Kitabı oku: «Christina sucht das Paradies auf Erden», sayfa 2
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CHRISTINA IST DREI JAHRE – 1952/53
Christina lernt von Claudia jeden Tag etwas Neues. Wörter, die sogar viele Erwachsene nicht kennen, benutzt sie ganz selbstverständlich. Doch dadurch verschlimmert sich ihre Einsamkeit.
Nur mit Claudia ist sie ein fröhliches und aufgeschlossenes Mädchen. Sie lachen viel. Sie reden viel und genießen jede gemeinsame Minute. Ihre Mutter und auch die anderen Menschen in ihrem Umfeld wollen nicht wahrhaben, dass Christina eine kleine Erwachsene ist. Sie versuchen erst gar nicht, mit ihr ins Gespräch zu kommen.
Die Mutter geht täglich mit Christina spazieren. Nachbarn und auch Fremde streicheln über Christinas Kopf und bewundern sie als kluges und hübsches Mädchen. Doch nachher schütteln sie trotzdem immer nur den Kopf über dieses seltsame Kind.
Natürlich registriert das auch Christina Claudia hat ihr erklärt, dass die meisten Menschen mit Menschen zusammen sein möchten, die auch so denken und fühlen wie sie selbst. Dann fühlen sie sich verstanden und gleichwertig.
Familien befreunden sich mit Familien an. Alleinstehende mit Alleinstehende. Die Sportler mit Sportler und so weiter. Diese Aussage kann Christina nachempfinden. Aber wo findet sie die Menschen, die so denken und fühlen wie sie?
Jeden Abend wartet sie sehnsüchtig auf den Feierabend von Claudia. In der gemeinsamen Zeit ist dann ihre Welt in Ordnung. Die Mutter besteht aber darauf, ihre Tochter früh ins Bett zu bringen. So dass Christina sich jeden Abend viel zu früh von Claudia trennen muss. Sie unterdrückt dann immer tapfer ihre Tränen. Sie möchte nicht, dass Claudia sich unbewusst schuldbewusst fühlt. Ja, ohne Claudia wäre ihr jetziges Leben ein leidvolles Leben. Christina ist sich nun sicher, dass Gott so früh ihr Claudia als eine Stütze geschickt hat. Dafür bedankt sie sich jeden Tag bei ihm.
Es herrscht oft zwischen ihren Eltern ein sehr aggressiver Ton, der Christina erschreckt. Sie fragt sich, warum zwei Menschen zusammenleben, wenn sie sich gar nicht lieben. Auch sie selbst fühlt sich von ihrem Vater nicht angenommen und geliebt.
Doch ein kleiner Unfall ist die Ursache dafür, dass der Vater auf einmal seiner Tochter doch mehr Aufmerksamkeit zukommen lässt.
Sein ganzer Stolz ist sein Motorrad. Das lehnte immer im Hof an der Veranda. Vor zwei Wochen verursachte dieses Motorrad eine Tränenflut ihrer Mutter. Sie wusste, dass Christina im Hof spielte. Auf einmal hörte sie ein Krachen und Bersten. Angstvoll lief sie schnell nach unten. Erst einmal war sie erleichtert, dass Christina gesund vor dem Motorrad stand. Doch dann stockte ihr der Atem. Sie sah, dass das schwere Motorrad umgefallen war. Doch zur anderen Seite. Als die Mutter sich aber vorstellte, in welcher Gefahr ihre Tochter sich befunden hatte, fing sie laut an zu weinen. Sie konnte gar nicht mehr aufhören.
Christina ging erschrocken zu ihrer Mutter und bat um Aufklärung: „Liebste, liebste Mutti, bitte sage mir, warum Du so weinen musst. Ich habe doch gar nichts getan. Auch Papa ist doch gar nicht da.“ Sie fing auch an zu weinen.
Mit einem kleinen Lächeln und mit Tränen in den Augen hatte ihre Mutter sie ganz fest umarmt. „Ich bin so froh, dass DIR nichts passiert es. DU könntest jetzt tot sein, wenn das Motorrad auf DICH gefallen wäre.“
Als der Vater nach Hause kam, erzählte die Mutter ihrem Mann, was passiert war. Sie bat ihn: „Bitte Carl, stelle das Motorrad in den Schuppen. Frage Herrn Kaufmann, ob DU den Schuppen mieten kannst. Dann habe ich eine Sorge weniger.“
Der Vater hatte auch erschrocken auf Christina geschaut und sie umarmt. Er hatte gemeint: „Ja, Christina, jetzt glaube ich fast, dass ein Engel auf DICH aufgepasst hat. Auch wenn ich bis jetzt nicht an solchen Unsinn geglaubt habe.“
Dann hatte er sie nachdenklich gefragt: „Gibt es etwas, worüber DU DICH sehr freuen würdest?“
Christinas Antwort:
„Ich würde gern mit DIR zusammen DEIN Motorrad putzen.“
Ganz erstaunt registrierte damals der Vater ihren Wunsch. Er hatte sie so innig an sich gedrückt, was ihn selbst und auch seine Tochter überraschte, und gab zur Antwort: „DEIN Wunsch ist mir Befehl.“
Dieser Wunsch wird Christina nun öfters gewährt. Irgendwie ist der Vater jetzt liebevoller zu ihr.
