Kitabı oku: «Harry in love», sayfa 10

Yazı tipi:

„Sprechen Sie mit meiner Frau, nicht mit mir darüber. Und jetzt kommen Sie, wir wollen Marybeth nicht weiter in ihrem Schlaf stören“, unterbrach William Isabel freundlich. Isabel nickte und folgte Prinz William in den Flur. William führte Isabel auch weiterhin in die Wohnstube. Mit hochrotem Kopf und gesenkten Lidern betrat Isabel das Zimmer. „Euer Hoheit, Prinzessin Jane? Bitte verzeihen Sie mein unangebrachtes Benehmen vorhin. Es ist zwar richtig, dass ich nicht freiwillig meine Zusage als Kindermädchen erteilt habe, aber ich bin aus freien Stücken hierhergekommen, um Marybeth zu betreuen. Ich hoffe, Sie können meine Entschuldigung annehmen und erlauben es mir, weiterhin die nächsten drei Tage auf Marybeth aufzupassen?“

„Unter einer Bedingung nehme ich Ihre Entschuldigung an!“, sagte Jane etwas kühl.

Isabel schluckte hart. „Ja?!“

„Sie setzen sich jetzt zu uns, trinken mit uns gemeinsam ein Glas Rotwein und erlauben es mir, Ihnen erneut das Du anzubieten …“

Erneut musste Isabel schlucken.

„Ich will Sie nicht zwingen, meine Freundin zu werden, aber eine freundschaftliche Basis erleichtert das gemeinsame Miteinander, und sei es auch nur für die drei Tage“, erklärte Jane weiter.

Da Isabel weder etwas erwiderte noch sich vom Platz wegbewegte, half William etwas nach und drückte Isabel in den nächstgelegenen Sessel, reichte ihr ein gefülltes Rotweinglas und stieß mit ihr an. Danach setzte er sich zurück zu seiner Frau auf die Couch und sah Isabel erwartungsvoll an. Isabel seufzte und ergab sich: „Okay, Sie haben gewonnen! So, wie es ausschaut, bleibt mir sowieso keine andere Wahl, nicht?“

„Korrekt!“, kam es lächelnd von William. „Meine Frau kann nämlich ziemlich hartnäckig sein.“

Jane räusperte sich und stieß ebenfalls mit Isabel an. „Isabel, ich bin Jane, mein Mann trägt den Namen William. Tja, ehm … und den Herrn an Deiner rechten Seite kennst Du ja selbst zu genüge.“

„Hey! Was soll das denn jetzt schon wieder heißen?“, beschwerte sich auch sogleich Harry lauthals. Jane grinste nur süffisant und zuckte mit den Schultern.

„Tja, Brüderchen, wenn Du das selber nicht weißt …“, setzte William scherzhaft noch einen drauf. Unweigerlich musste nun auch Isabel schmunzeln. Harry lächelte ebenfalls und sah zu Isabel herüber. Isabel erwiderte seinen Blick schüchtern.

„Darf ich auch mit Dir anstoßen? Ich würde nämlich gerne mit Dir Frieden schließen wollen, wenn Du erlaubst?“, wandte sich nun Harry an Isabel. Isabel lächelte müde und sah dabei Harry eine ganze Weile in die Augen; sie waren eine Mischung aus Grau und Blau und Isabel wäre am liebsten darin versunken. Prompt errötete Harry, was zu aller Belustigung beitrug. Isabel tat es ihm gleich und so stießen beide grinsend auf ihren Friedenspakt an. Harry war erleichtert. Isabel ebenfalls. Und William und Jane erst recht!

„Wie sieht das morgige Tagesprogramm aus, wenn ich fragen darf?“, erkundigte sich Isabel anschließend.

„Nun ja, William und ich wollten gerne nach dem Mittag einen kleinen Ausflug in einen der Nachbarorte machen; allein“, sagte Jane zaghaft. Isabel nickte verständnisvoll und sah dabei zu William, der das Nicken erwiderte.

„Traust Du es Dir zu, den Nachmittag und den frühen Abend mit Marybeth allein zu verbringen? Wir würden Dir gerne Thomas Christie als Begleiter zur Seite stellen. Er kann Dich und Marybeth überall hinfahren, wo ihr eventuell gerne hinwollt“, erklärte William weiter.

„Um ehrlich zu sein, ich kenne mich hier nicht aus. Ich denke, Marybeth und ich werden es uns daher im Haus und im Garten gemütlich machen“, sagte Isabel.

William nickte einvernehmlich.

„Und was stellst Du so an, Harry?“, fragte Jane daraufhin ihren Schwager.

