Kitabı oku: «Ellenbogenfreiheit», sayfa 5

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Das bringt dann den seltsamen Wunsch in manchen Menschen hervor, es sollte sich als wahr herausstellen, daß aus jeder ihrer Handlungen, wenn genau der gleiche physikalische Zustand wieder eintreten würde, irgendeine andere Handlung resultieren könnte. Viel Scharfsinn wurde auf den Versuch verwendet zu sagen, worauf diese These hinausläuft und wie ihre Chancen stehen, wahr zu sein, aber überraschend wenig Aufmerksamkeit wurde der Frage zuteil, warum sich jemand um dieses metaphysische Kann-Sein kümmern sollte – außer daß man den Leser daran „erinnert“, daß, wenn es nicht wahr wäre, es dann so wäre, wie im Gefängnis, gelähmt, hypnotisiert zu sein, eine Wespe, eine Puppe, ein Spielzeug zu sein. Über die Anspielungen auf die schreckliche Alternative wird manchmal so flüchtig hinweggegangen, daß ganz offensichtliche Inkohärenzen übersehen werden – Inkohärenzen, die niemals die sorgfältige Aufmerksamkeit, die Philosophen ihrem eigentlichen Theoretisieren widmen, überdauern würden.

4. Überblick

Bisher habe ich nicht versucht, irgendetwas über den freien Willen zu beweisen. Stattdessen habe ich das Thema abgesteckt, unser Gespür für die Fragen etwas bearbeitet, die Aufmerksamkeit auf ein paar merkwürdige Merkmale des Rohmaterials gelenkt – eine verführerische Gestalt hier, eine Ader im Marmor dort. Ich war damit beschäftigt, die Aufmerksamkeit auf ein paar Weisen zu lenken, in denen das Problem des freien Willens zum großen Teil ein Kunstprodukt der dafür typischen Methoden sein kann, und dieses vorläufige Schärfen des Bewußtseins wird dabei nützlich sein, uns außerhalb einiger gewohnter Gleise zu halten, wenn wir das traditionelle Terrain durchqueren. Bevor wir das Ende erreicht haben, werden wir im Grunde genommen alle traditionellen Themen und Argumente in der Literatur über die Willensfreiheit abdecken; aber meine Methode wird sein, dort langsam voranzugehen, wo andere schnell sind, und mich beim vertrauten Analogisieren aufzuhalten, anstatt mich Hals über Kopf in Theoriekonstruktion und Widerlegung zu stürzen.

Eine ziemlich mächtige Institution von professioneller Unterdrückung hat die Wichtigkeit und den Einfluß von Intuitionenpumpen in der Entwicklung der Philosophie für uns unsichtbar gemacht. Nicht nur auf dem Gebiet des freien Willens waren Intuitionenpumpen die beherrschende Macht. Ich glaube, daß die Rückbesinnung auf die Geschichte der Philosophie zeigt, daß die großen Intuitionenpumpen überall die großen Bewegungskräfte waren. Denken wir an Platons Höhle, an Menon, der den Sklavenjungen Geometrie lehrt, Descartes’ bösen Dämon und Hobbes’ Naturzustand. Denken wir, in jüngerer Zeit, an Quines (1960) Linguisten, der versucht, „Gavagai“ zu übersetzen, an Goodmans (1965) grot-blün-Rätsel, Rawls’ (1975) „Urzustand“ und Farrells (1950) verlockende Frage darüber, wie es wäre, eine Fledermaus zu sein10, ganz zu schweigen von Putnams (1975) berühmter Zwillings weit und Searles noch berühmterem chinesischen Zimmer.

Man könnte sagen, diese Intuitionenpumpen seien die bleibenden Melodien der Philosophie, mit einer beständigen, einprägenden Kraft, so daß sich unsere Erstsemester noch ganz lebendig und richtig an sie erinnern, Jahre nachdem sie das verwickelte kontrapunktische Argument und die entsprechende Analyse vergessen haben. Eine gute Intuitionenpumpe ist robuster als irgendeine Variation darüber. (Wie viele Variationen über die Themen von Rawls „Urzustand“ oder Putnams Zwillingswelt wurden schon vorgeführt?)

