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III. Einfuhr aus dem Drittlandsgebiet (§ 3 Abs. 8 UStG)

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§ 3 Abs. 8 UStG enthält eine besondere Ortsregelung für den Fall, dass der Gegenstand der Lieferung bei der Beförderung oder Versendung aus dem Drittlandsgebiet in das Inland gelangt.


In diesem Fall gilt der Ort der Lieferung als im Inland gelegen, wenn der Lieferer oder sein Beauftragter Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer ist.
Ist dagegen der Erwerber Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer, ist § 3 Abs. 8 UStG nicht anwendbar. Der Ort der Lieferung richtet sich dann nach der allgemeinen Ortsregelung in § 3 Abs. 6 S. 1 UStG (Beförderungs- oder Versendungsbeginn). Er befindet sich also im Drittlandsgebiet, die Lieferung ist im Inland nicht steuerbar.

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§ 3 Abs. 8 UStG ist zwar eine Regelung, die mit der Einfuhrumsatzsteuer (s. dazu Rn 956 ff) in Zusammenhang steht. Es muss aber Klarheit darüber bestehen, dass § 3 Abs. 8 UStG eine Ortsregelung enthält, die sich nicht auf die Einfuhrumsatzsteuer (Steuertatbestand: § 1 Abs. 1 Nr 4 UStG) bezieht, sondern auf den Grundtatbestand der Steuerbarkeit, nämlich die im Inland ausgeführte Lieferung (§ 1 Abs. 1 Nr 1 UStG); s. noch Rn 959 ff.

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§ 3 Abs. 8 UStG fragt danach, wer Schuldner der EUSt ist. Wie der BFH entschieden hat, setzt die Regelung nicht zwingend voraus, dass tatsächlich EUSt entsteht. Sie ist vielmehr auch dann anwendbar, wenn keine Einfuhrumsatzsteuer anfällt, weil die Einfuhr nach § 5 UStG umsatzsteuerfrei ist.[6]

310

Die Frage nach der Steuerschuldnerschaft ist für die EUSt nicht unmittelbar im UStG geregelt, sondern durch den Verweis in §§ 13a Abs. 2, 21 Abs. 2 UStG auf zollrechtliche Vorschriften (s. dazu noch die Einzelheiten unter Rn 966 f).[7] Wenn die Zollabfertigung entsprechend den vereinbarten Lieferkonditionen vorgenommen wird,[8] gilt:


Die Lieferkondition „versteuert und verzollt“ bedeutet, dass der Lieferer Schuldner der EUSt sein soll. Wird bei der Abfertigung entsprechend verfahren (Lieferer als Anmelder), ist § 3 Abs. 8 UStG anwendbar, der Ort der Lieferung liegt im Inland. Eine steuerbare Lieferung ist zu bejahen.
Die Lieferkondition „unversteuert und unverzollt“ bedeutet, dass der Erwerber Schuldner der EUSt sein soll. Wird bei der Abfertigung entsprechend verfahren (Erwerber als Anmelder), ist § 3 Abs. 8 UStG nicht anwendbar, der Ort der Lieferung liegt im Drittlandsgebiet (§ 3 Abs. 6 S. 1 UStG). Eine steuerbare Lieferung ist zu verneinen.

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Beispiel:

Unternehmer Urs aus Bern liefert mit eigenem Lkw Uhren an Juwelier Karl in Köln. Dabei lässt Karl die Uhren in den freien Verkehr überführen und entrichtet entsprechend die EUSt (Lieferkondition „unversteuert und unverzollt“).

Lösung: § 3 Abs. 8 UStG ist nicht anwendbar, weil nicht der Lieferer, sondern der Erwerber die EUSt schuldet. Nach der Grundregel in § 3 Abs. 6 S. 1 UStG ist Ort der Lieferung also Bern, die Lieferung ist im Inland nicht steuerbar. Karl kann die entrichtete EUSt als Vorsteuer abziehen, da die Gegenstände für sein Unternehmen in das Inland eingeführt worden sind (§ 15 Abs. 1 S. 1 Nr 2 UStG).

