Kitabı oku: «Konstruktives Interkulturelles Management», sayfa 8
Interkulturelle Ordnungsmodelle
Es liegt in der Art von Modellen, wesentliche Aspekte, Vorgänge und Strukturen eines Phänomens abzubilden. Modelle können jedoch immer nur eine Annäherung an die Realität sein, weil sie Konzepte auswählen, filtern und fokussieren. In der sozialwissenschaftlichen Theorie sind Modelle zum Beispiel aus der Systemtheorie (Luhmann 1984; Wilke 1993; Simon 2006) oder der systemischen Beratung (Glasl et al. 2008; Simon 2015; Schmid/Messmer 2005) bekannt. Sie tragen hier die Bezeichnung Ordnungsmodelle. Ordnungsmodelle sind mentale Konstrukte, die helfen, Meta-Perspektiven zur Reflexion über Forschungsobjekte bzw. Praxisphänomene einzunehmen. Sie dienen der systematischen Betrachtung und Analyse sozialer Systeme und sind daher struktur- und orientierungsgebend. Die im Folgenden vorgestellten interkulturellen Ordnungsmodelle haben zum Ziel, Klarheit und Differenzierung zu schaffen, indem sie zahlreiche der bisherigen Forschungsarbeiten des Interkulturellen Managements im Überblick bestimmten grundlegenden Perspektiven oder Ansätzen zuordnen. Somit stellen sie eine Grundlage für das Konstruktive Interkulturelle Management in Forschung und Praxis dar.
In diesem Kapitel werden drei zentrale interkulturelle Ordnungsmodelle vorgestellt, die zur analytischen Einordnung und Verständlichkeit interkultureller Wirklichkeit beitragen. Deren anwendungsorientierte Funktion liegt darin, Orientierungshilfen für eine konstruktive Gestaltung der Praxis zu geben. Sie werden im Laufe des Buches wiederholt aufgegriffen.
Das Drei-Ebenen-Modell als ein gesellschaftliches Ordnungsmodell versucht den Bezug und die Interdependenz gesellschaftlicher Aggregationsebenen darzustellen und hilft bei der Verortung von Forschungsfragen und Zielsetzungen von Forschungsprojekten. Für die Praxis ist relevant, auf welcher Ebene und in welchem Maße konstruktiv agiert werden kann, etwa durch Personalentwicklung (Mikroebene) oder Organisationsentwicklung (Mesoebene).
Der Interkulturelle Dreischritt kann sowohl als ein Forschungsfokus-Modell (separat) als auch ein Forschungsprozess-Modell (aufbauend) genutzt werden und hilft in Forschung und Praxis, interkulturelle Sensibilität zu generieren und einen Fokus bzw. ein Forschungsdesign zu definieren (emische Studie, etische Studie oder emisch-dynamische Studie).
Das Drei-Faktoren-Modell versteht sich zuletzt als ein Analyse-Modell, das dazu verhilft, die Praxis interkultureller Interaktionensituationen adäquat einzuordnen und die Existenz und Wirkungsweise von bestimmten Einflussfaktoren abzuwägen. Zudem dient es in der Forschung zur Bewusstseinsgenerierung für und Differenzierung von umfassenderen Forschungsergebnissen.
Drei-Ebenen-Modell
Interkulturalität findet in und zwischen sozialen Systemen statt, die sich modellhaft als drei zusammenhängende, systemisch sich beeinflussende Ebenen darstellen lassen (Barmeyer 2000, 2013; Hasse/Krücken 2008; Maletzky 2010; Roth 2004). Auf der Mikroebene stehen Akteure und ihre Zusammenarbeit im Fokus; auf der Mesoebene geht es um Belange der Organisation, wie die Entwicklung einer international ausgerichteten Organisationskultur; auf der Makroebene geht es um den Einfluss bestimmter Kontexte, in denen Organisationen eingebettet sind, wie Institutionen (z. B. Staat, Gesetze, Bildungssysteme), aber auch Mediensysteme oder die Landessprache (Abb. 6). Es hilft zu verstehen, auf welcher Handlungsebene (Praxis) oder Analyseebene (Forschung) Interkulturalität stattfindet.