Doch dieser zuckte nur unwissend mit den Schultern. „Weiß ich noch nicht, da ich ja jetzt als Kindermädchen überflüssig bin, werde ich wohl ein wenig durch die Gegend streifen oder einfach nur faul die Beine hochlegen.“

Jane und William verdrehten die Augen.

Isabel schüttelte nur amüsiert den Kopf. „Was hättest Du denn gemacht, wenn Du mit Marybeth allein hier gewesen wärest?“

„Das ist ja mal eine sehr interessante Frage!“, stellte William überrascht fest und war schon richtig gespannt, was Harry darauf antworten würde. Prompt errötete Harry.

„Super! Ach, doch so viel?!“, kam es enttäuscht von Jane.

„Entschuldigt mal, ich konnte ja nicht wissen, dass ihr Euch gleich morgen verdünnisiert! Mir wäre schon noch was eingefallen, schließlich passe ich ja nicht das erste Mal auf Marybeth auf!“, versuchte sich Harry zu verteidigen, was ihm jedoch nicht gelang und gänzlich fehlschlug. Denn Jane seufzte laut und verdrehte dabei theatralisch die Augen.

Während William erwähnte: „Ja, Du hast Recht, Du hast schon des Öfteren auf Marybeth aufgepasst! Danach hatten wir meist einen ganzen Monat zu tun, ihr die ganzen Flausen wieder auszutreiben, die Du ihr in den Kopf gesetzt hast …“

Harry erdolchte seinen Bruder daraufhin buchstäblich mit den Augen. Isabel hingegen konnte sich nur noch schwerlich ein Kichern verkneifen. Jane sah dies und grinste begeistert.

Nachdem Isabel eine Stunde später ihr Rotweinglas geleert hatte, machte sie sich auf den Weg zu ihrem Zimmer. Sie war müde und wollte morgen ausgeruht sein, wenn sie fast einen ganzen Tag mit Marybeth allein war. Kurz darauf folgte ihr Harry und auch Jane und William gingen bald danach zu Bett. Es herrschte allgemein eine friedliche Stimmung und das war das, was Jane und William dringend nötig hatten.

Kapitel 11

Schon früh um sieben hörte man Kindergetrappel auf der Treppe und im Flur. „Marybeth! Könntest Du bitte aufhören herumzurennen und alle Leute wach zu machen!“, rief William im lauten Flüsterton.

Mit einem breiten Schmunzeln gesellte sich Isabel mit auf den Flur. „Guten Morgen, Eure Hoheit.“

„Isabel …“

„Verzeihung, William“, korrigierte sich Isabel.

Zu Williams Überraschung war Isabel bereits komplett angezogen, er dagegen rannte noch im Morgenmantel durch die Gegend.

„Tante Bell, guten Morgen!!!“, jauchzte Marybeth.

„Hey, kleines Fräulein, sei mal ein bisschen leiser! Dein Onkel und ich glaube auch Deine Mami schlafen noch!“, schimpfte Isabel. Prompt zog Marybeth eine traurige Schnute. „Na los, komm mal mit; wir zwei gehen Dich jetzt für den Tag hübsch machen!“, sagte Isabel und nahm Klein Marie an die Hand und ging mit ihr in ihr Zimmer.

William war dankbar, denn auch er war noch nicht ganz wach. „Ich bringe Ihnen gleich die Sachen für Marybeth.“

„In Ordnung. Sie können sich dann ruhig auch noch ein wenig hinlegen. Marybeth und ich kommen schon klar“, erwähnte Isabel. „Hab ich Recht?“

„Au ja!“, rief Marybeth freudig.

William schmunzelte und ging kurz in sein Schlafzimmer, um Marybeth’ Sachen zu holen. Nachdem er diese Isabel gebracht hatte, nahm er sie beim Wort und legte sich noch für eine Stunde wieder zu seiner Frau. Als es um neun Uhr Frühstück gab, waren Jane und William völlig überrascht, dass neben Isabel und Marybeth sogar schon Harry am Frühstückstisch saß und gerade genüsslich in ein Marmeladenbrötchen biss. „Guten Morgen“, kam es von Harry mit vollem Mund.

„Na, sag mal!“, kam es daraufhin ermahnend von Isabel.

„’Tschuldigung!“, erwidere Harry rot anlaufend.

Marybeth lachte laut auf. „Mit vollem Mund spricht man nicht!“

Jane grinste und begrüßte Isabel freundlich.

„Guten Morgen, Jane. Hast Du gut geschlafen?“

„Ja, danke, sehr.“

„Vor allem, nachdem Marybeth aus dem Zimmer war …“, offenbarte William.

