Kitabı oku: «Wenn das Leben dir Zitronen gibt...»

Yazı tipi:

Daniel Wachter

Wenn das Leben dir Zitronen gibt...

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

Titel

Impressum

Anmerkung des Verfassers

Danksagung

Prolog

ALLER ANFANG IST SCHWER

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

HEILIGT DER ZWECK JEDES MITTEL?

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

WENN DAS LEBEN DIR ZITRONEN GIBT...

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

...DANN NIMM SIE UND MACHE LIMONADE DRAUS

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

NEIN, FRAGE LIEBER NACH SALZ UND TEQUILA!

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Epilog

Über den Autor

Impressum neobooks

Titel

DANIEL WACHTER

WENN DAS LEBEN DIR ZITRONEN GIBT...

Roman

Impressum

Texte: © 2018 Copyright by Daniel Wachter

Umschlaggestaltung: © 2018 Copyright by Daniel Wachter

Verlag Taschenbuchausgabe:

Daniel Wachter

CH-6036 Dierikon

Publikation: neobooks – ein Service der neopubli GmbH, Berlin

Eine Druck-Version dieses Werkes wurde publiziert von neobooks – ein Service der neopubli GmbH, Berlin

Anmerkung des Verfassers

Die Handlungen und die Charaktere, genauso wie etwaige Beziehungen in Partner-‚ Freundschafts- oder Verwandschaftsverhältnissen im Verlauf der Geschichte sind frei erfunden, Ähnlichkeiten rein zufällig.

Danksagung

Mein Dank gilt all denjenigen, welche mich in meinen Projekten und in den Tagen meines Lebens stets unterstützt und immer wieder Rückmeldungen zu den Werken gegeben haben.

Speziell möchte ich mich bei Sandro Rodrigues und seinen Freunden im Urnerland bedanken, da sie mir mit ihren Erzählungen eine grosse Inspirationshilfe waren, jedoch beruht kein Charakter auf einem der ihrigen oder sonstigen Personen in ihrem Umfeld. Es sind alle Figuren frei erfunden.

Ein Dank gebührt auch Marco Bischofberger für seine Hilfe in Waffenfragen.

Nicht zu vergessen: Meine Eltern.

Prolog

Meine Heimat. Erstfeld.

Ein beschauliches Städtchen am oberen Ende des unteren Urner Reusstals. Die Sonneneinstrahlung ist im Winter gering, die Lebensqualität dennoch hoch, weil Erstfeld das Glück hatte, dass der unweit gelegene Sankt-Gotthard-Pass auserkoren wurde, eine der wichtigsten Nord-Süd-Transitrouten zu werden. Zuerst kamen die Säumer mit ihren Mauleseln, später die Eisenbahn, welche am Nordrand der damals sehr kleinen Siedlung ausgedehnte Landflächen erwarb und riesige Gleisanlagen mit Depot, Werkstätten und Bahnsteigen errichtete. Mit der Eisenbahn kam der wirtschaftliche Aufschwung Erstfelds, schnell wurde die Gemeinde eine der reichsten des Landes. Die Kantine der Bahnbeamten war rund um die Uhr geöffnet, jahrelang verbanden Nachtzüge Erstfeld mit den Metropolen Europas: Amsterdam, Mailand, Brüssel, Dortmund, Köln, Turin. Wir waren der Mittelpunkt, den jeder kannte.

Auch die örtliche Bevölkerung profitierte, Gewerbe aller Art siedelte sich an, freilich auch das horizontale. Die Gotthardstrasse, welche sich wie ein Boulevard parallel zur Bahnlinie hinzieht, hat sich über Jahrzehnte einen Namen als Kneipenmeile gemacht.

Leider hat Erstfeld an Bedeutung für die Eisenbahn verloren, seit vor wenigen Jahren eine Hochgeschwindigkeitsstrecke eröffnet wurde, welche den Ort links liegen lässt. Zwar wurden als Gegenmassnahme neue Geschäftsbereiche angesiedelt, doch ein grosser Teil der Bahnanlagen liegt seitdem brach. Die internationalen Personenzüge rauschen nun einige Kilometer ausserhalb des Ortes durch den Berg, nachdem sie ihre früher hier üblichen Halte längst verloren hatten. Auch die Schichtwechsel bei den Güterzügen gehören der Vergangenheit an, die Kantine sucht einen neuen Pächter. Bislang erfolglos - wen wundert’s?

In die Bresche sprang die Autobahn, vor über dreissig Jahren als weitere Transversale errichtet, zuerst beschäftigte die Baustelle zahlreiche Arbeiter, heute ist es die Raststätte am nördlichen Ortsende, welche für hohe Steuereinnahmen sorgt.