Abb. 6: Passauer Drei-Ebenen-Modell (Barmeyer 2010, 43)
Mikroebene: Akteure verinnerlichen in der Sozialisation spezifische kulturelle Referenz- und Interpretationssysteme und legen in Interaktionen bestimmte Verhaltensmuster an den Tag (Thomas 2003b), die sich in der Organisation in Arbeits-, Führungs-, und Managementstilen manifestieren (Mintzberg 1973). Dies betrifft z. B. die Formulierung von Zielen, das Treffen von Entscheidungen, die Ausübung von Autorität und Kontrolle oder die Gestaltung von Prozessen. Die Interaktionspartner handeln dabei in spezifischen Kontexten, die häufig sowohl durch Sachzwänge, Interessen-, und Machtkonstellationen der Über- und Unterordnung als auch durch die individuellen Vorstellungen, Stimmungen, Ziele und Strategien geprägt sind (Archer 1988; Crozier/Friedberg 1977). Für das Interkulturelle Management sind divergierende Vorstellungen über Organisationen, aber auch Strategien, Rollen und Verhaltensweisen der Akteure, etwa bei Führung und Teamarbeit von besonderem Interesse. Interaktionsqualität und -erfolg der Individuen hängen maßgeblich von der zutreffenden Interpretation anderskulturellen Verhaltens ab (Müller-Jacquier 2004; Thomas 2003b).
Mesoebene: Die Summe der durch Funktionsbeschreibungen und Hierarchien voneinander abhängigen Akteure und deren zielgerichteten Interaktionen der Mikroebene bilden Organisationen: Interkulturelle Kommunikation und Kooperation findet in Organisationen, aber auch zwischen Organisationen statt; innerhalb von Organisationen etwa in Arbeitsgruppen durch die Kombination von Ressourcen (Wissen, Kompetenzen, Erfahrung) der Akteure. Arbeitsgruppen und Organisationen weisen Erfahrungshintergründe auf und nutzen spezifische, tradierte Strukturen und Prozesse, um zu funktionieren (Kieser/Walgenbach 2007; Sorge 2004a). Sie unterliegen organisationalen und finanziellen Zielen und Sachzwängen. Auch entwickeln Organisationen spezifische Organisationskulturen mit Werten, Normen, Ritualen und Routinen (Brown 1998; Schein 1986; Scholz 2000), die Identität stiften und Kooperation positiv oder negativ in ihrer Entwicklung beeinflussen. Organisationen stellen einen bedeutenden, in der Interkulturellen Managementforschung bisher unterschätzten Kontext dar, in dem interkulturelle Interaktion stattfindet und Handlungsräume entstehen.
Makroebene: Akteure und Organisationen sind in besondere Gesellschafts- und Wirtschaftssysteme eingebettet (Heidenreich et al. 2012), die in der Forschung u. a. als Business Systems (Whitley 1992a, 1999, 2007) oder Varieties of Capitalism (Hall/Soskice 2001; Hancké et al. 2007) bezeichnet werden. Sie stellen eine historisch prägende Basis für Kulturbildung und -entwicklung dar (Ammon 1989; D’Iribarne 2001; Münch 1986). Im Sinne des Strukturfunktionalismus von Parsons (1952) führen Sozialisationsinstanzen und -prozesse durch Enkulturation zur Aneignung kultureller Werte und Praktiken (Dubar 1991; Elias 1979). Innerhalb eines Gesellschaftssystems, wie z. B. den USA oder Deutschland, existieren spezifische soziale, politische und ökonomische (Albert 1991; Maurice et al. 1986; North 1990; Whitley 1999) sowie kulturelle Institutionen (Barmeyer et al. 2007; D’Iribarne 2001; Gannon 2004; Hofstede 1980), die als Orientierungs- und Referenzsystem zur Sinngebung und Interpretation von Individuen beitragen (D’Iribarne 2009a; Geertz 1973). Interkulturelles Management sollte institutionelle Faktoren wie Bildungssysteme und Gesetze und kulturelle Faktoren wie Werte, Normen und Praktiken bei der Analyse von Interaktionen und Organisationen berücksichtigen, denn Handlungen sind weder universell noch ahistorisch.
