Kitabı oku: «Stille Tage in Paris», sayfa 3
„Das ist ja eine Gemeinheit! Das ist ja eine Frechheit! Wofür hältst du mich eigentlich?“, streite ich herum.
„Für ein 23-jähriges It-Girl aus LA ohne jede Paris-Erfahrung“, gibt Duane zurück.
Damit hat er leider recht.
„Sag mir zum Abschluss unseres Gesprächs etwas Nettes“, bettle ich.
„Du bist das begehrenswerteste It-Girl von ganz Paris“, antwortet Duane.
Ich schnappe nach Luft. Mehr Frechheiten an einem saukalten Novembertag fallen diesem Lümmel aus Texas nicht ein? Aber das wird Folgen haben, das wird ganz ernste Folgen haben! Bei nächster Gelegenheit vögle ich mit Eric, Louis und natürlich mit den Amis aus New York City, das kann ich diesem Redneck aus Houston schriftlich geben!
Die Amis nerven weiter, weil das Wetter ihrer Meinung nach zu schlecht ist, um die richtigen Bilder für ihren Spielfilm aufzunehmen, der in Paris spielt, aber in Wahrheit in New York City im Studio aufgenommen wird; es gibt nur ein paar Außenaufnahmen, die eben die Second Unit aufnimmt, die ich durch Paris führen soll.
Ich argumentiere hingegen, dass Paris im November einfach anders ist als Paris im Mai.
„Why?“, wagt dieser Vollidiot von selbsternanntem US-Regisseur zu fragen.
„Weil das Klima in Europa anders ist als das in den USA und besonders in New York City“, antworte ich.
Ich gehe online und zeige dem guten Mann, dass es in seinem geliebten New York City aktuell 2 Grad über Null hat, bei uns in Paris misst es immerhin 8 Grad.
Der unwissende Ami gibt sich mit diesem Argument zufrieden, weil er noch nie etwas von Zeitzonen gehört und vergessen hat, dass es bei ihm zu Hause mitten in der Nacht ist.
Well, beim Film wird mit allen Tricks gearbeitet.
Wir ziehen mit Eric als Fahrer los, der auch sofort ohne Englischkenntnisse das Kommando über den Drehplan übernimmt. Ich stehe da wie eine Idiotin und bin zum letzten Skriptgirl degradiert, das die Sets abhakt.
Ich koche innerlich vor Wut, aber was bleibt mir übrig, als die Amis so schnell wie möglich durch Paris zu lotsen, und dabei kennt sich der Pariser Eric perfekt aus.
Eigentlich müsste ich Duane dankbar sein, dass er mir Eric zur Seite gestellt hat, denn ich wäre total überfordert gewesen, aber mein Ego lässt so ein Eingeständnis natürlich nicht zu.
Eric ist der perfekte Fremdenführer; nach Einbruch der Dunkelheit führt er die Amis in ein amerikanisches Lokal mit typischem amerikanischem Futter, Burgers, French fries, jede Menge Sauce, ist gleich Ketchup, Mayonnaise (allerdings echte französische und kein US-Importprodukt), Senf und so weiter, dazu schwemmen die amerikanischen Filmemacher jede Menge Bier, und Eric und ich lassen uns natürlich auch nicht lumpen.
Selbstverständlich kennt unser französischer Fahrer auch die wichtigsten Clubs im Quartier Latin, es ist klar, dass er nicht zum ersten Mal lästige amerikanische Second-Unit-Filmemacher durch Paris führt.
Mein Ego ist am absoluten Nullpunkt angelangt, aber natürlich bin auch ich keine Spielverderberin und gehe sehr gerne feiern; die Musik ist live und ohrenbetäubend, eine französische Punkrockband dreht die Lautsprecher auf, dass einem die Ohren sausen.
Eric ist ein fantastischer Tänzer, der in den Clubs jede Menge French Girls kennt, die er mit den amerikanischen Gästen bekannt macht, was den Vorteil hat, dass ich exklusiv für ihn übrigbleibe. Ich habe mir den besten Mann im Club geangelt.
