Kitabı oku: «Wenn Sie wollen. nennen Sie es Führung», sayfa 5

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Beim darwinistischen Modell wird die Anpassungsleistung des eigenen Systems und gegebenenfalls fremder Systeme über einen dritten Maßstab gemessen; dabei ist dann Konkurrenz im Spiel. Hingegen variiert das systemische Modell lediglich die eigenen Operationen (V), ohne Referenz auf die Umwelt oder andere Systeme als externem Maßstab.

Vielleicht kann Zenons Paradoxon von Achill und der Schildkröte den Unterschied noch einmal verdeutlichen: Eine Schildkröte wettet mit dem schnellen Achill, dass er sie, mit einem kleinen Vorsprung bedacht, nie einholen könne, und sie behält recht. Achill muss nämlich immer erst zu dem Punkt kommen, an dem sie schon ist. Während Achill die Strecke bewältigt, die die Schildkröte als Vorsprung bekommen hat, verschafft sich die Schildkröte einen neuen – wenn auch kleineren – Vorsprung. Und so geht es weiter. Mithin kann sich Achill asymptotisch annähern und die Entfernung ständig verringern, aber er kann das Tier doch nie einholen. Die Parabel verdeutlicht die Unmöglichkeit systemischen Wettkampfs. Im darwinistischen Verständnis des Wettkampfs würde natürlich Achill siegen, denn Wettkampf würde dann als Vergleich der beiden gegenüber einem dritten Maßstab verstanden werden, in diesem Fall einer gesetzten Ziellinie.

Unterscheidungskriterium Konkurrenz

Unter erkenntnistheoretischen Gesichtspunkten legt das darwinistische Modell in seiner Abbildtheorie einen philosophischen Realismus zugrunde. Daher wird Adaption als Vergleich mit einem externen dritten Maßstab verstanden. Das eigene System vergleicht sich und andere Systeme anhand des durch die Umwelt vorgegebenen Maßstabs, dem Tertium Comparationis. Konkurrenz kann somit definiert werden als der Vergleich aller Organismen am Maßstab ihrer Anpassung an die Umwelt.

In systemtheoretischer Perspektive findet kein Vergleich statt, da erkenntnistheoretisch die Außenwelt weder erkannt noch fokussiert wird. Die Umweltanpassung (A(U)) wird hier lediglich als Variation (V) eigener Systemordnung verstanden. Hat man dies verstanden, wird auch klar, dass im systemtheoretischen Sinne ein Organismus nicht zu anderen in Konkurrenz treten kann. Ein Vergleich mit anderen setzt einen Vergleichsmaßstab als drittes Moment voraus. Wird dieser nicht angelegt, kann man zwei Individuen in ihrer jeweiligen Einzigartigkeit nicht vergleichen. Mit sich selbst in Wettkampf zu treten, ist ebenfalls unsinnig, denn Konkurrent und Maßstab werden dann identisch.

Unterschiedliches Verständnis von »Leistung«

Die Differenz von Umweltanpassung im darwinistischen Sinne (A(U)) und Variation im systemischen Sinne (V) zeigt sich beispielsweise auch darin, wie Motivation und Leistung eines Organismus definiert werden. Im darwinistischen Sinne entspricht Leistung einer Anpassungsleistung, die mithilfe eines externen Maßstabs, der überindividuell gesetzt ist, ermittelt wird. Dieser Maßstab ist für alle Organismen gleich. Im systemischen Sinne entspricht Leistung der Variationsleistung, eine Leistung, die von außen gleichsam erzwungen wird, auf Ebene der Selbstorganisation aber immer schon vorhanden ist. Dagegen scheint der darwinistisch verstandene Organismus aktive Leistung an die Adaption zu binden, die Leistung wird damit durch das Delta von Umwelt- zu Selbststruktur bestimmt. Fehlt dieses Delta, findet sich im Organismus nach dieser Theorie zunächst kein Leistungsinteresse. Aus diesem Paradigma ergibt sich auch die geläufige Folgerung, dass die Natur des Menschen so gestrickt sei, dass er vor allem unter Druck und Anpassungszwang zu Leistung bereit sei.