Grundannahme dieser kontextualisierten Betrachtungsweise ist, dass Akteure und ihre Handlungen in ein komplexes soziales System eingebettet sind. Dieses determiniert zwar Handlungen nicht, Akteure können sich aber auch nicht vollständig von ihm lösen. Ein Teil der Interkulturellen Managementforschung (Barmeyer 2000; D’Iribarne 2009a; Gannon 2008; Triandis 1995) geht davon aus, dass die Makroebene der Gesellschaft, in der Akteure sozialisiert wurden, und in die sie kontextuell eingebettet sind, die Mesoebene der Organisation und die Mikroebene der Akteure prägt und beeinflusst und somit systematisch mit betrachtet werden sollte. Verschiedene empirische Studien integrieren die drei Ebenen (Kostova 1999; Winch et al. 2000; Redding 2005; Maletzky 2010; D’Iribarne 2014). Zunehmend argumentiert die Forschung jedoch, dass zahlreiche Kulturen und kulturelle Identitäten pluralistisch auf das Arbeitsverhalten wirken und somit ein Individuum zahlreiche identitäre Bezugspunkte aufweist, etwa zur Region, zum Beruf oder zur Generation, sozioprofessionelle oder generationelle (Sackmann/Phillips 2004). Ebenso beeinflussen sich die Mikroebene der Akteure, die Mesoebene der Organisationen und die Makroebene der Institutionen gegenseitig und greifen ineinander; sie hängen also systemisch zusammen und sind verwoben (Hasse/Krücken 2008, 541). Somit versucht das Drei-Ebenen-Modell interkulturelle Interaktionen in Gesamtkontexte erklärend in die Analyse mit einzubeziehen (Demorgon 1998; D’Iribarne 2001).
Auch wenn das Drei-Ebenen-Modell integrativ und systemisch ist, lassen sich die für die Interkulturalitätsforschung relevanten Wissenschaftsdisziplinen tendenziell bestimmten Ebenen zuordnen (Peterson/Søndergaard 2012): Mikrosoziologie, Psychologie und Linguistik betrachten vor allem die Mikroebene (Individuen und deren soziale Interaktionen); Soziologie, Kulturanthropologie und Betriebswirtschaftslehre die Mesoebene (Gruppen und Organisationen); Soziologie, Volkswirtschaftslehre und Landeskunde die Makroebene (Gesellschaften). Aus dem umfassenden Anspruch, den das Passauer Drei-Ebenen-Modell für sich hat, entsteht gleichzeitig auch die wichtigste Einschränkung: Das Ziel, im Rahmen eines Modells umfangreich und integrativ gesellschaftliche Prozesse und Strukturen abzubilden, kann natürlich nur bedingt erfüllt werden. Das Drei-Ebenen-Modell kann somit als Meta-Modell gesehen werden und auf vielen Ebenen durch weitere Modelle ergänzt werden.
Drei Ebenen kultureller Dynamik und multipler Kulturen
Durch gesellschaftliche Veränderungen wird jede Ebene zunehmend pluralistischer, interkultureller und verschiedenkulturelle Einflüsse führen zur Herausbildung und Koexistenz multipler Kulturen, die auf inner- und zwischenmenschliche Prozesse wirken: Auf der Mikroebene finden sich vermehrt Menschen mit bikulturellen oder interkulturellen Hintergründen, auf der Mesoebene werden Teams und Organisationen multikultureller und sind von kultureller Vielfalt geprägt. Auch auf der Makroebene sind Gesellschaften mit kulturellen Transfer- und Transformationsprozessen wie Migration konfrontiert (Tab. 29).
