Kitabı oku: «Imke, Träume - Tränen - Meistercup»

Yazı tipi:

Eine unverhoffte Einladung

Getrennte Wege

Ein Langfinger

Laura

Verdacht

Freundschaft

Ein Geständnis

Ausgetrickst

Am Abgrund

Eine Hand am Meistercup

Impressum neobooks

Imke, Träume – Tränen - Meistercup

Besuchen Sie die Autorin im Internet:

https://www.corinnabehrens.de/

Corinna Behrens

Gaiglstr. 19

D-80335 München

Telefon:

Aus Deutschland: 0176 71972912

Aus dem Ausland: +49 176 71972912

E-Mail: Cobe.Autorin@gmail.com

4. Auflage, 2021

(Überarbeitete Neuauflage)

©Corinna Behrens

https://www.corinnabehrens.de/

Alle Rechte vorbehalten.

Lektorat, Korrektorat: Daniela Höhne

Bildmaterial: brand:BACsIfMoQVQ

Von den Imke-Romanen sind bisher erschienen:

- Imke und die gestohlenen Trikots

- Imke: Träume – Tränen – Meistercup

- Imke – Abseitsfalle

Buchbeschreibung:

Imke und ihre Mitspielerinnen sind völlig aus dem Häuschen. Sie erhalten eine Einladung, beim »Meistercup-Turnier« mitzuspielen. Die Siegerinnen trainieren gemeinsam mit der Fußballnationalmannschaft der Frauen.

Während die Mädchen davon träumen, mit ihren Idolen auf dem Trainingsplatz zu stehen, kommt es in und um das Team plötzlich zu Zwischenfällen, die nicht nur die Fahrt zum Meistercup in Gefahr bringen.

Über die Autorin:

Corinna Behrens wurde in Wilhelmshaven geboren. 1989 zog sie nach München. Von Kindesbeinen an begleitet sie der Fußball. Lange Zeit spielte sie selbst aktiv und schaffte es sogar bis in die 2. Liga. Sie trainierte jahrelang Juniorinnen- und Frauenteams.

Die Schriftstellerei ist ihre zweite Leidenschaft.

Um in der Literatur dem Frauen- und Mädchenfußball eine Stimme zu geben, schuf sie diese Buchserie.

Danksagung

Die Leidenschaft und Liebe zum Fußball hat mich den größten Teil meines Lebens begleitet und sicherlich auch geprägt. Ich bin froh über alle Erfahrungen, die ich während dieser Zeit gesammelt habe. Mein Glück war, dass ich bei meinen Vereinen auf Trainerinnen und Trainer traf, die mich begeistern konnten. Sie haben dazu beigetragen, dass ich dem Sport immer verbunden blieb.

Mein Dank geht an alle Spielerinnen, die ich während meiner langen aktiven Zeit kennengelernt habe. Nicht immer verlief alles harmonisch. Es gab untereinander auch Streitigkeiten und Verletzungen. Diese Erfahrungen gehören aber zum Leben und sie sind es wohl, aus denen man am meisten lernt.

Einige Spielerinnen sind heute wichtige Menschen in meinem Leben. Auch dafür bin ich dem Fußball dankbar.

Corinna Behrens

Eine unverhoffte Einladung

Die Flanke kam maßgeschneidert. Imke stellte sich zum Ball und schoss ihn Volley ins rechte Toreck.

»Ein Traumtor«, rief Hannah, ihre Trainerin. Auch Imkes Mitspielerinnen johlten vor Begeisterung.

Imke trabte mit einem breiten Grinsen zum Tor und holte den Ball aus dem Netz.

Die Torhüterin Tina – und Imkes beste Freundin – schaute sie kopfschüttelnd an. »Ich habe doch gewusst, dass du eine Granate im Fußball wirst!«

Imke war vor zwei Jahren mit ihren Eltern nach Winkelbach gezogen. Anfangs war es ihr schwergefallen, Kontakte zu knüpfen. Sie besaß wenig Selbstbewusstsein, was vor allem an ihrer Körpergröße lag. Imke war immer die Kleinste in ihrer Altersgruppe gewesen und meistens hatte man sie übersehen. Am liebsten saß sie zu Hause, las Bücher und träumte vor sich hin. In der Schule saß sie neben Tina, die nicht gegensätzlicher sein konnte. Groß gewachsen, redselig und voller Tatendrang. Ihre Mutter spielte ebenfalls beim SV Winkelbach Fußball und Tina trat in ihre Fußstapfen. Sie entwickelte sich zu einer super Torhüterin. Immer wieder hatte Tina versucht, ihre Banknachbarin davon zu überzeugen, sie zum Training zu begleiten. Tina war solange hartnäckig geblieben, bis Imke sich hatte überreden lassen.