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Abwandlung:

Der Lieferer Urs lässt die Uhren in den freien Verkehr überführen und entrichtet entsprechend die EUSt (Lieferkondition „verzollt und versteuert“).

Lösung: Weil der Lieferer die EUSt schuldet, gilt der Ort der Lieferung als im Inland gelegen (§ 3 Abs. 8 UStG). Urs hat eine im Inland ausgeführte Lieferung zu versteuern. Er ist zum Abzug der Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer berechtigt, da er die Uhren für sein Unternehmen nach Deutschland eingeführt hat.

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§ 3 Abs. 8 UStG betrifft nur Importe aus dem Drittlandsgebiet. Die Vorschrift ist mithin (u. a.) in folgenden Fällen nicht anzuwenden – mit der Folge, dass die allgemeinen Ortsregelungen Anwendung finden:


Exporte in das Drittlandsgebiet
Im- und Exporte aus dem/in das übrige Gemeinschaftsgebiet.

§ 6 Leistungsort im Inland › C. Ort der Lieferung › IV. Reihengeschäft

IV. Reihengeschäft

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Von einem Reihengeschäft ist die Rede, wenn mehrere Unternehmer über denselben Gegenstand Umsatzgeschäfte abschließen und der Gegenstand bei der Beförderung oder Versendung unmittelbar vom ersten Unternehmer an den letzten Abnehmer gelangt. Wie oben behandelt (Rn 287 f), entspricht beim Reihengeschäft jedem zivilrechtlichen Umsatzgeschäft eine Lieferung im umsatzsteuerrechtlichen Sinne. Der Umstand, dass es tatsächlich nur eine Warenbewegung gibt, spricht also nicht gegen die Annahme von zwei oder mehr Lieferungen. Die Frage des Lieferortes ist für Reihengeschäfte in § 3 Abs. 6 S. 5 sowie Abs. 7 S. 2 UStG geregelt. Die Auslegung dieser Vorschriften ist noch nicht geklärt; dazu sind in der jüngeren Vergangenheit zahlreiche gerichtliche Entscheidungen ergangen. Die folgenden Erörterungen sollen zur Veranschaulichung jeweils folgenden Beispielsfall betreffen:

315

Beispiel:

A in Hamburg verkauft eine Maschine an B in München. B verkauft die Maschine noch vor Lieferung an C in Stockholm (Schweden) weiter. Die Maschine wird dann von A direkt zum C transportiert. Es sollen die Lieferorte der Lieferungen von A an B und von B an C bestimmt werden, und zwar in drei Fallvarianten, nämlich bei Transport durch A, durch B und durch C.

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Die beiden Lieferungen (A an B und B an C) müssen in Bezug auf den Lieferort (und auch den Lieferzeitpunkt) getrennt betrachtet werden.[9] Die Beförderung oder Versendung des Gegenstands ist nur einer der Lieferungen zuzuordnen (§ 3 Abs. 6 S. 5 UStG). Diese Lieferung ist die bewegte Lieferung, während alle weiteren Lieferungen im Rahmen des Reihengeschäfts ruhende Lieferungen sind. Die bewegte Lieferung gilt nach § 3 Abs. 6 S. 1 UStG als dort ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung beginnt. Nur für die bewegte Lieferung kommt die Steuerbefreiung als Ausfuhrlieferung (§ 4 Nr 1 lit. a) i. V. m. § 6 UStG) oder als innergemeinschaftliche Lieferung (§ 4 Nr 1 lit. b) i. V. m. § 6a UStG) in Betracht. Wird dagegen für eine ruhende Lieferung im Rahmen des Reihengeschäfts ein Lieferort im Inland ermittelt (die Steuerbarkeit also bejaht), kommt eine Steuerbefreiung nach den genannten Vorschriften nicht in Betracht.

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Anspruchsvoll ist beim Reihengeschäft die Ermittlung der bewegten Lieferung (dazu sogleich Rn 319 ff). Steht die bewegte Lieferung fest, hängt die Behandlung der weiteren (ruhenden) Lieferung oder der weiteren (ruhenden) Lieferungen davon ab, ob diese der bewegten Lieferung in der Lieferkette vorangehen oder dieser folgen. Nach § 3 Abs. 7 S. 2 UStG gilt:


Lieferungen, die der bewegten Lieferung vorangehen, gelten als dort ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung des Gegenstands beginnt.
Lieferungen, die der Beförderungs- oder Versendungslieferung folgen, gelten als dort ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung des Gegenstands endet.