Ebene | Bereiche | Formen multipler Kulturen | Basis konstruktiver Interkulturalität |
Mikro: Akteure | Kommunikation und Kooperation, Führung und Management, Identität, Sprache | Bikulturelle Personen (TCI, TCK, Born Globals), TCN (Third Country Nationals), Multiple kulturelle Zugehörigkeit | Persönliche Entwicklung und Zufriedenheit, Erfüllung, Wertschätzung von Bikulturalität, Agieren als Boundary Spanner und kulturelle Mittler zur Gestaltung interkultureller Prozesse |
Meso: Organisation | Organisationsstrukturen und -kulturen | Interkulturelle Teams, Organisationale Diversität, Multinationale Unternehmen, Bereichskulturen | Erreichung der Ziele, Leistungserfüllung, Mehrwert, Wertschöpfung der Organisation als gleichzeitige gemeinschaftliche Identitätsbildung, berufliche Verortung und Sinnerfüllung, Gestaltung durch Tandems und funktionsübergreifende interkulturelle Arbeitsgruppen |
Makro: Gesellschaften | Soziale, politische, wirtschaftliche und kulturelle Institutionen | Multikulturelle Gesellschaften | Harmonisches friedvolles Zusammenleben und Bewältigung gesellschaftlicher Herausforderungen durch institutionelle Kontinuität und Komplementarität |
Tab. 29: Erweitertes Passauer Drei-Ebenen-Modell unter Einbeziehung multipler Kulturen und konstruktiver Interkulturalität
Die rechte Spalte der Tabelle betont bewusst die konstruktive Interkulturalität. Dass auf jeder dieser Ebenen Interkulturalität problematisch wirken kann, zeigen Forschung und Praxis: Bikulturalität (Mikroebene) geht oft mit Identitätskrisen einher, interkulturelle Teams (Mesoebene) erreichen oft nur schwerlich ihre Ziele und in multikulturellen Gesellschaften (Makroebene) existieren viele Konflikte. Somit führen multiple Kulturen nicht automatisch zu interkultureller Konstruktivität. Im Laufe der Buches wird in den einzelnen Kapiteln gezeigt, wie konstruktive Interkulturalität, etwa durch bestimmte Maßnahmen, gestaltet werden kann.
Interkultureller Dreischritt
Ein weiteres disziplinenübergreifendes interkulturelles Ordnungsmodell, das als Strukturierungshilfe für Forschung und Praxis dienen kann, ist der Interkulturelle Dreischritt (Barmeyer 2012a, 46). Er hilft, Prozesse der (1.) Beschreibungen eines Kultursystems, des (2.) Kulturvergleichs und der (3.) Interkulturalität aus analytischen und Verständnisgründen voneinander abzugrenzen (Abb. 7).

Abb. 7: Interkultureller Dreischritt
Dabei werden auch unterschiedliche methodische Zugänge der Analyse deutlich. Wie das Drei-Ebenen-Modell, trägt der Interkulturelle Dreischritt zur Differenzierung und Klarheit bei (Barmeyer 2011a). Müller-Jacquier (2004, 69) betont, »dass viele cross-culture Zugänge zur Analyse interkultureller Kommunikation methodisch als vergleichende, kontrastive Ansätze angelegt sind und dass die Bezeichnungen interkulturell oder intercultural teilweise für interaktionistische Erklärungsansätze stehen.«
Bezeichnung | Ziel (der Forschung) | Organisationsbezug |
1. Kulturspezifika»kontextuell-besonders«: Merkmale und Besonderheiten eines bestimmten Kontexts, wie Institutionen, Werte und kulturelle Praktiken werden beschrieben, analysiert und interpretiert. | Besonderheiten in ihrer Tiefe herausarbeiten und erklären.Emic: Aufgrund vieler systemimmanenter Merkmale ist ein Eins-zu-Eins-Vergleich nicht möglich. | Bewusstsein: Organisationen und auch Organisationskonzepte sind in einem bestimmten Kontext entstanden, denen Grundannahmen bezüglich Prozesse, Strukturen und Akteursbeziehungen zugrunde liegen. |
2. Kulturvergleich»statisch-kontrastiv«: Merkmale und Besonderheiten werden vergleichend gegenübergestellt. Hieraus ergeben sich relative Unterschiede. | Limitierte Anzahl an Besonderheiten kontrastieren und das eigene System relativieren.Etic: Aufgrund übergreifender Kategorien sind Vergleiche möglich. | Wissen: Vergleich führt zur Relativierung eines universellen/universalistischen Denkens und Absolutheitsanspruches. |
3. Interkulturalität/Kulturaustausch»prozessual-interaktiv«: Werte und kulturelle Praktiken (in interkulturellen Prozessbeziehungen) symbolischer Handlungen mit divergierenden Bedeutungen und Interpretationen werden analysiert. | Irritationen und Missverständnisse interkultureller Interaktionen analysieren. Prozesse und Formen komplementärer oder synergetischer Interkulturen, die durch soziale Aushandlung entstehen, verstehen. | Aktion/Handeln: Nachdem über Kulturspezifika und Kulturkontrast Bewusstsein und Wissen geschaffen wurde, können nun interkulturelle Interaktionsprozesse und Transferprozesse in und zwischen Organisationen gestaltet werden. |
Tab. 30: Interkultureller Dreischritt als Phasenmodell
Der Interkulturelle Dreischritt ist auch als integratives Modell kulturvergleichender und interkultureller Forschung und Praxis zu verstehen: Als Entwicklungsmodell für Individuen und Organisationen kann er in seiner sukzessiven Anwendung »blinde Flecken« aufdecken und Ethnozentrismus minimieren.
