Kitabı oku: «Schreiben und Reflektieren», sayfa 2

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Keller, Stefan. 2014. »E-Portfolios als Lern- und Prüfungsinstrumente in der Lehrerinnen- und Lehrerbildung.« Beiträge zur Lehrerinnen- und Lehrerbildung 32 (1): 101–119.

Klotz, Peter. 1996. Grammatische Wege zur Textgestaltungskompetenz. Theorie und Empirie. Germanistische Linguistik, 171. Tübingen: Niemeyer.

Miskovic, Jeanina. 2006. »Das Lernpotential von reflexivem Schreiben in der Lehrer-Innenausbildung.« Zeitschrift Schreiben, 9. Juni, 1–5. Zugriff 8.5.2015. www.zeitschrift-schreiben.eu/2006/miskovic_Portfolio.pdf.

Saxalber, Annemarie und Ursula Esterl, Hrsg. 2010. Schreibprozesse begleiten: Vom schulischen zum universitären Schreiben. Innsbruck: StudienVerlag.

Corinne Wyss und Daniel Ammann Rundum reflektieren Von der praktischen Erfahrung zum planvollen Handeln

In den letzten Jahren sind zahlreiche Aufsätze, Untersuchungen und Ratgeber erschienen, die Reflexion im Lehrberuf thematisieren. Sowohl in der Empirie als auch in der Praxis hat Reflexion an Bedeutung gewonnen. Aus verschiedenen Publikationen geht jedoch hervor, dass das Konzept von Reflexion trotz seiner Popularität noch unscharf definiert ist (vgl. z.B. Williams & Grudnoff 2011, 281; Marcos, Sanchez & Tillema 2011, 22; Rodgers 2002, 842). Unsere Ausführungen sollen zur Klärung des Begriffs beitragen und die Absichten und Ziele aufzeigen, die mit Reflexion in der Unterrichtspraxis verbunden werden. Als Instrument für die (hochschul-)didaktische Praxis entwerfen wir ein handlungsleitendes Modell und legen Gelingensbedingungen professioneller Reflexion dar.

Absichtsvolles Üben

Übung macht zwar den Meister und die Meisterin, verspricht eine bekannte Redensart, aber langjährige Erfahrung allein garantiert noch keinen Lernfortschritt. Routine kann sogar hinderlich sein, wenn Fertigkeiten und Handgriffe zwar automatisiert, aber nicht überprüft und optimiert werden. Erst im Zusammenspiel zwischen kritischer Selbstevaluation und externem Feedback wird Entwicklung angestoßen. In der Reflexion richtet sich der Blick zum Beispiel auf ausgewählte Vorkommnisse oder Stolpersteine und kann in der Analyse Muster oder Strategien zutage fördern, die bisher nicht hinterfragt wurden und nur unter bestimmten Voraussetzungen zum erwünschten Ziel führen. Kritisches und wertschätzendes Feedback, sowohl von Peers als auch von erfahrenen Mentorinnen und Mentoren, unterstützt diesen Prozess durch Leitfragen, Anregungen, Übungsaufträge und abgestimmten fachlichen Input. Eine Aufgabe dieses Settings ist die Komplexitätsreduktion, denn der Novize oder die Novizin ist noch nicht mit allen Faktoren vertraut und kann den Blick nicht gleichzeitig und von Anfang an auf alle Ebenen richten.

Diese Art von Hilfestellung braucht es auch für das Schreiben von Reflexionstexten, wie Maureen Harris in ihrem Artikel betont: »Students find reflective writing difficult, and although they are willing to accept its value and engage in the process, they require a regular, specific and sensitive critical response from their writer–responder and follow-up supportive contact« (Harris 2008, 314). Damit Lernerfahrung in einer Disziplin nachhaltig ist und zu einem Kompetenzaufbau führt, bedarf es – bei ausreichendem Talent und Motivation – vor allem kontinuierlicher Übung in Verbindung mit Reflexion. Ericsson, Krampe und Tesch-Römer sprechen in diesem Zusammenhang von absichtsvoller Praxis (»deliberate practice«).