Intuitionenpumpen sind starke pädagogische Hilfsmittel. Von Descartes’ „Cogito, ergo sum“ – Gedankenexperiment wird allgemein angenommen, daß es logisch fragwürdig ist, wenn nicht sogar völlig verfehlt. Es hat Dutzende von Reinterpretationen und Verteidigungen hervorgerufen; viele Philosophieprofessoren würden diese Kommentare einfach beiseitelegen, während sie nicht im Traum daran dächten, Descartes’ dramatische Idee vom Lehrplan zu streichen. Selbst große Intuitionenpumpen können genausosehr in die Irre leiten, wie sie instruieren können. Wenn wir zum Beispiel Descartes lehren, lehren wir typischerweise sein Gedankenexperiment nicht als Enthüllung der Wahrheit über die Erkenntnis – oder auch nur als Weg dazu. In der Tat werfen wir Descartes und seiner verführerischen Intuitionenpumpe in der Regel vor, daß sie die Philosophie in ein 300 Jahre dauerndes fruchtloses Unterfangen geführt hat. Bestenfalls sind wir ihm in derselben Weise dankbar, wie wir jemandem vielleicht dankbar sind, der uns die falsche Richtung wies, doch dessen Weisung uns in ein faszinierendes, unglückliches Abenteuer verwickelte, aus dem wir dann eine Menge lernten.

Die zentrale Rolle der Intuitionenpumpen in der Philosophie zeigt, daß die Philosophie keine Wissenschaft ist und dies auch vernünftigerweise nicht sein wollen kann. Philosophie ohne Intuitionenpumpen ist gelegentlich bei der Klärung und Einteilung eines begrifflichen Gebiets ausreichend erfolgreich, so daß die Wissenschaft damit weitermachen kann, aber dies sind im großen und ganzen keine Erfolge im Zentrum der philosophischen Bemühungen. Philosophie mit Intuitionenpumpen ist überhaupt keine Wissenschaft, aber auf ihre eigene informelle Weise ist sie ein wertvoller – gelegentlich auch notwendiger – Begleiter der Wissenschaft. Es sollte Philosophen nicht verlegen machen anzuerkennen, daß Intuitionenpumpen eine Menge der beständig anfallenden Arbeit der Philosophie tun (besser oder schlechter). Schließlich sollte eine Intuitionenpumpe das ideale Werkzeug in der Ausrüstung des Philosophen sein, wenn wir eine der bekanntesten Visionen, die darstellt, wozu Philosophie da ist, ernst nehmen. Sie ist dazu da, unser Blickfeld für das Mögliche zu vergrößern, schlechte Denkgewohnheiten zu überwinden. Wie Wittgenstein sagte, „Die Philosophie ist ein Kampf gegen die Verhexung unseres Verstandes durch die Mittel unserer Sprache“. (Wittgenstein 1953, § 109). Für solche Vorhaben ist das reglementierte Aufstellen strenger Argumentation selten mehr als ein Versicherungsschein, ein Dämpfer für die frei agierende Intuitionenkrämerei, die die Grundlinien dieser neuen Vision festgelegt hat.

In den folgenden Kapiteln werde ich an der These festhalten, daß das Problem der Willensfreiheit die Gruppe von Ängsten ist, die ich in diesem Kapitel kurz skizziert habe. Meine Methode wird sein, sie und die Analogien und Intuitionenpumpen, die sie nähren, zu untersuchen, um zu sehen, welche wirklichen Bedrohungen unseres Selbstwertgefühls und unserer Bestrebungen im Hintergrund lauern könnten und welche philosophischen Restprobleme von wirklichem Interesse eventuell noch zu lösen bleiben.

In Kapitel II wende ich mich Fragen zu über unseren biologischen Status als vernünftige Lebewesen und untersuche die Gründe für unsere Angst vor Sphexhaftigkeit. In Kapitel III untersuche ich Kontrolle und Selbstkontrolle, zwei Begriffe, die für die Fragen des freien Willens und des Determinismus äußerst zentral sind, die aber, soweit ich weiß, von Philosophen noch nie sorgfältig analysiert worden sind. Wichtige Fragen werden sein: Wie kontrolliert ein Ding ein anderes – oder sich selbst –, und welche Arten von Dingen können kontrollieren? (An dieser Stelle stören die Butzemänner wieder.)

In Kapitel IV wende ich mich dem Begriff eines Selbst oder Handelnden zu und möchte sehen, wie er davor bewahrt werden kann, unter dem Angriff der Wissenschaft zu verschwinden.