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Beispiel:

Angenommen, im obigen Beispiel (Rn 315) erweist sich die erste Lieferung (Lieferung A an B) als warenbewegte Lieferung. Dann ist Ort dieser (bewegten) Lieferung nach § 3 Abs. 6 S. 1 UStG Hamburg, die Lieferung ist steuerbar. Der Lieferort für die zweite Lieferung (B an C) ist gesondert zu ermitteln. Weil die erste Lieferung (A an B) bewegt ist, kann die zweite Lieferung (B an C) nur eine ruhende Lieferung sein. Weil die ruhende Lieferung der bewegten in der Lieferkette folgt, gilt die ruhende Lieferung (B an C) als dort ausgeführt, wo der Transport endet (§ 3 Abs. 7 S. 2 Nr 2 UStG). Der Lieferort ist danach Stockholm, die Lieferung von B an C ist in Deutschland nicht steuerbar. Erweist sich dagegen die zweite Lieferung (B an C) als warenbewegte Lieferung, ist Ort dieser Lieferung nach § 3 Abs. 6 S. 1 UStG Hamburg (Steuerbarkeit in Deutschland), Ort der vorangehenden ruhenden Lieferung ist der Ort, an dem der Transport beginnt (§ 3 Abs. 7 S. 2 Nr 1 UStG), also ebenfalls Hamburg (es liegen also zwei in Deutschland steuerbare Lieferungen vor).

319

Schwierig zu ermitteln ist im Einzelfall, welche der Lieferungen beim Reihengeschäft die bewegte Lieferung ist. Die Frage hat in der jüngeren Vergangenheit wiederholt die Gerichte beschäftigt. Das Gesetz regelt in § 3 Abs. 6 S. 5 UStG nur den Transport durch den ersten Abnehmer, der zugleich zweiter Lieferer ist (im Beispiel: B); dazu sogleich. Die nicht gesetzlich geregelten Fälle (Transport durch A oder durch C) sind – relativ einfach – wie folgt zu lösen:



320

Besorgt dagegen der mittlere Unternehmer (B) die Beförderung oder den Versand, ist § 3 Abs. 6 S. 5 UStG anwendbar. Danach „ist die Beförderung oder Versendung der Lieferung an [den mittleren Unternehmer] zuzuordnen, es sei denn, [dieser] weist nach, dass er den Gegenstand als Lieferer befördert oder versendet hat“ (§ 3 Abs. 6 S. 5 UStG). Daraus ergibt sich, dass die Lieferung von A an B bei Transport durch Letzteren i. d. R. die bewegte Lieferung ist. Als Konsequenz ist die Lieferung des B an C regelmäßig die ruhende Lieferung. Abweichendes (die Lieferung von B an C ist die bewegte Lieferung) gilt, wenn B nachweist, dass er „als Lieferer“ transportiert hat. Was genau hier nachzuweisen ist, sagt das Gesetz nicht.

321

Die Finanzverwaltung gibt ihre Antwort auf die Frage in UStAE Abschn. 3.14 Abs. 7 ff. Ob sie an dieser Auffassung in Anbetracht der unten behandelten neueren Rechtsprechung festhalten wird, ist abzuwarten. Der mittlere Unternehmer (B) kann danach anhand von Belegen nachweisen, dass er als Lieferer aufgetreten ist. Der Nachweis sei regelmäßig geführt, wenn sich aus den Belegen ergebe, dass der mittlere Unternehmer (B) unter der USt-IdNr des Mitgliedstaates aufgetreten ist, in dem die Beförderung oder Versendung des Gegenstands begonnen hat, und wenn der mittlere Unternehmer aufgrund der mit seinem Vorlieferanten (A) und seinem Auftraggeber (C) vereinbarten Lieferkonditionen Gefahr und Kosten der Beförderung oder Versendung übernommen hat (z. B. durch Verwendung des Incoterms EXW gegenüber dem ersten Lieferer (A) und des Incoterms DDP gegenüber dem letzten Abnehmer (C)).[12]