Imke schaute Tina grinsend an. »Gut, dass du so beharrlich warst.«

Tina nickte. »Das war ein hartes Stück Arbeit, dich vom Fußball zu überzeugen!«

»Hallo, meine Damen«, rief Hannah in Richtung der beiden Freundinnen. »Können wir mit dem Training weitermachen oder soll ich euch noch zwei Stühle bringen?«

»Wäre nicht schlecht«, flüsterte Tina Imke augenzwinkernd zu. »Alles klar, bin wieder bereit«, rief sie dann laut und stellte sich entschlossen zwischen die Pfosten.

Als Nächste begab sich Karin, die schlaksige Spielführerin, zögernd in den Sechzehnmeterraum. Mit festem Blick beobachtete sie den Ball, den Tanja von rechts in den Strafraum flankte. Doch leider fehlte Karin das Timing beim Schuss und sie schlug ein Luftloch.

Imke sah grinsend Tina an, die laut vor sich hin kicherte. Hannah stemmte die Hände in die Hüften und sah die beiden streng an. »Imke! Tina!« Schuldbewusst sahen die Freundinnen zu Boden.

»Karin, versuch es gleich noch einmal!«

Karin schüttelte den Kopf. »Nee, ich mach mich doch hier nicht zum Affen!«

»Schluss jetzt«, rief Hannah mit scharfer Stimme. »Alle zusammenkommen!«

So hart und energisch erlebten die Mädchen ihre Trainerin selten.

Imke und Tina erröteten.

»Oje«, wisperte Imke. »Hoffentlich ist sie nicht auf uns sauer.«

Sechzehn Mädchen standen schweigend um ihre groß gewachsene, athletische Trainerin verteilt. Ihre sonst so sanften hellblauen Augen schauten streng und auf ihrer Stirn hatte sich eine Zornesfalte gebildet.

»Mädels, wir waren ein Team und das hat unseren Erfolg ausgemacht! Nur deshalb konnten wir letzte Saison gegen den TuS Neustadt gewinnen und Meister werden.«

Damals hatte Imke in der letzten Spielminute einen Elfmeter zum Sieg verwandelt, der gleichzeitig die Meisterschaft bedeutet hatte.

»Dachtet ihr, dass ihr nach dieser Meisterschaft bereits am Ziel seid? Uns fehlt die Leichtigkeit, die Spielfreude und die Einstellung der Vorsaison!« Einen Moment schwieg Hannah. Sie strich mit der Hand über die schulterlangen dunkelblonden Haare.

»Versteht mich nicht falsch«, fuhr sie fort. »Für mich ist eine Tabelle unwichtig. Für mich zählt nur, wie viel Freude und Leidenschaft ich in euch wecken kann und wie ihr euch weiterentwickelt. Wenn ihr auf den Platz geht und bereit seid, alles zu geben, bin ich zufrieden. Mir ist das Ergebnis egal. Aber so bringt mir das Ganze wenig Spaß!«

Die Mädchen starrten ihre Trainerin betroffen an.

»Haben wir, sind wir … haben wir dich so enttäuscht?«, stammelte Karin.

»Ich denke, ihr habt euch vor allem selbst enttäuscht.« Hannah sah in die Gesichter ihrer Mädchen. »Die Rückrunde liegt vor uns. Ich hoffe, ihr besinnt euch!«

»Warum hast du uns nicht eher kritisiert?«, fragte Tanja.

»Genau«, schloss sich Tina an. »Vielleicht hätten wir den einen oder anderen Punkt mehr geholt.«

Hannah lächelte ihre Mädchen an. »Ich bin eure Trainerin und will euch etwas beibringen. Ihr seid freiwillig bei mir. Wenn ihr zum Training kommt, gehe ich davon aus, dass ihr lernen wollt. Wenn ihr zum Spiel fahrt, gehe ich davon aus, dass ihr gewinnen wollt! Ich zwinge euch doch zu nichts. Entweder ich erreiche euch noch mit meiner Art oder wir werden uns trennen müssen!«

Imkes Herzschlag setzte einen Moment aus. Hannah nicht mehr ihre Trainerin? Undenkbar!

