Kitabı oku: «Imke - Abseitsfalle»

Yazı tipi:

Veränderungen

Ein komplizierter Abend

Neuordnung

Ein tolles Angebot

Pläne

Gespräche

Gefühle

Neue Ideen

Einstand

Grenzüberschreitung

Geheimnisse

Dunkle Wolken

Davongelaufen

Festgehalten

Geheimnisse

Abgegrätscht

Ein Verdacht

Ein gefährlicher Besuch

Abschied

Impressum neobooks

Imke - Abseitsfalle

Fußballroman

Besuchen Sie die Autorin im Internet:

https://www.corinnabehrens.de/

Corinna Behrens

Gaiglstr. 19

D-80335 München

Telefon:

Aus Deutschland: 0176 71972912

Aus dem Ausland: +49 176 71972912

E-Mail: Cobe.Autorin@gmail.com

4. Auflage, 2021

(Überarbeitete Neuauflage)

©Corinna Behrens

Alle Rechte vorbehalten.

Lektorat, Korrektorat: Daniela Höhne, Berlin

Bildmaterial: Getty Images (Sidorov-Stock / Canva)

Von den Imke-Romanen sind bisher erschienen:

- Imke und die gestohlenen Trikots

- Imke: Träume – Tränen – Meistercup

- Imke – Abseitsfalle

Buchbeschreibung:

Kurzbeschreibung

Für die junge Fußballerin Imke erfüllt sich ein Traum. Sie wird ins Auswahlteam berufen. Andere Vereine werden auf die talentierte Spielerin aufmerksam. Doch eigentlich möchte sie beim SV Winkelbach bleiben, denn dort spielen ihre Freundinnen Tanja und Tina. Außerdem gibt es noch die taffe Trainerin Hannah, in deren Nähe Imkes Gefühle Purzelbäume schlagen. Doch dunkle Wolken ziehen über Winkelbach. Da ist der neue Coach der Herrenmannschaft, der Hannah das Fußball-Leben auf der Anlage erschwert. Was ist mit Imkes Freundin Tina los, die sich immer mehr verschließt? Welches Geheimnis trägt ihre Trainerin mit sich herum? Imkes Spürnase nimmt Witterung auf und dabei gerät nicht nur sie in einen Strudel von verwirrten Gefühlen und Skrupellosigkeit.

Über die Autorin:

Corinna Behrens wurde in Wilhelmshaven geboren. 1989 zog sie nach München. Von Kindesbeinen an begleitete sie der Fußball. Lange Zeit spielte sie selbst aktiv und schaffte es sogar bis in die 2. Liga. Sie trainierte jahrelang Juniorinnen- und Frauenteams.

Die Schriftstellerei ist ihre zweite Leidenschaft.

Um in der Literatur dem Frauen- und Mädchenfußball eine Stimme zu geben, schuf sie diese Buchserie.

Veränderungen

»Die Kleine ist bärenstark!«

Friedhelm Meier, der Abteilungsleiter des weiblichen Fußballs bei den Sportfreunden Steinbrücken stellte sich zu Hannah. Er zündete sich eine Zigarette an und hielt ihr die Packung entgegen.

»Nein danke.« Hannah lehnte sich an die Werbebande, die um den Hauptplatz aufgestellt war.

Auf dem Gelände der Sportfreunde Steinbrücken trafen sich wöchentlich die talentiertesten Nachwuchs-Kickerinnen des Landkreises.

Eine Einladung zum Stützpunkttraining bedeutete einen wichtigen Schritt für die Fußballkarriere einer Spielerin.

Ein heftiger Hustenanfall schüttelte den Abteilungsleiter.

»Das klingt nicht gesund. Schon mal ans Aufhören gedacht?«

Friedhelm Meier winkte ab. Auf seiner Halbglatze bildete sich Schweiß.

»Für den nächsten Schritt sollte Imke zu uns kommen!«

Hannah atmete tief durch. »Es wird keine Überraschung für dich sein, dass du nicht allein mit deinem Interesse an Imke bist.«

Die Anfragen von Vereinen häuften sich. Manche sprachen Hannah an, andere wandten sich direkt an Imke und ihre Eltern. Hannah freute sich darüber, doch gleichzeitig erfasste sie Traurigkeit – ein Talent wie Imke würde sie nicht mehr häufig trainieren.