322

Die Rechtsprechung sieht die Dinge neuerdings anders. Zunächst hat der EuGH entschieden, dass es maßgeblich auf den Zeitpunkt ankomme, zu dem die Befähigung, wie ein Eigentümer über den Gegenstand zu verfügen, dem Endempfänger übertragen wird. Falls nämlich die zweite (B auf C) Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über den Gegenstand zu verfügen, stattfinde, bevor die innergemeinschaftliche Beförderung erfolge, könne die innergemeinschaftliche Beförderung nicht mehr der Lieferung an den Ersterwerber (Lieferung A an B) zugerechnet werden.[13]

323

Dem hat sich der BFH (XI. Senat) angeschlossen. § 3 Abs. 6 S. 6 Hs. 1 UStG enthalte eine gesetzliche Vermutung dahingehend, dass der Ersterwerber (B) bei der Beförderung oder Versendung als Abnehmer der Vorlieferung und nicht als Lieferer an den letzten Abnehmer tätig werde. Die Vermutung könne indes gemäß § 3 Abs. 6 S. 6 Hs. 1 UStG widerlegt werden. Dafür komme es insbesondere auf den Zeitpunkt an, zu dem die Befähigung, wie ein Eigentümer über den Gegenstand zu verfügen, dem Endempfänger übertragen worden sei. Dazu müssten „Substanz, Wert und Ertrag an dem betreffenden Gegenstand“ übertragen worden sein. Der bürgerlich-rechtliche Eigentumsübergang sei dafür regelmäßig ausreichend, aber nicht zwingend erforderlich. Bei Übergang der Verfügungsbefugnis noch vor Transportbeginn könne die innergemeinschaftliche Versendung nicht mehr der ersten Lieferung (A an B) zugeordnet werden.[14] Diese Grundsätze sollen ausdrücklich auch beim Transport durch den letzten Abnehmer (C) gelten.[15] Auch hier soll also im Regelfall die erste Lieferung (A an B) die bewegte Lieferung sein, während nach Auffassung der Finanzverwaltung bei Ausführung des Transportes durch C die bewegte Lieferung stets die Lieferung von B an C ist (s. bereits Rn 321).

324

Der neuen Rechtsprechung wird teilweise entgegengehalten, dass bei grenzüberschreitenden Lieferumsätzen der erste Lieferer (A) insbesondere bei Abholfällen regelmäßig nicht beurteilen könne, ob und wann dem Letztempfänger die Befähigung, wie ein Eigentümer über die Sache zu verfügen, übertragen werde. Von diesem Umstand könne die Frage, ob die Lieferung des ersten Lieferers die bewegte Lieferung und damit womöglich als innergemeinschaftliche Lieferung oder Ausfuhrlieferung steuerbefreit ist, daher nicht abhängen.[16] Der BFH weist diese Kritik zurück, indem er auf § 6a Abs. 4 UStG hinweist. Nach dieser Vorschrift sei im Einzelfall das Vertrauen des ersten Lieferers auf das Vorliegen einer steuerbefreiten innergemeinschaftlichen Lieferung geschützt.[17]

§ 6 Leistungsort im Inland › C. Ort der Lieferung › V. Versandhandelsregelung (§ 3c UStG)

V. Versandhandelsregelung (§ 3c UStG)

325

§ 3c UStG, die sog. Versandhandelsregelung, weicht vom Grundsatz des § 3 Abs. 6 S. 1 UStG ab, indem der Lieferort dorthin verlagert wird, wo die Beförderung oder Versendung endet (§ 3c Abs. 1 UStG).

326

§ 3c UStG setzt zunächst voraus, dass ein Gegenstand aus dem Gebiet eines Mitgliedstaates in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates oder aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet in die in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiete befördert oder versendet wird. Es muss zudem der Lieferer oder ein von ihm beauftragter Dritter sein, der die Beförderung oder den Versand bewirkt. In einem Abholfall ist § 3c UStG nicht anwendbar.

