Kitabı oku: «Vorsicht Stufe (E-Book)», sayfa 2
1.2.1Von der Durchlässigkeit
Die dualen Berufsausbildungen in der Schweiz zeichnen sich durch ihr hohes Mass an Durchlässigkeit aus. Diese ermöglicht es den Berufslernenden, den einmal eingeschlagenen Weg fortzusetzen oder ihn in eine andere Richtung zu verlassen. Den verschiedenen Akteuren, die sich im Umfeld der dualen Berufsbildung bewegen, sind die Grundsätze «Eine Ausbildung soll nicht in einer Sackgasse enden» sowie «Kein Abschluss ohne Anschluss» bekannt. In diesem Zusammenhang sei auf die sehr gute Übersicht zur «Berufsbildung in der Schweiz» von Emil Wettstein, Evi Schmid und Philipp Gonon (2014) verwiesen.
Nach unserer Einschätzung und den damit verbundenen persönlichen Erfahrungen funktioniert die Durchlässigkeit sowohl nach oben als auch nach unten gut. Die verschiedenen Möglichkeiten, von einer zweijährigen Berufsbildung mit Berufsattest (EBA) hin zu einer dreijährigen beziehungsweise vierjährigen Berufsbildung mit Fähigkeitszeugnis (EFZ) zu wechseln, sowie die Möglichkeit, über die Berufsmaturität einen tertiären Abschluss zu erlangen, sind den Handelnden, also den Lernenden, Lehrpersonen, Eltern und so weiter, im dualen Berufsbildungskontext hinlänglich bekannt. Auch der umgekehrte Weg, also die Umwandlung einer EFZ-Ausbildung in eine EBA-Ausbildung, ist möglich und wird auch praktiziert. In der Regel wird aber ein höherer Bildungsabschluss angestrebt. Allerdings sind wir überzeugt, dass auch ein EBA-Abschluss ein wertvoller und eigenständiger Berufsabschluss ist. Wir sind nicht der Ansicht, dass sich die meisten Berufslernenden bereits während der EBA-Ausbildung auf eine anschliessende EFZ-Ausbildung vorbereiten müssen – auch wenn es Lernende gibt, für die dieses Vorgehen wünschenswert sein kann. Die schulische Durchlässigkeit innerhalb der dualen Berufsbildung bedeutet unserer Ansicht nach aber eben nicht, dass «alle» den Berggipfel bereits vom Tal aus erkennen und diesen erklimmen müssen. Wir verstehen die Durchlässigkeit nicht nur in dem Sinne, dass es unterschiedliche Routen und Schritttempi gibt, mit denen der Gipfel erreicht werden kann. Wir vertreten vielmehr den Standpunkt, dass bereits die SAC-Hütte das angestrebte Ziel sein kann.
Die Voraussetzungen für die Durchlässigkeit in den einzelnen Berufsausbildungen sind vorhanden, und deren Umsetzung hat sich in der Praxis bewährt. Dennoch verfügen manche Jugendliche und ihre Eltern noch über zu wenig Kenntnisse darüber, oder sie gewichten den schulischen Weg zur Maturität mit der anschliessenden Option auf einen universitären Abschluss höher als eine Berufslehre. Dies hat einerseits mit dem oft überbewerteten Prestige einer universitären Ausbildung zu tun, andererseits mit dem fehlenden Wissen über die Durchlässigkeit der dualen Berufsausbildungen in der Schweiz. Das betrifft vor allem auch Menschen, die in die Schweiz immigriert sind und unser Berufsbildungssystem nicht oder (noch) zu wenig kennen. In seinem Buch «Die Akademisierungsfalle» zeigt Rudolf Strahm (2014) die Vorteile der dualen Berufsausbildung auf. Die Lektüre eignet sich besonders auch als Einführung in das duale Berufsbildungssystem in der Schweiz.
Wir möchten an dieser Stelle nur so weit auf die duale Berufsbildung eingehen, wie sie für die Thematik des vorliegenden Buchs von Bedeutung ist. Zudem konzentrieren wir uns zur Hauptsache auf die Durchlässigkeit im Bereich der Schulstufen, also darauf, wie der Übergang von der obligatorischen Schule – meist der Sekundarstufe I oder über eine Zwischenlösung wie ein Berufsvorbereitungsjahr oder Motivationssemester – zu einer Berufsfachschule, der Sekundarstufe II, erfolgen kann.
