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II. Parlamentarisches Regierungssystem
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Innerhalb der Staatsform der Demokratie sind drei Regierungssysteme denkbar: das Präsidialsystem, ein System mit kollegialer Staatsspitze und das parlamentarische System. Das Präsidialsystem ist beispielhaft – bei Unterschieden in der Gestaltung – in den USA und Frankreich ausgebildet. Das Kollegialsystem findet sich in der Schweiz. Parlamentarische Demokratien sind bspw. alle Staaten der EU, Großbritannien, Norwegen, Island, Israel, Kanada, Australien und Neuseeland.
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Die präsidentielle Demokratie zeichnet sich dadurch aus, dass die Exekutive – insb. der vom Volk gewählte Präsident – nicht durch das Parlament abgesetzt werden darf.[5] Präsident/Exekutive und Parlament stehen einander gegenüber und sind nicht personell verschränkt: Regierungsamt und Parlamentsmandat sind in der Regel unvereinbar.[6] Die Gewaltenteilung ist strikt durchgeführt.
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Das parlamentarische Regierungssystem wird häufig wie folgt definiert: Das Parlament bringt die Regierung hervor, kontrolliert sie und darf sie abberufen.[7] Nimmt man das deutsche Regierungssystem des Grundgesetzes als Maßstab, trifft diese Definition zu. Andere westliche Demokratien kennen ebenfalls ein machtvolles Parlament. Aber die Ernennung des Regierungschefs ist in diesen Staaten allein dem Staatsoberhaupt überlassen. Gleichwohl sind diese Staaten parlamentarische Demokratien. Beispiele sind Österreich und Italien.
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Daher erscheint es sinnvoller, die Definition des parlamentarischen Regierungssystems enger zu fassen. Das parlamentarische Regierungssystem wird demnach dadurch bestimmt, dass das Parlament die Regierung stürzen kann. Nichts anderes meint die in manchen Verfassungen zu findende Formulierung, der Regierungschef oder die Regierung bedürften des „Vertrauens“ des Parlaments (z.B. Art. 53 S. 1 WRV) oder sie seien dem Parlament gegenüber „verantwortlich“. Vertrauen und Verantwortlichkeit bedeuten Abhängigkeit.
§ 1 Einführung › III. Parlamentsrecht
III. Parlamentsrecht
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Der Topos „Parlamentsrecht“ kann als Oberbegriff das gesamte Recht des Parlaments, seiner Mitglieder und seines Zustandekommens durch Wahlen umfassen.[8] Man kann auch sagen: Parlamentsrecht sind die Rechtsnormen, die sich auf ein staatliches, aus gewählten Abgeordneten des Volkes bestehendes Gesetzgebungsorgan beziehen.[9] Oder, etwas enger: Das Parlamentsrecht besteht aus den Rechtssätzen, die das Parlament, seine Organisation und seine Tätigkeit betreffen.[10] In der Abgrenzung zum Abgeordneten- und Wahlrecht – also in einem noch engeren Sinne – lässt sich das Parlamentsrecht als Organisations- und Verfahrensrecht eines Parlaments und der Zusammenschlüsse seiner vom Volk unmittelbar gewählten Mitglieder (Fraktionen und Gruppen) beschreiben.
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Somit gehören zum Parlamentsrecht (egal, ob man es weiter oder enger definiert) nicht:
• | die Normen der kommunalen Vertretungsorgane (Gemeinderat, Kreistag), da diese keine Parlamente sind (Rn. 641), |
• | die Normen der kirchlichen Organe (wie z.B. Synoden der EKD), da diese keine Parlamente und nicht staatlich sind, |
• | die Normen, die den Bundesrat betreffen[11], da dieser nicht aus vom Volk unmittelbar gewählten Mitgliedern, sondern aus Vertretern der Landesregierungen besteht und damit kein Parlament ist. |
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Das Parlamentsrecht gehört zum Staatsrecht, da es sich auf ein staatliches Organ bezieht, und zum materiellen Verfassungsrecht.[12] Soweit seine Regelungen unmittelbar in der Verfassung niedergelegt sind, gehört es (auch) zum formellen Verfassungsrecht. Es existiert jeweils ein Parlamentsrecht des Bundes, eines jeden Bundeslandes und der EU. In vorliegender Darstellung geht es im Wesentlichen um das Parlamentsrecht des Bundes. Das Landes- und das Unionsrecht werden nur einbezogen, sofern sie Besonderheiten aufweisen. In § 14 (Rn. 631 ff.) wird auf Parlamente oder parlamentsähnliche Institutionen im Überblick eingegangen.