Kulturspezifika ermöglichen generell Einsichten in kulturelle und institutionelle Besonderheiten und eröffnen einen kritischen Blick auf ein kulturelles System. Kulturkontrast meint hier die Suche von Gemeinsamkeiten und Unterschieden verschiedener kultureller Systeme und kann zu einer Relativierung eigenkultureller Standpunkte und Annahmen führen. Dadurch erfahren Elemente und besondere Merkmale anderer Systeme (mehr) Wertschätzung. Durch das Verständnis von Interkulturalität kann es schließlich zu reziproken interkulturellen Entwicklungs- und Lernprozessen kommen, die eine Kombination der verschiedenen Kulturelemente und -merkmale und eventuell eine Bildung von Interkultur ermöglichen. Sowohl in Forschung und Praxis helfen insbesondere die Schritte 1 und 2, Ethnozentrismus zu überwinden, um in Schritt 3 interkulturelle Lernprozesse zu ermöglichen. Besonders der letzte Schritt ist wichtig für die konstruktive Gestaltung von Interkulturalität in Organisationen.
Dabei können einerseits die Untersuchungsansätze separat und eigenständig verfolgt werden, andererseits können sie auch als fortlaufender, sich entwickelnder Dreischritt und damit als Prozessmodell interkulturellen Verstehens und Gestaltens genutzt werden. Zusammengefasst ermöglichen die drei Schritte ein umfassendes Verständnis von Prozessen und Ergebnissen interkultureller Interaktionen, die sich einerseits problematisch oder anderseits bereichernd gestalten können: Nach Beschreibung und Analyse kultureller Merkmale eines Systems in einem ersten Schritt (Kulturspezifika), werden in einem zweiten Schritt Besonderheiten kontrastiv gegenübergestellt (Kulturvergleich), um in einem dritten Schritt interkulturelle Interaktionsprozessen verstehen und analysieren zu können (Interkulturalität). Auf diese Weise werden Erkenntnisse auf verschiedenen Ebenen systematisiert und umfassendes Verstehen gefördert.
Nachfolgend wird der Interkulturelle Dreischritt anhand von exemplarischen Studien zum Interkulturellen Management illustriert. Dabei wird erneut betont, dass kulturbezogene und interkulturelle Forschung nicht werten will. Vielmehr will sie Kulturspezifika, Kulturunterschiede und interkulturelle Interaktionen, Beziehungen und Kontakte untersuchen und verstehen, auch um Verhalten »treffend« zu interpretieren (Ladmiral/Lipiansky 1989).
Kulturspezifische Studien
Es existieren zahlreiche Publikationen, die versuchen, (national-)kulturelle Besonderheiten meist in Form von Länderstudien zu beschreiben. Der Fokus liegt – ganz im Sinne eines emischen Ansatzes – auf der Betonung von Eigenarten, die eine gewisse Kontinuität aufweisen und die sich i. d. R. sozialhistorisch und institutionell erklären lassen. Somit berücksichtigen Kulturspezifika, dass Menschen als Kulturträger in bestimmte historische und institutionelle Kontexte eingebunden sind, die als System besondere Strukturen und Prozesse aufweisen. In diesen sozialen Systemen entwickeln sich Werte und Praktiken, die Arten des Denkens und Handelns prägen und in anderen Systemen in dieser Konfiguration nicht vorkommen. Ziel ist es, Eigenarten kultureller Systeme samt ihrer Institutionen und ihrer Geschichte zu verstehen.
Vertreter dieses Ansatzes finden sich neben der Soziologie (Münch 1986), in der Ethnologie bzw. Kulturanthropologie (Chanlat 1990, 2013; Hall 1959; Moosmüller 2007a) sowie in der Landeskunde und den Kulturwissenschaften, bspw. zur französischen Landeskunde (Lüsebrink 2008) oder zum französischen Wirtschaftssystem (Ammon 1989; Barmeyer et al. 2007), aber auch in den Managementwissenschaften (Barsoux/Lawrence 1990; Kamdem 2002; Joly 2004; Segal 2009).
