Kitabı oku: «Die geheimnisvolle Welt des Leonardo da Vinci», sayfa 2
Der Sammler der Augen-Blicke
Für Leonardo war die ganze Welt voller Rätsel. Um sie zu lösen, musste man nur mit offenen Augen durchs Leben gehen. »Die Werke, die das Auge den Händen befiehlt, sind zahllose«, stellte er schon in jungen Jahren fest.
Leonardo wurde am 15. April 1452 in Anchiano, einem Ortsteil des Dorfes Vinci zwischen Pisa und Florenz geboren. Als kleiner Junge streifte er stundenlang durch Wiesen und Wälder. Nichts schien ihm zu winzig oder gering, um es sich nicht genauer anzusehen. Vor jedem Käfer, jeder Raupe ging er in die Knie. Ihn verzauberte das Farbenspiel der Sonne in den Tautropfen der Gräser, das bunte Schillern auf den zarten Libellenflügeln. Besonders spannend fand er den Flug der Vögel. Manchmal erschrak er aber auch vor der Natur: So, als der sonst friedlich dahin plätschernde Arno nach einem Unwetter tosend sein Flussbett verließ. Die wilden Strudel rissen alles mit, was ihnen in den Weg kam. Die Welt war ein Abenteuer – und er mitten drin!
Leonardo liebte Tiere und zeichnete sie: Hunde, Katzen und Pferde, eine Spinne im Netz, eine Ameise, die ein Getreidekorn schleppt, eine Krähe, die eine Nuss im Schnabel trägt. Im Lauf der Jahre entstand ein ganzes »Bestiarium«, ein Bilder-Zoo, zu dem er zahlreiche Fabeln schrieb. Aber auch sonst gab es in seinem Dorf viel zu entdecken: Leonardo sah den Bauern bei der Olivenernte zu und den Korbmachern bei ihrer Arbeit. Die Knoten und Schlingen, in die sie Weidenzweige flochten, zeichnete er ab. Ihre Muster finden sich in den Zöpfen und Locken der Frauen auf seinen Gemälden wieder. Dass der kleine Leonardo mit der linken Hand zeichnete und schrieb, störte keinen. Warum auch sollte man den Jungen, wie früher üblich, auf die Rechte umerziehen? Er war ein uneheliches Kind. Solche »Bastarde« durften damals weder eine höhere Schule noch eine Universität besuchen. Leonardo würde nie in die Fußstapfen seines Vaters Piero treten können. Der war Notar in Florenz und trug den Titel »Ser«. Leonardos Mutter Caterina dagegen war ein Bauernmädchen und als Ehefrau nicht standesgemäß.

Ser Piero heiratete statt ihrer kurz nach der Geburt seines Sohnes eine 17jährige Florentiner Anwaltstochter. Um Caterina die »Schande« einer ledigen Mutter zu ersparen, wurde sie mit einem Handwerker in ein Nachbardorf vermählt. Leonardo sah sie selten, denn er wuchs bei Ser Pieros Eltern auf. Als er 16 oder 17 war, holte ihn der Vater nach Florenz. Er hatte entdeckt, dass Leonardo gut zeichnen konnte und verschaffte ihm eine Lehrstelle bei dem Goldschmied, Steinmetz und Maler Andrea del Verrocchio. Welch Glück für Leonardo!
Die Stadt der Künste und Feste
In Florenz tat sich für den Dorfknaben eine neue Welt auf. In der damals prächtigsten Stadt Europas lebten über 50.000 Menschen. Mit großen Augen stand Leonardo vor den Palästen der reichen Florentiner Familien. Den schönsten bewohnte das Herrschergeschlecht der Medici. Es gab kunstvoll angelegte Parks und Plätze sowie über 100 Kirchen. Überall wurde gebaut. Selbst auf der Ponte Vecchio, der ältesten Brücke über den Arno, drängte sich Haus an Haus, reihte sich ein Laden an den nächsten. In der Stadt gingen Hunderte Weber, Färber, Gerber, Kürschner und Schneider, Bildhauer, Schreiner, Edelsteinschleifer, Gold- und Silberschmiede ihrer Arbeit nach. Leonardo sah ihnen oft durch die offenen Türen der Werkstätten zu.