»Du weißt, dass ich keiner Spielerin Steine in den Weg lege«, sagte sie. »Aber Imke muss es selbst wollen. Im Moment sind für sie die Mannschaft und ihre Freundinnen wichtig.«

»Jaja und dich will sie auch als Trainerin behalten. Aber bei uns könnte sie auch noch nächste Saison in der C-Jugend spielen.«

»Ach, meine Person sollte dabei keine Rolle spielen. Imke wird sich durchsetzen, egal ob C- oder B-Jugend.«

»Aber du förderst Imke. Den Service, von der Trainerin zum Stützpunkttraining gefahren zu werden, bekommt nicht jede Spielerin.«

»Warum nicht? Imke wird von ihren Eltern super unterstützt. Die beiden haben aber nicht immer Zeit, die fünfzig Kilometer nach Steinbrücken zu fahren.«

»Und du hast die Zeit? Ich werde dir auf der Stelle ein erneutes Angebot unterbreiten. Wir könnten dich hier gebrauchen und Imke hättest du gleich im Gepäck mit dabei.« Meier zog genussvoll an der Zigarette und blies den Rauch in den Himmel.

»Wer weiß, was noch alles passiert. Ich nutze die Zeit hier auf der Anlage. Erst gehe ich joggen und danach sehe ich mir einige Trainingseinheiten von Sigrid an. Man lernt ja nie aus.« Sigrid Dämler war seit Sommer für die Mädchenauswahl zuständig.

»Du hättest selbst die Auswahl trainieren können. Warum hast du das Angebot vom Verband nicht angenommen?«

»Ich habe es mir lange überlegt.« Hannah fuhr sich mit der Hand durch die schulterlangen, dunkelblonden Haare. »Ich habe das Gefühl, beim SV Winkelbach noch etwas bewegen zu können.«

»Na ja, man hört ja auch so einiges von eurem Verein.« Meier drückte die Zigarette an der Werbebande aus und schnippte die Kippe direkt in den Mülleimer.

»So, was denn?« Hannah kreuzte die Arme vor der Brust.

»Na ja, in eurem Herrenbereich wird doch kräftig investiert, seit dieser Grohmann Trainer der ersten Mannschaft ist. Spielt ihr überhaupt noch eine Rolle im Verein?« Er zündete sich eine weitere Zigarette an.

Hannah verzog das Gesicht, denn Meier hatte ins Schwarze getroffen. »Ohne Frauen- und Mädchenfußball kann heute fast kein Verein mehr bestehen«, sagte sie jedoch betont lässig.

»Komm, erzähl mir nichts. Der SV Winkelbach benötigt Geld. Deswegen habt ihr doch eure Trainingsplätze vermietet.«

Hannah sah ihn an. Dieser Mann war bestens vernetzt und wusste über alles Bescheid. Sie sah den Spielerinnen zu. Imke ließ in diesem Moment zwei Gegnerinnen aussteigen und schoss den Ball unhaltbar in den Winkel. Sie drehte sich zu ihrer Trainerin um und lachte über das ganze Gesicht. Hannah hob den Daumen.

»Kennst du Grohmann?«, fragte sie.

»Ja, er ist ein Erfolgscoach«, sagte Meier.

»Weil er so gut ist?«

»Seine Qualitäten als Trainer will ich nicht abwerten. Aber er hat in der Vergangenheit immer nur die Mannschaften trainiert, in die der Verein investierte. Er hat doch auch einige Spieler mitgebracht, oder?«

Hannah nickte. »Ja. Du bist bestens informiert.«

»Denk über mein Angebot nach. Beim SV Winkelbach wirst du dich in Grabenkämpfen aufreiben. Mit deiner Trainerlizenz wirst du bei uns auch finanziell besser dastehen. Der SVW wird dir doch nur ein Taschengeld auszahlen.«

Hannah zwinkerte ihm zu: »Du weißt doch, dass ich gerne Herausforderungen annehme. Das Finanzielle könnte in der Tat rosiger aussehen. Trotzdem danke. Vielleicht kommen wir irgendwann mal zusammen.«

Ein komplizierter Abend

»Tanja, Lydia, Dani – hier bei mir spielt die Musik«, rief Hannah den drei Mädchen zu, die kichernd zusammenstanden. Sie sahen zur anderen Seite des Platzes, auf der zeitgleich die männliche B-Jugend des SV Winkelbach trainierte.