Sechzehn Augenpaare sahen Hannah flehend an. Die Trainerin atmete tief durch und hob die Schultern. »Ich hasse es, so mit euch zu reden.«

Sie griff in ihre Hosentasche und wedelte mit einem Zettel.

»Was ist das?«, fragte Tina.

»Das ist der Grund meiner Ansprache!« Hannah zwinkerte den Mädchen zu.

»Etwa ein blauer Brief, weil unsere Versetzung in die nächste Saison gefährdet ist?« Dani, die hochgeschossene Verteidigerin, grinste in die Runde.

»Nahe dran«, meinte Hannah.

»Quatsch, oder?«, fragte Karin. »So schlecht sind wir doch auch wieder nicht.«

Die Trainerin faltete den Zettel auseinander und las ihn laut vor:

»Liebe Sportkameradin Barowski -«

»Wer ist das denn?«, fragte Laura, die erst vor sechs Wochen zum SV Winkelbach gestoßen war.

»Mensch, das ist Hannah«, riefen einige Spielerinnen.

»Woher soll ich das wissen, ich kenne Hannah nur als Hannah.«

Die Trainerin fuhr lächelnd fort: »Die C-Juniorinnenmannschaft des SV Winkelbach hat sich um die Teilnahme am Meistercup-Pfingstturnier beworben.« Sie ließ den Zettel sinken. »Ihr könnt euch erinnern, dass wir darüber gesprochen haben?«

»Na klar«, rief Karin. »Dieses große Turnier bei Hamburg. Wir werden dort übernachten.«

Sofort erhob sich wieder Stimmengewirr.

Hannah räusperte sich und sofort war es still.

»Ja. Auf jeden Fall gab es sehr viele Anmeldungen und im Losverfahren wurde auch der SV Winkelbach gezogen.«

»Cool«, rief Imke. »Das wird eine super Abschlussfahrt!«

»Ja, und ihr werdet gleich noch mehr begeistert sein.« Hannah schmunzelte. Sie hob den Zettel und las weiter: »Wie der Ausschreibung zu entnehmen war, gibt es lohnenswerte Preise für alle teilnehmenden Teams. Die Siegerinnen des Turniers werden ein Highlight erleben. Gemeinsam mit der Frauennationalmannschaft werden sie ein Wochenende im Sporthotel Achenberge verbringen und eine Trainingseinheit mit ihnen absolvieren.«

Hannah sah vom Zettel auf und fragte: »Na, was sagt ihr dazu?«

Einen Moment herrschte ungläubiges Schweigen. Dann schrien alle durcheinander.

»Boooah, der Hammer!« Lydia ballte die Faust.

»Das wäre der absolute Wahnsinn«, rief Tanja.

»Ein Traum!« Karin grinste über das ganze Gesicht. »Wir sehen die sonst nur im Fernsehen!«

»Irre, von denen lernen wir bestimmt ein paar Tricks«, jubelte Dani.

»Genial!« Imke sah sich bereits mit ihren großen Idolen auf dem Platz stehen.

»Ich werde verrückt!« Tina hüpfte von einem Bein aufs andere. Vielleicht würde sie ja ein extra Torwart-Training bekommen.

»Beruhigt euch, Mädels!«, rief Hannah. »Wir haben noch nicht zugesagt!«

»Wir müssen dahin!«, flehte Tina. »Bitte, bitte, bitte!«

»Tja, aber dann müssen wir uns steigern. In der jetzigen Verfassung brauchen wir uns da nicht blicken lassen.« Bärbel faltete den Brief und steckte ihn in die Hosentasche.

»Wir reißen uns zusammen.« Karin stemmte die Hände in die Hüften.

»Ihr müsst das entscheiden! Natürlich würde ich auch gerne der Bundestrainerin beim Training über die Schulter blicken. Das wäre in der Tat ein Traum!«

»Du sagst doch immer, wir sollen unsere Träume leben!« Imke sah ihre Trainerin fest an. »Ich bin mir sicher, dass wir uns wieder auf unsere Stärken besinnen. Wir wollen zum Turnier und die Chance nutzen, aber«, Imke schluckte, bevor sie leise weitersprach, »vor allem wollen wir dich nicht als Trainerin verlieren!«

Die anderen Mädchen nickten zustimmend.

