Kitabı oku: «Auf der Suche nach dem Gleichgewicht», sayfa 2
Warum mir das schwer auf der Seele liegt
Im klassischen Reitsystem, dessen Basis die natürlichen Anlagen und die Balance des Pferdes sind, ist es das Ziel, die Pferde in der Bewegung zu kräftigen und zu kultivieren. Aber wie oft sehen wir das Gegenteil davon, nämlich Reiter, die komplett außerhalb der Bewegungsschwerlinie des Pferdes sitzen und sich nicht einmal um ihre eigene bemühen wollen, als Resultat falscher Methoden und derer Derivate um die Ausbildungsskala herum - während das Pferd von Haus aus gefallen und es gut machen möchte? Erst wenn beide Schwerpunktlinien, also die von Reiter und Pferd, passend übereinanderliegen, können wir von Bewegungsharmonie sprechen. Haben wir dieses gemeinsame Gleichgewicht nicht erreicht, stören wir das Pferd ganz empfindlich in seiner natürlichen Losgelassenheit und damit in seiner optimalen, effizienten Leistungsfähigkeit.
Wir erkennen das zum Beispiel daran, dass der sich schlecht verhaltende Reiter in Rücklage (mit dem Oberkörper hinter der Senkrechten zum Boden) sitzt, wackelt oder sogar aktiv mit seiner Mittelpositur schiebt. Wir sehen rückwärts rund gemachte Pferdehälse, feste Rücken und geschundene Pferde. Hingedrückte Lektionen sind das Ergebnis - und die Galerie klatscht vor Freude in die Hände. Das Pferd wird durch ein solches Verfahren außerstande gesetzt, sich natürlich und harmonisch zu zeigen, stattdessen sehen wir mechanisierte, stakkatoartige Bewegungen eines Schenkelgängers, die alles Elegante, Spielerische und Leichtfüßige komplett vermissen lassen. Diese Pferde gehen allesamt und ausnahmslos auf der Schulter. In den Trabverstärkungen ist das Vorschleudern der Vorderbeine gang und gäbe, sodass das Pferd nicht mehr dorthin treten kann, wohin der Huf zeigt. Der Grund dafür liegt im gestörten Gleichgewicht, und die Hinterhand kann nicht den halben Weg folgen, welchen die Vorhand vorzugeben scheint. Hier wird nur noch Gangmechanik mit Gangmechanik plump verglichen, bar eines tieferen Wissens um die Sache. Genau dieses falsche „Bewegungsbild“ eines seelisch, geistig und körperlich verkrampften Tieres, ein Bild, das aus der Unvernunft des Menschen resultiert, wird uns dann als exzeptionell und erstrebenswert verkauft. Dies entspricht aber ganz und gar nicht mehr der klassischen Lehre, die sich ausschließlich an den natürlichen Möglichkeiten unseres Vierbeiners in seiner Leistungserbringung orientiert.
So finden wir auch in FN-nahen Fachzeitschriften, Reiterkalendern und offiziellen Sportberichten Abbildungen von Pferd und Reiter, die nichts mehr mit einem richtig gehenden Pferd zu tun haben. Diese Zerrbilder haben sich längst in den Köpfen der Betrachter manifestiert und werden, mangels Wissens, als fehlerfrei und gut erachtet. Es tut not, unseren Blick und unser Gefühl für ein korrekt, harmonisch und im Einklang mit dem Reiter gehendes Pferd zu schulen. Wir brauchen jetzt eine Art Renaissance der Reitkultur. Die Rückbesinnung auf die Grundsätze pferdegerechten Reitens, die alte Meister voriger Jahrhunderte für uns bewahrt und vererbt haben und die endlich wieder dorthin gestellt werden müssen, wo sie richtigerweise hingehören - nämlich in den Mittelpunkt aller Reiterei!