Christina genießt diese Zuneigung und das Miteinander mit ihrem Vater. Einträchtig wird das Blech von dem Motorrad ausgiebig von BEIDEN poliert.
Der Vater sagt nie viel. Aber Christina fühlt sich in dieser gemeinsamen Zeit von ihm angenommen. Er behandelt sie nicht mehr wie ein kleines Mädchen.
Ihr Geist und ihr Körper sendet ihr im Moment keine Warnsignale.
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CHRISTINA IST FÜNF JAHRE – 1954/55
SIE BESINNT SICH AUF DEN SINN IHRES LEBENS
Im Dezember 1954 fühlt sich Christina von Claudia und ihren Eltern verletzt. Sie hatte gemerkt, dass ihre Eltern nicht mehr so einverstanden waren damit, dass sich Claudia fast jeden Abend um sie kümmerte. Trotzdem sie durch ihre Freundin so schnell sprechen und noch vieles anderes gelernt hat. Als ob ihre Eltern eifersüchtig waren. „Warum ist Claudia nicht ehrlich zu mir?“, fragt sie sich. Christina spürt, dass sie etwas bedrückte. Aber was? Claudia kam jetzt nur noch einmal in der Woche.
Nach ihrer Arbeit. Diese Stunden waren dann immer besonders schön. Trotzdem vermisste sie Claudia an den anderen Tagen. Sie fühlt in sich eine tiefe Traurigkeit. Sie fragt sich:
„Was ist die Ursache dafür?“
Sie überlegt: „Gott hat versprochen, mir sofort ein SOS-Zeichen zu schicken, wenn ich von meinen gewünschten Weg abdrifte. Wenn also die Gefahr besteht, dass ich von meinem Kurs abweiche. Soll ich eventuell nicht mehr so viel mit meiner Freundin zusammen sein?“
Sie grübelte mehrere Tage.
Auf einmal bekommt Christina hohes Fieber. Sie liegt nicht im Bett, sondern auf dem Sofa. Ihr Blick fällt immer auf die Wand, wo ein Bild von ihr hängt. Sie hat einen Mantel, eine Mütze und Stiefel an. In der Hand hält sie einen Besen. Sie sieht sich nun im Bild bewegen. Sie fegt die Straße. Sie denkt: „Ja, das ist besser, als mit Fieber auf dem Sofa zu liegen.“
Es wird um sie herum dunkel. Auf einmal merkt Christina, dass sie sich wieder auf dem Sofa befindet. Sie spürt, dass ihr Vater sie berührt. Er prüft ihre Temperatur. Sie hört, wie er sich mit ihrer Mutter unterhält: „Sie hat immer noch Fieber.
Die Kleine muss sofort abgehärtet werden. Nur kalte Wickel können ihr helfen. Bringe mir kaltes Wasser und die Bandagen.“
Sie hört ihre Mutter antworten: „DU tötest sie noch mit DEINEN Männermethoden. Sie ist ein Mädchen. Nur, weil DU DIR immer einen Jungen gewünscht hast, ist das kein Grund, sie als Jungen zu behandeln. Ich helfe DIR ganz bestimmt nicht.“
Ihr Vater wird zornig. Wie so oft. „Was ist denn mit DIR los?
Ich glaube, ich werde nun andere Methoden aufziehen. DU bist doch zu nichts nütze. Hau bloß ab, sonst scheuer ich DIR noch eine. Gehe aus meinen Augen. Ich schaffe das auch allein.“
Er geht in die Küche. Die Mutter verschwindet ängstlich aus dem Wohnzimmer. Christina freut sich aber, dass die Mutter sich verbal, sprachlich, gewehrt hat. Sonst war sie immer stumm und gehorsam.
Der Vater kommt nun mit der Schüssel eiskaltem Wasser zurück. Er umwickelt Christinas Körper mehrmals mit den nassen Wickeln. Zwischendurch streichelt er Christina. Nun ist er mit dem Ergebnis zufrieden. Er zieht ihr einen warmen Schlafanzug an. Christina fühlt sich nicht mehr so fieberig und kann nun klarer denken: „Eigentlich meint mein Papa es doch gut.