Wir tanzen die Nacht durch. Der Champagner fließt, hochprozentige Drinks werden wie Wasser getrunken. Oh my God, ich darf gar nicht an morgen denken, wenn ich den schlimmsten Kater von ganz Paris spazieren führen werde.
Eric scheint ein geeichter Trinker zu sein, der die Amis spielend unter den Tisch trinkt, und die French Girls saufen auch, nur weil es gratis ist. Die New York City Gang, die eigentlich geeicht sein sollte, wird von den Franzosen unter den Tisch gesoffen.
Zum Glück behalte ich noch etwas die Fassung und bestelle gegen 4 Uhr morgens die Taxis, die uns alle nach Hause bringen. Die Amis checken in ihr Hotel ein und lassen durchblicken, dass sie nicht vor Mittag zu sprechen sind.
Eric begleitet mich nach Hause und nützt mich auf unglaublichste Weise aus. In den West-Studios lande ich mit ihm im Bett und vögle noch eine gute Stunde mit meinem ersten jungen Franzosen, was leider, leider, leider nur eine sehr kurze Nummer ist; dann bin ich streichfähig, total streichfähig, um es genau zu nehmen, voll von allem, was flüssig und alkoholhältig ist.
Zum Glück hat mich Eric vor einem Drogentrip bewahrt. Nicht auszudenken, wenn ich in meiner ersten Nacht als Skriptgirl für die amerikanischen Gäste gleich mit einem Herointrip ausfallen würde.
Wann habe ich zum letzten Mal Drogen konsumiert? Das war drüben in LA. Im beschaulichen Kärnten habe ich nicht einen Joint geraucht, was ja gar nicht möglich gewesen wäre, neben meinem Großvater, der Kommissar bei der Kriminalpolizei ist.
Kaum zu glauben, dass ich total clean bin, sieht man von der Sauferei mit den Amis und den French Guys ab.
5. Erics Drehbuch
Duane reißt mich um 9 Uhr morgens aus dem Schlaf. Oh my God, was habe ich arme kleine amerikanische Katze verbrochen, dass man mich um diese Zeit schon quält?
Duane entschuldigt sich bei mir, dass er gestern so grob zu mir gewesen ist, es ist klar, dass ich in dieser Situation einfach ein bisschen herummaulen muss, aber Duane bleibt total cool.
Er meint, dass ich mich einfach auf Eric verlassen soll, gemeinsam hätten sie schon viele Amis durch Paris geführt, und alle wären zufrieden wieder abgereist.
Ich gestehe, dass ich ohne Erics Hilfe völlig aufgeschmissen in dieser Großstadt gewesen wäre, weil ich aus einem Kärntner Nest in eine 2,2 Millionen-Stadt übersiedelt bin und ein echtes Landei bin, das sich zwar in LA perfekt auskennt, aber von Paris überhaupt keine Ahnung hat.
Natürlich vermeide ich es, zu erwähnen, dass ich mich mit Eric schon sehr gut angefreundet habe.
Duane meint, dass ich mich schon einleben werde; junge und vor allem schöne Girls bringen es in Paris sehr schnell nach oben. Ich schmolle genüsslich eine Stunde mit Duane am Handy herum, bis Eric mich aus dem Bett scheucht.
Er meint, wir müssten den heutigen Tag mit den Amis planen, damit wir die Crew schnell wieder loswerden.
„Wieso? Sie haben eine Woche gebucht!“, widerspreche ich.
„Diese Nieten sind in drei Tagen mit ihren Dreharbeiten fertig, die restlichen vier Tage verrechnen wir ihnen einfach als Sightseeing, wir zeigen ihnen ein bisschen die Umgebung, schleppen sie in den Louvre und gehen am Abend auf ihre Kosten saufen. Außerdem habe ich mein Drehbuch für dich dabei. Das kannst du nebenbei lesen“, sagt Eric und gibt mir ein Konvolut von über 300 Seiten.
„Shit, was ist das?“, wage ich zu fragen.
„Eine Seite entspricht einer Minute Laufzeit des Films“, sagt Eric mit der Coolness eines Regisseurs, der ein paar Oscars gewonnen hat.
„Dann dauert dein Film fünf Stunden“, stelle ich fest.