The most cited condition concerns the subjects’ motivation to attend to the task and exert effort to improve their performance. In addition, the design of the task should take into account the preexisting knowledge of the learners so that the task can be correctly understood after a brief period of instruction. The subjects should receive immediate informative feedback and knowledge of results of their performance. The subjects should repeatedly perform the same or similar tasks. (Ericsson, Krampe & Tesch-Römer 1993, 367)

Für wahres Expertentum wird in der Literatur die magische Zahl von 10 000 Übungsstunden genannt (vgl. Gladwell 2009, 40 f.). Wie Ericsson und seine Kollegen hervorheben, ist neben Konzentration und Übungsstunden insbesondere die gezielte Instruktion erforderlich. Um sichtbare Fortschritte zu erzielen und zu einer Expertise oder Meisterschaft zu gelangen, benötigen Novizen bzw. Novizinnen fachliches Feedback und auf den Kompetenzaufbau abgestimmte Lehr- und Lernschritte (scaffolding). »In the absence of adequate feedback, efficient learning is impossible and improvement only minimal even for highly motivated subjects« (Ericsson, Krampe & Tesch-Römer 1993, 367).

Reflexive Praxis, wie sie in der Lehrerinnen- und Lehrerbildung regelmäßig eingefordert wird, leistet demnach einen wichtigen Beitrag: Sie ermuntert im Erfahrungsaustausch zum Vergleich, regt zur konstruktiven Kritik und Selbstevaluation an und installiert mit dem reflektierenden Schreiben ein Förderinstrument, das später im Berufsalltag weiterhin von Nutzen ist. Aber auch diese Reflexionsarbeit verlangt Übung und kompetente Begleitung, wenn sie nicht zur Alibiübung – zum Leerlauf – verkommen will (vgl. den Beitrag von Honegger & Beglinger in diesem Band). Damit es Lernende über die Jahre zu einer Könnerschaft bringen und Reflexion im Berufsleben sinnvoll implementieren können, sollte die Reflexionsarbeit in der Ausbildung zwar nicht überstrapaziert, aber mit einer gewissen Regelmäßigkeit und als deliberate practice gepflegt werden.

Lernprozesse anregen – Selbstkenntnis fördern

Der Reflexion werden zwei übergreifende Zielsetzungen zugeschrieben. Einerseits »engender change in order to improve the practice« und andererseits »develop further self knowledge and understanding« (Sellars 2012, 462). Durch die Reflexion werden sich Menschen ihrer eigenen Aktivitäten und deren Auswirkungen auf andere Personen bewusst. Es werden Hintergründe und Erklärungen gesucht sowie Handlungsalternativen ausgearbeitet. Der Reflexionsprozess ist dabei in einem wechselseitigen Verhältnis zur Praxis, indem sich die Reflexion zumeist auf die Praxis bezieht und ihrerseits Einfluss auf die Praxis ausübt. Praxiserfahrungen mit theoretischen Konzepten und Modellen zu verbinden, ist für die Ausbildung von Lehrpersonen zentral. Um Handlungen und Handlungsalternativen zu klären und zu begründen, ist es wünschenswert, in der Reflexion auch theoretische Aspekte zu Hilfe zu nehmen. So werden in der Ausbildung thematisierte Inhalte mit konkreten Praxiserfahrungen verknüpft, und das oft monierte Theorie-Praxis-Problem wird reduziert.

Auf der Grundlage dieser Überlegungen kann Reflexion folgendermaßen definiert werden:

Reflexion ist ein gezieltes Nachdenken über bestimmte Handlungen oder Geschehnisse im Berufsalltag. Individuell oder im Austausch mit anderen Personen werden die Handlungen oder Geschehnisse systematisch und kriteriengeleitet erkundet und geklärt. Dies geschieht unter Einbezug von: (1) erweitertem Blickwinkel, (2) eigenen Werten, Erfahrungen, Überzeugungen, (3) größerem Kontext (theoretische, ethisch-moralische, gesellschaftliche Aspekte). Aus dem Prozess werden begründete Konsequenzen für das weitere Handeln abgeleitet und in der Praxis umgesetzt. (Wyss 2013, 55)

Neben den eher kognitiven Aspekten, welche persönliche und professionelle Lernprozesse betreffen, findet man in der Literatur Hinweise darauf, dass die Reflexion auch Einfluss auf das eigene Wohlbefinden und die Berufszufriedenheit haben kann. Durch die Reflexion werden wir der äußeren Gegebenheiten wie auch der persönlichen Voraussetzungen und Bedürfnisse gewahr. Wird die Reflexion bereits während der Ausbildung erlernt und gefördert, hilft dies, den Einstieg ins Berufsleben erfolgreich zu meistern und sich bei der Arbeit längerfristig wohlzufühlen (Stokking et al. 2003, 335). Die Reflexion ermöglicht, die Diskrepanz zwischen den eigenen Ansprüchen und realen Handlungsmöglichkeiten zu erkennen, die gemäß Dauber (2006, 31) die Hauptursache für berufliches Burn-out darstellt. Dank Reflexion kann sich diese Diskrepanz und damit das Burn-out-Risiko verringern. Außerdem gibt es Hinweise darauf, dass reflektierte Lehrpersonen ein besseres Verhältnis zu ihren Schülerinnen und Schülern haben, was das Wohlbefinden im schulischen Alltag positiv beeinflussen kann (Banoobhai 2012, 177).