Kapitel 1
Gleichgewicht und Leistungsfähigkeit: der Balancesitz
Wie kann ich Leistung von meinem Pferd abfragen und ihm gleichzeitig Freude an der Arbeit vermitteln? Halten wir zuallererst fest, dass zu keiner Zeit das Pferd darum gebeten hat, geritten zu werden. Wenn wir das denn tun, dann sollten wir uns dem Tier gegenüber richtig - und damit meine ich anständig - benehmen. Halten wir uns daran, spricht alles dafür, zu reiten und auch Leistung einzufordern. Genau diese pferdefreundliche und effektive Herangehensweise ermöglicht uns die Lehre der klassischen Reitkunst, die sich ausschließlich an der Natur des Pferdes ausrichtet.
Um pferdegerecht auszubilden und zu reiten, müssen wir als Erstes wissen, dass es in diesem Zusammenhang vier Balancetypen gibt, die wir kennen und beherrschen müssen:
1. den Balancesitz
2. die mentale Balance des Pferdes
3. die horizontale Balance des Pferdes
4. die vertikale Balance des Pferdes
Zunächst müssen wir die Messlatte bei uns selbst anlegen, das heißt, wir müssen uns einen passenden, von der Hand völlig unabhängigen Balancesitz aneignen, der sich mit großer Disziplin und Ruhe in die Bewegungsabläufe des Pferdes einfügen kann. Ein guter Balancesitz ist Voraussetzung und kann die Balance des Gesamtsystems aus Pferd und Reiter erheblich fördern.
Ein empathischer Sitz nimmt Rücksicht auf das Alter und die Ausbildungssituation des Pferdes. So wird sich ein gefühlvoller Reiter bei einem jungen Pferd eher nicht zu stark in den Sattel setzen oder gar mit dem Oberkörper nach hinten lehnen. Auch wird er auf Sporen verzichten und die Gerte nur behutsam dazunehmen. Ich beziehe mich auf E. F. Seidler, der die Lastverteilung des Reitergewichts folgendermaßen erklärt: Für ihn ist bekannt, dass ein Reiter mit einem angenommenen Durchschnittsgewicht von ca. 70 Kilogramm sein Gewicht bei gerader Haltung gleichmäßig auf Vor- und Hinterhand verteilt. Ist das Pferd in den Partien Hinterhand und Rücken noch etwas schwach, dann sollten wir nicht fest einsitzen. Es ist hier eher erforderlich, dass wir den Oberkörper etwas vor die Senkrechte bringen. Dadurch entlasten wir die Hinterhand um geschätzte zehn Kilogramm. Wenn wir gleichzeitig den Bügeltritt verstärken, weil der Sattel im vorderen Drittel des Pferdes liegt, so addieren wir hier weitere fünf Kilo zur Entlastung der schwächeren Partien. Entgegengesetzt dazu ist ein Zurücklehnen des Oberkörpers bei gleichzeitigem Schluss der Oberschenkel, was uns etwas mehr zurück in den Sattel bringt - eine Haltung, die eine zusätzliche Last auf die Hinterhand von mindestens 25 Kilogramm erbringt. Diese Werte sind durch Seidler bereits im 19. Jahrhundert erhoben und niedergeschrieben worden. Deshalb muss meiner Meinung nach ein guter Reiter sein Pferd zwischen seinen Beinen und seinem Gesäß genau ausbalancieren können. Er muss also in der Lage sein, je nach Gleichgewichts- und Ausbildungssituation des Pferdes seinen Sitz sekundengenau anzupassen. Diese von Seidler beschriebene Gewichtsverteilung durch verschiedene Sitzpositionen scheint mir so interessant, dass es der Mühe wert wäre, ihr empirisch auf den Grund zu gehen und mal genauer zu messen!


Ständige Übung und Überprüfung des Reitsitzes durch den Lehrer ist unabdingbar auf dem Weg zum Balancesitz. Gleichzeitig kann dabei auch das Pferd weiter im Gleichgewicht geschult und die Hinterhand in Richtung Schwerpunktlinie herangeschlossen werden. Das Akzeptieren der Anlehnung an die leichte und weiche Reiterhand ist ein sicheres Zeichen für eine gut entwickelte Balance. So entsteht Bewegungsharmonie.