Unterschiedliches Verständnis von »Motivation«

Auch Motivation wäre demnach im darwinistischen Sinne extrinsisch, durch den Anreiz, das Delta zu vermindern, geprägt. Im systemischen Sinne dagegen ist Motivation immer schon vorhanden, noch vor jeder Perturbation. Dies zugestanden, können wir uns fragen, ob Motivation durch Perturbation nicht reziprok zum darwinistischen Verständnis gesehen werden muss, also als abnehmend bei zunehmender Perturbation. Ein Organismus, der die Selbstorganisation aufrechterhalten will, fühlt sich durch Perturbationen in seiner Organisation gestört und nicht motiviert. Konkurrenz kann somit nach systemischer Theorie kein leistungssteigerndes Mittel sein. Konkurrenz kann in systemischem Verständnis gar nicht als solche wahrgenommen werden, weil der hierfür nötige Vergleichsmaßstab im System fehlt. Zum anderen wird Leistungsdruck in systemischer Weise nicht mit Adaptionsleistung beantwortet, sondern mit Variation, welche mit verminderter Selbstorganisation gleichgesetzt werden kann. Dies wird, aller Wahrscheinlichkeit nach, Motivation aber nicht stärken, sondern schwächen. Das darwinistische Paradigma der Konkurrenz hingegen verspricht eine Leistungssteigerung durch Anpassungsdruck.

In dem Maße, wie die Systemtheorie Anpassung in diesem Sinne nicht kennt, sind auch die Begriffe von Leistung und Motivation neu zu definieren. Leistung findet demnach immer schon statt, unabhängig vom vorhandenen Umweltdruck. Ebenso ist die Motivation, Leistung zu erbringen, im selbstorganisatorischen System bereits ab ovo angelegt. Hindert man Systeme an ihrer Tätigkeit, so werden Motivation und Leistung gemindert, nicht gefördert. Diese Aussagen haben entscheidende Folgerungen für Unternehmen und erfolgreiches Performance-Management, wie wir in Kapitel 11 noch sehen werden.

Der unverstandene Darwin?

Soziale Instinkte

In zahlreichen späteren Interpretationen ist Darwin einseitig in Richtung Sozialdarwinismus ausgelegt worden, und das prägt auch heute noch vielfach unser Verständnis. Dabei steht er systemtheoretischen Überlegungen in der Evolutionsbiologie näher, als es in der öffentlichen Rezeption deutlich wird. Obwohl Darwin nur noch wenige Instinkte als verhaltensprägend für den Menschen ansieht, führt er doch Liebe und Sympathie durchaus als instinktive Merkmale an. Das Motiv der Hilfeleistung ist für ihn beim Menschen ein modifizierter Impuls, der zusätzlich zu seinen vererbten Merkmalen durch Lob und Tadel der Mitmenschen beeinflusst wird. Je höher allerdings die Entwicklung von Organismen, desto geringer sei die Bindung an Instinkte – und dies gilt auch für gegenseitige Hilfe. Für Darwin werden Liebe, Sympathie, Selbstbeherrschung und Hilfsbereitschaft zu einem großen Teil auch von Gewohnheit bestimmt; sie lassen sich stark von der Lebensführung und den Urteilen des sozialen Umfeldes beeinflussen.

In höher entwickelten Kulturen weiten sich soziale Instinkte und Sympathien auch auf Fremde aus. (Darwin 1871) Darwin führt darüber hinaus das Prinzip der Unterstützung Schwacher an, um das Wohl der Gemeinschaft zu erhalten. Dementsprechend haben diejenigen Gemeinschaften die meisten Nachkommen, welche die meisten harmonisierenden Mitglieder haben.