Da fällt mir ein, ich habe mich dem geneigten Leser noch gar nicht vorgestellt. Ich bin Alessandro Varela, ein junger Mann, der fast sein ganzes Leben hier in Erstfeld und dem Tal verbracht hat.

Ich husche durch die Strassen, die fast ausgestorben wirken, das Leben spielt nicht mehr hier in Erstfeld, von der Eisenbahn profitieren längst andere. Irgendwie war es immer am Arsch der Welt gelegen, nur weil man damals keine Alternative beim Eisenbahnbau hatte, war Erstfeld zum Handkuss gekommen.

Ich betrete das Auld Triangle, ein im irischen Stil eingerichtetes Pub an der Gotthardstrasse, eines der wenigen Lokale, das noch geöffnet war. An unserem Stammtisch warten bereits meine besten Freunde auf mich.

Marija Kuzmanovic, eine junge Frau mit beeindruckendem Willen.

Severin Gisler, nicht gerade arbeitsfreudig - heute mal ausnahmsweise ohne seine Freundin Leandra, mit der er quasi über Nacht seine ehemalige Freundin Silvia ersetzt hatte.

Marcel Hendl, dessen sonniges Gemüt ihn mehr Rosen oder auch Körbe verteilen liess als manchen dieser Junggesellen im Privatfernsehen.

Alexander Weiss, der älteste in der Runde, aber bei weitem nicht die Papafigur der Gruppe, weil er in seinem Innern doch jung geblieben war.

Alles scheint auf eine fröhliche Runde hinzudeuten, die Kellnerin Natascha, die immer ein offenes Ohr für uns hatte, hat mich offenbar bereits erblickt, jedenfalls kommt sie an unseren Tisch geeilt, um die Bestellungen aufzunehmen.

„Hallo Alessandro“, begrüsst sie mich und lässt ihre perfekten weissen Zähne aufblitzen. „Was darfs denn sein?“

Just als ich ihre Frage beantworten will, ertönen laut dumpfe, tiefe Klänge, welche das Blut in unseren Adern gefrieren lässt. Ich kenne diese Töne, die Gefahr ihres Erklingens schwebt seit Jahrzehnten wie ein Damoklesschwert über Erstfeld und dem Reusstal. Wir befinden uns nicht nur an einer der wichtigsten Nord-Süd-Routen Europas, sondern auch wenige Kilometer nördlich - und vor allem flussabwärts - eines der grössten Stauseen des Landes – der Göscheneralpsee. Der Wasseralarm, der Alarm, vor dem wir uns alle fürchteten – und den wir alle erfolgreich verdrängt hatten.

Bis heute.

„Ist auf der Göscheneralp oben was los?“, fragt Severin, der als erster seine Sprache wieder gefunden hat. Wir eilen nach draussen, wo sich wohl das halbe Städtchen auf den Strassen versammelt hat und alle lauschen gebannt den Sirenen, welche unaufhörlich versuchten, die Bevölkerung zu warnen. Vor einer Gefahr, der man nicht lebend entkommen konnte. Auf meinem Rücken hatte sich eine Gänsehaut gebildet.

Wir halten uns alle an den Schultern, im Wissen, dass unser Leben bald vorbei ist. Offenbar hat Alexander denselben Gedanken wie ich.

„Jungs und Marija, es ist Zeit unser Leben zu reflektieren. Was habt ich in eurem geschafft?“

Unsere alle Augen blicken gespannt auf Marija, hat sie doch den grössten Wandel unserer Clique hinter sich.

I

ALLER ANFANG IST SCHWER

I

ALLER ANFANG IST SCHWER

Kapitel 1

Marija gehört seit vier Jahren zu uns. Kennen gelernt hatten wir sie bei ihrer Arbeit im Restaurant La Finca, ebenfalls an Erstfelds Gotthardstrasse gelegen und ebenfalls einer dieser Lokalitäten, welche im Aushang noch eine Speisekarte statt eines „Geschlossen!“- oder „Zu verkaufen“-Schild hängen hatten.

Wie jeden Tag stand Marija vor dem Spiegel ihres kleinen Mansardenzimmers im Zentrum von Erstfeld. Die Behausung entsprach nicht gerade dem üblichen Standard unseres Landes, dennoch bot sie unverkennbare Vorteile; nebst der tiefen Miete sprach auch die fussläufige Entfernung zum La Finca dafür, hier ihren Lebensmittelpunkt zu haben.

Nachdem sie sich Make-up aufgetragen und ihre bereits zuvor säuberlich auf das Klappbett gelegten Kleider angezogen hatte, machte sie sich auf den Web zur Arbeit.