Diese Beschreibung der Durchlässigkeit aus der Perspektive der verschiedenen Lernorte und insbesondere die Lernortkooperation mit den Betrieben sowie den überbetrieblichen Kursen erfolgt wiederum in Bezug zu unseren Überlegungen, wie die Übergänge an der Schnittstelle zwischen der Sekundarstufe I sowie der Sekundarstufe II besser bewerkstelligt werden können.
Einen wesentlichen Vorteil der Durchlässigkeit innerhalb der Berufsausbildung verorten wir darin, dass die Durchlässigkeit die Berücksichtigung der unterschiedlichen Lernvoraussetzungen und Interessen der Berufslernenden ermöglicht. Dadurch erlaubt die Durchlässigkeit den Berufslernenden sowie den Involvierten innerhalb der dualen Berufsbildung ein gestaffeltes Vorwärtskommen. Einerseits, indem die einzelnen Berufsabschlüsse einem eigenständigen Berufsbild entsprechen, mit der Möglichkeit, auf einer vertikalen Achse ein höheres Ausbildungsniveau im gewählten Berufsfeld anzustreben und zu erreichen. Andererseits ermöglicht sie auf einer horizontalen Achse den Einstieg in ein anderes Berufsfeld.
So kann ein junger Mensch im Anschluss an eine zweijährige Grundbildung zuerst einmal berufspraktische Erfahrungen sammeln und zu einem späteren Zeitpunkt noch einen Berufsabschluss (EFZ) erlangen, bis hin zu einem Abschluss auf Tertiärstufe. Die Durchlässigkeit beruht somit auf Schnittstellen, die zwischen den Übergängen von der einen zur anderen Stufe stehen. Wie erwähnt, interessiert uns an dieser Stelle die Schnittstellenproblematik aus der Optik des Lernorts Schule. Doch worum handelt es sich dabei?
1.2.2Übergänge und Schnittstellen oder gar offene Wunden?
Im Leben werden wir unabhängig davon, ob es sich um berufliche oder private Ereignisse handelt, immer wieder mit spezifischen Herausforderungen konfrontiert. Diese Situationen stehen oftmals zu Beginn oder am Ende eines Lebensabschnitts, wir bezeichnen diese als Schlüsselereignisse, als Übergänge und Schnittstellen. Der Vergleich mag vielleicht in Bezug auf die Schnittstellen bei den Übergängen im Rahmen der dualen Berufsbildung etwas weit hergeholt erscheinen. Dennoch bedeutet der Einstieg in die Berufswelt für junge Menschen oft einen radikalen Schnitt, zumal dieser parallel zu entwicklungspsychologischen sowie hormonellen Veränderungen im Rahmen der Adoleszenz stattfindet. Innerhalb des dualen Berufsbildungssystems lassen sich mehrere solche Schnittstellen identifizieren, die zu verschiedenen Übergängen führen. Auf der vertikalen Achse kann die Schnittstelle zwischen der Sekundarstufe II und dem Tertiärbereich eine solche Herausforderung darstellen. Auf der horizontalen Achse kann der Erwerb eines neuen Berufs ein solches Ereignis darstellen. Eine anschauliche Darstellung und Beschreibung liefert das 2-Schwellen-Konzept von Emil Wettstein und Philipp Gonon (2009, S. 239).[1] Wir befassen uns vorwiegend mit der Schnittstelle zwischen der Sekundarstufe I und der Sekundarstufe II.
Beim 2-Schwellen-Konzept wird erläutert, dass es zwei wichtige Übergänge gibt. Im Konzept wird von Schwellen gesprochen, die es zu überwinden gilt. Die erste Schwelle befindet sich am Übergang von der Sekundarstufe I zur Sekundarstufe II. Die zweite Schwelle stellt den Übergang ins Erwerbsleben dar und führt in die Zeit nach der Berufsbildung. Im Konzept wird auch die Schnittstelle zur Tertiärstufe als eine Variante der zweiten Schwelle bezeichnet. Wie bereits erläutert, fokussieren wir uns hier aber auf die erste Schwelle. Für die meisten Jugendlichen erfolgt der Übergang von der Sekundarstufe I in die Sekundarstufe II nahtlos und somit ohne grössere zeitliche Lücke.