In Kapitel V werden wir sehen, was aus Kants Behauptung gemacht werden kann, daß, wenn wir handeln, wir „unter der Idee der Freiheit handeln“ müssen. Auf welche Art und Weise müssen wir über die Zukunft und über unsere Fähigkeiten nachdenken, damit wir von manchen Dingen meinen, daß „es an uns liegt“, während wir von anderen Dingen meinen, daß „es nicht an uns liegt“. Gibt es die Ellenbogenfreiheit wirklich, die wir für uns annehmen müssen, wenn wir über Entscheidungen nachdenken? J. Alfred Prufrock fragt

„Hat es Zweck,

Das Weltall aufzustören?

In Minutenfrist ist Zeit

Für Entscheiden und Vermeiden, wie’s Minutenfrist kann kehren.“

T. S. Eliot, J. Alfred Prufrocks Liebesgesang (Frankfurt 1951, S. 11)

Aber wie könnte irgendetwas als Störung des Weltalls gelten? Die Wissenschaft scheint die Vorstellung zu brauchen (siehe Disturbing the Universe, Dyson 1979), während sie sie zur gleichen Zeit verwirft. Können wir beides haben?

In Kapitel VI untersuche ich die Bedeutung des Wortes „kann“ und den zentralen Ausdruck „hätte auch anders gekonnt“. Wie Austin so schön sagte: „In der Philosophie ist es insbesondere können, das wir anscheinend dann, wenn wir ein Problem für gelöst halten, enthüllen und das uns als übriggebliebener Rest angrinst wie der Frosch am Grunde des Bierkrugs.“ (Austin 1975, S. 242). Wie wahr, aber zuerst müssen wir das ganze Bier austrinken. Dann werden wir einen Frosch vorfinden, mit dem sehr viel besser umzugehen ist.

In Kapitel VII frage ich, warum wir den freien Willen eigentlich überhaupt haben wollen, und ich zeige, warum wir, die Folgerungen aus unserer notwendigen Unvollkommenheit als Handelnde vorausgesetzt, klug beraten sind, ihn zu wollen. Die Fragen werden hier praktisch und persönlich. Betrügen wir uns selbst – oder werden wir von der Gesellschaft betrogen –, wenn wir auf unserem Interesse beharren, für verantwortlich gehalten zu werden? Wann und warum ist unsere Zurechnungsfähigkeit vermindert? Sind wir wirklich je schuldig, wenn wir etwas falsch gemacht haben?

Meine Folgerungen sind weder revolutionär noch pessimistisch. Sie treten nur für gemäßigte Revisionen ein: Die gewöhnliche Ansicht über unseren Platz im Universum ist im großen und ganzen richtig. Wir haben einen freien Willen. Wir können freien Willen und gleichzeitig Wissenschaft haben. Die erreichten Schlußfolgerungen werden natürlich das Thema der Willensfreiheit nicht zu Ende gebracht haben, und weitere Anfechtungen unserer Gemütsruhe sind zu erwarten. Aber mein Rückblick auf die Resultate früherer Kapitel wird manchen Rat liefern, wie man diesen künftigen Herausforderungen begegnen kann.

* Vgl. dazu den Artikel „Logical Paradoxes“ in der Encyclopedia of Philosophy, hrsg. von Paul Edwards, New York und London 1967, bes. S. 51. (Anm. d. Übers.)

1 „A sort of hobgoblin … supposed to devour naughty children; hence, generally, any imaginary being invoked by nurses to frighten children.“ (Oxford Shorter English Dictionary).

2 (Ryle 1949, S. 13). Die Taktik war nicht ganz narrensicher. Der Neurophysiologe Sir John Eccles stellte in seinen Waynflete Vorlesungen 1952 am Magdalen College in Oxford seine modernisierte Version des Cartesianischen Interaktionismus vor und schloß seine Rede mit einer Bemerkung, von der er offenbar annahm, sie sei eine geziemende Verbeugung vor dem Waynflete Professor für Philosophie: „Wenn man die ausdrucksstarke Terminologie von Ryle verwendet, bedient das ,Gespenst‘ eine ,Maschine‘, nicht aus Seilen und Rollen, Ventilen und Rohren, sondern aus mikroskopischen raumzeitlichen Aktivitätsmustern im Neuronengeflecht… Es scheint fast so, als ob das die Art von Maschine ist, die ein ,Gespenst‘ bedienen kann…“ (Eccles 1953, S. 285).