Edward. T. Hall (1959) war einer der ersten Forscher, der mithilfe eines anthropologisch-interpretativen Begriffssystems und Instrumentariums – ganz in der damaligen US-amerikanischen ethnologischen Tradition (Benedict 1946) verwurzelt – kulturtypische Verhaltensweisen in Arbeitskontexten untersuchte und sichtbare menschliche Kommunikations- und Kooperationsfähigkeiten durch unbewusst wirkende, »unsichtbare« Kulturkonzepte erklärte. Hierzu dienten ihm vor allem Begriffssysteme, die das Verhältnis von Mensch zu Raum, Zeit oder Information beschreiben, so genannte Kulturdimensionen. Die ursprünglich durch ethnologische Feldforschungen bei nordamerikanischen Ureinwohnern entwickelten Begriffssysteme finden in Halls späteren Werken Anwendung auf den Kontext von Organisationen, z. B. in anwendungsorientierten Studien zu den USA, Japan, Deutschland und Frankreich (Hall/Hall 1989). Dabei ist der Ausgangspunkt von Halls kulturspezifischen und kulturvergleichenden Studien immer die Interkulturalität: Wie gelingt es, die unbewussten unsichtbaren kulturtypischen Muster bewusst zu machen und gleichzeitig zu verstehen, welche Bedeutung sie in sich tragen?
Kulturspezifika können mit Max Webers Idealtypus beschrieben werden, der auch in der Wissenschaftstheorie Anwendung findet (Gerhardt 2001). Ein Idealtypus »[…] will der Hypothesenbildung die Richtung weisen. Er ist nicht Darstellung des Wirklichen, aber er will der Darstellung eindeutige Ausdrucksmittel verleihen. […] Er wird gewonnen durch einseitige Steigerung eines oder einiger Gesichtspunkte und durch Zusammenschluss einer Fülle von diffus und diskret, hier mehr, dort weniger, stellenweise gar nicht, vorhandenen Einzelerscheinungen, die sich jenen einseitig herausgehobenen Gesichtspunkten fügen, zu einem in sich einheitlichen Gedankengebilde.« (Weber 1904, 190–191)
Somit handelt es sich beim Idealtypus um einen zielgerichtet konstruierten Begriff, der Ausschnitte der sozialen Wirklichkeit ordnet. Er hebt bestimmte, vor allem als wesentlich erachtete Aspekte der sozialen Realität hervor und überzeichnet sie. Er wird in der sozialwissenschaftlichen Theoriebildung, etwa in der Soziologie oder den Wirtschaftswissenschaften, häufig eingesetzt (Gerhardt 2001).
Im Sinne von Idealtypen hat der US-amerikanische Kulturwissenschaftler Martin Gannon Kulturspezifika von anfangs 17, später von 31 Ländern (Gannon/Pillai 2011) herausgearbeitet. Für jede Gesellschaft lässt sich mindestens eine dominierende kulturelle Metapher, also eine symbolische oder bildliche Repräsentation finden. »Metaphors frame the manner in which we interpret the world and its activities in it.« (Gannon, 2009, 278). Diese emischen Metaphern tragen der Einzigartigkeit von Gesellschaften besser Rechnung als universell vergleichbare – etische – Dimensionen. »Metaphors are not stereotypes. Rather, they rely on features of one critical phenomenon in a society to describe the entire society.« (Gannon 2004, 17). Auf diese Weise kann der Dynamik und den Widersprüchen von Gesellschaften begegnet werden.
Für Deutschland wählt Gannon (2004) die Metapher des Symphonie-Orchesters: Merkmale des Symphonie-Orchesters dienen dazu, die deutsche Gesellschaft zu beschreiben: Synchronismus, Disziplin und Präzision werden im kollektiven Zusammenspiel der Musiker deutlich, die von einem Dirigenten koordiniert ein gemeinsames Werk vollbringen. Anhand der Geschichte, des Erziehungswesens und der Politik werden Merkmale der konsensorientierten deutschen Gesellschaft aufgezeigt: demokratische Schul- und Berufsausbildung, die kontrollierenden Funktionen von Bürgerinitiativen und Bundesrat, das weit entwickelte Sozialversicherungssystem, das Vereins- und Genossenschaftswesen, das Zusammenwirken der Tarifpartner und die betriebliche Mitbestimmung.