Hannah klatschte laut in die Hände: »Auch wenn es schwerfällt, wir haben noch einiges vor.«

»Kommt schon«, rief Karin, die vorbildliche Spielführerin der Mannschaft. »Ich will trainieren.«

»Ist ja gut«, sagte Dani. »Wir sind doch da.«

Die drei schlenderten, immer noch feixend, zu ihren Mitspielerinnen. Tina, die Torhüterin und mit Tanja zusammen Imkes beste Freundin, verdrehte die Augen. »Mensch, was ihr an diesen Bubis nur findet.«

Einige Mädchen lachten.

»Wieso, wir beobachten doch nur«, sagte Dani. »Die wollen ja was von uns.«

»Das könnt ihr nach dem Training ausdiskutieren.« Hannah schüttelte den Kopf. »Auf meinem Trainingsplan stehen noch ein paar Torschussübungen und ein kleines Abschlussspielchen. Am Wochenende wartet schließlich ein schweres Spiel auf uns.«

»Oh, cool«, rief Dani. Torschüsse und Abschlussspiel waren für alle die Highlights einer Trainingseinheit.

Entsprechend motiviert bestritten sie den Rest der Trainings.

Am Ende rief Hannah die Spielerinnen zusammen: »Ich habe noch eine tolle Nachricht.« Erwartungsvoll sahen die Mädchen die Trainerin an.


Imke stürzte in die Küche. Ihre Eltern saßen beim Abendessen und schauten verdutzt auf ihre aufgeregte Tochter. Ihre kurzen schwarzen Haare standen ungekämmt in alle Himmelsrichtungen, das Gesicht war knallrot vor Aufregung und die graublauen Augen strahlten vor Freude.

»Imke, was ist passiert?«, fragte ihre Mutter. »Du hast immer noch deine dreckigen Trainingsklamotten an«, stellte sie tadelnd fest. »Warum duscht ihr Mädchen nie nach dem Training?«

»Das ist doch jetzt egal, Mama.« Atemlos stützte sich Imke am Tisch ab. »Ich gehöre zum Auswahlkader und spiele bei einem Kreisauswahl-Vergleichsturnier mit!«

Martin Strobel zog die Augenbrauen hoch: »Auswahlkader? Turnier?«

»Hannah hat mir die Einladung gezeigt. Ich gehöre dazu!« Ihre Augen glänzten. »Stellt euch das vor. Die besten Spielerinnen haben dabei die Chance, in den Landesauswahlkader zu kommen.«

Imkes Eltern schauten sich verschmitzt an.

»Kleine, das ist ja super.« Ihre Mutter und nahm sie in den Arm. »Ich bin stolz auf dich.«

Martin Strobel biss herzhaft in sein Wurstbrot und lächelte vor sich hin. «Jetzt ist die Nationalelf also nicht mehr weit weg?«

»Ach, Papa, das ist das nächste Ziel!« Imke setzte sich auf einen Stuhl und nahm sich ein Stück Käse.

»Imke, mit deinem dreckigen Zeug am Tisch … Also ehrlich.« Irene Strobel schüttelte verständnislos den Kopf.

»Mama, jetzt schimpf mich nicht. Ich freue mich doch so auf das Turnier!«

»Wo und wann findet es denn statt?«, fragte ihr Vater.

»Auf der Anlage von Mainstetten. Im Oktober! Ich glaube, am ersten Wochenende«, entgegnete Imke kauend.

Es wurde still. Ihre Eltern schauten sich an.

»Ist was?«, fragte Imke.

»Na ja, nun, Imke …«

Frau Strobel sah ihren Mann kopfschüttelnd an. »Also, bis du zum Punkt kommst. Imke, du weißt doch, dass Oma sechzig Jahre alt wird und wir zu ihr fahren. Das ist doch längst alles ausgemacht!«

Imkes Herzschlag setzte für einen Moment aus. »Nein, Mama, das geht nicht! Ich muss spielen!«

Auf der Stirn von Frau Strobel bildeten sich tiefe Falten. »Mein liebes Fräulein! Wir respektieren nicht nur deinen Sport, wir fiebern fast jedes Wochenende am Spielfeldrand mit dir mit. Aber meiner Mutter werde ich bestimmt nicht wegen eines Fußballturniers absagen und schon gar nicht ihre Feier zum sechzigsten Geburtstag!«

Imkes Lippen verzogen sich schmollend. Tränen tropften aus ihren Augen. »Ihr könnt ja fahren. Ich bleibe zu Hause!«