3 Berlin (1954, S. 68) sagt, „obwohl alle seine Ketten mit Blumen überdeckt sind und trotz seines Zur-Schau-Stellens von noblem Stoizismus und Glanz und Weite seines kosmischen Entwurfs, stellt der Determinismus trotz allem das Universum als ein Gefängnis dar.“

4 Die gleiche Passage taucht auch in Wooldridge 1968 auf. Für eine Erklärung anderer philosophisch interessanter Merkmale des Wespenverhaltens siehe Dawkins 1980: „Good Strategy or Evolutionary Stable Strategy?“.

5 Milgram fand heraus, daß ein ausreichend „institutioneller“ Hintergrund bei vielen, anscheinend normalen Menschen erschreckend willfähriges Verhalten hervorrufen kann: Versuchspersonen wurden als „Forschungsassistenten“ eingeführt und gebeten, „Versuchspersonen“ (in Wirklichkeit Schauspielern) offensichtlich schwere Elektroschocks zu verabreichen als Teil eines Trainingsprogramms. Kahneman und Tversky haben in einer Reihe von Experimenten gezeigt, wie selbst gewiefte Forscher durch elementare Trugschlüsse beim induktiven Schlußfolgern oft getäuscht werden können, so etwa durch den Spieler-Trugschluß (wenn der Kopf am häufigsten nach oben gekommen ist, wird es mehr und mehr wahrscheinlich, daß beim nächsten Wurf die Zahl nach oben kommt). Eine bedeutende philosophische Diskussion und einen Überblick über die Literatur zu Experimenten findet man in Cohen 1981 und Kyburg 1983.

6 Siehe meine Diskussion zu Mozart, Poincaré und Kreativität in Dennett 1975.

7 Siehe zum Beispiel Strawson 1962: „Welche Wirkungen hätte das Akzeptieren der Wahrheit einer generellen These des Determinismus auf diese reaktiven Einstellungen [unsere normalen zwischenmenschlichen ‚teilnehmenden‘ Haltungen wie Dankbarkeit und Groll], bzw. welche Wirkungen sollte es haben?“

8 Ich entdeckte in Oxford, daß dieser Ausdruck ein Amerikanismus ist, in England weitgehend unbekannt, wie sein Vorbild „putting English (on a ball)“, was bedeutet, daß man einem Ball einen Drall versetzt. (Im Deutschen gibt es für beide Fälle keinen adäquaten Ausdruck, ich lasse sie deshalb unübersetzt. Anm. d. Übers.)

9 Vergleiche die kurze Diskussion des Durchschwingens in Nozick 1981, S. 311.

10 Ja, es war Farrell, der 1950 die philosophisch verführerische Frage stellte (und beantwortete), die durch Nagels klassischen Aufsatz „Wie ist es, eine Fledermaus zu sein?“ berühmt wurde (Nagel 1979; wiederabgedruckt im englischen Original mit Kommentaren in Hofstadter und Dennett 1981). Farrells Diskussion dieser Frage erscheint in seinem immer aktuellen Aufsatz „Experience“, der zuerst in Mind veröffentlicht wurde und dann in der sehr erfolgreichen Anthologie, die Chappell (1962) herausgegeben hat. Ich mache auf Farrells Vorrangigkeit nicht deshalb aufmerksam, um Nagel in Verlegenheit zu bringen – wir alle tendieren dazu, wiederzuerfinden, was wir bewundern – sondern um meinen Punkt von oben über die Robustheit einer guten Intuitionenpumpe zu betonen, die Ähnlichkeiten hat mit der Robustheit einer guten, unvergeßlichen Melodie.

Kapitel II
Die Vernunft wird praktisch
1. Woher kommen Gründe?

Ein wiederkehrendes, aber immer noch kontroverses Thema in der Literatur über den freien Willen ist die Vorstellung, daß die echte Willensfreiheit in einer vollständigen Unterordnung des Willens unter das Diktat der Vernunft besteht (oder bestehen würde). Kant ist natürlich der Philosoph, der diese Vorstellung zum Kernstück seiner Theorie machte, aber er war wohl nicht der erste, der die Berufung auf vollkommene Rationalität als das Ideal betrachtete, an dem alle Unvollkommenheiten, alle bedauernswerten Abhängigkeiten des Willens oder der Tätigkeit gemessen werden. So behauptete Spinoza, in seiner Abhandlung „Über die menschliche Knechtschaft oder die Macht der Affekte“ beweisen zu können:

„Absolut aus Tugend handeln, ist in uns nichts anderes als nach der Leitung der Vernunft handeln, leben, sein eigenes Sein erhalten (diese drei Ausdrücke bezeichnen dasselbe) auf der Grundlage, daß man den eigenen Nutzen sucht.“ (Ethik, IV, Lehrsatz 24, S. 487 ff.)