Reflexion kann die persönliche und berufliche Entwicklung im Sinne des lebenslangen Lernens anregen und fördern, denn »thinking about one’s experiences is believed to enhance professional learning and growth« (Hume 2009, 247). Reflexion kann damit verhindern, dass Lehrpersonen in einförmige Berufsausübung verfallen, und gibt ihnen die Möglichkeit, den beruflichen Alltag aktiv und selbstbewusst selber zu gestalten sowie sich an der schulischen, politischen und gesellschaftlichen Entwicklung zu beteiligen (Zeichner & Liston 1996, 6 f.; Brookfield 1995, 298).

Damit Reflexion gelingt

Professionelle Reflexion fordert von einer Lehrperson verschiedene Kenntnisse und Fähigkeiten, die nicht selbstverständlich als vorhanden angenommen werden können: »[…] reflection, as we argued earlier, is an active, effortful enterprise; it does not just happen« (Wildman et al. 1990, 148). Um sich gezielt und gekonnt mit beruflichen Handlungen und Aktivitäten auseinandersetzen zu können, braucht eine Lehrperson professionelles Wissen, das ihr ermöglicht, Situationen adäquat einzuschätzen, zu beurteilen und allfällige Handlungsalternativen auszuarbeiten. Neben dem Professionswissen muss eine Lehrperson auch überfachliche Kompetenzen, metakognitive Fähigkeiten und intrapersonelle Intelligenz aufweisen, um eine Reflexion erfolgreich durchführen zu können (Sellars 2012, 463). Außerdem ist die Umsetzung von Reflexionsprozessen abhängig vom Umfeld, in dem sich die angehende Lehrperson befindet. Reflexion ist eine hochgradig persönliche Aktivität. Sich selber und die eigenen Handlungen zu hinterfragen, berufsbezogene Kognitionen bewusst zu machen, diese zu analysieren und gegebenenfalls zu ändern, kann Unbehagen, Demotivation oder gar Widerstände auslösen. Nicht selten wird die Reflexion als überflüssige Zusatzbelastung betrachtet und deshalb abgelehnt (Erlacher & Ossimitz 2009, 9; Hatton & Smith 1995, 36).

Da in der Praxis ein verbindliches Orientierungsschema oder musterhafte Beispiele häufig fehlen, herrscht bezüglich thematischer Ausrichtung und Tiefe der Reflexion meist Unsicherheit. Im Folgenden schlagen wir ein praktikables Raster für das Verfassen und Begleiten von Reflexionen vor, in das sich bisherige Ansätze und komplexere Modelle ohne Weiteres integrieren lassen.1 Die Reflexionstriade (Abb. 1) soll in erster Linie die Lernenden selber in ihrer Reflexionsarbeit anleiten und ihnen dabei helfen, beim mündlichen oder schriftlichen Reflektieren systematisch und ausgewogen vorzugehen. Ebenso sollen die Peers in der Lerngruppe, Praxisbegleiter und -begleiterinnen oder Mentorinnen und Mentoren beim Verfassen von konstruktiven Rückmeldungen und förderorientierten Kommentaren unterstützt werden. Die Segmente Rückschau, Fokus und Ausblick dienen als Orientierung und Vorgabe. Als Assoziationsfelder, Prompts oder Merkpunkte werden jeder dieser Phasen drei weitere Stichworte beigefügt. Diese müssen keineswegs in jeder Reflexion gleich gewichtet oder stur abgearbeitet werden. Vielmehr wollen wir die Begriffe im Sinne einer Checkliste als Denkanstöße verstehen und Reflektierende wie Betreuende dazu anregen, es nicht einfach bei einem »Handlungsbericht, garniert mit Pauschalurteilen« (Bräuer 2014, 56), bewenden zu lassen. Nicht zuletzt ist das systematische Abklopfen von Erfahrungen dabei behilflich, Entwicklungen nachzuverfolgen, Irritationen offenzulegen und blinde Flecken aufzuspüren (vgl. dazu den Beitrag von Honegger & Beglinger in diesem Band).