»Okay«, antwortete Hannah. »Ich sage zu und ihr fragt eure Eltern, ob ihr mitfahren dürft. Der Ausflug kostet ja auch was. Wir hätten noch acht Wochen Zeit, um in Form zu kommen!«

Die Mädchen jubelten und umarmten sich.

Nur eine Spielerin hielt sich zurück. Wie sollte sie nur das Geld für die Fahrt zusammenbekommen?

Getrennte Wege

Die meisten Winkelbacher Spielerinnen besuchten dieselbe Schule. Auf dem Pausenhof gab es nur ein Thema: das Pfingstturnier – und der Traum vom gemeinsamen Training mit den Nationalspielerinnen.

»Mädels«, mahnte Karin, die immer einen kühlen Kopf bewahrte. »Wir müssen das Turnier erst gewinnen!«

»Ach, du.« Tanja winkte ab. »Lass uns doch ein bisschen träumen. Außerdem muss man uns erst besiegen.«

»Na ja, das war in der letzten Zeit nicht so schwer«, sagte Imke. »Wir sollten schnell wieder auf die Erfolgsspur kommen.«

»Tina, was meinst du?«, fragte Karin die Torhüterin, die schweigend dabeisaß und vor sich hinstarrte. Sie hob den Kopf. Ihre sonst so strahlenden Augen sahen glanzlos aus. »Was ist?«

»Was ist deine Meinung zum Meistercup? Packen wir das?«

Tina hob die Schultern und stand auf. »Mir egal.«

Ihre Mitspielerinnen sahen sich erstaunt an.

»Was ist los?«, fragte Imke. »Bist du sauer?«

»Nein«, brummte Tina. »Lasst mich einfach in Ruhe.«

Langsam drehte sie sich um und schlenderte davon.

»Mann, hat die eine super Laune.« Lydia schüttelte den Kopf.

Nachdenklich sah Imke ihrer Freundin hinterher.

Tina blieb schweigsam und in sich gekehrt.

»Hast du Lust, dass wir uns später treffen?«, fragte Imke sie nach der Schule. »Wir könnten gemeinsam lernen oder später Fahrrad fahren.«

»Nee, lass mal!« Tina winkte ab, drehte sich um und ließ ihre Freundin stehen.


Beim Training wirkte Tina lustlos. Einen harmlosen Schuss von Imke ließ sie durch die Hände ins Tor gleiten.

»Mensch, Tina, wir haben doch gemeinsam besprochen, dass wir uns anstrengen«, sagte Imke leise zu ihr.

»Jaja, euer blöder Meistercup. Ich weiß.« Ihre Stimme klang missmutig. Sie holte den Ball mit den Händen aus dem Netz und schlug ihn mit dem Fuß weit weg hinter das Tor.

»Was soll das denn?«, motzte Imke. »Du spinnst ja wohl!«

»Du läufst doch so gerne. Bitte, so nervst du mich wenigstens nicht.«

»Ach, ich nerve dich? Du nervst mit deinem Verhalten!« Imke stemmte die Hände in die Hüften.

»Was ist da los?«, fragte Hannah und lief zu den Mädchen.

»Die schießt einfach meinen Ball weg.«

»Jetzt fang nicht an zu flennen«, sagte Tina und lehnte sich an den Torpfosten.

»Du holst deinen Ball und Schluss«, forderte Hannah Imke auf.

»Ich? Wieso ich?«

»Darüber werde ich jetzt nicht diskutieren.« Hannah reagierte ungewohnt streng. Imke stampfte mit dem Fuß auf, drehte sich um und lief los. Sie hörte, wie Hannah Tina sanft fragte, ob alles in Ordnung sei. Das steigerte ihre Empörung. »Klasse«, maulte sie vor sich hin. »Tina hat voll die schlechte Laune und ich kann es ausbaden.«

Imke griff zu ihrem Ball und drehte sich um. Hannah hatte das Schusstraining beendete und rief die Mädchen zusammen. Tina schlenderte Richtung Kabinenhäuschen.

Was ist bloß mit Tina los? Imke schwankte zwischen Ärger und Sorge um ihre Freundin.