In Anlehnung an Herbert Spencer geht Darwin von der Möglichkeit aus, dass moralische Neigungen sich vererben, wie er überhaupt einen Teil »Lamarckismus« in sich trägt, wenn er behauptet, dass Gewohnheiten, die generationenlang ausgeübt werden, dazu neigen, vererbt zu werden. (Darwin 1905) Eine vollständige Lösung vom Lamarckismus propagierte erst später der Neodarwinist August Weismann. (Mayr 1988)

Darwin war kein Sozialdarwinist

Der Begriff »Survival of the Fittest«, der nachweislich erst durch Herbert Spencer eingeführt wurde, lässt sich inhaltlich erst in – Darwin selbst fremden – sozialdarwinistischen Konzepten finden. Das zeigt sich auch daran, dass Darwin mit »Fitness« keine positive Konnotation verband, sondern lediglich das Faktum der Reproduktionsfähigkeit ansprach: »Das hat zur Folge, daß gerade diejenigen Gesellschaftsschichten, die nach Ansicht der Sozialdarwinisten für die Degeneration der zivilisierten Menschheit verantwortlich sind, orthodox-darwinistisch gerade die höchste ›fitness‹ erreichen, wenn sie besonders kinderreich sind. Sozialdarwinisten wollen dagegen erreichen, daß die im normativen Sinne ›Besten‹ sich am zahlreichsten fortpflanzen. Für die Auszeichnung dieser Besten ist dann aber gerade ein Maßstab nötig, der nicht der Natur entnommen werden kann.« (Gräfrath 1997, 92)

Moralisches Gefühl als Kennzeichen des Menschen

Darwin verfolgt gemäß seiner teleologischen Ethik einen Utilitarismus, indem für ihn das Prinzip des größtmöglichen Glücks für die größtmögliche Zahl als fester Maßstab von Recht und Unrecht gilt. Auch ist das moralische Gefühl für Darwin das höchste Differenzierungskriterium zwischen Mensch und Tier. Angeborenes moralisches Gefühl und soziale Verstärkung sowie Gewohnheit bilden somit die menschliche Sittlichkeit, die Darwin mit der »Goldenen Regel« ausgedrückt sieht: »Was ihr wollt, das euch die Leute tun sollen, das tut ihr ihnen.« (Darwin 2002/1871, 161)

Auch der Wert der Kooperation wird bereits bei Darwin gewürdigt, wenngleich die spätere Rezeption dies meist unterschlagen hat. Darwin zufolge ist bei Not und Gefahr diejenige Gemeinschaft erfolgreich, die bereit ist, zu helfen; Selbstsucht und Unverträglichkeit stehen einem Überlebenserfolg entgegen. Den Ausgangspunkt für Darwins ethischen Gradualismus, der durch soziale Sanktionen zunächst Gewohnheit wird und dann durch Gewohnheit wiederum vererbt wird, bildet der Lamarckismus, vereint mit der sozialen Sanktionierung unethischen Verhaltens. Durch diese Annahme transzendiert Darwin das oft unterstellte primitive Prinzip eines vulgären Mutations-Selektions-Mechanismus. Diesem gemäß würden ja die Sittlichen und Mutigen durch ihre Aufopferung für andere im Kampf umkommen und könnten ihre »edlen« Anlagen gerade nicht vererben.

Die »nachteiligen Folgen der Erhaltung und Vermehrung der Schwachen«

Allerdings würde man Darwin falsch verstehen, wollte man Hilfsbereitschaft, Sittlichkeit oder Kooperation generell als prägende Merkmale seines Evolutionismus annehmen. Dazu gibt es zu viel Widersprüchliches in seinen Ausführungen selbst, und letztlich scheint sein teleologischer Gradualismus, also die Annahme einer ständigen Höherentwicklung des Organischen, auch bei seinen ethischen Überlegungen alle anderen Aspekte zu überschatten. Dies zeigt sich beispielsweise daran, dass für Darwin die Vernachlässigung Schwacher und Hilfloser teleologisch durchaus zu rechtfertigen ist, wenngleich sie weder »erwartet« noch »erhofft« werden kann und wir uns somit »mit den ohne Zweifel nachteiligen Folgen der Erhaltung und Vermehrung der Schwachen abfinden« müssten. (Darwin 2002/1871, 171) Bereits Kropotkin (1908) hat hier eingewandt, wie seltsam diese Auffassung anmutet, zumal wir doch das Schaffen von oft nicht lebensstarken Dichtern, Künstlern, Wissenschaftlern und Genies gerade als Manifeste unserer aufstrebenden Kultur nähmen. Da Darwin die Künste durchaus als evolutionären Zweck versteht (Darwin 1871), besteht auch hier ein immanenter Widerspruch seiner Theorie.