Vielleicht mag er mich doch, trotzdem ich nur ein Mädchen bin.
Er freut sich doch immer, wenn ich mit ihm sein Motorrad putze. Aber warum meine Mutter sich nicht von ihm trennt, wird mir immer ein Rätsel bleiben. Sie lässt sich alles von ihm gefallen und reagiert ja so ängstlich, als ob sie abhängig von ihrem Mann ist.“
Auf einmal merkt Christina ganz bewusst, was sie gerade gedacht hat. Als ob dieser Gedanke auf sie zugekommen ist. Sie denkt: „ABHÄNGIG. Das ist schon in allen meiner Leben auf der Erde mein Zauberwort gewesen. Nie von einem Lebewesen abhängig zu sein, habe ich mir stets als Aufgabe ausgesucht.
Leider habe ich dieses Ziel nie ganz erreicht.
Ganz bewusst spricht sie nun zu sich selbst: „Also, ich, Christina, bin nicht traurig, dass ich Claudia loslassen soll, sondern ich bin glücklich, das ich durch diese Freundin so viel lernen durfte.“
Sehr nachdenklich und dann vor sich hin nickend:
„Ja, nun ist es soweit, dass auch andere Menschen mich als Lehrer begleiten sollen. Das sollte mir das Warnsignal, das Fieber, sagen.“
Christina fühlt sich auf einmal gesund. Entschlossen verlässt sie das Sofa und sucht ihre Mutter. Ganz aufgeregt fragt sie diese: „Mutti, darf ich schnell Claudia besuchen? Ich habe ihr etwas ganz wichtiges zu sagen!“
„Christina, (sagt die Mutter entschieden) DU weißt doch, dass sie so beschäftigt ist. Wir haben DIR doch erklärt, dass sie wirklich nur einen Tag in der Woche noch für DICH Zeit hat.“
Sie empört sich. „Wieso bist DU überhaupt aufgestanden? Lege DICH sofort wieder hin.“
Christina denkt: „Jetzt werde ich ganz lieb sein.“
Sie schaut ihrer Mutter zärtlich in die Augen: „Liebste, liebste Mutti, DU hast mich so sehr umsorgt, dass ich mich wieder ganz gesund fühle. Gerade eben ist mir klar geworden, dass ich außer Claudia gar keine anderen Freunde habe. Weil ich zu oft mit ihr zusammen bin. Ich möchte Claudia fragen, ob sie nicht zu traurig ist, wenn wir uns nicht mehr jede Woche sehen. Jeder von uns hat dann Zeit, auch noch andere Freunde zu finden.“
Sie fängt an zu bitten: „Bitte, bitte, Muttilein, lass uns noch heute Claudia besuchen. Ich möchte mich bei Claudia für ihre jahrelange Liebe und Unterstützung bedanken. Sie wird mich bestimmt verstehen. Wir sind wirklich Seelen-Schwestern.“
Ihre Mutter schaut sie ganz erstaunt an. „Jetzt überrascht DU mich wirklich. Sonst war Claudia doch immer DEIN EIN und ALLES. DU wolltest Claudia nie loslassen, wenn sie gehen wollte.“
Christina nickt und sagt leise: „Ja, das ist mir erst heute klar geworden. Aber nun möchte ich sie loslassen und bereit sein für viele andere Menschen.“
Die Mutter ist freudig überrascht. „Claudia ist ab siebzehn Uhr zu Hause. Dann gehen wir bei ihr vorbei.“
Überlegend sagt sie: „Ich habe eine Idee. Bis dahin üben wir schon einmal die Rechtschreibung. Ich habe mich bei der Schulbehörde erkundigt. Da DU noch nicht im März sechs Jahre alt wirst, muss DU nun doch einen Eignungstest bestehen.“
Herausfordernd meint sie dann: „DU willst ja unbedingt schon mit sechs Jahren in die Schule gehen. Aber wenn DU die Prüfung nicht bestehst, dann solltest DU es wirklich akzeptieren, dass DU noch ein Jahr zu Hause bleiben musst.“
Christina sieht ihre Mutter ein bisschen ärgerlich an und denkt:
„Immer dieses muss. Ich muss überhaupt nichts.“
Doch dann meint sie siegessicher:
„Mutti, DU bist einfach die liebste Mutti auf der Erde. Jetzt haben wir noch Zeit zu üben. Ich schaffe die Prüfung ganz bestimmt. DU weißt ja, was mein Ziel ist.“
Bedeutungsvoll schaut sie ihre Mutter an. Diese wirkt auf einmal sehr unsicher. Christina hatte letzte Woche folgende Bitte ausgesprochen: „Muttilein, sage mir bitte, warum DU DICH nicht von Papa scheiden lässt. Er ist immer so zornig. Besonders, wenn er sein Bier trinkt. Dann schlägt er DICH und DU weinst die ganze Nacht.“
Die Mutter hatte bei Christinas Worten angefangen zu schluchzen. Sie hatte schniefend erwidert: „Wo sollen wir denn hin?