327

Als Erwerber kommen für § 3c UStG zunächst solche natürlichen Personen in Betracht, die entweder nicht Unternehmer sind, oder die zwar Unternehmer sind, aber nicht für ihr Unternehmen erwerben (B2C-Fälle, s. § 3c Abs. 2 Nr 1 UStG mit Verweis auf § 1a Abs. 1 Nr 2 UStG). § 3c Abs. 2 Nr 2 UStG erweitert den Kreis der unter § 3c UStG fallenden Erwerber (allerdings nicht bei Lieferung verbrauchsteuerpflichtiger Waren, § 3c Abs. 5 S. 2 UStG) auf


Unternehmer, die nur steuerfreie Umsätze ausführen, die zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führen;
Kleinunternehmer (s. in Deutschland § 19 UStG);
pauschal besteuerte Landwirte (s. in Deutschland § 24 UStG); sowie
juristische Personen, die nicht Unternehmer sind oder die nicht für ihr Unternehmen erwerben.

328

Nur in den vier zuletzt genannten Fällen des § 3c Abs. 2 Nr 2 UStG – nicht auch in den B2C-Fällen des § 3c Abs. 2 Nr 1 UStG – muss der Erwerber zusätzlich eine Erwerbsschwelle nicht überschritten (und auf diese Schwelle auch nicht verzichtet) haben, damit die Versandhandelsregelung Anwendung findet. Die Versandhandelsregelung erfasst damit im Ergebnis nur Fälle, bei denen der Erwerber nicht der Erwerbsbesteuerung (nach § 1a UStG oder entsprechenden Regelungen anderer Mitgliedstaaten) unterliegt.


Für eine Lieferung, die in Deutschland endet, beträgt die Erwerbsschwelle € 12 500 (§ 1a Abs. 3 Nr 2 UStG). Wenn der Gesamtbetrag der Entgelte für innergemeinschaftliche Erwerbe diesen Betrag im vorangegangenen Kalenderjahr nicht überschritten hat und diesen Betrag im laufenden Kalenderjahr voraussichtlich nicht überschreiten wird, unterliegt (z. B.) ein in Deutschland ansässiger Kleinunternehmer (§ 3c Abs. 2 Nr 2 lit. b) UStG) nicht der Erwerbsbesteuerung; für eine Lieferung aus einem anderen Mitgliedstaat an ihn kann die Versandhandelsregelung Anwendung finden. Wenn der Kleinunternehmer allerdings auf die Erwerbsschwelle verzichtet, greift die Erwerbsbesteuerung (§ 1a Abs. 4 UStG). § 3c Abs. 2 S. 1 a. E. UStG schließt dann die Versandhandelsregelung aus.
Für eine Lieferung, die in einem anderen Mitgliedstaat endet, gilt die von diesem Mitgliedstaat festgesetzte Erwerbsschwelle (wiederum mit der Möglichkeit eines Verzichts). Über die Erwerbsschwellen der verschiedenen Mitgliedstaaten informiert UStAE Abschn. 3c Abs. 2.
Noch einmal: Auf die Erwerbsschwelle (und einen Verzicht darauf) kommt es nur in den Fällen des § 3c Abs. 2 Nr 2 UStG an, also etwa bei der Lieferung an Kleinunternehmer. Im „Normalfall“ des § 3c Abs. 2 Nr 1 UStG (B2C-Lieferung) ist darauf nicht einzugehen.

329

Was den Lieferer betrifft, ist § 3c UStG nur anzuwenden, wenn bei diesem der Gesamtbetrag der Entgelte, der den Lieferungen in einen Mitgliedstaat zuzurechnen ist, eine Lieferschwelle überschreitet (§ 3c Abs. 3 UStG). Die Lieferschwelle hängt davon ab, wo die Versendung oder Beförderung endet.