§ 1 Einführung › IV. Abgeordnetenrecht
IV. Abgeordnetenrecht
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Das Abgeordnetenrecht bestimmt die Rechtsstellung (den Status) der Mitglieder eines Parlaments, also den Erwerb und Verlust eines Mandats sowie die Rechte und Pflichten aus dem Mandat. Es gehört zum Parlamentsrecht im weiteren Sinne. Auf Bundesebene sind Art. 38-48 GG, das Abgeordnetengesetz, §§ 45 ff. BWahlG, die Verhaltensregeln (als Anlage 1 zur GO-BT) sowie die zum Abgeordnetengesetz und zu den Verhaltensregeln ergangenen Ausführungsbestimmungen maßgeblich. In den 16 Bundesländern bestehen entsprechende Vorschriften im Landesverfassungsrecht, in den Landesabgeordneten- und Landeswahlgesetzen sowie in den Verhaltensregeln (die zum Teil im jeweiligen Landesabgeordnetengesetz und zum Teil in der jeweiligen Geschäftsordnung normiert sind). Art. 223 Abs. 2 AEUV legt fest, dass das Recht der Mitglieder des Europäischen Parlaments vom Parlament zu regeln ist. Die Details sind im EUAbgSt und den DB-EUAbgSt sowie in nationalen Gesetzen (z.B. dem EUAbgG) ausformuliert.
§ 1 Einführung › V. Parlamentsrecht als Teil der Demokratieverfassung des Grundgesetzes
V. Parlamentsrecht als Teil der Demokratieverfassung des Grundgesetzes
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Das Parlamentsrecht einschließlich des Abgeordnetenrechts kann nicht isoliert vom Prozess demokratischer Willensbildung insges. verstanden werden. Es ist daher zum Recht der politischen Parteien und zum Wahlrecht in Beziehung zu setzen. Parteienrecht, Wahlrecht und Parlamentsrecht bilden die Rechtsregime, die dem politischen Prozess einen rechtlichen Rahmen bieten. Normativ wird das im Grundgesetz durch die Art. 20 Abs. 2, 21 und 38 ff. umschrieben. Ergänzt und konkretisiert werden diese Bestimmungen u.a. durch das Parteiengesetz, das Bundeswahlgesetz, das Abgeordnetengesetz und die Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages, die zwar nicht formell, jedoch der Sache nach Verfassungsrecht außerhalb der Verfassungsurkunde bilden. In Anlehnung an andere Begriffsbildungen zu „Subverfassungen“ unter dem Grundgesetz – Finanzverfassung, Medienverfassung, Umweltverfassung, Wehrverfassung, Außenverfassung usw – kann man bei diesem Dreiklang von „Demokratieverfassung“ sprechen.
