Kitabı oku: «Europarecht», sayfa 7
Anmerkungen
[1]
Karpenstein Praxis des EG-Rechts Rn. 92–95.
3. Teil Der Anwendungs- oder Geltungsvorrang des Unionsrechts › A. Die unmittelbare Anwendbarkeit des Unionsrechts
A. Die unmittelbare Anwendbarkeit des Unionsrechts
73
Voraussetzungen der unmittelbaren Anwendbarkeit[1]
I. Hinreichende Bestimmtheit der Norm und
II. inhaltliche Unbedingtheit der Norm und
III. kein nationaler Ermessensspielraum für die Anwendbarkeit der Unionsrechtsnorm und
IV. Auferlegung von Handlungs- und Unterlassungspflichten für die Mitgliedstaaten und
V. subjektiv unmittelbare Wirkung der Norm oder
VI. objektiv unmittelbare Wirkung der Norm.
Einen Anwendungsvorrang vor dem nationalen Recht der Mitgliedstaaten genießen die Normen des Unionsrechts, die unmittelbar anwendbar sind. Die Frage, ob eine Unionsrechtsnorm unmittelbar anwendbar ist, ist aber nur dann relevant, wenn diese für denselben Sachverhalt eine Rechtsfolge vorsieht, die der des nationalen Rechts widerspricht. In Art. 288 Abs. 2 AEUV n.F. ist nur die Verordnung ausdrücklich als unmittelbar anwendbar bezeichnet.
Hinweis
Begrifflich bedeuten unmittelbare Wirkung bzw. „Direktwirkung“ dasselbe wie die „unmittelbare Anwendbarkeit“.
Der EuGH hat in seiner Rechtsprechung im Laufe der Zeit die Voraussetzungen der unmittelbaren Anwendbarkeit herausgearbeitet. Unmittelbar anwendbar können danach auch Bestimmungen des Unionsrechts sein, die den Einzelnen zwar nicht begünstigen, aber hinreichend bestimmt und inhaltlich unbedingt formelle Anforderungen des Unionsrechts aufstellen (objektiv unmittelbare Wirkung).
Beispiel zur objektiv unmittelbaren Wirkung
Die aus Art. 2, 3 und 8 der UVP-Richtlinie[2] folgende Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung haben die deutschen Genehmigungsbehörden unabhängig davon zu beachten, ob sich die von den jeweiligen Projekten Betroffenen auf diese Richtlinie berufen können oder nicht.[3]
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Eine unmittelbar anwendbare Norm vermittelt dem Einzelnen gegenüber einem Mitgliedstaat ein eigenes, subjektives Recht und wirkt wie ein innerstaatliches Gesetz. Unmittelbar anwendbares Unionsrecht geht dem nationalen Recht der Mitgliedstaaten vor,[4] wenn die übrigen Voraussetzungen des Anwendungsvorrangs erfüllt sind.
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Die Europäische Union kann autonom von der Willensbildung in den Mitgliedstaaten in bestimmten von diesen Mitgliedstaaten übertragenen Bereichen für diese unmittelbar verbindliche Rechtsregeln erlassen. Allerdings hat die EU keine eigene Kompetenz zur Begründung neuer, noch nicht von den Mitgliedstaaten auf sie übertragenen Kompetenzen.[5] Aus Art. 5 Abs. 1 und 2 EUV wird das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung abgeleitet. Hier wird deutlich, dass die Rechtsetzungsorgane der Union einer ausdrücklichen Kompetenzzuweisung in den Gründungsverträgen bedürfen. Es sei aber besonders auf Art. 352 AEUV verwiesen, der für unvorhergesehene Fälle der Europäischen Union eine Kompetenzergänzung einräumt.[6] Abweichend von der außer Kraft getretenen Regelung in Art. 308 EGV soll die Union jedoch gem. Art. 352 AEUV lediglich im Rahmen der in den „Verträgen“[7] festgelegten Politikbereiche und zur Verwirklichung eines der Ziele der Verträge tätig werden dürfen. In Art. 83 Abs. 1 Unterabs. 3 des AEUV wird dem Rat die Kompetenz eingeräumt, je nach Entwicklung der Kriminalität einen Beschluss zu erlassen, in dem andere als die in Art. 83 Abs. 1 Unterabs. 2 des AEUV bestimmten Kriminalitätsbereiche von ihm bestimmt werden können. Diese anderen Kriminalitätsbereiche müssen die Kriterien des Art. 83 Abs. 1 AEUV erfüllen.