»Also, Imke!« Kopfschüttelnd sah Irene Strobel ihre Tochter an. »Oma würde dich sowieso lieber im Ballettkleidchen Schwanensee tanzen sehen als in kurzen Hosen auf der Fußballbühne. Du brichst ihr das Herz, wenn du ein Fußballturnier ihr vorziehst! Das kann nicht dein Ernst sein!«

Imke sah in Gedanken ihre Oma vor sich. Eigentlich war Oma das falsche Wort. Sie wirkte wie die ältere Schwester ihrer Mutter: chic, modern und unternehmungslustig. Sie arbeitete halbtags in einer Bibliothek. Doch in Bezug auf Imkes Hobby war sie äußerst konservativ.

Voller Verzweiflung blickte Imke zu ihrem Vater, der aber sofort wegsah und sich auf sein Essen konzentrierte. Sie drehte sich um, rannte aus dem Zimmer und hörte weder ihre Mutter rufen noch die beruhigende Stimme des Vaters.

Tränen liefen über Imkes Gesicht. Sie schwang sich auf das Fahrrad und trat in die Pedale. Leere erfüllte sie, gepaart mit Wut und Verzweiflung. Vorhin schien ihre Welt perfekt. Hannah hatte vor der Mannschaft verkündet, dass sie für das Kreisauswahlturnier nominiert worden war. Doch dieser Traum zerfiel gerade wie ein Kartenhaus.


Automatisch fuhr sie zum Fußballplatz, der nur zehn Fahrradminuten entfernt lag. Sie stellte ihr Fahrrad ab und eilte auf die Anlage. Es war inzwischen kurz nach acht Uhr. Sie beobachtete, dass die Frauen- und Herrenteams ihre Trainings beendeten und die Bälle zusammensuchten. Mit schnellen Schritten lief sie zum Trainingsplatz. Einige Frauen und Männer kamen ihr entgegen.

»Hallo«, sagte Lisa Wimmer. »Was machst du denn noch auf der Anlage?« Lisa war die Mutter von Tina und spielte Fußball in der Frauenmannschaft.

»Ich muss noch kurz mit Hannah reden.« Sie hoffte, dass niemand bemerkte, wie aufgelöst sie war.

»Siehst du Samstag bei uns zu?«, fragte Julia, die stämmige Verteidigerin.

»Klar«, antwortete Imke im Vorbeilaufen.

Mit den Ballnetzen in der Hand kam ihr Christian Weber entgegen, der seit dieser Saison Hannahs Co-Trainer war. »Hey, Kleine, was machst du denn noch hier?«

Imke blieb stehen. »Ich muss noch mit Hannah reden.«

»Was ist los? Bist du traurig? Das war doch heute so eine tolle Nachricht für dich.«

Imkes Augen füllten sich mit Tränen. Christian legte die Bälle ab, um sie tröstend in den Arm zu nehmen, doch Imke wich ihm aus.

»Wo ist Hannah?«, fragte sie.

Er zeigte in Richtung des Trainingsplatzes. »Sie unterhält sich mit Grohmann.«

Imke lief weiter. Sie sah, dass nur noch Hannah und Günter Grohmann auf dem Platz standen.

Ihre Trainerin hatte die Hände in die Hüfte gestimmt.

»Wir brauchen eine Lösung! Wir haben dasselbe Recht zu trainieren wie ihr!« Hannahs Stimme klang ungewohnt aggressiv.

Imke suchte Schutz hinter einem Strauch. Sie hoffte, dass der Herrentrainer nicht mehr lange blieb.

Grohmann schob seine Hände in die Trainingshose. »Frauen sollten ihre Männer auf dem Fußballplatz anfeuern, zu Hause verwöhnen und ein leckeres Essen kochen. Stattdessen wollt ihr Fußball spielen und nehmt dabei den Jungs die Plätze weg.«

Der spinnt ja! Imke biss sich auf die Lippe. Es fiel ihr schwer, dem eingebildeten Grohmann nicht eine passende Antwort zuzurufen.

Sie hörte Hannah auflachen. »Also wirklich. Aus welchem Zeitfenster bist du denn entsprungen?«

Imke grinste. Das hätte gesessen, denn Grohmann schwieg. Dann trat er einen Schritt auf Hannah zu.

Er zog sie an sich.

»Was wird das?«, fragte Hannah. »Kommst du mit deinen Argumenten nicht weiter und versuchst es auf die harte Tour?«

»Hart bin ich nur zu meinen Jungs, aber nicht zu schönen Frauen.«

Imke verzog den Mund. Was für ein Geschwurbel.