„Wills!“, beschwerte sich Jane.

Isabel schmunzelte nur und schnitt Marybeth das Brötchen in kleine Stücke, welche sie besser in die Hand nehmen konnte.

„Wie kommt es, dass Du schon auf bist?“, fragte kurz darauf William seinen Bruder.

„Als ob ich mich nun jeden Tag erst zum Mittag aus dem Bett bequeme! Hallo, kann es sein, dass auch ich so etwas wie einen Wecker besitze …“

„Wie? Du hast Dir einen Wecker gestellt? Mensch, Harry, was ist denn mit Dir los, bist Du krank?“, piesackte Jane ebenfalls ihren Schwager. Harry sah Jane böse an. Doch sie lachte nur.

„Na, das ist aber auch nicht nett, Harry so zu ärgern“, mischte sich Isabel mit ein.

„Ach, das kann er schon ab!“, sagte William. Harry zog eine Schnute.

Marybeth lachte laut los. „Onkel Harry, Du siehst jetzt aber komisch aus!“

„Na, wenn mich auch alle ärgern; und das am frühen Morgen!“

„Ich ärgere Dich nicht, ich hab Dich lieb!“, gestand Marybeth.

„Na, wenigstens einer.“

„Tante Bell hat Dich auch lieb!“ Prompt verschluckte sich Isabel an ihrem Kaffee. Harry klopfte ihr sogleich besorgt auf den Rücken. Isabel hob die Hand, um ihm Einhalt zu gebieten. Daraufhin grinste er nur verschmitzt und zwinkerte ihr zu. Isabel schloss für einen kurzen Moment die Augen und atmete tief durch.

„Okay, genug Quatsch gemacht! Jetzt wird vernünftig zu Ende gefrühstückt!“, ermahnte Jane.

„Tante Bell, was machen wir nach dem Essen? Spielst Du mit mir?“

„Aber natürlich, meine Kleine. Was möchtest Du denn spielen? Mit den tollen Spielsachen oben?“, fragte Isabel. Marybeth nickte freudestrahlend.

Während Isabel mit Marybeth im Kinderzimmer mit einer alten Puppenstube spielte, rief William seinen Bruder ins Arbeitszimmer. „Wills, Du hast nach mir gerufen? Was gibt’s?“

„Hast Du Dir heute Früh wirklich einen Wecker gestellt?“, war auch sogleich Williams erste Frage.

„Ja. Was ist denn daran so verwunderlich? Beim Militär stelle ich mir doch auch immer einen, warum dann nicht auch privat?!“

„Jane hat eher daran gedacht, dass Du ihn Dir nur wegen Isabel gestellt haben könntest …“, gestand William.

„Mischt ihr zwei Euch etwa schon wieder in mein Leben ein?“

„Natürlich nicht! Es fiel halt nur auf, weil Du sonst eben halt nicht gerade der bist, der vor eins aus den Federn kommt.“

„Aber doch auch nur, wenn ich die Nacht davor erst um fünf ins Bett gekommen bin!“, verteidigte sich Harry abermals. „Und das wolltest Du mich jetzt fragen?“

„Nein. Ich wollte wissen, was Du heute so machst? Thomas hat danach gefragt. Er kann sich schließlich nicht zweiteilen. Mister Buckle ist krank und Daniel wird sicherheitshalber mit uns mitkommen“, erklärte William ruhig. Harry nickte. Erwartungsvoll blicke William zu seinem Bruder herüber und wartete noch immer auf eine Antwort.

„Ich werde schon auf mich allein aufpassen können; zudem müsste in ungefähr einer Stunde auch Martin hier sein. Thomas soll also bei Marybeth und Isabel bleiben. Mehr als zehn Meter werde ich wahrscheinlich sowieso nicht vor das Haus gehen. Und wenn dann nur, um mit Marybeth eine Schnellballschlacht zu machen.“

„Aber nicht, dass ich heute Abend mit meiner Tochter zum Arzt fahren darf …“

„Wills, es reicht langsam! Warum behandelt mich eigentlich jeder in dieser Familie wie ein kleines Kind?“, beschwerte sich Harry.

„Vielleicht, weil Du Dich wie eins benimmst?!“, kam es kurzerhand von der Tür.

Verwirrt drehte sich Harry zu seiner Schwägerin um. „Habe ich Marybeth jemals irgendeiner Gefahr ausgesetzt?“, fragte Harry.

„Nein.“

„Also!“

„Es tut mir leid. Aber Du hast nun einmal oft Flausen im Kopf, wo jeder vernünftige Erwachsene den Kopf schüttelt“, versuchte Jane sich zu rechtfertigen.