„Richtig. Es wird eine Hommage auf Die Mama und die Hure und Les amants réguliers, antwortet Eric.
„Na toll. Und wie viele Filme hast du bisher gedreht?“, frage ich.
„Zehn“, antwortet Eric.
„Super!“ – ich wage es, seinen Namen auf IMDb zu suchen.
„Kurzfilme“, ergänzt Eric.
„Immerhin etwas. Und Langfilme?“, frage ich.
„Keinen. Leider“, antwortet Eric.
„Shit. Wer soll deiner Meinung nach dieses Epos finanzieren?“, frage ich schon ziemlich genervt.
„West-Film, zum Beispiel“, antwortet Eric mit der Selbstverständlichkeit eines Meisterregisseurs.
„Mein Vater schmeißt mich hochkantig hinaus, wenn ich ihm dieses Projekt vorschlage“, antworte ich.
„Glaubst du wirklich?“, fragt Eric.
„Ich bin mir absolut sicher“, antworte ich.
„Man könnte ja das Buch um zehn Prozent kürzen, aber mehr Kompromisse kann ich unmöglich eingehen“, sagt Eric.
„Das ist ja schon einmal ein Schritt in die richtige Richtung“, versuche ich den Meisterregisseur zu beschwichtigen, der mit der größten Selbstverständlichkeit der Welt sein Sakko und Hemd auszieht.
„Was passiert jetzt?“, frage ich.
„Jetzt wird gevögelt“, antwortet Eric.
„What?“
„Du glaubst wohl nicht im Ernst, dass ich mit der einen Stunde von heute Nacht zufrieden bin“, antwortet Eric.
Ich spiele mit der Versuchung, ihm eine zu kleben, aber er lässt sich nicht abschütteln.
Ich werde flachgelegt und, ob ich will oder nicht, gevögelt. Die Beine sind breit, zumindest hat er schon etwas von Verhütung gehört. Er verwendet Kondome. Wir beginnen mit einer wilden Schmuserei, dann geht es zur Sache.
Knapp zwei Stunden vögeln wir durch, dann steht er auf, als wäre nichts passiert, und haut mir ordentlich auf den blanken Hintern.
„Vorwärts, wir haben einen Termin mit den Amis“, sagt Eric.
Ich bin schockiert. Ich muss unbedingt unter die Dusche, was mir freundlicherweise noch zugestanden wird. Selbstverständlich bleibe ich nicht allein in der Duschkabine, was wieder zu sexuellen Komplikationen führt, aber er ist schneller als ich im sexfreien Raum.
Kaum habe ich den Wasserhahn abgedreht, ist Eric schon mit einem Badetuch da und rubbelt mich ab.
„Vorwärts! Jetzt keine Zeit verschwenden, die Amis warten nicht gerne!“ schreit er herum.
So eine Frechheit ist mir auch noch nie passiert.
„Was willst du anziehen?“, fragt Eric.
„Jeans, T-Shirt, Jacke, weiße Sportschuhe usw.“, antworte ich.
„Sag einmal, spinnst du?“
„Bis jetzt noch nicht“, antworte ich.
„Wir sind hier in Paris und nicht in diesem verdammten New York City“, gibt Eric zurück.
„Oh my God, was will der feine Monsieur Parisiano mit seinem 300-Seiten-Drehbuch – dass ich mich aufdonnere wie bei einer Fashion Week?“, gebe ich zurück.
„Fashion Week! Endlich eine gute Idee. Vorwärts, ab in den Fundus, in so einem uralten Studio wird ja wohl was Passendes für dich zu finden sein.“ Eric packt mich und zieht mich aus der Wohnung nach unten. Offenbar kennt er sich in den legendären Jenner-Studios, die jetzt „West-Studios“ heißen, perfekt aus.
„Moment, Moment, Moment. Wer sagt dir, dass ich so einen alten Fummel anziehe?“, streite ich zurück.
„Willst du denn jeden Tag dieselben Klamotten tragen?“
„Wieso nicht? Jeans, Jacke und Turnschuhe mögen die Amis“, argumentiere ich logisch.
„Ouí, in den USA, aber hier in Paris wird die amerikanische Modeinfantilität verachtet. Das ist dir hoffentlich klar, Madame?!“, zickt Eric herum.