»Okay, jetzt hattest du deinen Spaß. Lass mich …« den Satz konnte Hannah nicht beenden, denn Grohmann drückte seine Lippen auf ihren Mund. Seine Hände glitten über ihren Rücken und ihr Gesäß.

Imke war wie erstarrt. Ein tiefer Stich bohrte sich in ihre Brust. Tränen schossen aus ihren Augen. Sie wollte nur weg von dieser Szene, von Hannah. Kopflos trat sie aus dem Schutz des Gebüschs.

»Imke, was machst du hier?«, hörte sie ihre Trainerin sagen.

Sie hob den Kopf. Hannah schob Grohmann von sich.

»Du hast uns doch nicht heimlich beobachtet?« Günter Grohmann hob tadelnd den Finger und grinste.

»Ich muss mit dir reden«, flüsterte Imke.

»Du siehst doch, dass du störst«, sagte Grohmann.

Imke drehte sich um und rannte davon.

»Imke«, hörte sie Hannah rufen. »Bleib stehen!«

Doch Imke lief weiter.


Weinend saß Imke auf ihrem Fahrrad. Neben ihren Eltern, Tina und Tanja gehörte Hannah zu den wichtigsten Menschen in ihrem Leben. Eine schreckliche Einsamkeit breitete sich in ihr aus. Warum hatte Hannah sie nicht aufgehalten? Aber die flirtete lieber mit diesem blöden Typen rum.

Imke stellte das Fahrrad in die Garage und schloss die Haustür auf. Ihr Vater kam ihr entgegen. »Wo warst du denn?«

Imke drängte sich an ihm vorbei und rannte wortlos die Treppe zu ihrem Zimmer hoch. Sie knallte die Tür hinter sich zu und schloss sie ab. Ohnmächtig vor Enttäuschung, Wut und Traurigkeit fiel sie in ihr Bett. Sie war weder fähig, ihre Trainingskleidung auszuziehen, noch sich zu waschen und ihre Zähne zu putzen. Sie lag nur da und verspürte einen heftigen Schmerz.

Neuordnung

Am Donnerstag fuhr Imke zeitgleich mit Hannah auf die Anlage.

»Was wolltest du am Dienstagabend mit mir besprechen?«, fragte ihre Trainerin.

»Nichts«, sagte Imke kurz angebunden, während sie an Hannah vorbeisah.

»Moment. Du wolltest mit mir reden. Lisa hat mich in der Kabine gefragt, ob ich mit dir gesprochen hätte. Sie hat sich Sorgen gemacht, weil du so aufgeregt an ihr vorbeigelaufen wärst.«

»Hat sich erledigt.« Ihre Stimme zitterte und am liebsten hätte sie sich in Hannahs Arme geworfen und ihr alles erzählt. Aber die Enttäuschung über ihre Trainerin war zu groß. Die Worte des Herrentrainers Grohmann klangen ihr noch in den Ohren. Er hatte sich über sie lustig gemacht. Warum hatte Hannah das zugelassen?

Einen Augenblick zögerte Hannah. »Okay«, sagte sie. »Du weißt ja, dass du mit mir reden kannst.«

Imke nickte und schob sich an ihr vorbei auf das Trainingsgelände.


Hannah gestaltete jedes Training abwechslungsreich, dabei kam der Spaß nicht zu kurz. Seit einigen Wochen übte sie mit der Mädchenmannschaft die Viererkette und Raumdeckung.

Die Mannschaft sah das Spiel ohne Libero zunächst skeptisch, aber sie lernten schnell. Inzwischen hatten sie die Umstellung nicht nur akzeptiert, sondern sie zahlte sich auch in Punkten aus.

Es war kurz vor Ende des Trainings, als Lisa aufgeregt auf Hannah zustürmte. »Ich muss dir dringend etwas sagen«, rief sie atemlos.

Tinas Mutter war seit dieser Saison Abteilungsleiterin für den weiblichen Fußball des SV Winkelbachs.

»Weißt du, was mit deiner Mutter los ist?«, fragte Karin.

Tina hob die Schultern. »Keine Ahnung.«

Die beiden Frauen diskutierten leise miteinander.

Die Mädchen standen mit gespitzten Ohren herum.