Einer der wichtigsten europäischen Vertreter, der sich mit Kultur und Interkulturalität in Organisationen seit Ende der 1980er Jahre beschäftigt, ist der französische Sozialwissenschaftler Philippe D’Iribarne. In seinen zahlreichen und vielbeachteten Publikationen widmet er sich dem Einfluss von Nationalkulturen auf Organisationen, Management und Arbeitsverhalten. Zusammen mit seiner Forschungsgruppe Gestion & Société (Management und Gesellschaft) am CNRS hat er zahlreiche qualitative Fallstudien durchgeführt, die emische Besonderheiten herausarbeiten (1989, 1994, 1998b, 2002 et al., 2003, 2009b).
Für D’Iribarne (2009a) existieren in jeder Gesellschaft relativ einheitliche emotionale Elemente zur Vermeidung des Eintretens einer Befürchtung. Dabei wurzeln kulturelle Weltbilder in der Opposition zwischen einem grundlegenden Anliegen, das die Mitglieder einer Gesellschaft teilen, und Mitteln, die es ihnen ermöglichen, diese damit verbundene Angst zu vermeiden. Die Existenz eines Grundanliegens besagt nicht, dass nicht noch andere, weitere Befürchtungen vorliegen, diese beeinträchtigen aber nicht notwendigerweise das Funktionieren der Gesellschaft (Chevrier 2016, 233).
So wird für Frankreich eine hohe Bereitschaft festgestellt, im Namen eines Ideals Widerstand zu leisten. In der Arbeitswelt wird der soziale Rang maßgeblich durch den Beruf, métier, bestimmt. Dieser ist implizit mit bestimmten Rechten und Pflichten verbunden, die es zu respektieren gilt (D’Iribarne 2012). Ehre wird als unantastbar gesehen, Korruption wird beispielsweise aus Gründen der Ehre abgelehnt. Somit kann in Frankreich das Grundanliegen umgangen werden, wenn eine Person aufgrund ihrer sozialen Stellung angemessen berücksichtigt wird.
Eines von D’Iribarnes Forschungsprojekten, das auf gesellschaftlich-historische Kontexte und Kontinuitäten eingeht, wurde in dem Buch La logique de l’honneur. Gestion des entreprises et traditions nationales (1989, deutsch: 2001) veröffentlicht. Obwohl methodisch völlig anders angelegt, decken sich viele Aussagen mit Hofstedes Thesen (1980, 1993), so etwa, dass es keine universellen Managementmethoden gibt, die auf die Unternehmensführung beliebiger Gesellschaften gleich erfolgreich anwendbar sind. D’Iribarnes emischer Ansatz unterscheidet sich jedoch von Hofstedes etischem Ansatz:
»Eine Nationalkultur lässt sich nicht auf eine Reihe unabhängiger Dimensionen reduzieren. Sie bildet ein Gefüge von Eigenschaften, das eine gewisse Kohärenz aufweist. Einige dieser Eigenschaften scheinen wichtiger zu sein, vielleicht weil sie länger anhalten. Sie muss jedes Management als gegeben hinnehmen. Andere Eigenschaften hingegen scheint man in Frage stellen zu können.« (D’Iribarne 2001, 266)
D’Iribarne belegt diese These anhand des französischen Aluminiumkonzerns Pechiney in Frankreich, den USA und den Niederlanden. Obwohl die untersuchten Produktionsstandorte in den drei Ländern praktisch identische Maschinen benutzen und ähnlich produktiv sind, zeichnet sich jede Organisation durch einen eigenen Managementstil aus, der eingebunden ist in einen Kontext. D’Iribarne leitet im Anschluss daran bestimmte idealtypische Besonderheiten heraus:
–In Frankreich sind Arbeitsbeziehungen von der Logik der Ehre bestimmt. Jedes Individuum besitzt einen Rang mit bestimmten Privilegien und Pflichten und nimmt Aufgaben wahr, die ihm sein Rang zuschreibt.
–In den USA bestimmt nicht der Status, sondern der Vertrag das tugendhafte und gleichberechtigte Handeln der Mitarbeiter in ihren Beziehungen.