JURIQ-Klausurtipp
Nur wenn wirklich keine andere Kompetenzgrundlage erkennbar ist, sollten Sie als ultima ratio die Kompetenzergänzung gem. Art. 352 AEUV prüfen.
Anmerkungen
[1]
EuGH Rs. 26/62, van Gend&Loos Slg 1963, 1/24 ff.; Arndt/Fischer/Fetzer Europarecht S. 93–94.
[2]
Richtlinie zur Umweltverträglichkeitsprüfung.
[3]
EuGH Rs. C-431/92, Wärmekraftwerk Großkrotzenburg, Slg. 1995, I-218.
[4]
Thiele Europarecht S. 103 f.; Streinz Europarecht Rn. 451.
[5]
Kompetenz-Kompetenz.
[6]
Streinz Europarecht Rn. 135.
[7]
EUV und AEUV.
3. Teil Der Anwendungs- oder Geltungsvorrang des Unionsrechts › B. Der Anwendungsvorrang
B. Der Anwendungsvorrang
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Das unmittelbar anwendbare Unionsrecht genießt nach der Rechtsprechung des EuGH und der des BVerfG Anwendungsvorrang vor jeglichem nationalen Recht, also auch vor dem nationalen Verfassungsrecht.[1] Alle Behörden einschließlich Gebietskörperschaften und sämtliche nationalen Gerichte müssen den Anwendungsvorrang beachten. Sie sind nicht befugt, Akte der Unionsorgane auf ihre Vereinbarkeit mit den Grundrechten der nationalen Verfassungen zu überprüfen. Denn folgt die nationale Normsetzung dem zwingenden Unionsrecht, dann kann deren Überprüfung nur nach den unionsrechtlich gewährleisteten Grundrechten erfolgen. Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, unionsrechtswidrige mitgliedstaatliche Regelungen zu unterlassen. Der Anwendungsvorrang greift auch gegenüber bestandskräftigen Verwaltungsakten der Mitgliedstaaten durch, da dem Einzelnen sonst nach Auffassung des EuGH der durch das unmittelbar anwendbare Unionsrecht vermittelte Rechtsschutz vorenthalten würde.[2] Die Mitgliedstaaten haben durch die Gründungsverträge gem. Art. 4 Abs. 3 EUV die gegenseitige Verpflichtung übernommen, alle Maßnahmen zu unterlassen, die der Verwirklichung der Unionsziele entgegenstehen könnten. Die Funktionsfähigkeit der Union setzt die Einheitlichkeit der Rechtsanwendung voraus.
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Soweit ein Widerspruch zwischen dem nationalen Recht und dem Unionsrecht nicht besteht, ist das nationale Recht von den nationalen Behörden und den Gerichten des jeweiligen Mitgliedstaates zu beachten.[3]
Hinweis
Bei einem Anwendungsvorrang des Unionsrechts wird das nationale Recht nur soweit und nur solange von dem unmittelbar anwendbaren Unionsrecht verdrängt, wie es im konkreten Fall inhaltlich dem Unionsrecht widerspricht und eine unionsrechtskonforme Auslegung des nationalen Rechts nicht möglich ist.
Der Anwendungsvorrang ist ausgeschlossen, wenn bei inhaltlichen Widersprüchen z.B. gem. Art. 114 Abs. 4 AEUV ausnahmsweise ein nationaler Alleingang in einzelnen Mitgliedstaaten zugelassen wurde.
3. Teil Der Anwendungs- oder Geltungsvorrang des Unionsrechts › B. Der Anwendungsvorrang › I. Die Begründung des BVerfG zum Anwendungsvorrang des unmittelbar anwendbaren Unionsrechts
I. Die Begründung des BVerfG zum Anwendungsvorrang des unmittelbar anwendbaren Unionsrechts
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Das BVerfG[4] leitete den Anwendungsvorrang aus den innerstaatlichen Zustimmungsgesetzen ab. Art. 23 Abs. 1 S. 2 GG enthalte einen entsprechenden Rechtsanwendungsbefehl, aus dem sich kraft nationalem Verfassungsrechts ein Anwendungsvorrang des unmittelbar anwendbaren Unionsrechts vor dem bundesdeutschen Recht ergebe.