„Ich genieße halt das Leben, das ist alles!“

„Aber Du weißt schon, dass Elisabeth das nicht gerne sieht?!“, mischte sich William wieder mit in das Gespräch.

Harry verdrehte genervt die Augen. „Ich werde schon noch eine passende Frau für mich finden. Wenn nicht heute, dann halt übermorgen. Sag das Elisabeth, wenn Du sie wieder sprechen solltest!“

„Sie meint es doch nur gut! Und macht sich Sorgen um ihren Enkel“, sagte Jane.

„Sie hat doch nur Angst davor, dass sie das nicht mehr miterlebt und ich eventuell an jemand Falsches geraten könnte …“

„Harry!“, rief William entsetzt.

„Meint ihr nicht auch, dass ich ganz gut auf mich allein aufpassen kann? Zumal nach der Sache mit Chelsy denke ich: Jetzt erst recht!“ William und Jane seufzten gleichzeitig. „Kümmert ihr Euch lieber um Eure eigenen Probleme! Soweit ich mich entsinnen kann: Wolltet ihr nicht heute irgendwo hin, um Euch genau darum zu kümmern?“, drehte Harry den Spieß nun um.

„Ja, ja …“, kam es von Jane. „Ach übrigens, Dein Bodyguard hat grad angerufen und lässt ausrichten, dass er später kommt: Er ist noch auf dem Flughafen; es sind wohl gerade alle Mietfahrzeuge vergriffen oder stecken irgendwo im Schnee fest.“

William grunzte, während Harry nur gelangweilt mit den Schultern zuckte.

„Na los, Jane, komm, lass den Dickkopf sich selbst über. Er hat Recht, wir zwei wollten wo hin und das machen wir nach dem Essen auch sogleich!“

Mit einem zuversichtlichen Lächeln nahm William seine Frau in die Arme und verließ mit ihr gemeinsam das Arbeitszimmer. Harry schüttelte amüsiert den Kopf und setzte sich spontan in den Sessel am Fenster. So konnte er sehen, wie Isabel und Marybeth im Garten einen kleinen Schneemann bauten. Doch als Harry genauer hinsah, entdeckte er, dass die Schneefigur gar kein Schneemann war, sondern ein kleines, sitzendes Pferd! Er war beeindruckt und sprang prompt wieder auf. Spontan griff er sich seine Winterjacke und ging nach draußen zu seiner Nichte und ihrem Kindermädchen.

„Das ist ja der Wahnsinn, was ihr zwei hier baut!“, waren auch sofort seine ersten Worte, als er bei ihnen ankam.

„Hat Tante Bell gemacht! Toll, nicht?“

„Ja, ein wahres Meisterwerk!“, bestätigte Harry. „Darf ich fragen, woher Du so etwas kannst? Wenn ich so etwas hätte bauen sollen; mehr als ein dicker Schneeklops wäre dabei nicht herausgekommen …“

Unweigerlich musste Isabel bei der Vorstellung lachen.

„Danke.“

„Entschuldige. Meine Mutter hat früher viel mit Knete modelliert“, erklärte Isabel anschließend.

„Darf ich Dich etwas fragen?“

„Ja?“ Wachsam blickte Isabel zu Harry auf.

„Hast Du nicht vielleicht doch Lust, heute Nachmittag mit Marybeth in den Ort zu fahren?“

„Das ist eine schöne Idee. So könnte ich mir auch gleich die Gegend ein wenig anschauen.“

„Au ja, in die Stadt fahren!“, kam es kurzerhand von Marybeth.

„Hättest Du etwas dagegen, wenn ich mitkomme? Ich könnte ein ortskundiger Wegbegleiter sein …“, erwähnte Harry hoffnungsvoll.

Unsicher sah Isabel zu ihrer Schneefigur herüber und danach zu Marybeth. Fragend blickte Marybeth zwischen Isabel und Harry hin und her. „Kommt Onkel Harry mit?“

Isabel seufzte. „Wenn Du das möchtest?!“

„Ja, oh ja!“, schrie Marybeth und hüpfte vor Freude, wobei sie stolperte und rücklings in den Schnee fiel. Unweigerlich mussten Harry und Isabel lachen.

„Was machst Du denn da? Komm mal wieder hoch“, sagte Harry und zog seine Nichte zurück auf ihre Füße, wo er ihr dann den Schnee aus den Sachen klopfte. Als Dankeschön erhielt er einen feuchten Schmatz von Marybeth.