Descartes äußert ähnliche Ansichten in seiner „Vierten Meditation“1, und Dr. Bramhall, Bischof von Derry, liefert in seiner Debatte mit Hobbes eine Lobeshymne zu dem Thema:

„Die Vernunft ist die Wurzel, der Quell, der Ursprung wahrer Freiheit, die für den Willen beurteilt und ihm vorführt, ob dies oder das angemessen wäre, ob dies oder das angemessener wäre.“ (Hobbes, Werke, Vol. V, S. 40)

Locke, dessen Ansichten sonst nicht erkennbar „kantisch“ sind, äußert zugunsten dieses Ideals des vernunftgeleiteten Lebens rhetorische Unterstützung, die so deutlich ist wie Kant selber:

„Wenn Freiheit, wahre Freiheit, darin besteht, daß man sich von der Leitung der Vernunft losreißt und von allen Schranken der Prüfung und des Urteils frei ist, die uns von dem Erwählen und Tun des Schlechten bewahren, dann sind Tolle und Narren die einzigen Freien: allein ich glaube, keiner, der nicht schon toll ist, wird um einer solchen Freiheit willen wünschen, toll zu werden.“ (Über den menschlichen Verstand, Hamburg 1976, II, Kap. 21, § 50)

Diese Vorstellung von Freiheit als vollkommener Rationalität wird in der Literatur so oft ausgedrückt, daß wahrscheinlich etwas weitgehend Richtiges daran sein muß, aber sie wird so leidenschaftlich vorgebracht, daß sie auch irgendeinen ausgleichenden Fehler enthalten muß, irgendetwas Konterintuitives und Störendes, das den Widerstand schafft, gegen den diese und andere Autoren ihre Einsicht verkünden. In Kapitel III werde ich mich der Untersuchung der Quellen dieses Skeptizismus gegenüber dem Ideal der Rationalität zuwenden (oder vielleicht genauer: dem Fehlen der Vorliebe dafür), aber hier möchte ich die Wirkungskraft, die diese Berufung auf Rationalität hat, überprüfen und zeigen, wie wir realistisch eine solche Rationalität anstreben können.

Wie könnte die Vernunft je einen festen Halt in einem materiellen, mechanischen Universum finden? Am Anfang gab es keine Gründe; es gab nur Ursachen. Nichts hatte einen Zweck, ja nicht einmal eine Funktion; es gab in der Welt überhaupt keine Teleologie. Die Erklärung dafür ist einfach: Es gab nichts, was Interessen hatte. Nach Jahrtausenden aber geschah es, daß einfache Replikatoren2 auftauchten, und während sie keine Ahnung von ihren Interessen und vielleicht, korrekt gesagt, keine Interessen hatten, können wir, wenn wir von unserem gottähnlichen Aussichtspunkt auf ihre Anfänge zurücksehen, ihnen eindeutig bestimmte Interessen zuschreiben – erzeugt durch ihr „definierendes“ Interesse an Selbst-Reproduktion. Das heißt, es machte vielleicht keinen Unterschied, es war eine Sache ohne Bedeutung, es interessierte niemanden oder nichts, ob sie sich mit Erfolg reproduzierten oder nicht (obwohl es so scheint, als könnten wir dankbar dafür sein, daß sie es taten), aber wir können ihnen Interessen wenigstens bedingt zuschreiben. Wenn diese einfachen Replikatoren überleben und sich reproduzieren und so angesichts der zunehmenden Entropie überdauern sollen, dann muß ihre Umgebung bestimmte Bedingungen erfüllen: Der Reproduktion förderliche Umstände müssen vorhanden sein oder wenigstens öfter vorkommen.

In etwas anthropomorpherer Begrifflichkeit: Wenn sich diese einfachen Replikatoren weiter reproduzieren wollen, sollten sie Verschiedenes erhoffen und erstreben: Sie sollten die „schlechten“ Dinge meiden und die „guten“ suchen. Noch dramatischer: Würden wir uns als Hüter ihrer Interessen vorstellen, könnten wir ziemlich genau sehen, daß bestimmte Schritte getan werden müßten, daß Hilfestellung zu leisten wäre, daß Warnungen zu geben wären.

