Säbel unter dem Arm und blickte, als er zur Laube vor dem Häuschen gekommen war, scheu und bedächtig um sich, dann, sich wendend, war er im Begriffe, ebensostill und leise zurückzukehren, als plötzlich eine Büffelschlinge um seinen Nacken fiel, und er zur Erde geworfen ward, so schnell und unwiderstehlich, daß es mehr das Werk eines unterirdischen, denn eines menschlichen Wesens schien. Der Säbel entfiel seiner Hand, ehe er noch imstande war, ihn seinem Halse zu nähern und so die Schlinge zu zerschneiden, mit der er gefangen war. Das Ganze war mit einer so verräterischen Schnelle und Heimlichkeit vor sich gegangen, daß eine Schar bewaffneter Männer, die näher der Bucht und kaum dreißig Schritte von der Hütte entfernt standen, in gänzlicher Unwissenheit über das Vorgefallene waren. Doch nun brach eine Stimme von unsichtbaren Lippen, die die Toten in ihren Gräbern hätte aufregen können, und die Türe des Councilwigwams flog mit einem gewaltigen Gekrache auf, und mitten unter dem Aufleuchten von Schüssen, die vom Ufer her krachten, stürzte eine kräftige Gestalt aus der Hütte, die etwas Schweres in ihren Armen trug und zwischen den Gebüschen und Hecken verschwand. Eine zweite Stimme ließ sich nun vernehmen, die dem Innersten von tausend Kehlen zu entsteigen schien, und die sich nun in jeder Richtung, jeder Hecke, jedem Gebüsche vervielfältigt hören ließ, so furchtbar rasend, als ob die Dämonen der Hölle losgelassen, in ihren nächtlichen Rasereien tobten. Zu gleicher Zeit begann ein regelmäßiges Pelotonfeuer vom Uferkamme herüberzurollen, und eine Hütte nach der anderen fing an in bläulichten Flammen aufzuflackern, die zitternd und an Ausdehnung gewinnend bald ins hellglänzende Rot übergingen und sich über Dach und Hütte hinlagerten. Mitten in diesem fürchterlichen Aufruhr war nochmals eine Stimme gehört worden, die dem Brüllen des Löwen glich, wenn er raset in seiner höchsten Wut. Es war der Warwhoop El Sols.

Der edle Mexikaner war durch den Nachtgesang seiner geliebten jungen Gattin in Schlaf gelullt worden, als ihn der wohlbekannte Yell weckte. Mit der einen Hand hatte er sein geliebtes Weib erfaßt, mit der anderen sein Schlachtmesser und seinen Stutzen, und dann stürzte er aus der Türe, wo ihn eine Salve von Musketen begrüßte. Der Häuptling fühlte seinen linken Arm durch eine Kugel gestreift, er begann zu zittern, ein leichter Schauer zuckte durch seine Glieder. »Canondah«, murmelte er in heiserem Tone, indem er, gleich einem verwundeten Hirsche, über die Hecken dem Walde zu sprang – »Canondah, fürchte nichts, du bist in den Armen El Sols!«

Sie gab keine Antwort, ihr Haupt war auf ihre Brust gesunken, ihr ganzer Körper fing an krampfhaft zu schlottern und sich zu dehnen; – einen Augenblick schoß der furchtbare Gedanke durch seine Seele – aber es war unmöglich, sein Arm hatte die Kugel aufgefangen; bloß Schlaf und Schrecken hatten sie überwältigt, das Blut, das über ihn geronnen, war aus seiner Wunde geflossen. Noch während er vor seinen verräterisch unsichtbaren Feinden floh, kamen seine heulenden Krieger aus jeder Hütte, jeder Hecke, beinahe instinktartig auf ihn zugestürzt. Ehe er zum Waldesrande gekommen, sah er sich bereits von seinen Getreuen umringt. »Es ist der Seeräuber«, flüsterte er seinem Weibe zu, drückte noch einen Kuß auf ihre Lippen und legte sie sanft auf den Rasen hin, dann in die Mitte seiner Krieger tretend, ließ er den schrecklichen Kriegesruf ertönen. – »Sieh die Treue des weißen Diebes!« indem er auf die im Feuer auflodernden Hütten wies.