Theorie und Praxis gehören zusammen - untrennbar! Scirocco im versammelten Galopp, wunderbar in Balance und Bewegungsharmonie mit seinem Reiter.
Dieser Reitsitz soll sich also empathisch in die Schwerpunktlinie des Pferdes einfügen und darüber hinaus diese so positiv beeinflussen können, dass daraus Bewegungsharmonie entsteht. Das Erreichen der Harmonie jener zwei Lebewesen, die zu einem großen Ganzen zusammenwachsen sollen, steht hier von Anfang an an erster Stelle! Daraus erst erwächst das Kunstwerk aus Pferd und Reiter, bei dem man nicht mehr sagen kann, wer hier wen führt. Damit steht der Reiter in der Pflicht, dem Pferd zu helfen, das Richtige auszuführen und es nicht zu behindern oder gar zu stören. Mit der Bewegung des Pferdes zu sitzen, ohne zum Beispiel gleich in der Trabverstärkung mit dem Oberkörper hinter die Bewegungen des Pferdes zu gelangen, bedarf hoher Konzentration und eines sehr guten Balancesitzes, der selbstverständlich unabhängig von der Hand auch in deutlich verstärkten Gangmaßen agieren können muss.
Der gute Balancesitz und die volle Konzentration fürs Pferd sind elementare Voraussetzungen im „System der Reitkunst“, wie dies Louis Seeger schon 1844 beschrieb. So bleibt es an uns Ausbildern - in gesteigerter Form gilt das für die Ausbilder der Ausbilder (Trainer, Richter, Lehrer, Funktionäre der Verbände) -, den Sitz des Reiters bei gleichzeitiger Vermittlung von Wissen über die kausalen Zusammenhänge zwischen Sitz, Gefühl, Hilfen zu schulen. Ich kann nur empfehlen, sich als Lehrender seiner großen Verantwortung bewusst zu sein und im Sinne der klassischen Reiterei zu handeln. In keiner anderen Fertigkeit sollen zwei so unterschiedliche Organismen mit ihren eigenen diffizilen Nervensystemen zur Harmonie gebracht werden wie in der Reitkunst. Wie oft sehen wir noch Reiter dies beherzigen?


Rücken und Hanke sowie der Rest des Pferdekörpers müssen zum Erreichen der Balance vorbereitet werden. Mit der oben gezeigten Methode wird die Balance auf der Vorhand eingerichtet. Die Rückenwirbelsäule verläuft weiterhin oder vielleicht sogar noch stärker als zuvor von hinten oben nach vorn unten zur Schulter hin, und die Kruppe kommt hoch. Schlimmer geht es meiner Meinung nach nicht. Es ist ein Irrtum, wenn man glaubt, das Aufrechte im Reitsitz spiele keine Rolle mehr, sondern dass allein das Rundmachen des Halses oder das Ziehen im Pferdmaul die Hinterhand positiv beeinflussen könnte.
Aus der Balance - der Trendreiter und sein Vorbild - oder wie man durch „Tipps und Tricks“ das Zuhören ersetzt
Sie sitzen rittlings und schief auf dem Pferd mit eingezogenem Bauch und hochgezogenen Beinen; sie halten sich am Zügel fest und hängen der Bewegung des Pferdes hinterher. Damit einhergehend wird auch nicht auf den Moment gewartet, in dem das Pferd bereit sein wird, sein Genick noch weiter herzugeben. Es wird sinnlos am Zügel gezogen, ohne den Wirkungspunkt des Trensengebisses richtig vorbereitet zu haben; trotzdem soll das Pferd verstehen und umsetzen, was wir möchten. Dieser Wirkungspunkt des Gebisses kann nämlich nur zum Einsatz kommen, wenn das Pferd mit langem Rücken und langem Hals dem Reiter sein Maul offeriert, was bei einer solchen Reitweise unmöglich wird. Eine Durchlässigkeit im Pferd, das unsere Hilfen akzeptiert, kann so nicht entstehen.