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Nicht klar war lange Zeit, ob es nach Auffassung des BVerfG auch einen Anwendungsvorrang vor dem nationalen Verfassungsrecht des GG geben sollte. Seit 1986 erkennt das BVerfG jedoch an, dass der Grundrechtsschutz auf Unionsebene durch die EuGH-Rechtsprechung mit dem des GG vergleichbar ist.[5] In dem Urteil zum Vertrag von Maastricht[6] hat das BVerfG festgestellt, dass es seine Gerichtsbarkeit über die Anwendbarkeit von Unionsrecht in Deutschland in einem Kooperationsverhältnis zum EuGH ausübt. Das BVerfG könne sich auf eine Prüfung der generellen Gewährleistung der unabdingbaren Grundrechtsstandards beschränken, da der EuGH für das gesamte Gebiet der Europäischen Union den Grundrechtsschutz garantiere.
3. Teil Der Anwendungs- oder Geltungsvorrang des Unionsrechts › B. Der Anwendungsvorrang › II. Die Begründung des EuGH zum Anwendungsvorrang des unmittelbar anwendbaren Unionsrechts
II. Die Begründung des EuGH zum Anwendungsvorrang des unmittelbar anwendbaren Unionsrechts
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Der EuGH leitete[7] den Vorrang des Unionsrechts aus der notwendigen Sicherstellung der Funktionsfähigkeit des Unionsrechts ab. Die Mitgliedstaaten hätten durch die Gründung bzw. den späteren Beitritt zur EG ihre Souveränitätsrechte freiwillig beschränkt, damit die EG selbst für die Mitgliedstaaten verbindlich handeln könne. Soweit die Mitgliedstaaten ihre Kompetenzen auf die EG übertragen hätten, sei die EG als supranationale Organisation zuständig.
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Aufgrund der freiwilligen Beschränkung der Souveränitätsrechte besteht nach Auffassung des EuGH zwangsläufig auch ein Vorrang des Unionsrechts vor dem nationalen Verfassungsrecht der Mitgliedstaaten.
Aus der Simmenthal-II-Entscheidung [8]
. . . dass jeder im Rahmen seiner Zuständigkeit angerufene staatliche Richter verpflichtet ist, das Gemeinschaftsrecht uneingeschränkt anzuwenden und die Rechte, die es dem Einzelnen verleiht, zu schützen, indem er jede möglicherweise entgegenstehende Bestimmung des nationalen Rechts, gleichgültig, ob sie früher oder später als die Gemeinschaftsnorm ergangen ist, unangewendet lässt. . .
Der EuGH erteilte in der zuvor zitierten Entscheidung jedem nationalen Richter die Befugnis, selbständig die Vereinbarkeit des nationalen Rechts mit dem unmittelbar anwendbaren Unionsrecht zu überprüfen und bei widersprüchlichem nationalen Recht dieses nicht anzuwenden.
Anmerkungen
[1]
Thiele Europarecht S. 123; Karpenstein Praxis des EG-Rechts Rn. 87.
[2]
EuGH EuZW 1999, 405 (Ciola).
[3]
Thiele Europarecht S. 123 f.
[4]
BVerfGE 73, 339 (Solange-II-Beschluss).
[5]
BVerfGE 73, 339 (Solange-II-Beschluss).
[6]
BVerfGE 89, 155 (Maastricht-Entscheidung).
[7]
EuGH Slg 1964, 1251 (1270) COSTA-E.N.E.L.
[8]
EuGH Slg.1978, 629 (Simmenthal-II).
3. Teil Der Anwendungs- oder Geltungsvorrang des Unionsrechts › C. Der Geltungsvorrang
C. Der Geltungsvorrang
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Soweit ein Widerspruch zwischen dem nationalen Recht und dem unmittelbar anwendbaren Unionsrecht besteht, ist bei der Annahme eines Geltungsvorrangs das nationale Recht nichtig. Wird beim Anwendungsvorrang nur die Anwendbarkeit einer nationalen Norm bei einem konkreten Widerspruch mit einer unmittelbar anwendbaren Unionsrechtsnorm ausgeschlossen, kann diese nationale Norm aber bei einem rein innerstaatlichen Sachverhalt durchaus zur Anwendung kommen. Wäre die nationale Norm aber nichtig aufgrund des Widerspruchs zur unmittelbar anwendbaren Unionsrechtsnorm, wäre sie überhaupt nicht mehr anwendbar.[1] Der Geltungsvorrang wird weder vom EuGH noch vom BVerfG und auch nicht von großen Teilen des Schrifttums vertreten.
Anmerkungen
[1]
Arndt/Fischer/Fetzer Europarecht S. 93.