Wenngleich Darwin zwar nicht von einem angeborenen Aggressionstrieb ausging, die Aggression vielmehr als reaktives Phänomen ansah, betrachtete er den Kampf zwischen Individuen und Arten durchaus als Gesetz der Evolution. In seiner Annahme einer fortschreitenden Entwicklung sprach er sich dafür aus, dass der Mensch einem heftigen Kampf ausgesetzt bleiben müsse. (Darwin 1871) Konrad Lorenz hat später unter Berufung auf Darwin den Kampf- bzw. Aggressionstrieb fälschlicherweise als primären menschlichen Trieb ausgeführt, obwohl die von Lorenz angeführten Tierbeispiele gerade Argumente zum Verständnis der Aggression als reaktive Verteidigungsmodi waren. Lorenz brachte sie aber als Nachweise für eine primäre Angriffslust beim Menschen. (Bauer 2008) Ungelöst bleibt bei Darwin auch der bei vielen Autoren angeführte immanente Widerspruch, wie Individuen und Spezies im fortwährenden Daseinskampf Nutznießer der Evolution bleiben können, obschon sie ständige Einbußen ihrer Vitalität erleiden.

Darwin heute

In der aktuellen Forschung scheinen die zufällige Variation des biologischen Substrats sowie die Selektion durch optimale Reproduktion keine hinreichenden Voraussetzungen mehr für die Erklärung komplexer Evolutionsphänomene zu sein. Dennoch gibt es heute sowohl in der Biologie als auch etwa in der Ökonomie noch ein breites darwinistisches Wissenschaftscredo, das die Durchsetzung neuer Paradigmen erschwert und die »Gefahr der Exkommunikation aus der wissenschaftlichen Gemeinde nach sich zieht« (Bauer 2008, 111). Ungeachtet dessen gibt es hochrangige und angesehene Forscher, wie etwa S. J. Gould, J. A. Shapiro, L. Margulis oder B. McClintock, die sich für ein neues Verständnis der Evolutionsbiologie einsetzen. Die Strategie zahlreicher Gutachter internationaler Fachzeitschriften, wissenschaftliche Daten nur dann zur Veröffentlichung anzunehmen, wenn sie dem darwinistischen Credo entsprechen, sieht Joachim Bauer als »vorübergehende, behelfsweise Überlebensstrategie zur Aufrechterhaltung dieses Dogmas« (Bauer 2008, 128).

Zusammenfassung

Die Prinzipien der Evolution sind in ihrer Dynamik weniger durch Mutation und individuelle Konkurrenz bestimmt, sondern im Wesentlichen durch Selbstorganisation, Kooperation, Emergenz, Koevolution und Replikation. Kollektive Intelligenz entsteht als emergente Eigenschaft, ohne dass dafür Führung von oben nötig ist. Ordnung ist im Rahmen von Selbstorganisation in lebenden Systemen immer schon vorhanden, und zwar bereits auf Ebene des Genoms; sie kommt nicht erst durch Selektion und Mutation in die Welt.

Der Begriff der Konkurrenz spielt für den Darwinismus eine wichtige Rolle. Unabdingbare Voraussetzung ist dabei ein externer Vergleichsmaßstab. Systemtheoretisch hingegen ist Konkurrenz formal nicht möglich und praktisch unsinnig.

Aus darwinistischer Perspektive entsteht Leistung durch Anpassungsdruck, aus systemischer Sicht sind Leistung und Motivation immer schon vorhanden und werden durch Anpassungsdruck vermindert, da der externe Maßstab von den Eigengesetzlichkeiten absieht.