Abb. 1:Triadisches Modell der Reflexion (nach D. Ammann, T. Hermann und C. Wyss; Illustration C. Ammann)

1. Rückschau

In einem ersten Schritt wird aus der Erinnerung auf eine Aktivität zurückgeschaut, vielleicht unmittelbar im Anschluss daran, und diese in knapper Form geschildert. Im Sinne einer Bestandsaufnahme oder eines kurzen Tätigkeitsprotokolls wird das Ereignis in seinen wichtigsten Phasen vergegenwärtigt und dokumentiert. Was war der Anlass? Was ist in chronologischer Abfolge passiert? Welche Vorgaben, Handlungen, Materialien, Reaktionen oder Interventionen haben den Prozess mitbestimmt? Was ist dabei herausgekommen? Wie habe ich mich dabei gefühlt? In Ergänzung zur rein beschreibenden Rekapitulation kann hier bereits bewertend festgehalten werden, ob ein gesetztes Ziel erreicht wurde und wie der Prozess für die Teilnehmenden verlaufen ist.

▸Kontext: Unter diesem Stichwort werden Umstände und Voraussetzungen geklärt. Wie lautete der Auftrag, die konkrete Aufgabenstellung, wer waren die Beteiligten? Was habe ich mir persönlich vorgenommen (Ziele, Absichten)? In welchem weiteren Handlungszusammenhang steht die betrachtete Episode (z.B. Praktikumseinsatz, Übungslektion im Rahmen einer Unterrichtsreihe, Referat, Workshop)? Welches war dabei meine Rolle?

▸Verlauf: Was habe ich, was haben andere der Reihe nach gemacht? Wie ist es im Überblick gelaufen? Lässt sich die Gesamthandlung in einzelne (dramaturgische) Sequenzen oder Phasen unterteilen? Sind klare Höhe- und Tiefpunkte auszumachen? Gab es auffällige Reaktionen oder Rückmeldungen während der oder im Anschluss an die Veranstaltung?

▸Hintergrund: Für das weitere Verständnis dienen zusätzliche Hinweise auf Rahmenbedingungen, Vorüberlegungen (z.B. Konsequenzen aus früheren Reflexionen oder der Vorgeschichte), Rollenverteilung sowie Informationen zum Setting und zu den beteiligten Personen (zeitliche und inhaltliche Vorgaben, Diversität in der Klasse, Arbeitsklima, Vorwissen der Lernenden usw.). Welche Überzeugungen und Vorannahmen liegen meinem Handeln zugrunde? Auf welche Theorie stütze ich mich?

In der Rückschau soll also vorwiegend abgebildet und beschrieben werden. In erster Linie gilt es, Fakten und Beobachtungen zu dokumentieren. Vor dem Hintergrund von Aufgabenstellung, Planungsskizze oder früheren Erfahrungen können hier erste Vergleiche angestellt oder persönliche Befindlichkeiten und Aha-Erlebnisse notiert werden. Wo bin ich vom ursprünglichen Fahrplan abgewichen? Was hat den Ausschlag dazu gegeben? Was ging mir bei einer unvorhergesehenen Situation durch den Kopf? Aus welchen Überlegungen oder Zwängen heraus habe ich so reagiert? Wie ist es mir dabei ergangen? Erkenne ich Parallelen zu früheren Episoden?

2. Fokus

In der Fokus-Phase wird ein Ausschnitt gewählt und unter der Lupe betrachtet. Nachdem in einem ersten Schritt ein Überblick und eine grobe Auslegeordnung entstanden ist, soll nun bewusst ein Schwerpunkt gesetzt, ein besonderer Aspekt herausgepickt, ein übergreifendes Thema oder eine bestimmte Episode genauer sondiert und interpretiert werden. Was sticht positiv oder negativ heraus? Welches Element hat überrascht, verstört oder zur Klärung beigetragen, vielleicht eine Entwicklung angestoßen und zu neuen Einsichten geführt?

▸Auswahl: Um die Reflexion nicht zu überfrachten, ist es wichtig, eine klare Eingrenzung vorzunehmen und das Augenmerk auf einen definierten Bereich zu richten, z.B.: Rollenverteilung, Gruppendynamik, Körpersprache, Auftrittskompetenz, Arbeitsformen, Aufträge, Lernendenfeedback, Informationsdichte, Medieneinsatz, Kompetenzstufen.