Hannah dreht sich nach einer Weile zu ihnen um und rief ihren Co-Trainer Christian und die Mädchen zu sich zusammen.

»Was ist denn los, Mama?«, fragte Tina.

»Es ist alles in Ordnung. Ich muss nur mit Hannah etwas besprechen.« Ihre Mutter versuchte zu lächeln. Es misslang ihr gründlich, denn sie wirkte aufgebracht.

»Okay, Mädels«, erklang Hannahs beruhigende Stimme. »Wir treffen uns Samstag hier um zehn Uhr. Bitte wie immer pünktlich sein.«

Die Mädchen entfernten sich nur zögernd, um das Gespräch zwischen den Frauen und Christian mitzubekommen. Aber Lisa zog die beiden einige Meter weg.

»Wir sollten in die Kabine gehen«, sagte Karin. »Wir bekommen noch früh genug mit, worum es geht!«

Murrend bewegten sich die Spielerinnen vom Ort des Geschehens. Dabei sahen sie sich immer wieder um.

Günter Grohmann und ein paar Spieler kamen den Mädchen entgegen. »Na, Mädel, hast du dich beruhigt?« Er grinste und zwinkerte Imke dabei zu. Imke wandte sich schweigend ab.

»Was meint der?« Tina blieb stehen und hielt Imke am Arm fest.

»Ach.« Imke versuchte mühsam, die Tränen zurückzuhalten.

»Was ist denn los?« Tanja legte den Arm um Imke. »Du müsstest doch der glücklichste Mensch auf der Welt sein.«

»Jetzt sag schon, was du hast.« Tina boxte Imke in den Oberarm.

Imke erzählte von dem Gespräch mit ihren Eltern und dem Geburtstag ihrer Oma.

»Meine Eltern lassen mich deswegen nicht zum Turnier!« Imke wischte sich Tränen aus den Augen.

»Nee, oder?«, stöhnte Tina.

»Das gibt es doch nicht! Deine Eltern stehen doch sonst immer hinter dir.« Tanja schüttelte den Kopf.

»Diesmal eben nicht. Omas Geburtstag ist wichtiger.« Imkes Stimme klang brüchig.

»Hast du es Hannah erzählt? Vielleicht kann sie deine Eltern überzeugen.«

»Ich wollte ja, aber ich konnte nicht.« Sie berichtete von ihrem Erlebnis am Dienstagabend.

»Mit dem Grohmann? Der ist doch viel zu alt«, sagte Tina.

»Wo die Liebe halt hinfällt.« Tanja grinste. »Aber Hannah und Grohmann? Das geht gar nicht.«

»Aber du und Marcel.« Tina hielt Tanja am Arm fest. »Seit wir mit der B-Jugend zusammen trainieren, schaut der dich doch ständig an und du ihn auch.«

»Stimmt nicht«, sagte Tanja und wurde rot im Gesicht. »Ich beobachte nur, was die so trainieren.«

»Soso! Und warum wirst du immer verlegen, wenn Marcel dich anspricht?« Freundschaftlich boxte Tina sie an den Oberarm. »Uns kannst du nichts vormachen.«


Lisa hatte die Hände in die Hüfte gestemmt. »Der Vorstand hat beschlossen, dass der ersten Herrenmannschaft ab sofort der gesamte Platz zur Verfügung steht.«

»Und wo sollen wir trainieren?«, fragte Christian.

»Wir müssen mit der zweiten Mannschaft auf den roten Aschenplatz ausweichen.« Lisas Augen blitzten.

»Das gibt es doch nicht!« Hannah schüttelte den Kopf.

»Wie bitte? Die können uns doch nicht einfach abschieben!«, rief Christian erzürnt.

»Das hängt mit Grohmann zusammen. Er will unbedingt aufsteigen und hat deswegen Druck beim Vorstand gemacht.«

»Hat Willi Janssen dem etwa auch zugestimmt?« Dieser war der erste Vorsitzende des SV Winkelbach.

»Hannah, er ist eine Marionette in diesem Spiel.« Lisa platzte fast vor Wut. »Aber das war ja noch nicht alles. Die Spiele der Frauen und Mädchen finden nicht mehr auf dem Hauptplatz statt. Auch der ist nur noch für die Herrenmannschaft vorgesehen. Unsere Spiele dürfen wir nur noch auf dem Trainingsplatz oder auf roter Erde austragen.«

»Das dürfen wir uns nicht gefallen lassen«, sagte Christian. »Soll ich mal mit Grohmann sprechen?«

Hannah überlegte kurz. »Nein, ich stelle ihn zur Rede.«

»Geh nicht hin«, rief Lisa und hielt Hannah am Arm fest. »Grohmann ist doch im Moment derjenige, der das Sagen hat. Jede Minute, die du mit ihm diskutierst, ist verschwendet. Glaub mir!«

Die beiden Frauen sahen sich an. Sie waren fast gleich groß.