Im Jahr 2006 vereinbarten Bund, Kantone und Sozialpartner mit den Leitlinien zum Nahtstellenprojekt das Ziel, dass im Jahr 2015 95 Prozent der 25-Jährigen in der Schweiz über einen Abschluss auf Sekundarstufe II verfügen sollen. Der Bildungsbericht 2018 geht davon aus, dass diese Zahl mittlerweile nahezu erreicht ist, immer abhängig von der Herkunft der Jugendlichen (vgl. SKBF 2018, S. 111).
Trotzdem sind sich die beteiligten Stellen einig, dass dieser Übergang für einige Jugendliche mit grösseren Schwierigkeiten verbunden ist und nicht ohne Hilfe gemeistert werden kann.
Den direkten Übergang von der Sekundarstufe I beziehungsweise der obligatorischen Schule in die Sekundarstufe II schaffen rund 30 Prozent der Lernenden eines Jahrgangs nicht auf Anhieb: «[Es] lässt sich für die Jahre zwischen 2000 und 2014 doch ein leichter Anstieg des Anteils der Jugendlichen feststellen, die weder sofort übergetreten sind, noch sich in einer schulischen Zwischenlösung befinden.» (Ebd., S. 105)
Die Gründe für den Besuch eines Zwischenlösungsangebots sind vielfältig, da es keine schweizweite einheitliche Definition für solche Angebote gibt. Meistens dienen die Zwischenlösungen dazu, den Lernenden die Chancen auf eine anspruchsvollere Ausbildung zu ermöglichen.
Basierend auf den Daten der TREE-Studie der Universität Bern kann man festhalten, «dass sich Jugendliche mit schulischen Zwischenlösungen bezüglich des weiteren Bildungsverlaufs zwar von jenen unterscheiden, die nach der obligatorischen Schule keine Zwischenlösung gewählt hatten, jedoch nicht von vergleichbaren Jugendlichen, die sich für einen Sofortübertritt entschieden hatten» (ebd., S. 107).
Die Anzahl der Lernenden, die es trotz Zwischenlösung nicht zum Abschluss einer Ausbildung auf Sekundarstufe II schaffen, ist zwar klein, in den letzten Jahren aber leider gleichbleibend. Für diesen Anteil an Jugendlichen und jungen Erwachsenen ist der Übergang von der obligatorischen Schulzeit zur Sekundarstufe II mit einem Abschluss auf dieser Ebene also eher eine offene Wunde als eine Nahtstelle. Das Gleiche gilt für die Lernenden, die den Übergang in eine Ausbildung bewältigen, bei denen es jedoch zu einem Lehrabbruch kommt.
Der letzte Bildungsbericht aus dem Jahr 2018 erkennt ganz allgemein Schwierigkeiten von Jugendlichen beim Einstieg in die Berufswelt, vor allem geht es im Bildungsbericht um mangelnde fachliche Kompetenzen, die zum Scheitern der Jugendlichen in der Ausbildung beitragen. Barbara Stalder und Evi Schmid (2006, S. 51) haben für den Kanton Bern Lehrvertragsauflösungen, ihre Ursachen und Konsequenzen im Rahmen des Projekts LEVA untersucht. Ihre Untersuchung zeigt, dass sowohl aus Sicht der Berufsbildnerinnen und -bildner als auch aus Sicht der Lernenden Leistungsprobleme in der Schule und im Betrieb ein wichtiger Grund sind. Bei den befragten Lernenden ist das Scheitern an der Berufsfachschule sogar der wichtigste Grund.
Dies gibt natürlich der Autorin als Lehrperson im Berufsvorbereitungsjahr sehr zu denken: Weder die obligatorischen neun Jahre auf der Sekundarstufe I noch ein Jahr in einer Zwischenlösung wie zum Beispiel im Berufsvorbereitungsjahr bereiten eine gewisse Anzahl Jugendlicher so auf die Berufslehre und die Berufsfachschule vor, dass sie dort bestehen können.