4. Teil Quellen des Unionsrechts
Inhaltsverzeichnis
A. Das Primärrecht
B. Die völkerrechtlichen Verträge
C. Das Sekundärrecht
D. Sekundärrechtliche Normen im Bereich der GASP, im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts und des Datenschutzrechts
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Hinweis
Zwischen dem Primärrecht, den völkerrechtlichen Verträgen und dem Sekundärrecht besteht eine Normenhierarchie. Das Sekundärrecht darf dem Primärrecht und den völkerrechtlichen Verträgen, die völkerrechtlichen Verträge dürfen dem Primärrecht nicht widersprechen.
4. Teil Quellen des Unionsrechts › A. Das Primärrecht
A. Das Primärrecht
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Das Primärrecht besteht aus unterschiedlichen Rechtsquellen.[1]
Zum Primärrecht gehören
• | die Gründungsverträge, |
• | die Protokolle, Anhänge und Erklärungen, |
• | die allgemeinen Rechtsgrundsätze und |
• | das Gewohnheitsrecht. |
4. Teil Quellen des Unionsrechts › A. Das Primärrecht › I. Die Gründungsverträge
I. Die Gründungsverträge
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Wiederholen Sie zur unmittelbaren Anwendbarkeit die Darstellung in Rn. 73–75.
Zu den Gründungsverträgen gehören:
• | der AEUV, EUV und der EAV,[2] |
• | die EEA, |
• | der Vertrag von Maastricht, |
• | der Vertrag von Amsterdam, |
• | der Vertrag von Nizza, |
• | der Vertrag von Lissabon, |
• | die Beitrittsverträge mit allen nach der Gründung beigetretenen Mitgliedstaaten. |
Die Gründungsverträge regeln überwiegend die Rechte und Pflichten der Mitgliedstaaten und der Gemeinschaftsorgane. Nur ausnahmsweise können einzelne Bestimmungen der Gründungsverträge unmittelbar Rechte und Pflichten für natürliche oder juristische Personen begründen.[3] Eine einzelne Bestimmung aus den Gründungsverträgen muss dann im konkreten Fall unmittelbar anwendbar sein.
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Der EuGH[4] hatte u.a. folgende Bestimmungen des EGV für unmittelbar anwendbar erklärt, sodass bzgl. dieser Normen nicht mehr im konkreten Fall geprüft werden muss, ob die Voraussetzungen der unmittelbaren Anwendbarkeit vorliegen:
Unmittelbar anwendbar sind:
• | Art. 18 AEUV (Diskriminierungsverbot) |
• | Art. 28–37 AEUV (Warenverkehrsfreiheit) |
• | Art. 45–55 AEUV (Personenverkehrsfreiheit) |
• | Art. 56–62 AEUV (Dienstleistungsfreiheit) |
• | Art. 63–66 AEUV (Kapital- und Zahlungsverkehrsfreiheit) |
• | sowie Art. 101, 102, 108 Abs. 3, 110 Abs. 1 und Abs. 2 und 157 AEUV. |
4. Teil Quellen des Unionsrechts › A. Das Primärrecht › II. Die Protokolle, Anhänge und Erklärungen
II. Die Protokolle, Anhänge und Erklärungen
87
In Art. 51 EUV werden die Protokolle und Anhänge der Verträge zu Bestandteilen der Verträge erklärt. In diesen Protokollen werden Ausnahmen von vertraglichen Regelungen für einzelne Mitgliedstaaten erfasst und Konkretisierungen des Vertragstextes vorgenommen. Die rechtlich verbindlichen Protokolle binden grundsätzlich nur die EU-Organe und die mit dem Vollzug des Unionsrechts betrauten staatlichen Organe. Sie gelten aber auch im Verhältnis zwischen dem Bürger und dem jeweiligen Mitgliedstaat, wenn sie die Voraussetzung der unmittelbaren Anwendbarkeit erfüllen.[5]
88
Erklärungen können ebenfalls den Verträgen beigefügt werden. Sie sind rechtlich nicht bindende Auslegungshilfen für die Vertragstexte.
4. Teil Quellen des Unionsrechts › A. Das Primärrecht › III. Die allgemeinen Rechtsgrundsätze
III. Die allgemeinen Rechtsgrundsätze
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Auf allgemeine Rechtsgrundsätze bezieht sich Art. 340 Abs. 2 AEUV. Danach haftet die Union für durch ihre Organe oder Bedienstete verursachte Schäden nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, die den Mitgliedstaaten gemeinsam sind.