Überlebensfähigkeit definiert sich postdarwinistisch nicht durch die Anpassung des Lebens an eine bestehende Umwelt, sondern durch Koevolution selbstorganisatorischer Lebensprozesse. Auch praktisch zeigt sich der Gedanke der Konkurrenz nicht als dominierendes Prinzip des Lebens, er tritt vielmehr zugunsten von Kooperation, Vernetzung und Koevolution in den Hintergrund. Reine Kooperationsstrategien erweisen sich aber ebenso wie reine Konkurrenzstrategien als nicht überlebensfähig. Mittelfristig, langfristig und evolutionär stabil ist eine Kooperationsstrategie nur dann, wenn sie durch die Fähigkeit ergänzt wird, bei Bedarf zu »kämpfen«.

* Letztlich lässt sich Variation auch als Adaption in einem gewissen Sinne definieren, insofern nur solche Variationen zugelassen werden, die überlebensfähig sind. Innerhalb dieses Viabilitätsrahmens sind viele Variationen möglich, solange sie nicht untergehen. Insofern kann man innerhalb eines gewissen Rahmens auch hier von »Adaption« sprechen. Um den Unterschied zur Abbildadaption deutlich zu machen, empfiehlt sich jedoch der Begriff des »Driftens« (Bertalanffy 1969).

3. Warum der Apfel nicht nach oben fällt

Treffen sich zwei Planeten:

»Wie geht’s denn?«

»Nicht so gut.«

»Wieso, was hast du denn?«

»Ach, ich habe Homo sapiens.«

»Ach so. Das ist nicht so schlimm, hatte ich auch schon mal.

Das geht vorüber.«

Die Suche nach dem Bauplan der Welt

Keine Trennung mehr zwischen lebenden und nicht lebenden Systemen

Systemische Strukturen finden sich in der physikalischen Welt sehr zahlreich: vom Mikrokosmos (Atome) bis hin zum Makrokosmos (Universum). In der Welt der Physik haben wir es dabei im Gegensatz zu den lebenden Systemen der Biologie per definitionem nicht mit lebenden Systemen zu tun, doch diese Unterscheidung ist heutzutage nicht mehr sinnvoll. In der Systemtheorie wurde diese Trennung schon früh aufgelöst, indem nach Gesetzmäßigkeiten gesucht wurde, die sowohl auf lebende als auch auf nicht lebende Systeme zutreffen.

Wissenschaftlichkeit

Der umfassende Anspruch der Systemtheorie führte aber auch dazu, dass esoterische Richtungen wie die New-Age-Bewegung in den 1980er-Jahren versuchten, die Systemtheorie zu vereinnahmen. Die Grundlage dafür bildete eine holistische Weltsicht, der zufolge alles mit allem zusammenhängt. Auch wenn führende Systemtheoretiker sich von esoterischen Bestrebungen distanzierten, wurde der Anspruch auf Wissenschaftlichkeit geschwächt. Diesem Problem sieht sich jede Universalerklärung ausgeliefert, da der semantische Versuch, alle Begriffe zu erklären, (noch) nicht wissenschaftlich genannt werden kann, wenngleich auch etwa physikalische Theorien in Hypothesenbildungen die »reine« Wissenschaft transzendieren.

Suche nach der Weltformel

Seit langer Zeit versuchen die Naturwissenschaften, eine einzige Theorie zu finden, die das gesamte Universum beschreibt. Selbst innerhalb der Physik wird das Universum heute etwa mithilfe zweier Theorien beschrieben, die bis jetzt noch nicht in Einklang miteinander gebracht werden konnten: mit der allgemeinen Relativitätstheorie (bzw. Gravitationstheorie) sowie mit der Quantenmechanik. Ob die Entdeckung einer einzigen, vollständigen Theorie überhaupt einen nützlichen Beitrag für uns leisten könnte, ist dabei noch offen. Es müsste jedenfalls eine interdisziplinäre Theorie sein, die über die physikalisch-mathematische Beschreibung der Welt hinausgeht und ein vollständiges System von grundlegenden Gesetzen umfasst, das etwa auch biologische und anthropologische Ableitungen enthält oder zulässt. (Hawking 2009) Aus philosophischer Sicht kann es keinen Zweifel geben, dass wir schon aufgrund unseres Erkenntnisverlangens nicht eher ruhen werden, bis der »Bauplan« der Welt entdeckt ist. Die Systemtheorie will hierbei einen interdisziplinären Beitrag leisten. Welcher rote Faden verbindet nun biologische und physikalische Systeme im systemischen Sinne?