Neben dieser Gruppe Jugendlicher, die es gar nicht erst in die Berufsfachschule schafft oder dort scheitert, gibt es noch eine weitere Gruppe, die nach Erachten der Autorin und des Autors noch nicht erfasst wurde beziehungsweise noch wenig Interesse hervorgerufen hat. Die Autorin lädt regelmässig ehemalige Lernende ins Berufsvorbereitungsjahr ein, wo sie von ihren Erfahrungen in der Ausbildung berichten. Diese Lernenden berichten sehr unterschiedlich von ihren Ausbildungen: Einige sind sehr erfolgreich in ihrer Ausbildung, einige haben die Lehre leider bereits abgebrochen, teilweise handelt es sich um schulisch starke Lernende, einige sind eher schwach. Manche fühlen sich wohl in ihrem Betrieb und ihrer Lehre, andere sind eher unzufrieden. Es handelt sich also um eine recht heterogene Gruppe, jedoch berichten all diese Lernenden in ähnlicher Art und Weise von ihrem Einstieg in die Berufsfachschule: Der Start ist für die Lernenden holprig, alles ist anders als erwartet, oft unpersönlicher, schneller, und die geforderte Selbstverantwortung überfordert die meisten Lernenden. Im besten Fall gewöhnen sie sich schnell an das neue System und sind nur kurz irritiert. Für die meisten bedeutet die Berufsfachschule aber zunächst frustrierende Erfahrungen und schlechte(re) Noten. Viele der Lernenden berichten, dass sie in den ersten drei Monaten überfordert waren, kämpfen mussten, und selbst die langfristig erfolgreichen Lernenden beschreiben diese erste Zeit in der Ausbildung und an der Berufsfachschule als anstrengend. Die meisten Lernenden denken in dieser Zeit auch über einen Lehrabbruch nach, vor allem weil sie das Gefühl haben, den Ansprüchen nicht zu genügen und deshalb zu versagen. Einige vollziehen dann auch den Lehrabbruch.
Die Aussagen dieser Lernenden ergeben natürlich ein sehr subjektives Stimmungsbild. Aber ähnliche Erfahrungen macht auch die andere Seite, die Lehrpersonen an Berufsfachschulen. Vor allem die ersten drei Monate des ersten Lehrjahres werden als eine unbefriedigende Zeit beschrieben, in der sehr viel Zeit dafür verwendet werden muss, die Lernenden an die neue Schulsituation zu gewöhnen. Zeit, die häufig nicht zur Verfügung steht oder dann anderswo fehlt.
1.2.3Wo liegen die Probleme? Ein Erklärungsversuch
Oftmals liegen zwischen den beiden Stufen die Sommerferien. Das Ende der Sekundarstufe I markiert auch das Ende der obligatorischen Schulzeit. Der Einstieg in die Berufswelt mit einer Berufsausbildung beginnt für viele Jugendliche unmittelbar nach der Sommerpause.
Dadurch, dass sich die Lernenden oftmals vorwiegend ein Bild über den berufspraktischen Teil der dualen Ausbildung verschafft haben – insbesondere durch Absolvierung einer Schnupperlehre oder eines Praktikums –, kommt es zur Problematik, dass die Lernenden zwar auf den praktischen Teil der Berufsbildung vorbereitet sind, nicht aber auf die Berufsfachschule. Die Berufsfachschule als Lernort wird bei den Vorbereitungen auf die Sekundarstufe II oftmals ausgeblendet. Dadurch verfügen viele Jugendliche über eine mangelhafte Vorstellung darüber, mit welchen Themen sie am Lernort Berufsfachschule konfrontiert werden. Darunter verstehen wir nicht nur die Inhalte der Bildungsverordnung, sondern auch die Unterschiede zwischen den bisherigen Rahmenbedingungen während der obligatorischen Schulzeit und den Bedingungen an einer Berufsfachschule. Dies führt dazu, dass sie entsprechend viel Zeit aufwenden müssen, den Übergang an dieser Schnittstelle zu bewerkstelligen. Dies wirkt sich wiederum auch auf den Lernort Schule aus.