„Pass mal auf, Amigo mio, nicht einmal, wenn ich 100 Millionen Dollar beim Bingo-Spielen gewinne, werde ich deinen fucking Film produzieren!“, kreische ich.
Eric haut mir eine runter.
Uff, so etwas muss ich mir wirklich nicht gefallen lassen! Aber bevor ich zum Gegenangriff übergehen kann, habe ich schon die nächste Ohrfeige abgefangen. Na so etwas lasse ich mir wirklich nicht gefallen. Ich gehe auf Eric los und raufe mit ihm wüst herum. Ich beiße und kratze ihn. Er packt meine Arme.
„Hast du noch nicht genug?“, wagt er mich zu fragen.
Ich heule los wie eine Göre aus der High School.
Immerhin werde ich in die Arme genommen, aber nur kurz.
„Schluss mit der verdammten Heulerei, jetzt geht es um Modeprobleme und dann zu den Amis ins Hotel, und wehe, du zickst weiter herum“, treibt mich Eric mit ein paar Klapsen auf den Po an.
Jetzt reicht’s mir aber wirklich. Ich werde diesen Chauvinisten in der Rumpelkammer der Jenner-Studios einfach abstechen und dort im Fundus vergammeln lassen. Vor polizeilicher Verfolgung brauche ich mich nicht zu fürchten, denn ich bin mir absolut sicher, dass Eric niemandem, am wenigsten den Leuten in der Filmbranche, abgehen wird.
Wir erreichen den Fundus, und Eric angelt ein paar Klamotten für mich raus, die mir, das muss ich zugeben, tatsächlich besser stehen als der Fummel, den ich aus Kärnten mitgenommen habe.
„Du hast übrigens Glück, dass die Amis nach der gestrigen Nacht unpässlich sind“, gibt Eric zum Besten.
„Was, das wagst du noch zu sagen?“, fauche ich armes, gequältes US-Girlie in diesem fucking Paris.
„Sûr, bei Frauen geht bekanntlich nichts weiter, wenn man ihnen Zeit lässt“, gibt Eric zurück und hat die Frechheit, ein paar Fotos von mir in meinem neuen Aufzug zu machen.
„Du siehst aus wie die Schneider im Letzten Tango. Hast du von dem Film schon einmal gehört?“, fragt Eric und fotografiert.
„Ja.“
„Und gesehen auch?“ Eric fotografiert mich weiter.
„Ja.“
„Sehr gut. Wo?“ Eric macht Großaufnahmen von mir.
„Klagenfurt. Kärnten. Österreich.“
„Wo ist denn das?“, fragt Eric und fotografiert.
„Ein Planet auf einem anderen Sonnensystem“, sage ich.
„Dachte ich es mir doch. Nie von dem Loch gehört. Ist wohl Lichtjahre von Paris entfernt“, sagt Eric und fotografiert.
„Wofür sind die Fotos?“, frage ich.
„John, der Boss von West-Film, also dein Dad, und deine Mom in LA und was weiß ich wer noch wollen ja auch ihre Freude an ihrer gutaussehenden Tochter haben. Außerdem brauche ich Fotos von meinem Cast für allfällige Produzenten und für die Auswahl der Kostüme, die ja auch was hergeben müssen. Die Kostüme sind wichtig, oder willst du in deinem ersten französischen Spielfilm daherkommen wie Bob der Baumeister aus der englischen TV-Soap“, argumentiert Eric gekonnt dagegen.
Mir bleibt im wahrsten Sinne des Wortes die Spucke weg.
Okay, es ist wohl besser, diesem schäbigen Kerl zu folgen, der seine Ziele mit Ohrfeigen durchzusetzen versteht, als vernünftige Argumente vorzubringen, die an einem Vollidioten wie diesem Pariser völlig abprallen.
Wir eilen die Stiege hinunter, und ich nütze die günstige Gelegenheit, ihm von hinten einen ordentlichen Tritt in den Arsch zu versetzen. Er knallt die letzten paar Stufen hinunter und ballt die Fäuste. Wir liefern uns einen Boxkampf im ersten Stock, ich bin auch gut in Form, doch Eric packt mich schon wieder.