Ich habe doch keine Arbeit. Wovon sollen wir denn leben?“
Christina konnte nicht antworten. Nach ein paar Schweige-Minuten sagte auf einmal die Mutter: „Aber eins verspreche ich DIR, wenn DU aus der Schule kommst, dann trenne ich mich von DEINEM Vater.“
Christina war sehr überrascht über dieses Angebot. Sie hatte überlegt: „Das kann ich nicht glauben.“
Darum hatte sie ganz entschlossen gesagt: „Also gut, versprochen ist versprochen. Das wird nicht gebrochen. Schwöre es.“
Die Mutter hatte ihr diesen Wunsch erfüllt. Doch Christina war bei diesem Gespräch nicht davon überzeugt, dass die Mutter wirklich den Schwur einhalten würde. IHR damaliger Gedanke:
„Wenn ich bald mein Wissen vergesse, hilft auch kein momentaner Schwur.“
Entschlossen hatte sie ein Blatt Papier und einen Bleistift geholt und ihre Mutter gebeten: „Mutti, schreibe bitte auf, dass DU DICH von Papa trennst, wenn ich meine Schule beende.
Mit Unterschrift.“
Ihre Mutter hatte sie ganz erschrocken und ängstlich angeschaut. Christina bekam Mitleid mit ihr und dachte: „Ich habe mir doch eine schwache und ängstliche Mutter gewünscht. Also beschwere DICH nicht. Sie wird bestimmt unterschreiben, weil sie glaubt, dass ich den Zettel verliere. Das wird mir aber nicht passieren.“
Dann hatte sie bittend in die Augen der Mutter geschaut.
„Bitte, bitte, allerliebste Mutti“, war ihr Ausruf.
Die Mutter war erst am Überlegen.. Aber dann hatte sie doch, wie gewünscht, das von IHR Gesagte auf den Zettel geschrieben. Mit ihrer Unterschrift. Aufatmend hatte Christina ihre Mutter umarmt und den Zettel schnell eingesteckt. Sie war sich ganz sicher:
„Ich werde den Zettel so verstecken, dass ich ihn finde, auch wenn ich mein Ziel vergesse. Wie sonst können Mutti und ich endlich unseren Frieden finden.“ So hatte sie noch einmal ganz intensiv in die die Augen der Mutter geblickt. Fast hypnotisierend.
Nun freut sie sich, dass ihre Mutter sich wirklich mit der Schulbehörde in Verbindung gesetzt hatte. Jetzt ist sie noch entschlossener, den Test so gut abzuschließen, dass sie ab ersten April ganz bestimmt eingeschult wird. Da ihre Mutter nun fast schuldbeladen wirkt, umarmt Christina ihre Taille und meint:
„Mutti, DU brauchst DIR keine Sorgen machen. Ich werde ganz schnell groß, und dann passe ich auf DICH auf.“
Die Mutter weint nun leise vor sich hin. Dann aber holt sie entschlossen ein Heft. Die Schreibübungen können beginnen.
Christina ist nicht ganz bei der Sache. Denn sie denkt an die Unterredung mit Claudia.
Endlich ist es so weit. Sie klingeln bei ihrer Freundin.
Diese schaut aus dem Fenster und winkt ihnen zu. „Mit „Kommt herauf“ werden sie begrüßt. Schnell eilt Christina die Treppe hoch und umarmt Claudia innig. Claudia streichelt Christinas Kopf. Sie wirkt sehr erstaunt. „Ist etwas passiert?
Hast DU einen besonderen Grund, mich heute zu besuchen“ fragt sie. Die Mutter begrüßt Claudia und entschuldigt sich: „Bitte, sei nicht böse. Christina hat ein ganz besonderes Anliegen an DICH. Sie hat einen erstaunlichen Entschluss gefasst. Sie möchte aber mit DIR selbst darüber reden.“
„Na gut, dann lass uns auf das Sofa setzen, damit ich nicht umfallen kann.“ meint Claudia.