Das besagt noch nicht viel, denn es ist auch wahr, daß, wenn wir uns vorstellen, wir fänden Gefallen an einer besonders schönen Felsformation, die vor Millionen Jahren bei einem Vulkanausbruch ausgespuckt worden ist, wir uns ohne weiteres die Schritte ausmalen können, die wir zu unternehmen hätten, um sie zu bewahren – um sie vor der Erosion zu schützen, vor dem Eingraben in das Sediment, vor der Zerstörung durch nachfolgende Vulkanausbrüche, usw.

Worin besteht der Unterschied? Auf welche Weise nahmen die Interessen der Replikatoren ein eigenes Leben an? Auf eben diese Weise: Die Replikatoren wurden mit der Zeit zu unbeholfenen Hütern ihrer eigenen Interessen. In der Tat hing ihre Fähigkeit zur Selbst-Reproduktion davon ab. Anders als die Vulkanskulptur waren sie nicht völlig hilflos und auf das Umsorgtwerden von anderen angewiesen; sie konnten sich ganz alleine durchs Leben schlagen, bis zu einem gewissen Grad jedenfalls. Der Tag, an dem es im Universum Entitäten gab, die ein paar rudimentäre Schritte unternehmen konnten, um zu beginnen, ihre eigenen Interessen zu verteidigen, war der Tag, an dem Interessen entstanden. Gerade die Tendenzen dieser Organismen, dies und das zu bewahren (ihre Varianten von Homöostasie) halfen dabei, die Definition ihrer Interessen zu verschärfen. Nur bestimmte Arten von Homöostasie hatten die Tendenz zur Selbsterhaltung; diese Arten reproduzierten sich, überdauerten folglich und fügten daher dem rohen, ursprünglichen „Interesse“ an Selbsterhaltung und Selbst-Reproduktion weitere Bestimmungen hinzu. Wenn etwa das Aufrechterhalten der Körpertemperatur eine wichtige Rolle für die Selbsterhaltung der Mitglieder einer Gattung spielte, dann überlebten die entwickelten Kontrollsysteme, die die Körpertemperatur aufrechterhielten. Und der Interessenkatalog jener Gattung würde dann das Aufrechterhalten einer bestimmten Körpertemperatur (in einem gewissen Bereich) enthalten.

Die Grundthemen dieser Geschichte wurden viele Male sehr gut dargestellt. Futtersuche, Meiden von räuberischen Feinden, Partnersuche und Erhaltung der Gesundheit (Selbst-Heilung, Schmerzvermeidung, Energieerhaltung usf.) sind die allgemeinsten untergeordneten Ziele der Replikatoren. In Auseinandersetzung mit der Umgebung der besonderen Gattung schaffen diese untergeordneten Ziele neue, instrumentelle untergeordnete Ziele: die Fähigkeit, Gerüche wahrzunehmen, Höhlen zu graben, Muster zu erkennen, Schmerz zu empfinden, Partner zu beeindrucken, usf.

Wenn wir dann schließlich zu solch einem gewitzten Wesen wie unserer Sphex kommen, können wir ihr einen ziemlich ausgeklügelten Interessenkatalog zuschreiben. Wenn es nicht so wäre, wenn wir keine klare und detaillierte Sichtweise davon hätten, wo ihre Interessen liegen, würden ihre Verhaltensweisen in dem seltsamen Experiment, das in Kapitel I beschrieben wurde, nicht so bemitleidenswert erscheinen. Wir messen ihr Verhalten an ihren Interessen und sehen, wie kläglich sie versagt. Sollten wir als ihr Hüter auftreten, könnten wir ihr viel bessere Handlungsweisen vorschlagen – wenn sie unseren Rat nur annehmen könnte!3 Sie ist, so scheint es, eine sehr unvollkommene Hüterin ihrer eigenen Interessen.4 Mehr noch: wir können sagen, warum sie so unvollkommen ist: Sie hat offenbar keine Ahnung von ihren Interessen oder nicht einmal davon, daß sie Interessen hat. Man neigt sogar dazu, sich zu fragen, ob sie überhaupt eine Ahnung von ihrer eigenen Existenz hat!

Diese (ihr unterstellte) äußerste Vergeßlichkeit ihren eigenen Interessen gegenüber hindert sie nicht daran, diese Interessen zu „haben“ – ebensowenig wie eine Person im Koma aufhört, Interessen zu haben, sobald sie sie vergißt und unfähig ist, etwas zu tun, um sie zu vertreten. Wenn einer solch unglücklichen Person ein Hüter zugeteilt wird, gibt es etwas, das es zu behüten gilt, und das ist nicht bloß der lebende Körper; ein Hüter ist nicht nur eine Pflegeperson. (Ich werde der Versuchung abzuschweifen widerstehen; das würde uns zu einer Betrachtung solcher Themen bringen wie den fortdauernden Interessen von Verstorbenen.)