Als Isabel das sah, konnte sie gar nicht anders und sagte: „Okay, Onkel Harry darf mitkommen. Aber nur, wenn er sich anständig benimmt!“

Prompt stand Harry vor Isabel stamm: „Zu Befehl!“ Marybeth lachte und bewarf kurz darauf ihren Onkel mit Pulverschnee.

„Oh, na warte, kleines Fräulein, jetzt bist Du fällig!“, rief Harry und rannte seiner Nichte hinterher, die machte, dass sie zum Haus kam. Kurz davor hatte Harry sie jedoch schon wieder gepackt und hob sie hoch über seinen Kopf. „So, und nun badet Marybeth in Schnee!“, rief Harry und tat so, als ob er seine Nichte in den nächsten Schneehaufen werfen würde. Marybeth schrie lauthals auf. Doch kurz vor dem Schnee hob Harry Marybeth wieder hoch über sich und ließ sie durch die Gegend fliegen. Marybeth lachte und amüsierte sich prächtig.

„Ja, fliegen, fliegen!“, rief sie.

„Wollen wir zu Tante Bell fliegen?“, fragte Harry, der gesehen hatte, dass Isabel noch immer vor dem Schneepferd saß und beide beobachtete.

„Ja! Tante Bell, ich komme!“, rief Marybeth und schon ging es im Sturzflug hinüber zu Isabel. Entsetzt sprang Isabel auf, denn sie wusste nicht, was Harry mit seiner Nichte jetzt vorhatte. Doch Harry lachte nur und hielt seine Nichte sicher im Arm.

„Na los, lasst uns wieder reingehen, es gibt, glaube ich, gleich Mittag?!“, sagte Isabel.

„Und was?“, fragte Marybeth, die nun auf Harrys Schultern saß.

„Na, bestimmt wieder Möhren!“, stänkerte Harry.

„Nein!“, schrie Marybeth aufgebracht.

„Ach Marybeth, lass Dich nicht ärgern! Soweit ich weiß, gibt es heute etwas Süßes.“

„Und was?“, fragte Marybeth neugierig.

„Hmmm, lassen wir uns doch einfach überraschen …“

Mit einem breiten Schmollmund erwiderte Klein Marie: „Überraschen ist blöd. Ich will das jetzt wissen!“ Und kaum hatte Harry seine Nichte abgesetzt, rannte sie auch schon, noch völlig bekleidet, los: „Tommy! Tommy! Was gibt’s zu essen? Tante Bell will mir nicht verraten, was!“

„Marybeth!“, rief Harry aufgebracht hinterher. Doch Marie hörte nicht darauf und rannte zur Küche. Dicht gefolgt von Isabel. Unweigerlich rannte nun auch Harry hinterher. Er wusste, dass es in der Küche nicht nur heiße Herdplatten gab, sondern auch spiegelglatte Fliesen. Er sah Marybeth schon hinfallen. Und so war es dann auch, noch bevor Isabel Marybeth erreichen konnte, lag sie auch schon auf dem Bauch und fing sofort laut an zu weinen.

„Oh nein!“, rief Isabel aufgebracht und hob Marybeth auf ihren Arm. Doch Marybeth weinte weiterhin.

Natürlich bekamen dies nicht nur Thomas, sondern auch Jane und William mit. Sofort waren alle zur Stelle. Harry sah seinem Bruder an, dass dieser Isabel sogleich zur Rechenschaft ziehen wollte. Doch Harry hinderte ihn daran. „Isabel kann nichts dafür, Marybeth hat sich einfach von mir losgerissen! Wenn Du also jemandem die Schuld geben willst, dann mir! Auch wenn ich es nicht verdient habe. Denn würde Deine Tochter hören, wenn man ihr etwas sagt, wäre das nicht passiert!“

Mit versteinerter Miene schluckte William seine Schimpftirade herunter und wandte sich stattdessen seiner Tochter zu: „Stimmt das, dass Du nicht gehört hast?“ Sofort hörte Marybeth auf zu weinen und sah ehrfurchtsvoll zu ihrem Vater herüber. „Willst Du gleich ins Bett?“

„Nein!“

„Und warum hörst Du dann nicht?“

„Wollte ich nicht, ’Tschuldigung!“, jammerte Marybeth und klammerte sich an Isabels Hals. Sie hatte Angst, dass ihr Vater weiter mit ihr schimpfen könnte.

Isabel strich Marybeth zärtlich über den Rücken und sagte dann: „Hörst Du beim nächsten Mal auf mich?“ Mit Schmollmund nickte Marybeth heftig. „Hast Du Dir wo wehgetan?“, fragte Isabel besorgt und setzte Marybeth ab.

„Mein Knie“, sagte Marybeth und zeigte mit dem Finger auf ihr rechtes Knie.