Kybernetik

Die Kybernetik wurde Mitte der 1940er-Jahre von dem österreichischen Physiker Norbert Wiener begründet. Ihr Gegenstand ist die Steuerung – sowohl die Steuerung von Maschinen als auch die Steuerung von lebenden Organismen. Der amerikanische Anthropologe Gregory Bateson, der stark von Wiener beeinflusst war, erklärte lebende Systeme als kybernetische Regelkreise, die zunächst homöostatisch aufgebaut sind. (Bateson 1972) Demnach sieht er alle biologischen Systeme in der Evolution wie Organismen, Tiere, Menschen und Natur als regulierte Systeme, die ihrerseits wieder geregelte Subsysteme haben. Alle Systeme haben die Eigenheit, sich zu regenerieren. Die vorhandenen Regelkreise für diese Regeneration nennt er homöostatisch. Das bedeutet, dass Systeme danach streben, ein Fließgleichgewicht zu erreichen. Bei einer Veränderung von außen regelt das kybernetische System nach, um das homöostatische Fließgleichgewicht wiederherzustellen.

Klassische Vorstellung: Ordnung als Gleichgewicht

Das Wort »Kybernetik« entstammt dem Griechischen und bedeutet »Steuermann«. Wiener (1948) verwendet es für jede Art von Regelkreis, von der Informationsübertragung in der Nachrichtentheorie über maschinelle Steuerungssysteme bis hin zum »System« Mensch. Die Theorie der Kybernetik fußt dabei noch auf dem klassischen physikalischen Verständnis, wonach Ordnung mit Gleichgewicht verbunden ist (zum Beispiel in Kristallen) und Unordnung mit Nichtgleichgewicht (zum Beispiel bei Turbulenzen). So verstand noch der Computerpionier J.W. Forrester (1971) die Regelkreislehre nicht nur als adäquate Lehre zum Verständnis des Lebens, sondern betrachtete zugleich die Homöostase als Ideal schlechthin. Dabei sieht er auch makroskopisch einen weltweiten Gleichgewichtszustand als Ideal an, der aus Wachstumsprozessen gestaltet werden muss. Mit diesen Gedanken hat er auf den Club of Rome in den 1970er-Jahren Einfluss genommen.

Systemtheorie: Nichtgleichgewicht als Ursprung von Ordnung

In diesem frühen Begriff der Kybernetik war die Möglichkeit der Bildung neuer Strukturen und Verhaltensweisen als selbstorganisierte Prozesse noch nicht angedacht, sodass dynamische Prozesse wie Evolution, Entwicklung oder Kreativität noch nicht angemessen erklärt werden konnten. In der Systemtheorie wird gerade das Nichtgleichgewicht zum Ursprung von Ordnung. (Capra 1996)

Dennoch war auch in dieser frühen Konzeption der Kybernetik bereits der Gedanke der Eigengesetzlichkeit angelegt. Norbert Wiener hat ihn nach eigenen Angaben der philosophischen Monadenlehre von G.W. Leibniz entnommen. Er betont dabei die Abgeschlossenheit der Monaden, die dadurch zum Ausdruck kommt, dass diese keine »Fenster« haben. Leibniz’ sogenannte »Monadologie« hatte in den Geisteswissenschaften großen Einfluss, auch Goethe etwa benutzte den Begriff als Charakteristikum für individuelles, beseeltes Leben. Leibniz selbst definierte Monaden als einfache, vollkommene Substanzen, deren »Selbständigkeit sie zu Quellen ihrer inneren Tätigkeiten macht« (Leibniz 1998/1720, 19). Dies wird auch die Grundlage für das physikalische Verständnis von Selbstorganisation bilden, in der Folge mit dem Begriff »Dissipation« bezeichnet.

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