„Paix?“
„Paix!“
Wir verlassen das Studio und eilen zum Bus hinüber. Na warte, mein lieber Eric, nach zwei, drei Touren kenne ich Paris, und dann bist du deinen verdammten Job los. Dann setze ich dich mit einem Tritt in den Zuckerarsch vor die Tür, und du kannst in einem besonders kalten Winter am Seine-Ufer irgendwelche Bilder malen und an amerikanische Touristen verkaufen, die zu dieser Jahreszeit in Massen dort vorbeikommen.
Um Punkt zwei erreichen wir das Hotel, in dem die Second Unit abgestiegen ist. Die Amis stehen schon auf der Straße und sehen auf die Uhr. Eric parkt ein. Die Amis steigen ein, und Eric fährt, ohne lange mit dem sogenannten „Regisseur“ zu diskutieren, zum Montmartre. Der Regisseur protestiert, aber Eric spricht kein Englisch, und ich weigere mich wegen der beiden Ohrfeigen, zu dolmetschen.
Den Amis bleibt nichts anderes übrig, als unseren Schrullen zu folgen. Ich argumentiere, dass der Drehplan umgeworfen werden musste, erstens, weil die Amis heute unpässlich waren und es schon ziemlich spät ist, zweitens, weil das Wetter perfekt für Außenaufnahmen in Montmartre und über Paris ist, was die Laune der Ami-Crew entscheidend verbessert, und da wir schon auf dem Montmartre sind, drehen wir auch noch auf dem berühmten Friedhof mit einer Einstellung vom Grab von Henri Heine, den in den USA so gut wie niemand kennt, der aber nach Erics und meiner Meinung in Europa total berühmt ist.
Der sogenannte „US-Regisseur“ gibt sich zufrieden, weil er, seiner Meinung nach, einzigartiges Filmmaterial in die USA mitbringen wird, denn er behauptet, Mr. Henri Heine zu kennen, den er fälschlicherweise für einen großen Maler hält.
Die Sonne geht unter, und wir erwischen noch im letzten Moment einen schönen Sonnenuntergang über der französischen Hauptstadt, und dann gehen die Lichter an, und es wird dunkel über den Dächern von Paris.
Die Amis schätzen sich glücklich, eine Einstellung wie in einem Hitchcock-Film gedreht zu haben, was nicht stimmt, Unter den Dächern von Paris ist von René Clair und aus dem Jahr 1930, während Sir Alfred seinen Film Über den Dächern von Nizza 1955 gedreht hat, wie mir Eric etwas später auf Französisch beim Abendessen erklärt, während sich die Amis die Bäuche mit US-Futter vollschlagen; dieses kleine, aber wichtige Detail der Filmgeschichte interessiert die Herren aus New York City nicht.
Ich wusste es bisher übrigens auch nicht, aber wozu ist ein US-Girl in einer Hauptstadt des Kinos, wenn sie hier nicht etwas lernen kann?
Nach dem Essen sagen die Amis, dass sie heute Abend lieber ins Kino gehen möchten, morgen müssen sie fit sein, um einen langen Drehtag abzuarbeiten, so kann es unmöglich weitergehen.
Wir akzeptieren ihren Wunsch und verfrachten die Second Unit in ein Kino, das Filme in Originalfassung mit Untertiteln zeigt, was in diesem Fall heißt, dass die Herren aus New York City Last Christmas in englischer Originalfassung ansehen; die französischen Untertitel brauchen sie nicht.
Während die Amis im Kino sitzen, bringen wir das Equipment in die West-Studios zurück, damit es keiner klaut. Eric ist sich nicht zu schade, gleich das Material auf eine französische Festplatte zu kopieren, will heißen, auf seine eigene Festplatte – formell, um die wertvollen Aufnahmen zu sichern, in Wahrheit, um ein eigenes Footage-Archiv anzulegen, Mann, Frau, Filmemacher, Filmemacherin weiß ja nie, wozu er, sie, es brauchen kann, besonders so ein Sonnenuntergang, vom Montmartre auf Paris im November gefilmt, ist selten und daher wertvoll und gut verwertbar.