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Die politische Willensbildung vollzieht sich in der parlamentarischen Demokratie der Idee nach vom Volk zu den Staatsorganen, „von unten nach oben“, vom Legitimationssubjekt zum Parlament, aus der Gesellschaft heraus zu institutionalisierter Staatlichkeit.[13] Politische Willensbildung bedarf der Transformation in politische Entscheidungen.[14] „Demokratie erschöpft sich dann nicht in der Wahl, sondern gipfelt in ihr.“[15] Dieses Bild führte jedoch zu Missverständnissen, interpretierte man es als Einbahnstraße und die Wahl als Endpunkt. Politische Willensbildung ist in der parlamentarischen Demokratie stets ein Wechselwirkungsprozess, der mit einem Kreislaufmodell bildhaft besser umschrieben werden kann: Die Wahl ist darin nicht der Endpunkt, sondern eine zentrale, punktuelle Zwischenstation. Die parlamentarisch getroffenen Entscheidungen sind in den Bereich der öffentlichen Meinungsbildung rückzukoppeln.[16] Politikwissenschaftlich wird von Responsivität gesprochen.[17]
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Zwei verfassungsrechtliche Grunddeterminanten überwölben diese Prozesse in der gesellschaftlichen Willensbildung, im Wahlakt, in der staatsorganschaftlichen Willensbildung wie auch die phasenübergreifenden Vorgänge: die demokratische Gleichheit und die prinzipielle Freiheit und Offenheit des politischen Prozesses. Gleichheit und Freiheit legen damit die Verfahrensbedingungen politischer Willensbildung des demokratischen Verfassungsstaates in wechselseitiger Bezogenheit aufeinander fest.[18]
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Der Wahlvorgang koppelt gesellschaftliche und staatliche Willensbildung. Die politischen Parteien überwölben die Sphären von Volks- und Staatswillensbildung als Intermediäre und bilden insofern eine Art Klammer: „Von Herkunft zweifellos gesellschaftlich, haben sie als Ziel doch den Staat.“[19] In der parlamentarischen Willensbildung erscheinen die Parteien in der parlamentsorganisatorischen Form der Fraktionen transformiert. Neben anderen Mechanismen sorgen sie zwischen Wahlen für Responsivität, indem sie den Kontakt zwischen staatlicher und gesellschaftlicher Sphäre in beide Richtungen hin aufrechterhalten. Die politischen Parteien lösen damit das Problem, dass die Verfassung einerseits Freiheit gewährleisten soll, andererseits demokratische Willensbildung organisieren muss.[20]
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Abgesichert werden diese vorrechtlichen Voraussetzungen durch die Kommunikationsgrundrechte, d.h. die Meinungs-, die Presse-, die Film- und Rundfunk-, die Informations- (alles Art. 5 Abs. 1 GG), die Versammlungs- (Art. 8 GG) und die Vereinigungsfreiheit (Art. 9 Abs. 1 GG), die in der Rechtsprechung des BVerfG ihr besonderes Gewicht gerade aus dieser (Teil-)Funktion erhalten.[21]
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Wenn Volks- und Staatswillensbildungsprozess auch prinzipiell getrennt gedacht werden, ist die aus dem 19. Jh. bekannte hermetische bzw. kategoriale Trennung von Staat und Gesellschaft obsolet. Die Trennung ist freilich nicht zur Identität mutiert, sondern zu einer spezifischen Zuordnung.[22] Gerade die politischen Parteien verbinden diese Sphären.[23] Die prinzipiell vorgegebene Richtung der politischen Willensbildung sieht sich in der politischen Praxis Bedrohungen ausgesetzt. Die Öffentlichkeitsarbeit der Regierung, zumindest in Wahlkampfzeiten, ist das augenfälligste Beispiel. Das BVerfG hat hier zu Recht restriktive Regeln entwickelt.[24]
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Der demokratischen Willensbildung ist vor dem skizzierten Hintergrund eine eigentümliche Mischung aus Trennung und Verschränkung von gesellschaftlicher und staatsorganschaftlicher Sphäre eigen.[25] Freiheit und Gleichheit hängen hier innerlich zusammen, weil erst die Staatsfreiheit der politischen Willensbildung die Chancengleichheit der Teilnahme am politischen Prozess garantiert.[26] Ausbildung und Vorformung des politischen Willens, vorrangig in Form der öffentlichen Meinung, erfolgen in der gesellschaftlichen Sphäre.