Nach dem Training zog sich Imke eine Jacke über ihren Trainingsanzug und verließ die Kabine.

Sie sah sich einige Zeit das Training der Frauenmannschaft an.

Die Sportanlage des SV Winkelbach war großzügig gebaut. Auf dem Hauptplatz mit einer Tribüne fanden meistens die Punktspiele der Herrenmannschaft statt.

Trainiert wurde auf einem großen Trainingsplatz und einen kleineren Jugendplatz. Zudem stand den Teams noch ein roter Ascheplatz zur Verfügung. Dieser war auch bei schlechten Witterungsbedingungen bespielbar. Auf diesem spielten und trainierten die wenigsten gerne, denn durch die steinige granulare Oberfläche kam es häufig zu Schürfwunden und Verletzungen.

Der SV Winkelbach war kurz nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet worden und hatte mit seinem Herrenteam erfolgreiche Zeiten erlebt. Doch der Verein hatte sich finanziell übernommen, die erste Mannschaft war innerhalb weniger Jahre von der Landesliga in die Kreisklasse abgestiegen. Seitdem versuchte der SV Winkelbach, an alte Zeiten anzuknüpfen.

Vor vier Jahren hatte sich der Verein auch für den weiblichen Fußball geöffnet. Schnell etablierte sich die Frauenmannschaft in der Kreisliga.

Mädchen mit Spaß am Kicken gab es immer mehr. Neben der C-Jugend spielten inzwischen auch jüngere Mädchen im Verein. Die herausragende Jugendarbeit beim SV Winkelbach sprach sich herum.

Norbert Kampe, der Trainer der Frauenmannschaft übernahm das Amt in der Winterpause. Der bisherige Trainer Rolf Müller hatte aus beruflichen Gründen den Verein verlassen.

Norbert ließ die Frauen um den Platz laufen. Imke beobachte, dass sich Hannah angeregt mit Lisa Wimmer, Tinas Mutter, unterhielt.

Nach einer Weile rief Norbert seine Spielerinnen zusammen. Eva, die sich erst nach der Winterpause dem Verein angeschlossen hatte, schnaufte schwer. Sie war über dreißig, etwas fülliger und hatte lange kein Fußball mehr gespielt.

Imke sah sich um. Meistens schaute Tina auch beim Frauentraining zu, aber diesmal schien das nicht der Fall zu sein. Die Kälte kroch durch die verschwitzte Trainingskleidung. Besser wäre es, sie würde nach Hause fahren. In diesem Moment hörte sie Norbert lautstark schreien: »Eure Trainingsdisziplin ist unterirdisch. Gerade von dir bin ich enttäuscht, Hannah. Du bist doch selbst Trainerin!«

»Norbert, wir laufen bei dir nur. Wir müssen uns aber auch taktisch und technisch verbessern«, antwortete Hannah verärgert.

»Ihr schnauft doch alle, wenn ihr ein paar Runden rennen müsst. Ohne Grundkondition brauche ich euch nichts anderes beizubringen.«

»Anhand von Spielformen könnte man sich auch die nötige Fitness erarbeiten.« Hannah verschränkte die Arme vor der Brust. »Die Trainingszeit für Rundenrennen ist viel zu kostbar.«

»So, zu kostbar. Ich bin lange genug Trainer und lasse mir von dir keine Trainingsmethoden erklären. Ist das klar!«

Hannah hob die Schulter. »Okay, Norbert, du bist der Trainer.«

»Genau. Deswegen lauft ihr jetzt alle noch einige diagonale Steigerungsläufe. Bedankt euch dafür bei Hannah.«

»Halt nächstes Mal einfach den Mund«, murrte Eva.

»Sie hat doch recht«, flüsterte Lisa.

»Klar stimmt es. Aber besprecht so etwas nach dem Training. Ich bin fix und fertig. « Marion wischte sich über die Stirn. »Ich fall gleich tot um. Mit jedem Schritt spüre ich meine zweiunddreißig Lenze!«

»Was soll ich sagen?«, stöhnte Lisa. »Ich werde fünfunddreißig!«

»Wer bietet mehr?« Hannah knuffte Lisa beim Vorbeilaufen in die Seite.

»H a n n a h!«, brüllte Norbert über den Platz. »Noch ein Wort und wir hängen noch einige Sprints dran.«

Imke hatte die Diskussion erbost angehört.