Wir fahren zum Kino zurück und holen die US-Guys ab, um sie ins Hotel zurückzubringen, dort bleiben die Herren mit mir an der Bar hängen, sie bestehen auf eine Begleitung, die der französischen Sprache mächtig ist, weil die Banausen im Hotel kein Wort Englisch außer das fucking „Good Morning“ sprechen. Eric unterstellt ihnen, dass sie meine weibliche Begleitung schätzen, womit er nicht unrecht hat.
Okay, saufe ich eben die Kerle aus New York City unter die Theke, It-Girls von der West Coast sind trinkfester als die Girls von der Upper West Side, außerdem amüsieren sich die NYC-Guys königlich über meinen LA-Slang.
Well, was tut Frau nicht alles fürs Geschäft …
Um 1 Uhr früh komme ich nach Hause, ist gleich in die Jenner-, jetzt West-Studios zurück, da werde ich von Eric schon wieder mit seinem Drehbuch überfallen, das er inzwischen um läppische 20 Seiten gekürzt hat.
„Was fällt dir ein, erst jetzt daherzukommen?“, schreit er herum.
„Was geht dich das an? Ich dachte, ich soll die Gesellschaftsdame für die Amis spielen“, gebe ich zurück.
„Scheiß auf diese Idioten. Du sollst endlich mein Drehbuch lesen!“, schreit Eric, aber er wagt es nicht, mich noch einmal zu ohrfeigen.
„Wieso sollte ich um diese Zeit diesen dicken Schinken lesen?“, streite ich zurück.
„Weil ich mindestens eine Hauptrolle für dich in dem Film sehe“, argumentiert Eric.
„Was für welche?“
„Die der Blonden. Welche sonst?“
„Ich dachte, dafür hast du deine unterbelichtete französische Blondine“, argumentiere ich.
„Pfeif auf die Idiotin! Wieso sollte ich so eine Traumrolle mit einer Schauspielerin besetzen, die keine Ahnung von der Filmgeschichte hat? Die nicht weiß, wer Godard ist, die keine Ahnung von der Filmgeschichte hat! Die dumm, wie die Nacht finster ist! Wenn ich ein US-Traumgirl haben kann, die außerdem perfekt Französisch spricht, wenn auch mit leichtem Akzent, der sie zusätzlich noch interessanter für das Publikum macht, sozusagen eine weibliche Eddie Constantine, die außerdem in der Filmgeschichte firm ist und ausgezeichnete Artikel für die Cahiers du Cinéma schreibt!“, schreit Eric.
„Genial! Einfach genial. Um mir das zu sagen, überfällst du mich um 1 Uhr nachts?!“, schreie ich.
„Das ist es! 1 Uhr nachts! Der deutsche Titel von Pierrot le fou. Das ist es! Endlich haben wir den perfekten Titel für unseren Film“, frohlockt Eric.
„Was heißt hier unseren Film?“, tobe ich.
„Es ist doch klar, dass es sich bei so vielen Gemeinsamkeiten nur um einen gemeinsamen Film von dir und mir mit mir als Regisseur und dir in der weiblichen Hauptrolle handeln kann, so wie bei Jean-Luc Godard und Anna Karina. So ein Film wird sicher viele Produzenten interessieren. Ich sehe uns beide schon auf dem roten Teppich in Cannes!“, jubelt Eric.
Ich bin sprachlos. Ich nehme ihm das Drehbuch ab. „Her damit!“
„Was ist jetzt los?“
„Ich dachte, ich soll dein Drehbuch lesen“, sage ich.
„Ja, klar, aber mit mehr Respekt, wenn ich bitten darf“, sagt Eric irritiert.
„Well, ich habe es jetzt, und ich werde es in den nächsten Tagen lesen, ist das okay für dich?“, frage ich.
„Ja, klar! Genial!“ Eric nimmt mich in die Arme und küsst mich. Es ist ein großer, intensiver Kuss, wie im Kino.
Soll ich ihn rausschmeißen oder mit ihm ins Bett gehen?
Ins Bett gehen ist besser! Wir vögeln durch bis zum Morgengrauen. Wir wollen ja Kino machen, und was wäre das französische Kino ohne Sexszenen?
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