▸Analyse: Bei der Analyse hilft es, die eigene von anderen Positionen abzugrenzen, das Geschehen allenfalls aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Wie beurteilen andere die Lage? Besteht eine Diskrepanz zwischen Selbst- und Fremdeinschätzung? Zu welchen Aspekten, Fragen, Behauptungen möchte ich von anderen ein Feedback?

Es geht weder darum, einseitig auf Fehler zu achten und das eigene Scheitern darzustellen, noch soll das eigene Verhalten verklärt oder legitimiert werden. Am einfachsten gelingt die Balance, wenn der Prozess in einen größeren Zusammenhang gestellt wird und neben Misserfolgen auch Glanzlichter betrachtet werden. Welche Faktoren und Konstanten waren ausschlaggebend und handlungsleitend? Aus welchen Kontexten ist mir mein Verhalten bereits vertraut? So bietet es sich beispielsweise an, in den eigenen Aufzeichnungen (Lerntagebuch, Projektjournal, Rückmeldungen) nach verwandten Mustern oder nach Passagen zu suchen, in denen wichtige Schlüsselbegriffe vorkommen.

▸Bilanz: Ergebnisse und Einsichten der vorgängigen Detailbetrachtung werden mit Blick auf den Gegenstand der Rückschau zusammengetragen und ausgewertet. Die daraus gezogene Bilanz bereitet damit den Boden für die dritte und prospektive Phase der Reflexion. Vorher soll der Blick noch einmal geöffnet werden, um die gewonnenen Erkenntnisse in den Kontext der persönlichen Lernentwicklung zu stellen und mit theoretischen Ansätzen abzugleichen. Bezüge zur Fachliteratur, zu didaktischen Unterlagen und Empfehlungen oder bisherigen Erfahrungen, Reflexionstexten und Rückmeldungen aus der Lerngruppe runden die Bilanz ab.

3. Ausblick

Im letzten Teil der Reflexion geht es darum, den Blick nach vorne zu richten. Hierbei können Handlungsoptionen skizziert, Lösungsansätze diskutiert sowie konkrete Absichten und Planungsschritte formuliert werden. Worauf will ich beim nächsten Unterrichtseinsatz besonders achtgeben? Wie ließe sich eine bestimmte Empfehlung praktisch umsetzen? Was möchte ich Neues ausprobieren? Wie könnte ich reagieren, wenn etwas erneut schiefgeht oder die erhoffte Reaktion ausbleibt?

Als Vorbereitung und Einstimmung auf diesen Textteil bieten sich beispielsweise Techniken wie das Brainstorming, das Clustering oder Übungen mit fokussiertem Freewriting an (vgl. auch den Beitrag von Lahm in diesem Band). Wird in der Mentoratsgruppe mit einem (teil-)öffentlichen Blog oder Forum gearbeitet, können an dieser Stelle ausgewählte Positionen zur Diskussion gestellt und mit gezielten Feedbackfragen Empfehlungen und Ratschläge von Peers und Experten eingeholt werden.

▸Alternative: Welche Handlungsoptionen gibt es mit Blick auf eine bestimmte Aufgabe oder ein zu lösendes Problem? Wie könnte ich mich in der zuvor analysierten Situation künftig verhalten? Welches Vorgehen verspricht am meisten Erfolg? Wie lassen sich die Bedingungen modifizieren, um bessere Voraussetzungen und Ergebnisse zu schaffen?

▸Absicht: Auch beim nächsten Mal kann ich nicht alles kontrollieren und richtig machen. Sinnvoll ist es deshalb, eine Absicht zu formulieren und festzulegen, wo ich ansetzen und welches Teilziel ich vorrangig anstreben möchte.

▸Planung: Die besten Vorsätze und Absichten helfen wenig, wenn die Umsetzung nicht sorgfältig geplant wird. Was muss ich dem Zufall überlassen, und wo kann ich durch gewissenhafte Vorbereitung das Geschehen in die richtigen Bahnen lenken? Wie kann ich mich vorbereiten oder gezielt Unterstützung holen? Wie sieht mein Worst-Case-Szenario aus? Habe ich einen Plan B, falls die Sache aus dem Ruder läuft? Möchte ich beim nächsten Mal zuerst Feedbacks einholen oder mit Rückfragen an den letzten Anlass anknüpfen?

Mündliche und schriftliche Reflexion

Für die Umsetzung von Reflexion sind verschiedene Formen möglich und sinnvoll. Die oben skizzierte Reflexionstriade kann in unterschiedlichen Settings eingesetzt werden und eignet sich sowohl für mündliche als auch für schriftliche Reflexionsarbeiten.