Wenn etwas die Szenerie betritt, das zu einem Verhalten in der Lage ist, welches, wie primitiv auch immer, den eigenen Zerfall und die eigene Vernichtung verhindert, bringt es ein „Gutes“ mit in die Welt. Das bedeutet, es schafft einen Standpunkt, von dem aus die Ereignisse der Welt grob in die günstigen, die ungünstigen und die neutralen eingeteilt werden. Und seine eigenen, angeborenen Neigungen, die ersten zu suchen, die zweiten zu meiden und die dritten zu ignorieren, tragen wesentlich zur Definition der drei Klassen bei. Sobald das Wesen auf diese Weise Interessen entwickelt, beginnen die Welt und ihre Ereignisse Gründe für es hervorzubringen – ob das Wesen sie vollständig erkennen kann oder nicht. So hat die arme Sphex ebensogute Gründe, sich vor dem Biologen zu verstecken wie Nahrung für ihre Nachkommen heranzuschaffen; aber während sie dazu bestimmt ist, aus letzterem Grund zu handeln (und zwar überhaupt nicht unbeholfen), ist sie offensichtlich vergeßlich und hilflos in Bezug auf den ersteren. Das ist natürlich zu erwarten. Die Evolution braucht Zeit, und es ist ein starker Druck auf unsere Vorfahren nötig gewesen (genauer: auf die weniger glücklichen unter unseren Vorfahren). Man sieht ja leicht, warum nichts in dem Erbgut der Wespe sie darauf vorbereitet hat, diesen neuen Grund, den sie jetzt für ihr Handeln hat, zu erkennen und auf ihn zu reagieren.

Die Handlungsgründe, die in der Schöpfung am Anfang stehen, waren eher Platonischen Ideen ähnlich, reine Abstrakta, deren Existenz, obwohl abhängig von der Existenz von Strebenden und Suchenden, unabhängig davon war, ob sie von irgend jemandem oder irgend etwas explizit erkannt oder vorgestellt wurde. Betrachten wir z. B. die Gruppe von Gründen, die das ausmacht, was man eine Erklärungsgrundlage nennen könnte für die täuschende Färbung von Insekten.

Das Erklärungsprinzip kann ziemlich ausgefeilt sein: Die genaue Farbe und die Lage der täuschenden Markierungen, etwa der „Augenflecken“ auf den Flügeln vieler Motten, werden von ziemlich subtilen Gründen „diktiert“, die sich auf die Sehschärfe und Farbsensitivität der wichtigen Feinde, auf den wahrscheinlichen Aufenthaltsort und die Stellung der Motte zum kritischen Zeitpunkt beziehen und auf viele andere Faktoren. Solche Erklärungsprinzipien, bei denen prädarwinistische Denker gezwungen waren, sie in den Geist des Schöpfergottes zu verlagern, können jetzt als „in der Luft schwebend“ betrachtet werden – und das waren sie schon immer: Eine Menge von Gründen, die von niemandem bewertet, ausgedacht und explizit gemacht werden konnte. Die Subtilität und Listigkeit dieses Denkens-ohne-einen-Denker ist oft mehr als ein Ebenbild des Denkens von uns Denkern5.

Niedere Tiere wie die Sphex vergessen von ihrer Veranlagung her viele Gründe, die sie betreffen. Sie sind wie der Urcharakter in Spionagegeschichten, der seine Rolle in einem schwierigen Fall spielt, ohne eine Ahnung von der realen Bedeutung der Ereignisse zu haben, in die er verwikkelt ist, – bis zur Auflösung des Falls. Der CIA und MI5 (Military Intelligence – Spionageabwehr) haben ihr berühmtes Prinzip des allernötigsten Wissens: Erkläre so wenig wie möglich und erzähle den Feldagenten nur das, was sie unbedingt wissen müssen, um ihre Rollen auszuführen. Mutter Natur, so scheint es, ist genauso geizig, wenn sie Verständnis zuteilt. Wenn größere „Ziele“ von klug organisierten Armeen nicht-begreifender Akteure erreicht werden können, wie etwa von den Ameisen, wird die Regel des allernötigsten Wissens rücksichtslos eingesetzt.