–In den Niederlanden gründen Arbeitsbeziehungen auf der ständigen Suche nach Konsens und der respektvollen und toleranten Art und Weise zu kooperieren.
Um Erklärungen für kulturtypische Haltungen zu finden, die bis in die Gegenwart hineinreichen, und die die impliziten Normen und Regeln von Organisationen beeinflussen, wird auf sozialhistorische Traditionen zurückgegriffen. D’Iribarne tut dies anhand wichtiger Schriften der Aufklärung des Philosophen Montesquieu und des Politikers Tocqueville: »Wenn man die Kategorien von Montesquieu aufgreift […], könnte man sagen, dass wir es eher mit einer Ehrenlogik (die die durch den Brauch geprägten Pflichten betont, durch die sich die Gruppe, zu der man gehört, von anderen Gruppen unterscheidet) als mit einer Tugendlogik (die zur Beachtung der allgemein gültigen Gesetze auffordert) zu tun haben.« (D’Iribarne 2001, 34)
In einer anderen Publikation, Le tiers monde qui réussit (2003), zeigt D’Iribarne anhand von Fallstudien eindrücklich, wie Akteure in Entwicklungsländern wie Brasilien, Mexiko, Argentinien (Aufkauf eines lokalen Unternehmens durch ein französisches), Kamerun (Privatisierung einer Elektrizitätsgesellschaft), Marokko (Implementierung von Qualitätsmanagement), ihre eigenen kontextangepassten Managementpraktiken entwickeln und mit Erfolg einsetzen – ohne US-amerikanische Managementmethoden zu übernehmen.
Eine zentrale Botschaft von D’Iribarnes Publikationen ist, dass sie sich gegen den dekontextualisierten Mainstream und sogenannte universelle Erfolgsfaktoren wie »Best Practices« wenden. D’Iribarne liefert zweifelsohne inspirierende kontextbezogene Erklärungen für den großen Vorrat an kulturellen Beziehungsmustern in Organisationen, die häufig in quantitativ ausgerichteter Forschung fehlen. Jedoch wird der deterministisch wirkende Rückgriff auf die Geschichte kritisiert (Maurice et al. 1986; Friedberg 2005), der eine gewisse kulturelle Konstanz und Kontinuität unterstellt, und die Veränderungen und Entwicklungen im Zeitablauf keine große Bedeutung beimisst. Ebenso wird die Willkür kritisiert, sich auf bestimmte Denker wie Montesquieu und Tocqueville zu berufen, wie es später in diesem Kapitel noch thematisiert wird.
Weitere Studien arbeiten besondere kulturspezifische Merkmale heraus und illustrieren die engen Beziehungen zwischen Nationalkultur, Organisationen und Arbeitspraktiken:
Hinsichtlich der ägyptischen Kultur beschreiben Mohamed und Mohamad (2011) den Begriff Wasta als ist einen wichtigen Bestandteil der arabischen und vor allem der ägyptischen Kultur. Besonders im Bereich des (Personal-)Managements in Unternehmen spielt Wasta eine entscheidende Rolle. Wasta ist eine Art »Vetternwirtschaft«, bei der jedoch nicht nur Freunde und Verwandte bei der Besetzung von Positionen bevorzugt werden, sondern auch fremde Personen. Wichtig ist dabei der Aufbau von Netzwerken. Mit Hilfe von Wasta können Personen, die nicht für eine bestimmte Stelle qualifiziert sind, trotzdem diese Position in Unternehmen einnehmen. Obwohl Wasta in den arabischen Ländern stark verbreitet ist, ist es mit der moralischen Einstellung von Muslimen im Grunde nicht vereinbar. Es wird aber für die schlechte ökonomische Lage in den arabischen Ländern sowie für Fachkräfteabwanderung verantwortlich gemacht (Mohamed/Mohamad 2011). In ihrem Artikel »The effect of wasta on perceived competence and morality in Egypt« zeigen die Autoren auf, welchen Einfluss Wasta auf die Wahrnehmung von Kompetenzen und Moral von Personen hat. Beide Autoren untersuchen in ihrer Studie, wie Arbeitnehmer, die ihre Stelle mit Hilfe von Wasta erlangten, in Bezug auf ihre Kompetenzen und ihre Moral, von anderen beurteilt werden.
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