Christina schüttelt den Kopf und sagt zu Claudia:
„Nein, bitte noch nicht. Was ich zu sagen habe, kann ich nur mit DIR besprechen.“
Sie schaut dann ihre Mutter an: „Bitte, bitte liebe Mutti, gehe nach Hause. Du wirst DICH nur langweilen. Claudia wird mich nach Hause bringen. Nicht wahr Claudia?“
Christinas bittender Blick sagt Claudia alles. Claudia nickt. Sie sieht erst die Tochter und dann die Mutter an: „Uschi, vielleicht hat DEINE Tochter Recht. Dieses Gespräch wird aus meiner Sicht wirklich lange dauern. DEIN Mann kommt jetzt auch gleich nach Hause. Es ist besser, wenn DU ihm dann sein Essen auftischen kannst. Sonst gibt es nur Ärger.“
Sie umarmt die Mutter. Diese windet sich aus der Umarmung.
Wortlos geht die Mutter zur Tür, nickt den BEIDEN zu und verlässt das Haus.
Christina atmet erleichtert aus. „Danke Claudia, wie immer verstehst DU mich.“
Nun setzen sich BEIDE auf das kuschelige Sofa. Erwartungsvoll schaut Claudia Christina an. Christina zögert einen Moment.
Daraufhin springt Claudia auf. „Ich werde uns erst einmal Pfefferminz-Tee aufbrühen. Entspanne DICH. Ich bin gleich wieder da.“
Sie geht in die Küche. Christina hat Zeit, ihre Entscheidungen noch einmal zu überprüfen. Sie ist davon überzeugt, dass Gott ihr dabei geholfen hat. Also ist alles gut.
Claudia erscheint mit der Teekanne und den zwei Tassen. Doch Christina will sich nicht ablenken lassen. Als Claudia sich hinsetzt, atmet sie noch einmal tief durch. Sofort beginnt sie mutig mit ihrer voraussichtlich langen Rede:
„Meine wunderbare Seelenschwester Claudia. Gott hat DICH schon sehr früh zu mir geschickt. Damit ich mich nicht so allein fühle, und weil ich viel von DIR lernen soll. Doch erst heute ist mir klar geworden, dass ich schon abhängig von DIR geworden bin. Ich war bis heute sehr traurig, DICH nur noch einmal in der Woche zu sehen. Es ist nicht leicht für mich.“
In ihren Augen glitzern Tränen. Christina beugt sich zu Claudia vor: „Da ich DICH also nicht freiwillig in Liebe losgelassen habe, erhielt ich von Gott durch Fieberanfälle die Chance, mich wieder auf meinen Lebensplan zu besinnen. In den nächsten Monaten werde ich bestimmt mein Ursprungswissen verlieren.“
Sie schaut Claudia prüfend an.
„Darum bleibt mir nicht mehr viel Zeit, alles so zu planen, damit ich die Chance erhalte, als junge Erwachsene wieder mein Ursprungswissen zu aktivieren. Dafür benötige ich aber DEINE Hilfe.“
Nun kommen ihr doch die Tränen. Sie hatte sie so tapfer unterdrückt. Claudia springt auf und wollte etwas sagen. Aber Christina lässt sich nicht beirren. „Bitte, liebe Seelenschwester, lass mich ausreden. Sonst schaffe ich es nicht.“
Claudia nickt ergeben und setzt sich wieder hin.
Christina bittet nun Claudia um ihr Verständnis.
„Ich werde DCH in der nächsten Zeit loslassen, damit ich erst einmal unabhängig von DIR mich endlich allen Menschen zuwende, die auf mich zukommen. Jetzt weiß ich noch, dass sie mir von Gott als Lehrer geschickt werden. Die mir zeigen sollen, mit welchen Voraussetzungen ich es schaffe, den Weg zu finden, der mich in das Paradies auf Erden führt.“
Christina verdeutlicht ihre Aussagen: „Ohne mein jetziges Wissen werde ich bald meine Eltern und allen Menschen in der Umgebung nachahmen. Auch werden meine Eltern und die Menschen in meinem Umfeld mich davon überzeugen, dass meine Erinnerungen nur Fantasie-Gebilde sind, welche ich durch meine Träume erhalte.“
Christina atmet erleichtert auf. Sie meint:
„Puuuuh, geschafft. Aber kürzer ging es leider nicht.“
Aufmunternd: „So, Claudia, jetzt darfst DU antworten.“
Christina wartet gespannt auf die Antwort. Sie atmet immer wieder tief ein und tief aus. Sie denkt ein klein wenig ängstlich:
„Wie hat Claudia diese Rede aufgenommen? Wird sie mir die Freundschaft kündigen? Fühlt sie sich von mir enttäuscht? Hat sie mich überhaupt verstanden?“
Sie beantwortet sich aber gleich selbst diese Fragen: „Sie wird mich immer verstehen. Sie wird nie von mir enttäuscht sein.