Überragt wurde Florenz von dem 107 Meter hohen Dom. Seine Kuppel war ein architektonisches Wunderwerk: Ihr Baumeister Brunelleschi hatte über vier Millionen Ziegelsteine von über 36.000 Tonnen Gewicht zur Halbkugel aufgetürmt.
In Florenz war immer etwas los. Das ganze Jahr über gab es Umzüge, Turniere, Feste, Schauspiele und Spektakel. Im Karneval rollten geschmückte Wagen durch die Straßen. An Ostern wurde vor dem Dom ein farbenfrohes Feuerwerk entzündet. An anderen religiösen Festen luden Kirchen und Klöster zum Feiern ein. Es gab Pferderennen und Löwenjagden, für die sich die Stadt extra einige wilde Tiere hielt. Für jeden Anlass wurden Häuser, Plätze, Straßen und Gassen mit bunten Bannern und Fahnen geschmückt. Die Menschen trugen fantasievolle Kostüme oder märchenhafte Masken. Leonardo hielt alles mit dem Zeichenstift fest. Auch im Alltag hing stets ein Büchlein für Skizzen und Notizen an seinem Gürtel.
Als er das erste Mal Verrocchios Werkstatt betrat, klopfte ihm das Herz bis zum Hals – und er rümpfte sogleich die Nase: In der »Bottega« roch es ja wie in einem Hühnerstall! Überall lief gackerndes Federvieh herum und ließ hier und da etwas fallen. Es war staubig und laut. Mitten in dem großen Raum bearbeitete ein junger Mann einen Steinblock mit Hammer und Meißel.
Dort schnitzte ein anderer an einem Bilderrahmen. An einem mechanischen Gestänge baumelten bemalte Holzwände. Der Maestro beantwortete Leonardos fragenden Blick: »Das wird eine bewegliche Kulisse für ein Bühnen-Spektakel der Medici«, und ergänzte stolz: »Ich arbeite für die reichsten Florentiner Familien!«
Vor einem großen Brennofen kühlte eine Tonform aus. Puh, war das heiß! Leonardo wischte sich den Schweiß von der Stirn. An einem Tisch schnitt ein Bursche sorgfältig ein kleines Ornament in einen Edelstein. Dahinter trocknete eine gefärbte Pferdedecke über einer Leine. Darunter stand eine Holztruhe mit kunstvollen Einlegearbeiten zum Abholen bereit. Aufmunternd legte Verrocchio Leonardo eine Hand auf den Arm und sagte: »Bei mir kannst du viel lernen! Aber komm, ich zeig’ dir was Besonderes.«
Er führte ihn zu einer Staffelei. Darauf lehnte ein Gemälde. Es zeigte Johannes den Täufer, der Wasser über Jesu gebeugtes Haupt gießt. Ehrfürchtig trat Leonardo näher. Zu Füßen des Heilands kniete ein kindlicher Engel. Dahinter reckte sich eine Palme gen Himmel. Leonardo dachte bei sich: »Echt sieht die nicht gerade aus!« Jedes Detail trug eine andere Handschrift, denn solche Bilder entstanden in Gemeinschaftsarbeit: Der Meister malte das Hauptmotiv, seine Schüler schmückten es aus. Auf diesem fehlte noch einiges. Schmunzelnd beobachtete Verrocchio seinen neuen Schüler und dachte bei sich: »Am liebsten würde der junge Mann wohl gleich selbst zum Pinsel greifen.«
Die anderen Gesellen musterten ihren künftigen Kollegen neugierig. Mit ihm würden sie ja nicht nur die Arbeit teilen: Auf dem Dachboden über der Werkstatt lag für jeden ein Strohsack zum Schlafen bereit.
Einer stellte sich als Sandro vor und bot Leonardo freundlich an: »Wenn du Fragen hast, helf’ ich dir gern.« Ein anderer hieß Pietro. Beide, Sandro Botticelli und Pietro Perugino, sollten später wie Leonardo berühmte Künstler werden. Doch bis dahin dauerte es noch lange. Erst musste Leonardo vieles andere lernen. Als er einmal murrte, dass er noch immer nicht malen durfte, lachte Sandro ihn aus: »Du denkst wohl, du bist als Künstler vom Himmel gefallen! Kunst kommt von Können. Und das dauert seine Zeit!«
Leonardo dachte beleidigt: »So ein eingebildeter Kerl!«
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