Zu den allgemeinen Rechtsgrundsätzen gehören
• | die Grundrechte des Unionsrechts,[6] |
• | die allgemeinen Prinzipien wie das Rechtsstaatsprinzip und |
• | elementare Vorstellungen von Recht und Gerechtigkeit, denen sich jede Rechtsordnung verpflichtet fühlt.[7] |
Der EuGH ermittelt diese Rechtsgrundsätze vorrangig durch Rechtsvergleichung der Verfassungsprinzipien der Mitgliedstaaten und aus der EMRK.
Diese allgemeinen Rechtsgrundsätze binden grundsätzlich nur die Unionsorgane und die mit dem Vollzug des Unionsrechts betrauten staatlichen Organe. Sie gelten aber auch im Verhältnis zwischen dem Bürger und dem jeweiligen Mitgliedstaat, wenn sie die Voraussetzung der unmittelbaren Anwendbarkeit erfüllen.[8]
4. Teil Quellen des Unionsrechts › A. Das Primärrecht › IV. Das Gewohnheitsrecht
IV. Das Gewohnheitsrecht[9]
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Hierbei handelt es sich um eine durch lang dauernde Übung und Rechtsüberzeugung entstandene Rechtsregel. In der Praxis hat das Gewohnheitsrecht eine untergeordnete Bedeutung. Gewohnheitsrechtliche Regelungen binden grundsätzlich nur die Unionsorgane und die mit dem Vollzug des Unionsrechts betrauten staatlichen Organe. Sie gelten aber auch im Verhältnis zwischen dem Bürger und dem jeweiligen Mitgliedstaat, wenn sie die Voraussetzung der unmittelbaren Anwendbarkeit erfüllen.[10]
Anmerkungen
[1]
Thiele Europarecht S. 103; Arndt/Fischer/Fetzer Europarecht S. 43–45.
[2]
Der EGKSV war auf fünfzig Jahre abgeschlossen und ist zwischenzeitlich ausgelaufen.
[3]
Streinz Europarecht Rn. 450–455.
[4]
Thiele S. 104; Karpenstein Rn. 48–50.
[5]
Prüfungsschema Rn. 73.
[6]
Die Gründungsverträge enthalten keine ausdrückliche Kompetenzzuweisung zugunsten des EuGH bzgl. der Entwicklung von Unionsgrundrechten; EuGH Rs. 11/70, Internationale Handelsgesellschaft/Einfuhr- und Vorratsstelle, Slg 1970, 1125 Rn. 3.
[7]
Arndt/Fischer/Fetzer Europarecht S. 44.
[8]
Prüfungsschema in Rn. 73.
[9]
Gewohnheitsrecht kann auf der Ebene des Primär- als auch des Sekundärrechts entstehen; Arndt/Fischer/Fetzer Europarecht S. 44.
[10]
Prüfungsschema in Rn. 73.
4. Teil Quellen des Unionsrechts › B. Die völkerrechtlichen Verträge
B. Die völkerrechtlichen Verträge
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Die Union kann mit anderen Völkerrechtssubjekten wie z.B. mit assoziierten Staaten oder mit internationalen Organisationen völkerrechtliche Verträge gem. Art. 218 AEUV schließen. Gem. Art. 216 Abs. 2 AEUV sind die von der Union geschlossenen Übereinkünfte für die Unionsorgane und die Mitgliedstaaten bindend. Völkerrechtsverträge werden mit ihrem Inkrafttreten integraler Bestandteil des Unionsrechts.
Völkerrechtliche Verträge binden grundsätzlich nur die Unionsorgane und die mit dem Vollzug des Unionsrechts betrauten staatlichen Organe. Sie gelten aber auch im Verhältnis zwischen dem Bürger und dem jeweiligen Mitgliedstaat, wenn sie die Voraussetzung der unmittelbaren Anwendbarkeit erfüllen.[1] Für die Arbeitnehmer-, Freizügigkeits- und Sozialversicherungsrechte von Staatsangehörigen der assoziierten Staaten hat diese EuGH-Rechtsprechung[2] eine erhebliche Bedeutung erlangt.
JURIQ-Klausurtipp
Aus Assoziierungsabkommen können sich bei der unmittelbaren Anwendbarkeit einschlägiger Normen Ansprüche der Bürger der Assoziierungsstaaten gegenüber einem Mitgliedstaat der Union ergeben.