Es war ein wild schöner, schauerlicher Anblick; bereits mehr denn dreißig Hütten waren hoch in Flammen aufgelodert und beleuchteten den ganzen herrlichen Ufergürtel; die breiten Flammenstreifen, die durch die Lücken der Zypressen und Mangroven auf den Wasserspiegel fielen, zeigten jede Hütte deutlich im erglänzenden, geröteten Widerschein. Noch immer wurden einzelne Schüsse gehört, und nach jedem flackerte eine Hütte auf. Um den jungen Mexikaner herum war plötzlich eine tiefe Stille eingetreten, bloß von dem Geheule einzelner verspäteter Pawnees und Oconees unterbrochen, die in ihrer Trunkenheit noch nicht wußten, wen sie als ihren Feind zu betrachten hatten.

»Wo ist der Miko?« fragten fünfzig Stimmen. —

Keine Antwort. – Ein weiblicher Angstruf tönte vom Ufer her und verscholl in den Lüften. El Sol war schweigend gestanden, sein Auge auf die brennenden Hütten gerichtet, hinter denen, nahe am Uferkamme, die glänzenden Feuergewehre der Seeräuber deutlich zu ersehen waren. Nicht mehr als fünf Minuten waren verstrichen, seit der erste Yell die Gegenwart von Feinden angezeigt hatte; aber bereits hatte der junge Krieger seinen Plan entworfen, und er gab nun seine Befehle in dem entschiedenen kurzen Tone, der Bewußtsein unbegrenzter Gewalt und zur Gewohnheit gewordenen Gehorsam verriet. Einer der Cumanchees, gefolgt von der Mehrzahl der Pawnees und der Oconees, glitt durchs Gebüsch hin, während er selbst mit den drei übrigen Cumanchees und einer Schar versuchter Pawnees längs dem Waldessaume fortschoß.

Der breite Gürtel, auf dem das Dörfchen zerstreut lag, schwoll unmittelbar am Ufer in einen zweiten, etwas erhöhten Kamm an, der mit Mangroven und Myrtengebüschen überwachsen war, und durch den ein breiter Fußweg mitten hindurch führte. Die Erhöhung über den Gürtel mochte zwanzig Fuß betragen. Dieser Gürtel lief die ganze Länge des Dörfchens hinab, ausgenommen an der Bucht, wo ihn die Natur in einen kleinen Hafen ausgebrochen hatte. Nahe an diesem verriet das Glänzen der Musketen ein starkes Pikett, das wahrscheinlich bestimmt war, die Boote zu bewachen. Dieses Pikett wurde allmählich durch einzelne scharmutzierende Seeräuber verstärkt, die die Hütten in Brand geschossen hatten.

Längs dem bebüschten Gürtel waren mehrere Vorposten aufgestellt, welche die Verbindung zwischen dem Pikett an der Bucht und einem zweiten Posten, der zur Hütte des Miko vorgedrungen war, erhalten und, nach Bedürfnis, das eine oder das andere unterstützen sollten.

Es schien aus dem Ganzen hervorzugehen, daß der Seeräuber es darauf angelegt habe, den Miko und seine Pflegetochter aufzuheben. Vermutlich würde es ihm auch ganz in der Stille gelungen sein, wenn nicht zwei Cumanchees, nach der Sitte ihrer Nation, während der Brautnacht vor der Türe ihres Häuptlings die Wache gehalten hätten. Auch sie hatten in vollem Maße die verschwenderische Gastfreundschaft des Miko und seiner Tochter genossen; aber ihre Sinne, obwohl betäubt, waren nicht stark genug angegriffen, um die in den indianischen Ohren so leicht merkbaren Fußtritte eines Weißen zu verkennen.