Liebend gerne wäre sie länger im Bett geblieben, hatte sie doch erst um vier Uhr in der Früh Feierabend gehabt. Weil jedoch ihre Arbeitskollegin Mariella unbedingt Spätschicht wollte, durfte Marija nach nur vier Stunden wieder auf der Matte stehen.

Mariella war eine eigenartige Person, stets bändelte sie mit irgendwelchen Typen an. Ihre Affäre mit João, einem verheirateten Portugiesen, war natürlich längst kein Geheimnis mehr. Er tauchte auch auffällig oft im Finca auf, schlich um sie, verschwand mit ihr auf dem Herrenklo.

Seit Anbeginn der Liaison verlangte Mariella von João, dass er sich von seiner Frau trenne. Er versprach es immer, doch es war klar, dass er sich eine Scheidung nicht würde leisten können.

Und so blieb er bei seiner Frau, während er nebenbei Mariella vögelte. Diese wiederum heulte Marija immer die Ohren deswegen voll.

Freilich hatte jene andere Probleme, doch ein offenes Ohr hatte niemand für sie.

Bis auf uns.

Marija arbeitete nicht aus Spass im La Finca, sie konnte sich auch keine bessere Wohnung leisten, ja musste sogar Angst haben, diese irgendwann verlassen zu müssen, sei es aus Schuldengründen oder weil die Besitzer eine andere Verwendung dafür hatten.

Sie war in einer Beziehung mit Simon, einem drogensüchtigen Taljungen, der sein Leben lieber in Bars und mit Kokain verbrachte, als sich um einen Job zu bemühen. Seine Drogensucht hatte ihm schon einige erfolglose Aufenthalte in der Entzugsklinik verschafft. Marija war sein Notnagel, sie finanzierte seine Sucht, sonst würde er ihr drohen.

Just in diesem Moment klopfte es an der Tür. Als Marija öffnete, kam ihr ein verdächtig schwankender Simon entgegen.

„Baby, ich liebe dich!“, lallte er und wollte sie küssen. Bei diesem Versuch kippte er beinahe zur Seite, konnte sich aber im letzten Moment noch an Marijas Schulter festkrallen.

„Du hast wieder getrunken!“, stellte sie fest.

„Pah. Getrunken!“, brüllte er. „Als wäre ich ein Anfänger!“

Der Innentasche seiner zerfledderten Lederjacke entnahm er ein kleines Tütchen, das ein verdächtiges weisses Pulver beinhaltete.

„Baby, hast du eine Zehnernote?“

„Keine Ahnung.“ Sie widmete sich wieder ihrem Spiegelbild.

„Dann guck doch nach!“

„Simon!“ Sie drehte sich zu ihm um. „Ich habe keine Zeit, ich muss arbeiten gehen.“

Diese Worte entlockten ihm ein Lächeln. „Sehr gut, dann ist wieder etwas Geld für guten Stoff da!“

Als sie keine Anstalten machte, griff er, ihre Proteste ignorierend, nach ihrer Brieftasche und packte eine Zehn-Franken-Note aus, welche er zu einem kleinen Röhrchen rollte. Dann puderte er ein wenig des weissen Pulvers auf die Tischplatte und bildete mit einer Rasierklinge fein säuberlich eine Linie.

„Ist das Kokain?“, fragte sie angewidert.

Simon strahlte. „Natürlich ist das Koks. Weisses Gold!“

Er hielt sich das Röllchen ans linke Nasenloch und zog die Linie hoch.

„Ach, tut das gut!“, seufzte er zufrieden und hielt ihr die gerollte Banknote hin.

„Willst du auch mal?“

Als Marija im Lokal ankam, war die Hölle los. Obwohl Mariella zwingend an diesem Vormittag frei benötigt hatte, wuselte sie durch Tresen und Speiseraum, wild gestikulierend und herumschreiend. Ganz unerwartet kam dies zwar nicht, doch hatte Marija leise gehofft, dass hier weniger Lärm war als zu Hause. Simon war übrigens unmittelbar nach seinem Angebot direkt auf ihrem Bett eingeschlafen.

„Alles muss man selber machen, die anderen können gar nichts! Herumlaufen wie Schlampen, aber sonst unfähig!“

Offenbar hatte ihre Kollegin ihre Ankunft noch nicht bemerkt, denn Marija war sich sicher, dass mit Mariellas abschätziger Bemerkung sie gemeint war. Dabei hatte sie doch den Tresen gewienert wie wild.

In diesem Moment öffnete sich eine Tür und Frowin Baumann, der Besitzer und Wirt des La Finca, betrat sein Lokal.

„Was ist das hier für ein Lärm?“, erkundigte er sich.

„Ich wollte nur kurz nach dem Rechten sehen, doch Marija hat ein riesiges Chaos hinterlassen.“

Die Erwähnte versteckte sich hinter einer Säule und sie versuchte, ihre Tränen zu unterdrücken.