Denn sie nimmt mich so wie ich bin.“
Sie schaut nun direkt in die Augen von Claudia. Was sie darin sieht, bringt sie wieder zum Weinen. Doch diesmal sind es Freudentränen.
Claudia steht nun auf, hebt Christina vom Sofa und wirbelt sie herum. Sie jauchzt und lacht. Auch bei ihr laufen die Freudentränen. Dann setzt sie sich wieder auf den Stuhl und nimmt Christina auf den Schoß. Endlich hat Claudia ihre Sprache wiedergefunden und strahlt Christina an: „Meine süße Christina, ich möchte DIR jetzt ganz ehrlich etwas erzählen. DEINE Mutter und ich hatten Angst, dass DU leidest, wenn wir DIR erzählen, warum ich keine Zeit mehr für DICH habe.“
Ganz entspannt meint sie dann: „DU hast Recht. DU warst wirklich abhängig von mir. DU wolltest mit keinen Kindern in der Nachbarschaft und auch nicht hier im Haus spielen. DU interessiertes DICH nicht für andere Menschen, sondern von Anfang an war ich DEINE einzige Bezugsperson.“
Christina möchte etwas dazu sagen. Aber Claudia redet ohne Pause weiter. „Ja, ich weiß, DU hast DICH von keinem anderen Menschen verstanden gefühlt. Am Anfang haben wir uns auch nur mit Zeichen verständigt. Aber sehr schnell konntest DU DICH schon mit einem so großen Wortschatz verständigen, dass DU für alle Menschen in der Umgebung unheimlich wurdest. Sie nannten DICH Hexenkind und DEINE Mutter wurde eine Hexe genannt. Wenn ich es nicht immer geschafft hätte, die aufbrausenden und angstvollen Gemüter zu beruhigen, dann würdet ihr BEIDE vielleicht nicht mehr leben. Das konnte ich DIR wirklich nicht erzählen. Ich wollte nicht, dass DU DICH zu fürchten beginnst.“
Christina ist von dem Gehörten so erschrocken, dass ihre Lach-Tränen sich in Leidens-Tränen verwandeln. Claudia nimmt ein Taschentuch und trocknet Christinas Tränen. Energisch meint sie: „Nun Schluss mit unserer Heulerei. Jetzt werde ich DIR erst einmal berichten, warum ich DICH nur noch einmal in der Woche besucht habe. Aber bitte unterbreche mich nicht. Es fällt mir schwer genug, DICH eventuell zu enttäuschen.“
Sie setzt sich gegenüber von Christina und legt ihre Hände auf Christinas Hände. Christinas Neugierde ist nicht zu übersehen.
Mit erwartungsvollem Blick wartet sie auf eine spannende Geschichte. Sie räkelt sich und fühlt sich bei Claudia, wie immer, himmlisch geborgen. Sie denkt: „Ach, lieber Gott, danke, danke für diese wunderbare Freundin. Wie wunderschön ist es für mich, mit Claudia zusammen zu sein.“
Claudia beginnt: „Also, meine wunderbare Christina, eben habe ich mich in Gedanken bei Gott für unsere Freundschaft bedankt.“
Christina steht auf und klatscht begeistert in ihre Hände und ruft aus: „Ja, meine Seelenschwester, ich doch auch.“
Überlegend nickt sie nun: „Juchuuu, das wird nun unser Brauch.“
Schnell setzt sie sich aber wieder hin. Damit ihre Freundin endlich zu Wort kommen kann.
Diese freut sich und lacht Christina an. „DU siehst, auch wenn wir getrennt sind, werden wir uns immer verbunden fühlen.
Auch wenn DU bald unser intensives Miteinander vergessen wirst. Aber irgendwie wirst DU es trotzdem spüren.“
Sie greift wieder zu Christinas Händen. „Aber nun höre zu, wie sich mein Leben verändert hat. Es ist wie in einem Märchen.“
Stille. Claudia schwelgt in ihren Gedanken. Dann platzt es aus ihr heraus: „Ach, Christina. Ich habe meinen Traummann kennen gelernt. Er liebt alles, was ich liebe. Alle Tiere, alle Menschen und er liebt Gott. Ich habe ihn im Kurpark kennen gelernt. Er war sooooooooo galant, und wir haben uns stundenlang unterhalten.“
Claudia schaut Christina liebreizend an.