Der Seeräuber mochte die Indianer während der zwei Jahre seines Verkehrs zu genau ins Auge genommen haben, um nicht die Schwierigkeiten eines Kampfes bei Tageszeit einzusehen, wo jeder seiner Männer ein leichtes Ziel der hinter den Bäumen und im Gesträuche versteckten Wilden geworden wäre; er hatte deshalb die Nacht gewählt und, um sich vor einem Überfalle im Dunkeln so viel als möglich zu schützen und zugleich Schrecken unter seine Feinde zu verbreiten, hatte er die Hütten anzünden lassen.

Drei geübte Schützen waren in geringer Entfernung vom Councilwigwam aufgestellt, mit der bestimmten Weisung, den jungen Häuptling, den er als den gefährlichsten seiner Gegner erkannte, niederzuschießen. Er selbst mit einer gewählten Schar war zur Hütte des Miko vorgedrungen, hatte diese umringt, und sich deren beiden Bewohner bemächtigt. Wahrscheinlich hatte der sonst so nüchterne Miko diesmal gleichfalls seine Mäßigkeitsregel übertreten und war so dem Seeräuber bewußtlos in die Hände geraten. So schnell und bestimmt waren alle Bewegungen ausgeführt worden, daß kaum der erste Aufruf zu den Waffen erklungen, als auch die Hütte bereits umringt, und der Miko mit der weißen Rosa in der Gewalt des Seeräubers waren. Dieser hatte nun seine Truppe in ein kleines Viereck gebildet und war der Hütte gegenüber am erwähnten Ufergürtel angelangt. – Die Truppe marschierte im raschen Doppelschritte. Kein Indianer war zu sehen oder zu hören. Das Viereck war bereits in der Nähe der Bucht und nur wenige Schritte vom daselbst stationierten Pikett entfernt; – einige Schritte mehr, und sie waren in ihren Booten, die ein paar Ruderschläge in die Mitte des Stromes und so aus dem Bereiche der Kugeln der Indianer bringen konnten. Eine Verfolgung mit den Kanus, in denen jeder Indianer einen sichern Schuß darbot, war nicht denkbar. – So mochten die Pläne des Piraten, nach der Entwicklung derselben zu schließen, gewesen sein. Er war nun auf dem Punkte, sich mit seinem Pikett am Ufer zu vereinigen, als auf einmal das Gebüsche unmittelbar vor ihm rege zu werden anfing, und die im Feuer glühend rot erscheinenden Indianer sich blicken ließen. – »Schultert!« kommandierte der Seeräuber seine Männer, die fest und ruhig fortmarschierten und mit einer Art Verwunderung auf das Gebüsche hinschielten, wo es sich zu regen anfing, als ob einige Dutzend Anacondas sich durchwänden. Sie hatten sich ans Pikett angeschlossen und das kleine Viereck öffnete sich.

Lafitte warf Rosa in die Arme eines Matrosen und stieß dann den Miko über den Uferrand dem Boote zu. Der alte Mann sank wie eine leblose Masse in dieses hinab. Lafitte hatte sich schnell zu den Seinigen wieder gewandt. Das erstere Pikett hatte sich bereits unter dem Kamme außer dem Bereiche jeder Kugel gezogen, nur das Viereck schien noch die Bewegungen seiner Feinde zu beobachten und den allgemeinen Abzug decken zu wollen. Es war eine kleine, aber fürchterliche Bande von etwa vierundzwanzig Mann, zu der alle Nationen, alle Weltteile, alle Farben und Sprachen ein gräßliches Quantum abgegeben hatten. Mordlust im funkelnden Auge, standen sie mit aufgepflanzten Bajonetten; kein Laut entfuhr ihnen. Sie hatten sich in eine Angriffskolonne geformt. – Plötzlich erschallte der Warwhoop aus hundert Kehlen, und das schreckliche Geheul wiederholte sich, verstärkt durch die gellenden Töne der Squaws und Mädchen, die im schaudervollen Chorus den Totengesang anstimmten und gleich Dämonen um die brennenden Hütten herumliefen. Auf einmal stürzten die Indianer, gleich so vielen Tigern in ihren Höhlen angegriffen, mit rasendem Geschrei der Bucht zu.