Wie unfair behandelte Norbert ihre Trainerin? Warum ließ Hannah sich das überhaupt gefallen?

Ausgerechnet er sprach von fehlender Kondition, mit seinem dicken Bauch, den er vor sich her trug. Nie sah Imke ihn mitlaufen. Stattdessen trieb er mit lauten Kommandos seine Spielerinnen über den Platz.

Es war inzwischen dunkel und nur das Fluchtlicht spendete Helligkeit. Imke wandte sich ab und schlendert zurück zum Ausgang, doch dann vernahm sie Tinas Stimme. Einen Moment überlegte sie, weiterzugehen. Aber in ihr brodelte es wegen Norberts Verhalten gegenüber Hannah. Wenn sie Glück hatte, erwischte sie Tina in einem gutgelaunten Moment und sie könnten sich darüber unterhalten.

Jäh hielt sie inne, denn Tina stand mit Sabrina, der Tochter von Norbert, zusammen. Sabrina betonte ihre schlanke Figur mit enger moderner Kleidung, ihr Gesicht war geschminkt und die langen blonden Haare waren zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. In der Hand hielt sie eine Zigarette. Sabrina fuhr öfter mit ihrem Vater zum Training. Ihr Interesse galt aber mehr den Jungen der A-Jugend, die noch eine Stunde parallel mit den Frauen trainierten. Die beiden Mädchen schienen sich angefreundet zu haben, dabei war Tina drei Jahre jünger.

Die zwei standen auf der Terrasse des Vereinsheims.

Im Hintergrund erkannte sie Stefan, der ständige Schatten von Sabrina. Er hielt seinen Helm unter dem Arm und lehnte an der Terrassenbrüstung. Stefan war bereits volljährig. Der großgewachsene junge Mann wirkte durchtrainiert. Meistens trug er Lederklamotten, weil er ein Mini-Motorbike fuhr.

Einige aus ihrer Mannschaft erzählten, dass Stefan für Sabrina schwärmte. Er hatte seine Lehre abgebrochen und verdiente sich sein Geld mit Nebenjobs. Sabrina besuchte dieselbe Schule wie Tina, Tanja und Imke.

Sabrina zog an der Zigarette und gab sie Tina, die ebenfalls einen Zug inhalierte. »Oh, wenn das meine Ma sehen würde.«

»Bleib locker. Du bist wie ein Baby, wie deine kleine Freundin.«

Imkes Herz schlug schneller. War etwa sie gemeint?

Tina nahm einen weiteren tiefen Zug und fing an zu husten.

Sabrina lachte laut auf. »Mann, du bist echt noch ein Baby!« Sie griff zu der Zigarette. »Wenn du auf Bens Party mitkommen willst, musst du cooler auftreten!«

Noch immer hustend nickte Tina eifrig mit dem Kopf.

»Du musst dich von deinem Kindergartenimage lösen.«

»Was meinst du damit?«

»Wenn du mit deinem Fußballzwerg ankommst, nimmt dich doch keiner mehr für voll.«

Sabrina blies Tina den Rauch ins Gesicht.

»Iiih, lass das«, hustete Tina erneut. »Imke ist meine -«

»Sie ist ein Kind«, fiel ihr Sabrina ins Wort.

»Na ja, ein bisschen kindlich ist sie schon«, gab Tina zu.

»Na bravo, endlich merkst du es auch.« Übertrieben klopfte die Ältere Tina auf die Schulter. »Denk dran, ich kann dich am besten verstehen. Schließlich habe ich das alles durchgemacht.«

»Ja, ich weiß.« Tina starrte auf den Boden.

»Ben ist echt ein süßer Typ.« Sabrina schnippte die Kippe weg. »Du kannst dir was drauf einbilden, dass du mitkommen darfst!«

»Hat er mich echt eingeladen? Der kennt mich doch kaum!«

»Du starrst ihn doch immer an, wenn die Jungs trainieren. Das bekommt er mit. Na ja, und ein bisschen gesteckt habe ich ihm das auch.«

»Du hast was?«, fragte Tina aufgebracht.