„So was kommt von so was!“, sagte William ernst.

Betrübt sah Marybeth zu Boden. „Ist ja schon wieder gut. Na los, geh mal zu Deiner Mama, die zieht Dich aus“, sagte Isabel beschwichtigend. Sofort rannte Marybeth zu ihrer Mutti.

„Langsam! Hör auf zu rennen!“, mahnte William.

Als Marybeth bei Jane angekommen war, sah sie erwartungsvoll zu ihrer Mutter auf. Doch auch Jane sah ihre Tochter böse an. „Das war nicht lieb von Dir, schäm Dich!“ Prompt fing Marybeth wieder an zu schluchzen. „Wehe Du weinst jetzt!“ Energisch schüttelte Marie ihren kleinen Kopf und hob die Arme. Sie wollte auf den Arm von ihrer Mutter. Dem konnte Jane trotz alledem einfach nicht widerstehen. Aber sie wusste, dass William seine Tochter jetzt nicht auf den Arm genommen hätte; sie hätte schön allein zu Fuß in ihr Zimmer laufen dürfen! William lächelte seine Frau an und schüttelte verständnislos den Kopf. Jane derweil zuckte nur entschuldigend mit den Schultern.

„Ihr seid schon ein lustiges Paar“, kam es kurzerhand von Harry.

„Was soll ich machen? Ich kann Jane keinen Wunsch abschlagen, und Jane ist ihrer Tochter gänzlich verfallen!“

„Sollte es nicht auch genauso in einer Beziehung sein?“, warf Isabel spontan in den Raum. Auch sie hatte die Blicke zwischen dem Ehepaar gesehen. Als William und Harry überrascht zu ihr herübersahen, errötete Isabel prompt und machte, dass sie aus der Küche kam. Sie hatte noch immer ihre Jacke und ihre Stiefel an.

Während Marybeth Mittagsschlaf hielt, machten sich William und Jane zu ihrem Ausflug auf und Isabel und Harry saßen in der Wohnstube und sahen in den Stadtplan, um zu schauen, wo sie hingehen könnten. Dabei kam es – rein zufällig natürlich – zu Berührungen ihrer Hände, wenn sie mit den Fingern die Straßen verfolgten. Immer dann zogen sie abrupt ihre Hände wieder an ihren Körper; mussten jedoch dann selbst über ihr kindisches Benehmen lachen.

Mit großen Augen blickte Harry zu Isabel herüber. Er hatte Schmetterlinge im Bauch und wusste nicht, wie er mit der Situation zurechtkommen sollte. Doch Isabel schien es ähnlich zu gehen, sie hatte ganz rosa Wangen und man konnte ihren Puls heftig am Hals schlagen sehen. Doch sie sagte nichts. Stattdessen versuchte sie sich wieder auf den Stadtplan zu konzentrieren. Am Ende entschieden sie sich, ins Zentrum des Ortes zu fahren und sich dann den historischen Ortskern anzuschauen. In der Nähe gab es auch einen Park mit einem kleinen Ententeich. Isabel hatte die Idee, dass Marybeth die Enten und Schwäne mit Brotkrumen füttern könnte. Harry war davon begeistert und schlug vor, dass man ja anschließend in ein Café gehen könnte, um dort ein Eis zu essen oder einen Kaffee zu trinken. Isabel war ebenfalls mit dem Vorschlag einverstanden und so gingen beide gemeinsam hoch zu Marybeth, um sie nach ihrem Mittagsschlaf wieder zu wecken.

Eine Stunde später kamen die drei im Ortskern an und liefen wie eine kleine Familie durch die Straßen und Gassen zwischen Fachwerkhäusern, Schaufenstern und Cafés zum Ententeich. Eine Ausnahme gab es jedoch trotzdem, denn Mister Christie folgte ihnen in gebührendem Abstand.

Marybeth war natürlich kaum mehr zu bremsen, als sie davon erfuhr, dass sie Enten füttern dürfe. „Aber fall mir bitte nicht in den Teich!“, rief Harry, als Marybeth mit einer kleinen Tüte, voll mit Brotkrumen, vorauslief.

„Nein, ich passe auf!“

„Versprochen?“

„Versprochen!“, rief Marybeth und rannte los. Mister Christie unweigerlich sogleich hinterher.

Harry und Isabel grinsten und folgten ihnen in gemächlichem Schritt durch den Park.