Ein tückisches Lächeln umspielte die rauhen Züge des Piraten, als die Indianer auf ihn und seine Bande losstürzten; – »Reserve vor!« – wandte er sich zu dem unten stehenden Pikett – und wieder schwieg er. – Er ließ die heulenden Indianer herantoben, bis sie neun Schritte vor der Mündung seiner Gewehre waren und rief dann ein heiseres »Feuer!« – und die ersten Reihen der Angreifenden wälzten sich in ihrem Blute. – Die Wilden prallten auf einen Augenblick zurück, und dann stürzten sie mit einem zweiten verzweiflungsvollen Sprunge an die Seeräuber. – Diese hatten kaltblütig ihre Gewehre in den linken Arm geworfen und nach ihren Pistolen gegriffen; – eine zweite Salve, verstärkt durch das Feuer des Reservepiketts, warf die Wilden in gänzliche Unordnung. Der Abhang war mit Toten und Verwundeten bedeckt. – Heulend flohen die übrig Gebliebenen ihrem Verstecke zu.

»Marsch!« kommandierte der Seeräuber, und das Pikett näherte sich wieder dem Boote, und die Kolonne schritt ihm nach. —

In diesem entscheidenden Momente wurden vier schwer plumpsende Fälle von dem Flusse herauf gehört. Der Seeräuber wandte sich und sah seine vier Ruderer, die er zur Bewachung der Boote zurückgelassen, aus dem Wasser noch einmal auftauchen und dann versinken, um nie wieder zu erstehen; zugleich schoß die Yacht und das kleinere Boot, durch eine unsichtbare Gewalt getrieben, pfeilschnell in die Mitte des Stromes.

»Das ist der Mexikaner«, rief der Pirat zähneknirschend und seine harten Züge verzerrend. Ein paar Pistolenschüsse sandte er dem Boote nach, sie wurden durch ein dumpfes Lachen erwidert.

Die Seeräuber wandten sich, sahen ihre Boote verschwunden und standen, als ob der Blitz unter sie gefahren wäre. – Schnell ermannten sie sich jedoch. – Ihre Gewehre waren wieder frisch geladen, und fest wie Felsen erwarteten sie den neuen Angriff; – er blieb nicht aus. – Eine Salve, vom Flusse her, regte sie plötzlich aus ihrer Spannung auf, eine zweite, noch besser gerichtete, hatte ein Drittel zu Boden gestreckt. Und nun erhob sich der fürchterliche Kriegsruf nochmals, und die rasend gewordenen Wilden stürzten auf die Matrosen zum dritten Male. – Nochmals krachte es laut von den Booten her, und dann sprang der Mexikaner mit seinen Gefährten wie Teufel unter die entsetzten Seeräuber. Der Kampf war kurz. Unfähig, dem fürchterlichen Andrange von vorn und von hinten zu widerstehen, warfen die Seeräuber ihre Waffen weg und stürzten sich häuptlings in den Fluß, den Tomahawks ihrer rasenden Feinde zu entgehen.

Ihr Kapitän allein schien fest entschlossen, sein Leben so teuer als möglich zu verkaufen. Seinen Rücken an den Uferkamm gelehnt, seinen Säbel in der Rechten, eine Pistole in der Linken, parierte er den Streich eines Oconees, der auf ihn blindlings angestürzt kam und hieb ihm den Kopf vom Rumpfe, einem zweiten jagte er ebenso schnell eine Kugel durch die Brust und hob eben seinen Säbel, als ein Lasso um seinen Hals und er wie ein Stück Holz zur Erde fiel.

Der lange und furchtbare Yell, der nun über den ganzen Ufergürtel hinfuhr, verkündete den vollkommenen Sieg der Wilden.

Yaş sınırı:
12+
Litres'teki yayın tarihi:
30 ağustos 2016
Hacim:
590 s. 1 illüstrasyon
Telif hakkı:
Public Domain

Bu kitabı okuyanlar şunları da okudu

Bu yazarın diğer kitapları