Im Gegensatz dazu ist im unteren Bild die Vorhand bereits durch das Zusammenspiel von Hanke und Rücken etwas höher gekommen. Der eingezeichnete Pfeil in der Schulter zeigt dies deutlich an. Bereits in einer so frühen Ausbildungsstufe, also während das junge Pferd sein neues Gleichgewicht mit Reiterlast wiederfinden muss, lässt sich über das Vorwärts-abwärts-Reiten mit der natürlichen Balance arbeiten.


Die Ignoranz gegenüber unserem Partner Pferd könnte kaum größer sein. So wenig Engagement der Sache gegenüber, wie hier zu sehen ist, lähmt jeden Fortschritt.
„Von Demut, Hinhören oder Disziplin, während man auf dem Pferd hockt, ist nichts mehr übrig. Lieber wird auf dem Smartphone herumgetippt.
Das umzustellen und zu verbessern, würde Selbstkritik und viel Arbeit des Reiters an sich selbst voraussetzen. Auch müsste dem Pferd die dringend notwendige Zeit zu seiner individuellen Entwicklung in der Ausbildung gegeben werden. Ein solches Verständnis finden wir bei öffentlichen Auftritten wie im Turniersport jedoch nicht mehr.
Folgende Gründe können die Schieflage des Gleichgewichts hervorrufen: Meistens ist es die mangelnde Vorarbeit in der reiterlichen Basisausbildung. Sich Zeit zu nehmen, das Fundament solide zu erarbeiten, hat für viele Reiter keinen Stellenwert. Das Ergebnis dieser Einstellung spiegelt sich in der ungeschickten Hilfengebung des Reiters wider und darin, dass er den Takt und damit die Balance des Pferdes nicht halten kann, sofern er es überhaupt angestrebt hat. Die so sehr gewünschten „Erfolge“ im Vorankommen der Ausbildung bleiben deshalb aus. Ursache dafür ist oft die Unwissenheit von Reiter oder Ausbilder bezüglich einer fürs Pferd verständlichen Kommunikation. Man reitet vielmehr aus dem Gefühl heraus, ohne sich vorher das notwendige Wissen angeeignet zu haben. Das Pferd darf also nun ständig neu erraten, was von ihm gewollt wird. Das verursacht dem Tier Stress. Eine Verlässlichkeit der Hilfengebung existiert nicht.
Ferner ist die Unfähigkeit des Reiters zu nennen, sich in den natürlichen Bewegungsablauf des Tiers ruhig einzufügen: Dieses Problem entsteht auch mangels eines Gleichgewichtssitzes, und das Pferd muss die Disbalance mit Anstrengungen seines Körpers ausgleichen, um Gleichgewicht und Losgelassenheit wieder zu erreichen. Die Korrektur dieser Schieflage durch das Pferd erschwert sicherlich die Ausführung der gewünschten Lektion. Der unempathische Reiter nimmt Widerstände im Pferd in Kauf, weil es ihm egal ist, ob das Pferd bereit und vorbereitet genug ist, um das von ihm Verlangte auszuführen. Es wird einfach eingefordert mit allen Mitteln und nach allen Regeln der „Kunst“. Denn danach bemisst sich für den unwissenden Zuschauer und Beurteiler der Erfolg. Es geht sogar so weit, dass manche Vertreter der Richtergilde meinen, je härter das Pferd angefasst wird, desto besser ist der Reiter.


Solche Bilder entstehen nicht durch die Nutzung eines Smartphones, sondern durch gewissenhaftes Training. Für eine gut ausgearbeitete Trabverstärkung, bei der sich das Pferd - locker mit den Hinterbeinen abfedernd und taktsicher in seinen dynamischen Bewegungen - selbst trägt, muss die volle Konzentration auf ein gut ausbalanciertes Pferd-Reiter-Paar gelegt werden. Es kommt entscheidend darauf an, dass der Blick auf das Wesentliche gelenkt wird, nämlich Hinterhand und Rücken.