Wir vertreten die Ansicht, und werden an anderer Stelle noch präziser darauf eingehen, dass die Berufsfachschulen bei der Unterstützung der Berufslernenden an der Schnittstelle den Fokus primär auf den fachlichen Bereich (Lerninhalte) legen. Wir möchten an dieser Stelle nicht missverstanden werden. Die Fokussierung auf die inhaltlichen Voraussetzungen der Betroffenen ist eminent wichtig und sollte auch beibehalten werden. Ja, die verschiedenen Massnahmen und Instrumente zur Früherfassung helfen dabei, die Jugendlichen adäquat zu unterstützen. Bei der Früherfassung geht es darum, herauszufinden, über welche Voraussetzungen die Lernenden bereits verfügen, um den gewählten Beruf erfolgreich zu erlernen (vgl. Grassi 2016, S. 50–62). Dabei verfügen die meisten Berufslernenden über die Fähigkeiten und Ressourcen, ohne zusätzliche unterstützende Massnahmen den gewählten Beruf zu erlernen. Ein Teil der Berufslernenden benötigt zusätzliche begleitende Massnahmen, die zu einem erfolgreichen Lehrabschluss führen. Diese Massnahmen sollten gemeinsam im Rahmen der Lernortkooperation erfolgen. Die letzte Gruppe erfüllt die Voraussetzungen für den Erwerb des gewählten Berufs nicht. Die Gründe dafür sind mannigfaltig und lassen sich oftmals nicht monokausal erklären.
Neben den schulischen Voraussetzungen kommen sprachliche und soziokulturelle Aspekte hinzu. Manchmal liegt es an der mangelnden intrinsischen Motivation, weil der gewählte Beruf nicht der Wunschausbildung entspricht oder eine Unter- oder Überforderung im Zentrum steht. Bei der Früherfassung sollten daher in Zukunft auch Aspekte berücksichtigt werden, die über theoretische Komponenten wie Deutsch und Mathematik hinausgehen. Der Lernort Berufsfachschule leistet zwar bereits einen wichtigen Beitrag, wenn es darum geht, die Berufslernenden an der Schnittstelle zur Berufsausbildung inhaltlich abzuholen und zu unterstützen. Wir vertreten aber die Ansicht, dass es noch weiterer Anstrengungen bedarf, damit der Übergang in die Berufsfachschule optimiert werden kann.
1.2.4Schwellen verleiten zum Stolpern
Wenn wir über eine Schwelle oder ein Hindernis schreiten, machen wir in der Regel Personen, die hinter uns gehen, darauf aufmerksam, damit sie behutsam weitergehen. Weshalb sollte dieses Prinzip an der Schwelle zum Übergang von der obligatorischen Schule zur Berufsfachschule seine Gültigkeit verlieren? Unserer Ansicht nach wird noch zu wenig unternommen, um die Berufslernenden auf Rahmenbedingungen an den Berufsfachschulen vorzubereiten. Zu diesen Rahmenbedingungen gehören für uns unter anderem:
•Schulstruktur
•Fächerkanon
•Schulkultur
•Verbindlichkeit
•Disziplinarwesen
•Absenzenwesen
Aus Sicht der mit den Abläufen einer Berufsfachschule vertrauten Akteure mag diese Auflistung trivial erscheinen. Hingegen können diese Rahmenbedingungen aus der Perspektive von Berufslernenden, die sich erstmals an einer Berufsfachschule zurechtfinden müssen, bereits eine Herausforderung darstellen. Diese Erfahrung haben wir jedenfalls bei den Versuchen mit unserem Konzept «Schnuppertage an der Berufsfachschule» gemacht.
Für die Jugendlichen ist der Eintritt in die Berufsfachschule mit verschiedenen Stolperfallen verbunden. Es stellt sich natürlich die berechtigte Frage, inwieweit es die Aufgabe der Berufsfachschulen ist, die Berufslernenden vor diesen Stolperfallen zu bewahren. Wie der Einstieg ins Erwachsenenalter birgt auch der Start in die Berufswelt gewisse Risiken. Die Konfrontation mit diesen Unsicherheiten gehört zum Prozess des Erwachsenwerdens dazu. Die damit verbundenen Erfahrungen, welche die jungen Menschen sammeln, sind von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Daher ist es unerlässlich, dass sie ihre eigenen Erfahrungen machen können. Wie sollen sie eigenständig in diese neuen Lebensabschnitte hineinwachsen, wenn ihnen bereits im Vorfeld die Chancen auf solche Erfahrungen genommen werden?