Betrachten wir z. B. die Strategie der „Feind-Befriedigung“, die von Ridleys Seeschildkröten verfolgt wird: Die frisch geschlüpften Jungen verlassen fast gleichzeitig die Sicherheit ihrer Nester unter dem Sand und nehmen an einer Art umgekehrter Anzio-Landung* teil dadurch, daß sie sich zu Tausenden im Spießrutenlauf durch unzählige räuberische Feinde schlagen, die vielleicht neun von zehn töten, bevor sie die relative Sicherheit des Meeres erreichen können. Ihre Strategie ist klar: die Feinde mit mehr Gelegenheiten überhäufen, als diese bewältigen können. Aber anders als die nur zu gut Bescheid wissenden Teilnehmer bei Anzio haben jene bestimmt keine Ahnung von der Pointe ihres gut synchronisierten Losmarschierens.

Mutter Natur bleibt dem Prinzip des allernötigsten Wissens treu; aber wir schätzen ein gegenteiliges Prinzip: Unser Ideal besteht darin, fähig zu sein, insgesamt durchzublicken, alle die uns betreffenden Gründe festzustellen, über nichts, was für uns relevant ist, im dunkeln zu bleiben, vollständig und perfekt informierte Hüter unserer eigenen Interessen zu sein. So sähe es aus, wenn wir fähig wären, unsere Handlungsweise immer so zu wählen, wie die Vernunft sie diktiert6.

Wir sagen oft, daß eine bestimmte Handlungsweise einem Handelnden in einer bestimmten Situation „die Vernunft diktiert“. Damit meinen wir nicht, daß es eine seltsame, personifizierte Macht gibt, einen Diktator mit dem Namen Vernunft, der einen Erlaß verkündet hat. Offensichtlich meinen wir etwas Abstraktes damit: Wir meinen, daß ein bestimmtes Problem (abstrakt betrachtet – d. h. gleichgültig, ob irgendein Wesen es explizit ausgedrückt oder sich ihm zugewandt hat oder nicht) eine bestimmte (optimale) Lösung hat. Das Problem wird durch die Umstände und Interessen der betroffenen Handelnden definiert. Aber das unterschwellige Bild der weisen, alten Vernunft, die sagt, was zu tun ist, hatte eine ziemlich starke Wirkung auf die Art und Weise, wie die Frage von Philosophen angepackt wurde7.

Kant lenkt unsere Aufmerksamkeit auf die Unterscheidung zwischen dem bloßen Tun, das die Vernunft diktiert, und dem Tun, das die Vernunft diktiert, weil die Vernunft es diktiert. Man könnte im ersten Fall nur zufällig „das Richtige“ tun oder durch äußerliche und irrelevante Faktoren dazu gebracht werden, das Richtige zu tun. Wie glücklich auch immer man sein könnte, in eine solche Situation zu kommen, sie ist von dem günstigen Schicksal zu unterscheiden, dessen sich derjenige erfreut, der die außergewöhnliche zusätzliche Kraft besitzt, durch Gründe motiviert zu werden.

In der Mitte zwischen dem Handelnden, der „das Richtige“ rein zufällig tut, und dem Handelnden, der durch die richtigen Gründe motiviert wird, das Richtige zu tun, steht der Handelnde, der dazu tendiert, das Richtige zu tun (weil der Handelnde dazu bestimmt war, dazu zu tendieren, das Richtige zu tun), der aber trotzdem das Richtige unwissentlich tut (wenn er es tut). Dieser Handelnde in der Mitte achtet, so scheint es, auf die weise Stimme der Vernunft nicht direkt, er kann die Diktate der Vernunft selber nicht wirklich hören und verstehen; es scheint jedoch, als ob der Prozeß (oder das handelnde Wesen), der (das) den Handelnden entworfen hat, so den Diktaten der Vernunft gehorchte. Unsere Sphex ist ein Beispiel dafür. Die Sphex in ihrer typischen Umgebung (d. h., wenn keine trickreichen Biologen stören), tut, was die Vernunft diktiert; denn die Vernunft verkündet sicherlich die Weisheit, daß sie ihre Wege auskundschaftet („Schau, bevor du springst!“). Aber die Sphex tut es nicht, weil die Vernunft es ihr vorschreibt; es ist vielmehr so, daß sich ihr vorbestimmtes Verhalten in dieser einen Hinsicht listigerweise der Spontaneität annähert, die wir, wenn wir damit auch Kant Gewalt antun, Reine Praktische Vernunft nennen könnten.

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