In der Lehrerinnen- und Lehrerbildung werden Studierende oft zur mündlichen Reflexion aufgefordert. Die mündliche Umsetzung der Reflexion ist flexibel und weniger zeitaufwendig als die schriftliche, jedoch auch vergänglich, da weder vorbereitende Überlegungen noch die Ergebnisse der Reflexion festgehalten werden. Die mündliche Reflexion findet zumeist im Rahmen eines Gesprächs mit Peers, Dozierenden oder Praxislehrpersonen statt, die die Reflexion anleiten oder unterstützen können. Die beiden Aspekte machen für Emery den Vorteil der mündlichen Reflexion aus: »Oral dialogue may be preferable and equally effective for some teachers to the often time-consuming and individual activity of diary or journal writing« (Emery 1996, 110). Zu beachten sind für die mündliche Reflexion insbesondere zwei Faktoren, die trivial scheinen, jedoch durchaus nicht selbstverständlich sind. Zum einen sollten Ideen und Ansichten offen und ehrlich formuliert werden, zum anderen sollten Gesprächspartner geduldig zuhören können (Moon 2000, 167).

Neben der mündlichen Reflexion ist in der Ausbildung von Lehrpersonen das Verfassen von Lernjournalen, Portfolios oder Reflexionsberichten sehr verbreitet. Der Vorteil schriftlicher Reflexion liegt darin, dass durch den Schreibprozess eine größere Verbindlichkeit geschaffen wird, von der eine höhere Nachhaltigkeit erwartet werden kann. Problematisch ist, dass das Formulieren von schriftlichen Reflexionsbeiträgen auch formale und stilistische Fähigkeiten fordert, die den Reflexionsprozess allenfalls beeinflussen können: »[…] reflective writing is complex, and has high rhetorical demands, making it difficult to master unless it is taught in an explicit and systematic way« (Ryan 2011, 99). Die schriftlichen Dokumente können später auch für eine Reflexion der Reflexion genutzt werden.

Wenn Lernende angehalten werden, ein Lerntagebuch, ein Projektjournal, ein Schreiblogbuch, ein Praxisbegleitheft oder ein Portfolio zu führen, und sie in dieser Arbeit angeleitet und begleitet werden, bilden sie nicht nur wertvolle Schreib- und Denkroutinen aus. Beim Schreiben und Wiederlesen erfahren sie auch, ob und wie sie vorankommen, welche Muster und Fehler sich wiederholen oder wie spontanes und assoziatives Schreiben zu neuen Ideen und Sichtweisen führt (vgl. Ammann 2013). Schriftliches Fixieren dient nicht nur als Gedächtnisstütze oder zur Dokumentation und Kommentierung von Erlebtem, sondern wird zum eigentlichen Denk- und Reflexionswerkzeug, »weil Qualität und Inhalte des Gedachten beim Schreiben und in der Zwiesprache mit dem entstehenden Text entwickelt werden« (Molitor-Lübbert 2003, 44).

Im Rahmen begleiteter Studiengänge kann das tagebuchartige und epistemisch-heuristische Schreiben als Ausgangspunkt für Leistungsnachweise und gemeinsame Reflexionsfenster in der Gruppe dienen. Dabei üben Studierende den Perspektivenwechsel und lernen, ihre alltagssprachlichen Tagebuchaufzeichnungen in adressatengerechte und fachlich argumentierende Reflexionen zu überführen (vgl. Lange 2010, 232). Moderierte Diskussionsforen und Praktikumsblogs eröffnen zudem die Möglichkeit, Fallgeschichten oder Unterrichtserfahrungen in pointierter Form zu präsentieren, ausgewählte Aspekte zu analysieren und unter Berücksichtigung von Rückmeldungen aus der Gruppe weiterzuentwickeln. Überdies wird das Erfahrungswissen von Mitstudierenden in einem halböffentlichen Setting einsehbar und durch Peerfeedback und Kommentare von Mentoren und Mentorinnen angereichert. Reflexion bleibt nicht in der Nabelschau oder Selbstkritik verhaftet, vielmehr kann sie durch Austausch, Instruktion und kompetenzorientierte Begleitung Lernfortschritte anstoßen und die professionelle Entwicklung kontinuierlich unterstützen.

Literatur

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Zeichner, Kenneth M. und Daniel Patrick Liston. 1996. Reflective Teaching: An Introduction. Reflective Teaching and the Social Conditions of Schooling. Mahwah, NJ: Lawrence Erlbaum.

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