„Isabel, ich muss Dir noch etwas erzählen. Ich hoffe nur, dass Du mich danach nicht gleich umbringst?!“, sagte Harry plötzlich in die eingetretene Stille. Entsetzt blickte Isabel zu Harry herüber und schluckte schwer. Sie hatte keine Ahnung, was nun schon wieder kommen würde. Um aber Marybeth – trotz Mister Christie – im Auge behalten zu können, bat sie Harry, erst damit herauszurücken, wenn sie beide auf einer Bank am Teich sitzen würden.

Kaum saßen sie, schaute Harry auch schon bedrückt zu Isabel herüber. Tief durchatmend erwiderte Isabel Harrys Blick. „Na los, was willst Du mir beichten?“

„Nicht nur Du hast Deine Mutter angelogen. Auch Du wurdest belogen.“ Fragend sah Isabel zu Harry. „Ich habe vor kurzem Deine Mutter getroffen und sie hat mir ein wenig aus Deinem Leben erzählt. Dabei kam heraus, dass Du vor noch nicht allzu langer Zeit Deinen Mietraum verloren hast und Du nur deswegen so schlecht auf mich zu sprechen bist.“

„Und weiter?“

Harry schluckte. „Deine Mutter und ich haben einen Deal geschlossen: In dem Haus, in dem Du jetzt Deine Kindertagesstätte hast, die Räumlichkeiten habe ich Dir ermöglicht.“

„Ich weiß“, kam es knapp von Isabel, die statt zu Harry zu Marybeth schaute.

Unschlüssig sah Harry auf das Profil von Isabel. „Du weißt Bescheid?“

„Ja. Du hast Dich selbst verraten, damals in der Disco.“ Überrascht schaute Harry mit großen Augen Isabel an. Daraufhin erklärte sie: „Als wir in dem Büro waren, sagtest Du, dass Du mir viel Spaß bei der Betreuung meiner sechs Kinder wünscht. Zu dem Zeitpunkt wussten allerdings nur meine Mutter und ich davon, dass ich sechs Kinder statt nur fünf betreue. Da war mir sofort klar, dass Du irgendetwas mit der Middleroad zu tun hast. Am liebsten hätte ich an diesem Abend alles hingeschmissen …“

„Oh Gott, nein!“, kam es entsetzt von Harry.

„Du kannst Dich bei meiner Mutter bedanken, dass ich es nicht getan habe. Sie hat mich echt zugetextet und nur Deine guten Seiten hervorgehoben. Sie hat mir erzählt, dass Du für den Abriss des Hauses in der Jonesstreet nichts kannst und mit der Wohnungsbaugesellschaft auch sonst nichts zu tun hast.“

„Das ist richtig! Mein Onkel ist dort Geschäftsleiter. Wenn ich Deine Mutter an dem einen Wochenende nicht durch Zufall getroffen hätte, hätte ich auch noch nicht einmal gewusst, dass Du Deine Arbeitsstätte verloren hast. Doch ich wollte Dir wenigstens einen kleinen Gefallen tun, nachdem ich Dir schon so viel Leid zugefügt habe“, sagte Harry offen.

„Man kann auch übertreiben! Welches Leid solltest Du mir denn schon zugefügt haben, außer dass Du in mein Leben gestolpert bist und alles ein wenig durcheinandergebracht hast?“

„Ich habe zum Beispiel Deine Spieluhr zu Bruch gehen lassen …“

„Sie war schon vorher kaputt. Eines der Kinder hatte mit einem Stofftier die Spieluhr vom Regal geworfen und das Gehäuse zerstört. Ich hatte gehofft, dass der Spielzeugmacher eventuell ein neues Glas für die Uhr hätte. Hatte er aber leider nicht“, erzählte Isabel.

„Aber was ist mit der Musikwalze?!“

„Die Musikwalze spielt schon lange nicht mehr, da die Nase abgebrochen ist. Doch daran war ich selbst als kleines Mädchen schuld: Ich habe die Spieluhr rückwärts statt vorwärts angekurbelt. Obwohl mir meine Oma, als sie mir die Spieluhr damals geschenkt hatte, sagte, dass ich das nicht machen soll, da sonst die Nase abbricht. Und wie Kinder nun einmal sind …“

„Musstest Du es trotzdem ausprobieren“, setzte Harry den Satz fort. Isabel nickte. „Trotzdem, die Porzellanfigur ging nur durch mich kaputt!“, beharrte Harry.

„Das ist richtig, aber es war ja eh schon alles zu spät, da kam es jetzt auf den Schwan auch nicht mehr an.“

„Es tut mir aber trotzdem leid!“

„Schon in Ordnung. – Marybeth! Komm, die Enten haben jetzt genug. Lass uns weiterlaufen. Was hältst Du von einem Eis?“

„Au ja!“, rief Marybeth begeistert und kam sofort zu Isabel und Harry angelaufen. Sie nahm beide an die Hand und gemeinsam gingen sie zurück zum Ortskern. In einem kleinen Café setzten sie sich in eine gemütliche Couchecke und während Marybeth ein Eis löffelte, tranken Isabel und Harry einen Tee und unterhielten sich weiter.