Bei einer Lieferung in das Inland (oder die in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiete) beträgt die Lieferschwelle € 100 000.
Bei einer Lieferung in einen anderen Mitgliedstaat gilt diese von diesem festgesetzte Lieferschwelle. Die Lieferschwellen in den einzelnen Mitgliedstaaten weichen voneinander ab. Über die geltenden Schwellen informiert UStAE Abschn. 3c Abs. 3.
Der Lieferer kann auf die Anwendung der Lieferschwelle verzichten (§ 3c Abs. 4 UStG).
Die Lieferschwellenregelung gilt von vornherein nicht bei der Lieferung verbrauchsteuerpflichtiger Waren, § 3c Abs. 5 S. 2 UStG. Bei solchen Waren greift die Versandhandelsregelung also auch bei „Kleinstumsätzen“ des Lieferers.

330

Die Versandhandelsregelung gilt von vornherein nicht für die Lieferung neuer Fahrzeuge (§ 3c Abs. 5 S. 1 UStG).

331

Sinn und Zweck der Versandhandelsregelung ist es, Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden: Wer die Verbraucher eines bestimmten Mitgliedstaates im Versandhandel beliefert, soll demselben Mehrwertsteuersatz unterliegen wie andere Unternehmer, die an die dortigen Kunden – im stationären Handel oder im Versandhandel – leisten. Mit der Besteuerung im Bestimmungsland ist verbunden, dass sich der Unternehmer dort registrieren lassen und dort Steuererklärungen abgeben muss. Dieser hohe Aufwand soll „Kleinexporteure“ nicht treffen. Diese werden daher durch die Regelung zur Lieferschwelle (§ 3c Abs. 3 UStG) begünstigt. Der Verzicht darauf (§ 3c Abs. 4 UStG) kann sinnvoll sein, wenn ein Lieferer aus einem „Hochsteuerland“ nur kleinere Lieferungen in ein „Niedrigsteuerland“ ausführt – bei Verzicht auf die Lieferschwelle gilt dann der Steuersatz des Niedrigsteuerlandes.

332

Beispiel: [18]

Ein deutscher Versandhändler hat vor dem Kalenderjahr 01 nicht in die Niederlande exportiert. Im Jahr 01 liefert er Elektrogeräte an Privatabnehmer in den Niederlanden für 15 000 € (Gesamtbetrag der Entgelte). Im folgenden Kalenderjahr (02) erbringt er bis Ende Juni entsprechende Lieferungen in die Niederlande gegen Entgelte von insgesamt € 99 000. Im Juli erbringt er einen weiteren Umsatz an eine niederländische Privatperson gegen ein Entgelt von € 5000. Die maßgebliche Lieferschwelle für Lieferungen, die in den Niederlanden enden, beträgt € 100 000 (UStAE Abschn. 3c Abs. 3).

Lösung: Der Lieferort für die Lieferungen des Jahres 01 liegt nach der Grundregel (§ 3 Abs. 6 S. 1 UStG) im Inland. Die Versandhandelsregelung (§ 3c UStG) greift nicht, weil der Händler die Lieferschwelle von € 100 000 für Lieferungen in die Niederlande noch nicht überschreitet. Hier wird die Wirkung der Lieferschwelle deutlich: Wer nur Exporte geringen Umfangs in ein bestimmtes Zielland ausführt, soll sich dort nicht steuerlich registrieren lassen und sich nicht mit dem dortigen Mehrwertsteuerrecht befassen müssen. Im Jahr 01 greift die Versandhandelsregelung (Lieferort: Niederlande) im Ergebnis nur, wenn der deutsche Händler auf die Anwendung der Lieferschwelle nach § 3c Abs. 4 UStG verzichtet. Im Jahr 02 überschreitet der Händler die Lieferschwelle (erst) im Juli. Für die bis einschließlich Juni ausgeführten Lieferungen bleibt es – vorbehaltlich eines Verzichts auf die Lieferschwelle – bei dem Lieferort im Inland (§ 3 Abs. 6 S. 1 UStG). Bereits für den Umsatz aus dem Juli, mit dem der Händler die Schwelle von € 100 000 überschreitet, verlagert sich der Lieferort in die Niederlande.

§ 6 Leistungsort im Inland › C. Ort der Lieferung › VI. Lieferungen in bestimmten Beförderungsmitteln (§ 3e UStG)

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