[27] Nicht nur der Wahlakt als solcher, sondern der gesamte Wahlvorgang einschließlich seiner Vorbereitung sind ebenfalls frei. Im staatsorganschaftlichen Bereich setzt sich die freiheitliche Komponente politischer Willensbildung im Grundsatz des freien Mandats aus Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG fort. Was im Vorfeld staatsorganschaftlichen Handelns grundrechtlich abgesichert war, erscheint hier als Statusrecht der Abgeordneten. Die grundrechtliche Vereinigungsfreiheit einschließlich der freien Parteibildung setzt sich im Parlament als das Recht der Abgeordneten zur Fraktionsbildung fort. Die freiheitsrechtliche Dimension des Art. 21 Abs. 1 GG mit ihren Komponenten der Gründungs- wie der Betätigungsfreiheit der polischen Parteien verbindet und überwölbt den gesellschaftlichen und den staatsorganschaftlichen Bereich. Die politischen Parteien sind durch die Forderung nach demokratischer Binnenstruktur (Art. 21 Abs. 1 S. 3 GG) nahtlos in diesen politischen Prozess eingebunden, indem eine Grundhomogenität der Entscheidungsfindung in den beiden Sphären hergestellt ist.[28]
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Demokratische Gleichheit als politische Gleichheit abstrahiert von anderen, etwa sozialen Gleichheitspostulaten. Sie knüpft an das Menschsein als solches an, reduziert die Gleichheit jedoch auf die Zugehörigen, in der Regel die Staatsangehörigen.[29] Innerhalb dieses Zuschnitts ist die demokratische Gleichheit streng formal.[30] Ähnlich wie die freiheitsrechtliche Komponente kann auch die gleichheitsrechtliche Dimension der politischen Willensbildung von ihrem gesellschaftlichen Ausgangspunkt über den Wahlakt bis in die staatsorganschaftliche Willensbildung beschrieben werden. In der Vorformung politischer Willensbildung besteht prinzipiell gleicher Zugang zu Informationen sowie – normativ – die gleiche Betätigungsmöglichkeit. Im Wahlrecht schlägt sich die demokratische Gleichheit einerseits in der Allgemeinheit der Wahl, andererseits in dem Erfordernis von absolut gleichem Zählwert und prinzipiell gleichem Erfolgswert der Stimme nieder. Der personale Bezugspunkt des Bürgers in der politischen Sphäre setzt sich – vermittelt durch die Gleichheit der Wahl – im gleichen Abgeordnetenstatus fort.[31]
Leitentscheidungen zu § 1:
BVerfGE 8, 104 (Volksbefragungen in Hamburg und Bremen); 20, 56 (Parteienfinanzierung); 44, 125 (Informationstätigkeit der Bundesregierung in Wahlkampfzeiten); 83, 37 (Kommunalwahlrecht für Ausländer); 85, 264 (Parteienfinanzierung); 89, 155 (Maastricht).
Literatur zu § 1:
Badura, Die parlamentarische Demokratie, in: HStR II, § 25; Böckenförde, Demokratie als Verfassungsprinzip, in: HStR II, § 24; Böckenförde, Demokratische Willensbildung und Repräsentation, in: HStR III, § 34; Brenner, Das Prinzip Parlamentarismus, in: HStR III, § 44; Friesenhahn, Parlament und Regierung im modernen Staat, VVDStRL 16 (1958), 9; Huber/Mößle/Stock (Hrsg.), Zur Lage der parlamentarischen Demokratie, 1995; Kelsen, Vom Wesen und Wert der Demokratie, 2. Aufl. 2019; Lepsius, Die erkenntnistheoretische Notwendigkeit des Parlamentarismus, in: Bertschi u.a. (Hrsg.), Demokratie und Freiheit, 1999, S. 123; Kriele, Das demokratische Prinzip im Grundgesetz, VVDStRL 29 (1971), S. 46; Magiera, Parlament und Staatsleitung in der Verfassungsordnung des Grundgesetzes, 1979; Marschall, Parlamentarismus, 3. Aufl. 2018; Zeh, Parlamentarismus, 6. Aufl. 1997; Meinel, Vertrauensfrage. Zur Krise des heutigen Parlamentarismus, 2019; Meinel, Selbstorganisation des parlamentarischen Regierungssystems, 2019; Meyer, Das parlamentarische Regierungssystem des Grundgesetzes, VVDStRL 33 (1975), S. 69; Möllers, Demokratie – Zumutung und Versprechen, 2008; Mößle, Regierungsfunktionen des Parlaments, 1985; Schneider, Das parlamentarische System, in: HdbVerfR, § 13; Steiger, Organisatorische Grundlagen des parlamentarischen Regierungssystems, 1973.
Anmerkungen
[1]
Vgl. zum Ganzen Möllers, Demokratie – Zumutungen und Versprechen, 2008; Thiele, Verlustdemokratie, 2. Aufl. 2018, S. 283.
[2]
Vgl. Marschall, Parlamentarismus, 3. Aufl. 2018, S. 19.
[3]
Vgl. Marschall, Parlamentarismus, 3. Aufl. 2018, S. 20.
[4]
Ebd.
[5]
Vgl. Marschall, Parlamentarismus, 3. Aufl. 2018, S. 53.
[6]
Vgl. ebd.
[7]
Vgl. etwa Zeh, Parlamentarismus, 6. Aufl. 1997, S. 78.