„Er ist evangelischer Pastor. Aber als er es mir sagte, habe ich ihn gleich gefragt, in welcher Kirche ich mir seine Predigt anhören kann. Dadurch erfuhr ich, dass er hier nur einige Tage verbringt.“
Claudia sieht bei dieser Rückschau Christina traurig an.
„Christina, mir war gleich klar, dass ich mich nicht in ihn verlieben darf. Aus meiner damaligen Sicht konnte ich niemals seine Prinzessin werden. Denn dann müsste ich DICH verlassen. Als Pastor hat er eine feste Gemeinde, die er niemals verlassen wird.“
Claudia nickt Christina zu. „Ja, darum bin ich dann sofort aufgestanden. Ich habe mich schnell von ihm verabschiedet und bin dann sofort weggelaufen. Zum Glück war er viel zu verdutzt, um mir nachzulaufen. An unserem Lieblingsplatz am Deich habe ich mit Gott gesprochen. Ich habe ihm gesagt: (sie faltet ihre Hände)
„Mein wunderbarer Gott, DEIN Wille geschehe, nicht mein Wille. Mein Glück kann nur vollkommen sein, wenn ich dadurch keinem Lebewesen geistige und körperliche Schmerzen zufüge. Christina ist meine beste Freundin. Nie soll sie durch mich leiden. Ich bitte DICH, zeige mir, was DEIN Wille ist.
Wenn dieser Traumprinz nicht mehr meinen Weg kreuzt, dann weiß ich genau, dass er nicht für mich bestimmt ist.“
Claudia holt tief Luft: „Aber wenn er auf mich zukommt, dann ist es DEIN Wille, dass ich einen Weg finden soll, diesem Traummann, Christina und mir gerecht zu werden. Ich danke DIR für DEINE absolute Liebe. AMEN!“
Christina schaut Claudia mit großen Augen an. Sie fragt:
„Nun sag schnell. Was ist dann passiert?“
„Meine liebste Christina, ich bin nicht mehr in den Kurpark gegangen. War nicht mehr in Döse und nicht mehr in Duhnen.
Nicht mehr am Deich und nicht mehr am Strand. Ich war nur im Büro. Nach Feierabend bin ich gleich nach Hause gegangen und habe DICH dann anschließend besucht.“
Stille. Christina sagt vorwurfsvoll: „Mache es doch nicht so spannend. Ich denke, Du magst mich nicht leiiiiden sehen.“
Claudia grinst Christina an. „Also gut. Im Büro bekam ich einen Anruf und erfuhr, dass meine Freundin Sybille im Krankenhaus ist. Ihr Baby wollte uns wohl unbedingt früher kennen lernen. Wir haben doch noch darüber gesprochen, dass Sybille mehr liegen als laufen sollte. Weil die Gefahr besteht, dass ihr Kind zu früh geboren wird. Weißt DU es noch?“
Christina nickt und entgegnet: „Oh ja. Wir haben sie doch zu Hause besucht, und ich durfte ihren Bauch streicheln. Dann habe ich gespürt, wie sich das Baby bewegt. Es war für mich wie ein Wunder. Aber warum hast DU mir gar nicht gesagt, dass die Kleine nun schon auf der Erde ist, wo sie niemand versteht? Hast DU ihr schon unsere Geheimsprache beigebracht?“
Claudia schüttelt den Kopf. „Nein, denn es passierte etwas, was ich niemals erwartet habe. Was mich so verwirrt hat, dass ich gar nicht mehr klar denken konnte. Darum habe ich DIR auch nichts von der Geburt erzählt. Bitte verzeihe mir.“
Sie stockt.
„Ooooooooooooooooh, jetzt wird es richtig spannend. Erzähl schon. Spann mich nicht auf die Folter.“ drängelt Christina. Claudia spricht weiter:
„Ich wusste nicht mehr, auf welchem Zimmer Sybille liegt.
Darum bin ich zum Empfang gegangen. Kannst DU DIR vorstellen, wer dort stand?“
Christina überlegt kurz und macht dann ein verdutztes Gesicht.
„Wenn das stimmt, was ich glaube, dann hat Gott seinen Willen sprechen lassen. Stand dort wirklich DEIN Traummann?“
Claudia lacht laut auf und sagt: „Was bist DU doch für ein kluges Kind. Ja, er stand in einem Priestergewand an der Auskunft.