Ein gezieltes und strukturiertes Einstiegsarrangement in die Berufsfachschule soll eine eigenständige und selbstständige Entwicklung der Persönlichkeit der Jugendlichen fördern. Es geht dabei in erster Linie um eine Orientierung, Vorentlastung sowie eine Übersicht über die wesentlichen Unterschiede zu ihrem bisher gewohnten schulischen Kontext. Mit einer entsprechenden Planung wird der Übergang an der Schnittstelle kalkulierbarer, wovon die verschiedenen Akteure gleichermassen profitieren können. Die Berufslernenden finden sich im neuen schulischen Umfeld rascher zurecht, und die Beteiligten an der Berufsfachschule können sich bereits früh mit den eigentlichen Kernaufgaben befassen. Eine Möglichkeit beschreiten wir im Rahmen unseres Projekts, und weitere Vorgehensmöglichkeiten sind im Kapitel «Visionen» zu finden. Eine wichtige Forderung sollte nach unserem Dafürhalten eingehalten werden: «Keine Schnupperlehre ohne Kontakt zur entsprechenden Berufsfachschule». Darauf gehen wir im vierten Kapitel ein, indem wir darlegen, wie wir uns eine systematische Lernortkooperation zwischen Betrieb und Berufsfachschule vorstellen, die bei einer Schnupperlehre auch den theoretischen Teil der dualen Berufsausbildung berücksichtigt.
1.2.5 Sind wir nach unten offen?
An dieser Stelle könnte der (berechtigte) Einwand erfolgen, dass es allgemein zu den Aufgaben der Sekundarstufe I und im Speziellen zu den Aufgaben der Brückenangebote (bei denen es sich ja um nachobligatorische Schulen handelt) gehöre, die Jugendlichen auf die Sekundarstufe II vorzubereiten. Die Sekundarstufe II habe keine Möglichkeiten, ihre zukünftigen Berufslernenden auf die Berufsfachschule vorzubereiten. Folglich gehöre dies auch nicht zu ihren Aufgaben. Es sei uns hier verziehen, wenn wir aus dem Nähkästchen plaudern. Gerade in dieser Hinsicht hören wir dann von den Lehrpersonen der Berufsfachschulen, dass sie keinen Einfluss auf die Lernvoraussetzungen der Berufslernenden hätten und die Jugendlichen «nehmen» müssten, welche die Betriebe entsprechend selektioniert hätten. An dieser Stelle wäre die Erfüllung unserer Forderung «Keine Schnupperlehre ohne Kontakt zur entsprechenden Berufsfachschule» zielführend. Nicht etwa damit die Berufsfachschulen den Betrieben den Abschluss eines Lehrverhältnisses noch ausreden könnten. Vielmehr weil eine gezielte gegenseitige Vorbereitung aus genannten Gründen für beide Seiten vorteilhaft ist.
Die duale Berufsbildung propagiert die Durchlässigkeit sowohl nach oben als auch nach unten. Wenn wir dieses Faktum systemimmanent als Qualitätsmerkmal unserer Berufsausbildungen voraussetzen, wie kann es dann sein, dass wir die Vorbereitung für die Übergänge an den Schnittstellen einseitig angehen? Darunter verstehen wir, dass es in der Regel der tieferen Schulstufe vorbehalten ist, die Jugendlichen auf die nächsthöhere Stufe vorzubereiten. Damit liegt die Verantwortung für einen gelingenden Übertritt im Rahmen der Durchlässigkeit einseitig bei der Stufe, die sich unterhalb des anzustrebenden höheren Niveaus befindet. Die Durchlässigkeit ist zwar nach oben hin vorhanden, doch gibt es von oben her keine Haltegriffe oder eine unterstützende Leiter – niemand reicht den Berufslernenden von oben die Hand, damit sie ohne zu stolpern emporsteigen können.
Müsste es nicht auch im Interesse der höheren Ausbildungsstufe liegen, die untere Ausbildungsstufe in ihren Bemühungen zu unterstützen, den Berufslernenden den Übergang zu erleichtern? Unserer Meinung nach ist der zu Beginn dieses Abschnitts vorgebrachte Einwand also haltlos, denn um von der einen Stufe erfolgreich zur anderen zu steigen, braucht es beides, einen stabilen Ausgangspunkt und einen geebneten Endpunkt. Uns geht es nun darum, Instrumente und Methoden aufzuzeigen, mit denen die höheren Ausbildungsstufen zu einem gelingenden Übergang an der betreffenden Schnittstelle beitragen können.
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