[8]
So etwa Hatschek, Das Parlamentsrecht des Deutschen Reiches, Erster Teil, 1915, S. 1; ähnlich Arndt, Parlamentarische Geschäftsordnungsautonomie und autonomes Parlamentsrecht, 1966, S. 15; Haug, Bindungsprobleme und Rechtsnatur parlamentarischer Geschäftsordnungen, 1995, S. 35.
[9]
Vgl. Achterberg, Parlamentsrecht, S. 1.
[10]
Vgl. Pietzcker, in: SZ, § 10 Rn. 1; Klein, in: MD, Art. 40 Rn. 3; Cancik, in: MSW, § 9 Rn. 3.
[11]
Vgl. Cancik, in: MSW, § 9 Rn. 4.
[12]
Vgl. etwa Haug, Bindungsprobleme und Rechtsnatur parlamentarischer Geschäftsordnungen, 1995, S. 35.
[13]
BVerfGE 44, 125 (138 ff.); zuvor bereits BVerfGE 20, 56 (99).
[14]
Hesse, VVDStRL 17 (1959), 11 (19, 22 f.).
[15]
Grimm, in: HdbVerfR, § 14 Rn. 10.
[16]
BVerfGE 44, 125 (145 f.); 85, 264 (284); 89, 155 (185); Kriele, VVDStRL 29 (1971), 46 (65); Stern, StaatsR I, S. 617; Grimm, in: HdbVerfR, § 14 Rn. 17; Shirvani, Parteienrecht, 2010, S. 246 ff.
[17]
Ursprünge v.a. in der amerikanischen Repräsentationstheorie, vgl. etwa Pennock, American Political Science Rev. 46 (1952), 790; Pitkin, Representation, 1967, S. 232 ff.; Dahl, Polyarchy, 1971; für die deutsche Diskussion etwa Uppendahl, ZParl. 1981, 123; Patzelt, Abgeordnete und Repräsentation, 1993, S. 43 f. und öfter.
[18]
Vgl. etwa Schmitt, Verfassungslehre, 1. Aufl. 1928, S. 224 ff.; Kriele, VVDStRL 29 (1971), 46 (61); Stern, StaatsR I, S. 613 f.
[19]
Grimm, in: HdbVerfR, § 14 Rn. 18; vgl. auch BVerfGE 91, 276 (284).
[20]
Grimm, in: HdbVerfR, § 14 Rn. 18 ff., 24 ff.
[21]
Zum Zusammenhang näher Schmitt Glaeser, in: HStR II, § 38 Rn. 11 ff., 28 ff.; Schneider, in: FG BVerfG II, 2001, S. 627 (631).
[22]
Näher Schmitt Glaeser, in: HStR III § 38 Rn. 1 ff., 33 ff.
[23]
Vgl. Stolleis, VVDStRL 44 (1986), 7 (11); Klein, in: MD, Art. 21 Rn. 154 und öfter.
[24]
BVerfGE 44, 125 (138 ff.).
[25]
Stolleis, VVDStRL 44 (1986), 7 (11).
[26]
Vgl. jeweils auf politische Parteien bezogen Hesse, VVDStRL 17 (1959), 11 (36).
[27]
Vgl. etwa auch Hesse, S. 150 ff., 159 ff.; Dreier, in: Dreier, Art. 20 (Demokratie) Rn. 76.
[28]
Frühe Herausstellung der Bezogenheit auf und Integration in die Demokratiekonzeption des Grundgesetzes am Bsp. der Parteien bei Hesse, VVDStRL 17 (1959), 11 (17 und passim).
[29]
Insges. Schönberger, Unionsbürger, 2005.
[30]
BVerfGE 8, 51 (68 f.) [1958]; Volkmann, Grundzüge einer Verfassungslehre der Bundesrepublik Deutschland, 2013, S. 243.
[31]
BVerfGE 102, 224 (238) [2000] im Zusammenhang mit sog. Funktionszulagen: „Die Gleichheit aller Staatsbürger in der freien Ausübung ihres Wahlrechts findet im Parlament ihren Ausdruck in dem freien Mandat.“; in Verbindung mit dem Repräsentationsprinzip Böckenförde, in: HStR II, § 24 Rn. 45.