„Isabel, darf ich Dir eine indiskrete Frage stellen?“, kam es plötzlich ohne Ankündigung von Harry. Isabel sah entsetzt auf. Harry lief prompt rot an. Er hätte sich am liebsten sofort die Zunge abgebissen, denn er hatte seinen Gedanken laut ausgesprochen. „Verzeihung …“

„Was willst Du wissen?“, fragte Isabel stattdessen.

„Nichts, war mir nur so rausgerutscht“, versuchte Harry die Situation wieder zu retten.

„Das glaube ich Dir nicht! Außerdem würde es mich schon interessieren, welche indiskrete Frage Du mir stellen wolltest. Ich kann Dir ja zur Not immer noch die Antwort verweigern.“ Harry war völlig perplex von Isabels Courage und Ausgeglichenheit trotz seines Faux Pas. „Ich kann mir übrigens schon fast denken, was Du wissen willst: Dich interessiert, wie es dazu kam, dass meine Mum in einem Rollstuhl sitzt!“, kam es kurzerhand von Isabel. Harry stand nur fragend der Mund offen. Unweigerlich musste Isabel schmunzeln. „Ich habe gesehen, wie Du eben die Frau auf der Straße beobachtest hast, die auch in einem Rollstuhl sitzt. Meine Mutter ist seit einem Motorradunfall querschnittsgelähmt. Sie ist gelernte Kinderkrankenschwester und kam eines Abends vom Spätdienst. Sie hatte es eilig und wollte den letzten Bus nach Hause kriegen und lief ohne zu gucken über eine Straße und dabei wurde sie von einem Motorradfahrer erfasst.“

Harry schluckte. „Das tut mir leid.“

„Dafür kannst Du doch nichts! Doch seitdem ist zu Hause vieles anders geworden bzw. hat sich mein Vater verändert. Meine Mutter ist im Grunde noch immer die, die sie war; schließlich war sie selbst, ihrer Ansicht nach, an dem Unfall schuld“, erzählte Isabel ruhig weiter.

„Du sagtest, Dein Vater hat sich verändert. Inwiefern; wie war er denn vorher? Wenn ich fragen darf?“

„Er ist kaltherzig und distanziert und behandelt seine Liebsten nicht immer gerade sanft. Früher hat er alles nur Erdenkliche getan, damit meine Mutter und ich glücklich sind. Er hat es uns an nichts fehlen lassen; vor allem nicht an Liebe. Doch er kommt bis heute nicht mit der Situation zurecht und gibt sich die Schuld, dass er meine Mutter an dem Abend nicht abgeholt hatte. Denn immer, wenn es die Zeit zuließ, hat er das früher getan.“

„Und wie kommst Du mit der Situation zurecht?“

„Nun ja, als kleines Mädchen habe ich es nicht ganz verstanden, da die Veränderung von heute auf morgen kam. Als mein Vater mich immer und immer wieder abwies, brach für mich eine Welt zusammen und ich habe viel geweint. Aber ich habe mich, wie meine Mutter, mit der Zeit damit arrangiert. Ändern konnten wir eh nichts daran. Trotzdem fühle ich mich manchmal elend und verstehe nicht, wie meine Mutter alles so gut meistert. Ich wäre wahrscheinlich schon durchgedreht oder hätte mir das Leben genommen.“

„Isabel!“, rief Harry aufgebracht.

Isabel zuckte nur mit den Schultern. „Tja, nicht jeder ist so stark wie meine Mum … Aber lass uns jetzt bitte von etwas anderem reden, okay?“, bat Isabel.

Harry nickte und wandte sich dann an seine Nichte: „Marybeth, bist Du fertig?“

„Ja!“

„Und hat es geschmeckt?“

„Ja!“

„Kannst Du auch noch etwas anderes, außer ‚Ja‘, sagen?“, fragte Isabel. Marybeth und Harry lachten auf. „Wollen wir dann weiter?“

Abermals sagte Marybeth: „Ja.“

„Und wo möchte das Fräulein hin?“, setzte Harry an.

„Weiß nicht?“

„Hmmm, ich glaube, ich habe vorhin ein Schild mit einem Hinweis auf ein Spielzeugmuseum gesehen. Wollen wir ins Spielzeugmuseum?“, fragte Isabel.

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