»Aber ich kann eventuell etwas bei ihm ausrichten. Er scheint eine Schwäche für mich zu haben.«

»So?« Christian sah Hannah überrascht an. »Das ist ja interessant. Dann setz doch deine Waffen gegen ihn ein.«

»Das bringt bei dem Kerl nichts.« Lisa hielt Hannah am Arm. »Der sieht nur seinen Vorteil, etwas anderes interessiert ihn nicht.«

»Ich versuche es trotzdem.«

Lisa zuckte mit den Schultern.

Hannah drehte sich um und lief mit festen Schritten auf Grohmann zu. Dieser steckte einige Felder ab.

»Ich muss mit dir reden.« Hannah stellte sich neben ihn.

»Nach dem Training, schöne Frau.« Ohne sie anzusehen, stellte er Markierungshütchen auf den Rasen.

»Nein, jetzt. Hast du das mit dem Platz veranlasst?«

Grohmann fuhr sich mit der Hand über das kurz geschnittene Haar und seufzte: »Ich habe dir doch gesagt, dass wir eine Lösung finden müssen.«

»Wir? Das scheint aber deine Lösung zu sein!«

»Nein, die des Vorstandes. Es geht im Moment nur um die erste Mannschaft, und zwar die erste Herrenmannschaft, die hat absoluten Vorrang.«

»Aber das kann doch nicht zu Lasten des Frauen- und Mädchenfußballs gehen. Auch wir gehören zum SV Winkelbach!«

»Ach, Hannah«, er lachte leise. »Der SV Winkelbach benötigt Sponsoren. Deshalb müssen wir aufsteigen! Dabei ist völlig egal, ob die Frauen Kreisklasse, Kreisliga oder in einer Hausfrauenliga kicken. Das Ziel ist klar und die Entscheidung des Vorstandes steht!«

»Na klar, die Sponsoren werden Schlange stehen, wenn ihr in die Kreisliga aufsteigt.« Die Ironie in ihrer Stimme war nicht zu überhören. »Ich weiß, was im Herrenfußball los ist, aber du hast keine Ahnung vom Frauen- und Mädchenfußball. Du unterschätzt uns.«

Grohmann fuhr mit seiner Hand über ihre Wange. »Ich habe genug Ahnung von Frauen. Den Fußball sollten wir zwischen uns ausklammern.«

Hannah hielt seine Hand fest. »Mag sein, dass du andere Frauen mit diesen Sprüchen beeindrucken kannst. Bei mir zieht das nicht. Ich stehe vor dir als Trainerkollegin, ob es dir passt oder nicht.«

Falten bildeten sich auf seiner Stirn. »Du bist eine echte Herausforderung.«

»Fordere mich nicht heraus«, knurrte die Trainerin, »denn du wirst das Duell nicht gewinnen.«

»Trainer, brauchst du Hilfe?«, rief jemand. Andere lachten, die Spieler der ersten Mannschaft sahen zu ihnen herüber.

Hannah ließ Großmanns Hand los. »Damit kommst du nicht durch!« Sie drehte sich um und lief zurück zu ihren Spielerinnen, die sie erwartungsvoll ansahen.

»Nehmt die Bälle und die Hütchen. Wir gehen auf den roten Platz.«

Hannah begegnete Lisas Blick. Ihre Miene schien zu sagen: Hättest du mal auf mich gehört!

»Wir sollen auf roter Erde trainieren«, empörte sich Julia. »Was soll das?«

»Der Vorstand hat das so beschlossen«, sagte Lisa.

»Und wir akzeptieren das einfach?«, fragte Marion und schüttelte den Kopf. »Das kann man uns auf Dauer nicht zumuten.«

Die anderen Spielerinnen murrten ebenfalls.

»Beruhigt euch«, rief Hannah. »Wir werden das natürlich nicht so einfach akzeptieren. Aber jetzt trainieren wir auf dem Aschenplatz und bereiten uns auf das schwere Spiel am Samstag vor. Auf geht’s!«

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