Unsauber ausgearbeitete Gänge in der Disbalance des Pferdes zeigen sich insbesondere im Trab, in dem der Takt und das gewählte Tempo nicht gehalten werden können und nach heutigen Turnieranforderungen offenbar auch nicht müssen. Eine leistungsfähige Rhythmik wird so nicht durchgehalten: Das Herz und dessen Kreislauf sollen außerhalb der natürlichen Vorgaben funktionieren, können es aber nicht. Das schmälert die Leistungsfähigkeit des Tiers enorm und steht genau entgegengesetzt zu den natürlichen beziehungsweise klassischen Werten und Vorstellungen der Reiterei.
„Es ist nicht immer leicht für einen Reitlehrer, sich gegen die eigenen wirtschaftlichen Interessen zu stellen.
Der passende Reitsitz zur jeweiligen Bewegungssituation und das dazugehörige theoretische Wissen werden jedoch durch eigene, vermeintlich gute Gefühle ersetzt. So stiert der Reiter, während er Schritt am halblangen Zügel reitet, mit hängendem Kopf auf sein Smartphone, um neueste Nachrichten mit irgendjemandem auszutauschen, anstatt sich mit seinem Partner Pferd über die präzise Hilfengebung ehrfürchtig und empfindsam zu unterhalten. Das ist mit Sicherheit eine der großen Missachtungen in der Kommunikation mit dem Pferd - und wir dürfen davon ausgehen, dass das Pferd sich auch missachtet fühlt, dabei ist es ganz gleich, ob wir auf einem jüngeren oder älteren Tier sitzen. Einen kooperativ-liebevollen Bezug zu uns Reitern wird das Pferd so sicher nicht herstellen können.
Es ist nicht immer leicht für einen Reitlehrer, sich gegen die eigenen wirtschaftlichen Interessen zu stellen - die auch wichtig sind, denn schließlich muss er leben - und den Sitz der Reitschüler zu korrigieren. Einige Reitschüler sind beflissen, die Kritik anzunehmen, um daraus weiter an sich selbst zu arbeiten und besser zu werden. Wenn wir heutzutage Ausbilder fragen, warum sie die dringend nötige Sitzkorrektur nicht vornehmen, wird meist folgender Grund genannt: Die Reitschüler seien nicht kritikfähig und würden bei Sitzkorrekturen nicht selten den Reitlehrer wechseln. Ich selbst habe dies schon manches Mal erleben müssen. Notwendige Sitzübungen an der Longe, die gerade dem Pferd zugutekamen, führten vielfach zum direkten Verlust des Schülers. In unserer digital, das heißt im Sinne einer schematisch binär (da gibt es nur 0 oder 1 - schwarz oder weiß) denkenden und damit leider auch häufig oberflächlichen Reiterwelt, sehen wir zunehmend den Missstand, dass keine Rücksicht auf das nach wie vor analog agierende Pferd genommen wird. Auch der Erfolgsdruck der Sponsoren wirkt hier mit hinein, sodass der Reitlehrer oder Trainer indirekt unter Druck kommt. Die Erwartungshaltung für investiertes Geld muss nämlich möglichst rasch und effektheischend umgesetzt werden. Das einzige Bewertungskriterium für den Sponsor sind die allgemeinen schematischen Einteilungen der Pferde nach Alter und zu erwartenden Erfolgen. Und wenn es dem Sponsor, der nach diesem Schema handelt, nicht schnell genug geht, dann wird er hier keine Marketinggelder mehr investieren. Die Geldgeber wollen schnelle, offensichtliche Erfolge, sozusagen den großen „Kick“, denn Werbung und sogenannte Sichtbarkeit sind offenbar alles. Der unangepasste Ausbilder, der der Sache durch pferdeorientierte Arbeit dienen will, verliert somit seine Kunden an Kollegen, die diese für den Schüler unangenehmen Korrekturen schon lange nicht mehr vornehmen, sondern durch oberflächliche „Tipps und Tricks“ ersetzen.