Ich wollte mich an ihm vorbei schleichen. Doch als ob er gezwungen wurde, drehte er sich um und schaute mir direkt in die Augen. Er erkannte mich sofort, und dann war es wohl um uns BEIDE geschehen. Er blickte mich mit so liebevollen Augen an, wie mich noch nie ein Mann angesehen hat. Er kam sofort auf mich zu. Ich bemerkte, dass er eigentlich den Wunsch hatte, mich zu umarmen. Aber er traute sich nicht. Er erzählte mir später, dass er angenommen hatte, dass eine Umarmung mich gleich wieder vertreiben würde.“
Claudia schaut sehnsüchtig vor sich hin. Dann schmunzelt sie und redet weiter: „Er nahm aber meine Hand und küsste sie.
Er sprach leise und sagte: „Nie wieder dürfen Sie von mir weglaufen. Ich verspreche Ihnen, dass ich so lange auf sie warte, bis auch Sie die absolute Liebe für mich empfinden. Ich habe mich schon auf den ersten Blick auf der Bank im Kurpark in Sie verliebt. Darum habe ich Sie überall gesucht.“
Claudias aufleuchtender Blick zeigt Christina, dass dieser Mann nun wirklich ihre große Liebe ist.
Christina klatscht in ihre Hände und meint: „Ist das romantisch.“
Sie hört gebannt weiter zu. „Christina, jedes Wort von ihm werde ich immer in meinem Herzen tragen. Kannst DU DIR nun vorstellen, warum ich mich in dem Moment wie in einem Film gefühlt habe? Ich konnte meinen Blick nicht von ihm wenden. Aber dann schaffte ich es doch, die für mich wichtige Frage zu stellen:
„Wie lange bleiben Sie denn noch in Cuxhaven?“
Ich habe die Antwort auswendig gelernt, Christina, ich werde sie nie vergessen. Darf ich sie DIR vortragen?“
Christina nickt nur mit leuchtenden Augen.
Mit einem seligen Blick erinnert sich Claudia an die Worte:
„Heute ist leider mein letzter Tag in Cuxhaven. Ich bin hierhergekommen, weil ein Gemeindemitglied von mir hier im Urlaub einen zweiten Schlaganfall erlitten hat. Seine Frau hat mich daraufhin gebeten, ihm beim Sterben zu begleiten. Dies war eine große Ehre für mich. Heute durfte er in Frieden seinen Körper verlassen und im Jenseits wieder als Seele mit Gott verbunden sein. Endlich darf er wieder das Paradies im Himmel genießen.
Ich achte seine Frau sehr. Sie hat die Größe, nicht an den Verlust ihres Mannes zu denken. Sie fühlt sich so mit ihm verbunden, dass sie sich für ihn freut, dass er nun nicht mehr leiden muss. Leider leben zu viele Menschen noch nicht so bewusst wie diese wunderbare Frau. Verstehen Sie meine Sichtweise?“
Claudia schaut nun Christina direkt an.
„Christina, DU wirst verstehen, dass mein Herz ihm zugeflogen ist. Alles, was auch DEIN Wissen ist, wurde mir durch seine Worte bestätigt. Ich bin nun überzeugt, dass Gott mir diesen Mann geschickt hat, damit das LOSLASSEN von DIR für mich leichter wird. Wir haben uns wohl beide in eine Abhängigkeit verstrickt. Allein wären wir nicht daraus gekommen.“
Claudia ergreift Christinas beide Hände und zieht sie hoch. Sie tanzen lachend und fröhlich in einem Kreis herum. Christina ist aber viel zu neugierig, um diesen Tanz noch länger zu genießen. Sie bedrängt Claudia: „Meine wunderbare Claudia, bitte erzähle weiter. Es ist für mich wirklich wie ein Märchen.“
Claudia lächelt verständnisvoll Christina zu. Sie nickt:
„Ja, so empfinde ich es auch.“
Dann erzählt sie weiter: „Ich konnte nicht anders. Ich habe ihm sofort von unserer Freundschaft erzählt. Dass DU immer noch den größten Teil davon weißt, was DU mit Gott vor DEINER Zeugung besprochen hast. Wie wir uns kennen gelernt haben.
Wie sehr ich DICH liebe, und ich DICH darum nicht verlassen kann. Weil DU DICH ohne mich nicht verstanden fühlst. Weil DU Eltern hast, die sich nicht lieben, die nicht bewusst leben.
Die DICH nie verstehen werden.“
Christina blickt Claudia dankbar an. Sie sagt:
„Ich danke DIR für diesen Liebesbeweis. Aber wenn DU mir dieses Treffen gleich so geschildert hättest, wäre ich eventuell sofort aufgerüttelt worden. Aber ich verstehe nun, dass auch DEIN menschliches Pflichtgefühl dabei eine Rolle spielte, mir nicht gleich diese wunderbare Wahrheit zu erzählen.“