»Ha, du bist echt niedlich. Denkst du, ein cooler Typ wie Ben kommt auf dich zu und lädt dich zu seiner Party ein? «

Imke kannte diesen Ben, der Benjamin hieß und in der A-Jugend Winkelbachs kickte. Tina hatte einmal erzählt, dass sie ihn total süß fände. Imke hatte damals entgegnet, dass er vor allem selbstverliebt und überheblich wäre. Zudem könne er nicht ordentlich Fußball spielen, denn seine Stärken beschränkten sich auf Schnelligkeit und Grätschen.

Was meint Sabrina damit, dass nur sie Tina versteht, weil sie das alles durchgemacht hat? Und warum hat Tina mich nicht verteidigt? Imke wischte sich Tränen aus den Augen und schlich im Schutz der Dunkelheit zu ihrem Fahrrad.


Am Freitag war das Training intensiv, aber nicht zu anstrengend, denn am nächsten Tag würde das Spiel gegen den Tabellennachbarn TSV Otterbach stattfinden. Der Sieger dieser Begegnung besaß die Chance, um die ersten drei Plätze in der Tabelle mitzuspielen.

Imke trainierte verbissen. Sie trickste auf engstem Raum, glücklich, den Ball am Fuß zu führen, ihn zu streicheln. In den Momenten vergaß sie sogar die Probleme mit Tina.

Nach dem Training auf dem Weg in die Kabine kam ihnen Benjamin entgegen, nickte Tina aber nur kurz zu. Imke sah, wie sich das Gesicht ihrer Freundin verfinsterte.

In diesem Moment fragte Tanja: »Ist euch auch aufgefallen, dass Hannah angespannt wirkte?«

Imke nickte. »Ja, am Mittwoch hat Norbert sie angemotzt. Vielleicht setzt ihr das noch zu.«

»Davon hast du ja gar nichts erzählt.« Tina runzelte die Stirn.

Wütend drehte sich Imke zu ihr und entgegnete: »Woher soll ich wissen, was dich noch interessiert? Du hast ja sowieso nur noch Benjamin und die blöde Fete im Kopf!«

Tina hielt ihre Freundin am Arm fest. »Was hast du denn?«

»Na, hat uns der Zwerg belauscht?« Sabrina kam wie aus dem Nichts und stellte sich zu Tina. Provozierend legte sie den Arm um ihre Freundin und sagte: »Tina ist einfach viel reifer als du.« Sie musterte Imke: »Du musst bestimmt noch fünf Jahre warten, bis dich jemand zu einer Feier einlädt! Wenn überhaupt …«

»Sei nicht so fies.« Tina sah verlegen aus.

»Ach, ich bin fies? Wolltest du nicht auf Bens Feier kommen? Bist du nächste Woche eingeladen, oder nicht? Du musst dich entscheiden, der Zwerg oder ich!«

Imke schaute Tina an und sah die Unentschlossenheit in deren Gesicht. Das war zu viel.

»Du brauchst dich nicht entscheiden«, sagte Imke. »Ab jetzt gehen wir getrennte Wege.« Sie drehte sich um und entfernte sich mit schweren Schritten. Ihre Hände zitterten. Starr den Blick nach vorne gerichtet, stapfte Imke in die Kabine, schnappte ihren Rucksack und eilte wieder hinaus. Sie vernahm weder Tanja, die ihr nachlief, noch die anderen Mitspielerinnen. Ihr Magen krampfte sich zusammen und sie hörte sich laut aufschluchzen.


Die Tränen liefen ihr über das Gesicht. Zu Hause stürmte sie an ihrem Vater vorbei zur Treppe. Er versperrte ihr den Weg und weinend fiel sie in seine Arme. Behutsam führte er sie in die Küche, wo Imkes Mutter am Abendbrottisch saß.

»Imke, was ist mit dir los?«, fragte sie und sprang vom Stuhl auf.

Martin Strobel, Imkes Vater, hob die Schultern. »Sie ist so nach Hause gekommen.«

Irene Strobel fuhr Imke über das kurze schwarze Haar: »Kleine, beruhige dich. Am besten erzählst du uns, was los ist.«

Imke schluchzte einige Male laut vor sich hin. Dann erzählte sie ihren Eltern von dem Streit mit Tina.

»Seit einigen Wochen … hat sie sich total verändert«, sagte sie und schnäuzte sich die Nase. »Jetzt ist diese Sabrina ihre Freundin. Sie hat sich gegen mich entschieden!«

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