Ein Beispiel für diese „Tipps und Tricks“ habe ich gerade neulich erst erfahren müssen. Eine meiner nun ehemaligen Reitschülerinnen erklärte mir, dass sie auf einem Wochenendreitkurs gewesen sei. Die Kursleiterin richte sich nur an der klassischen Reitweise aus, genau so, wie ich das auch tue. Sie habe ihr Problem der unruhigen Hände endlich lösen können. Der Trick war, dass sie von nun an die Zügel über Kreuz nehmen müsse, um ruhige Hände zu haben. Es ist für mich nicht zu fassen, aber mit diesem unsäglichen Unsinn wird auch noch Geld verdient.
Man hört immer wieder, dass viele verschiedene Reitsysteme zur Verfügung stünden, die man nutzen könne - je nach Bedarf. Deshalb begeistern sich die einen für jenes, die anderen für dieses, je nachdem, welche Vorbilder ihnen gerade gefallen. Diese Auffassung teile ich nicht, denn es gibt nur ein richtiges, pferdegerechtes Reitsystem. Für mich nimmt sich diese alte Schule des klassischen Reitsystems im Vergleich zu heutigen „modernen“ Methoden aus wie das Klavier im Vergleich zur Synthesizerleiste. Letztere hört sich, möchte man klassische Musik darauf spielen, immer digital und weniger lebendig an. Dennoch gibt es aktuelle und sehr bekannte Trainer, die - aufgrund ihres mangelnden Fachwissens - behaupten, dass das Pferd von Natur aus auf schnelles Fliehen ausgerichtet sei, weshalb es auch nichts ausmache, wenn das junge Pferd momentan mit seiner Nasenlinie mal hinter der Senkrechten sei. Ist es auf der Flucht, dann müsse der Reiter es eben zurückhalten, und deshalb zeige das Pferd mit festgehaltenem Genick und der Stirnlinie hinter der Senkrechten an, dass es „sein fünftes Bein“ in der Hand des Reiters gefunden habe. Meiner Meinung nach ist das Argument „Fluchttier“ wohl die schlechteste Entschuldigung, wenn man das Gehen hinter dem Zügel auch nur ansatzweise rechtfertigen will. Das scheußliche Resultat sind festgehaltene Hälse und Rücken, die die dem Pferd eigenen, natürlichen Bewegungen nicht mehr zulassen. Hier nehmen die Pferde nicht wiedergutzumachenden Schaden an Knochen, Gelenken, Sehnen und Bändern. So entstehen zum Beispiel Überbeine meistens durch Überforderung des Pferdes und nicht durch das Anschlagen. Da hilft auch kein Hochbandagieren, das bleibt wohl eher ein optisches Utensil. Auch die Sprunggelenke sind oftmals kaputt gemacht worden, weil sie durch viel zu frühe Anforderung ruiniert wurden, also bevor sie überhaupt in die Lage versetzt wurden, zu leisten - ich denke da an Trabverstärkungen bei falscher, nämlich erzwungener Körperhaltung.
„Es wird lieber an den armen Pferden herumgedoktert, als der Ursache von Problemen auf den Grund zu gehen.
Es wird lieber an den armen Pferden herumgedoktert, als der Ursache von Problemen auf den Grund zu gehen. Viele Reitschüler möchten nur hören, wie toll sie sind. Ein zum Pferd passendes Körpergefühl ist ihnen mangels Wissen um das System der Reitkunst, durch eigene Unsportlichkeit und schlechte Konzentrationsfähigkeit schon lange verloren gegangen. Der Ausbilder bekommt zu hören, es ritten doch alle so, oder der Reitschüler moniert, dass er ja schon ein teures Pferd gekauft und bereits viele Reitstunden bezahlt habe und deswegen weiter sein müsse, als er heute ist. Von Demut, Hinhören oder Disziplin, während man auf dem Pferd hockt, ist nichts mehr übrig. Lieber wird auf dem Smartphone herumgetippt.
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