§ 2 Geschichte der Parlamente und des Parlamentsrechts
§ 2 Geschichte der Parlamente und des Parlamentsrechts
Inhaltsverzeichnis
I. Vorparlamentarische Institutionen, insb. Ständeversammlungen
II. Volksvertretungen in der konstitutionellen Monarchie
III. Parlamentarische Demokratie
IV. Scheinparlamente
V. Parlamentarische Selbstdarstellung und Antiparlamentarismus
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Um das heutige Parlamentsrecht besser zu verstehen, ist es wichtig, die Anfänge und Entwicklungslinien zu kennen.
Die Parlamentsgeschichte beginnt nicht im antiken Athen (5. Jh. v. Chr). Athen (oder Griechenland) wird zwar oftmals als „Wiege der Demokratie“ bezeichnet. Ein Parlament als eine aus gewählten Abgeordneten bestehende Vertretungskörperschaft existierte aber nicht. Die Volksversammlung wurde nicht gewählt, sondern setzte sich aus den gerade anwesenden Männern zusammen. Sie mussten das athenische Bürgerrecht besitzen. Teilnahmeberechtigt waren daher nur ca. 30.000 Männer von etwa 300.000 Einwohnern. Frauen, Auswärtige und Sklaven besaßen das Bürgerrecht nicht. Athen ist also nicht die Wiege des Parlamentarismus und nur eingeschränkt ein Vorbild für die heutige demokratische Ordnung.
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Die Leitidee des Parlaments als Verständigungsort der Volksvertreter ist, historisch gesehen, jung. Sie ist ein Ergebnis der Verfassungsrevolutionen in den Vereinigten Staaten (seit 1776) und in Frankreich (seit 1789). Erst seit der vollen Durchsetzung des allgemeinen Wahlrechts im 20. Jh. besteht das parlamentarische System mit allgemeinem Wahlrecht, das alle Staatsbürger und damit einen Großteil der Einwohnerschaft erfasst. „Mutterland des Parlamentarismus“ ist England (ab 1707: Großbritannien), das als erstes den Weg zur Parlamentssouveränität beschritt und viele wichtige Strukturelemente des modernen Parlamentarismus hervorbrachte – wie politische Parteien sowie den Schutz parlamentarischer Minderheiten und der Opposition –[1], allerdings kaum als Vorbild für Kontinentaleuropa wirksam werden konnte.[2]
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Die Entwicklung verlief bis heute in den verschiedenen Staaten im Detail unterschiedlich. Jedes Parlament hat seine eigene Geschichte. Bestimmte historische Grundlinien sind aber allen gemeinsam.
Man kann drei (grobe) Phasen der Parlamentsgeschichte unterscheiden[3]:
1. | Vorparlamentarische Institutionen, insb. Ständeversammlungen (13. bis ausgehendes 18. Jh.), |
2. | Volksvertretungen in der konstitutionellen Monarchie des „langen“ 19. Jh. mit einem Dualismus von Monarch und Parlament (teilweise bis 1918), |
3. | Parlamentarische Demokratie mit allgemeinem Wahlrecht („Massendemokratie“). |
Als eine 4. Phase lässt sich der supranationale Parlamentarismus auf EU-Ebene ansehen. Das Europäische Parlament hat seit seiner Gründung im Jahr 1952 deutlich an Kompetenzen gewonnen, zuletzt durch den Vertrag von Lissabon. Seit dem Jahr 1979 werden seine Mitglieder alle fünf Jahre in allgemeinen, unmittelbaren, freien und geheimen (aber nicht gleichen) Wahlen bestimmt (Art. 14 Abs. 3 EUV). Jeder Mitgliedstaat entsendet ein bestimmtes Abgeordnetenkontingent. Wer zu diesem Kontingent gehört, wird in jedem Staat aufgrund des nationalen Wahlrechts ermittelt.
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Die parlamentarischen Versammlungen der NATO, der OSZE und des Europarates sind reine Diskussionsforen ohne Rechtssetzungskompetenz für die Bürger der Mitgliedstaaten. Ihre Mitglieder werden zudem nicht vom Volk gewählt, sondern von den Parlamenten der Mitgliedstaaten entsandt.
§ 2 Geschichte der Parlamente und des Parlamentsrechts › I. Vorparlamentarische Institutionen, insb. Ständeversammlungen