„Du sollst diese Schlampe entlassen! Sollte sie nicht schon längst wieder hier sein!“

Mariellas Worte wirkten wie ein Stich ins Herz. Klar hatte sie für ihre Arbeitskollegin nicht gerade immense Sympathien gehegt, trotzdem hätte sie niemals mit einem solch hinterhältigen Verhalten gerechnet.

„Wahrscheinlich bläst sie einem Typen gerade den Schwanz. Frowin, hast du schon unten bei den Toiletten nachgesehen, ob sie da steckt?“

Als Baumann provokant auf seine Uhr blickte, entschied sich Marija für den Gegenangriff.

„Die Schlampe meldet sich pünktlich zum Dienst!“, meinte sie trocken und schnappte sich ein Handtuch.

„Solch‘ eine Sprache verbitte ich mir in meinem Restaurant!“, knurrte Baumann empört.

„Ja, du hast Frowin gehört, hier im La Finca arbeiten nur anständige Leute!“, musste jetzt auch noch eine keifende Mariella ihren Senf dazu geben. Marija verwunderte es nicht, dass sie im Ort hinter vorgehaltener Hand nicht selten als Papagei bezeichnet wurde.

„Als wäre ich die einzige, die so redet!“, murmelte Marija und wollte sich an ihre Arbeit machen. Einer der Dauergäste hatte schon lautstark nach einem Bier verlangt und diese sollte man nicht verärgern, wenn man Frieden wollte.

„Was hast du gesagt, Marija? Ich verstehe dich nicht. Abgesehen davon musste Mariella Zusatzschichten schieben, weil du letzte Nacht deine Arbeit nicht machen wolltest, du faule Kuh!“

Durch den Tränenschleier vor ihren Augen sah Marija Baumanns heranschleudernde Hand zu spät, um dem Schlag noch ausweichen zu können.

Kapitel 2

Auch Alexander hatte einen beschwerlichen Weg hinter sich. Durch Marcel war er zu unserer Gruppe gestossen, hatten die beiden sich doch bei der Arbeit kennen gelernt. Er war nach Erstfeld gezogen, weil er an der Raststätte eine Anstellung als Koch erhalten hatte. Marcel wiederum war Stammgast gewesen und wollte mal den Schaffer der vorzüglichen Schnitzel persönlich loben.

In einem rhythmischen Staccato liess Alexander die Klinge des Küchenmessers auf das kleine Brett prasseln, um die Karotten zu zerkleinern. Er war in Eile, hatte er doch alleine Dienst und nun waren die ersten Reisecars bei der Raststätte Erstfeld vorgefahren und deren Insassen wollten für ihre lange Weiterreise zu den touristischen Zielen der Toskana oder den monumentalen Kreuzfahrtterminals Liguriens gestärkt werden. Zusätzlich hatten sich im Vorraum einige Chauffeusen und Chauffeure niedergelassen, welche aus Ruhezeitgründen oder dem Tropfenzählersystem wegen ihre Sattelschlepper stehen lassen mussten und um die Zeit für einen Schwatz mit ihren Kolleginnen und Kollegen, die wohl ebenso an Einsamkeit litten, zu nutzen.

„Draussen warten Kunden seit fünfzehn Minuten auf ihr Essen!“, dröhnte eine tiefe männliche Stimme durch die Küche. Alexander verdrehe genervt die Augen, sie gehörte dem Chef des Betriebes, Dominik Hopfner. Hopfner trimmte den Laden auf Effizienz, deshalb wurde die Anzahl diensthabender Köche pro Schicht und Küche auf einen reduziert.

„Weiss!“, polterte dieser und baute sich vor Alexander auf. „Sie sind nicht zum Pause machen hier! Und Sie haben schon wieder die falsche Anzahl Nahrungsmittel bestellt!“ Er hielt dem verdutzten Alexander eine Tabelle unter die Nase. Tatsächlich waren die Daten nicht mehr dieselben, wie er es tags zuvor ausgefüllt hatte. Nebst ihm hatte nur noch eine Person Zugriff, Pasquale di Clemente, der Koch der Spätschicht.

„Das sind keine guten Voraussetzungen für Ihre Bewerbung als Küchenchef der Raststätte!“ Laut schlug Hopfner die Tür hinter sich zu und Alexander spürte die verwunderten Blicke der Küchengehilfen auf sich.

Als er längst wieder im Auto sass, fühlte er sich immer noch in einer Zwickmühle sitzend. Er wusste, dass Pasquale die Angaben geändert haben musste, doch war dieser so was wie sein einziger Freund hier. Die Küchengehilfen bedachten ihn ohnehin mit Hohn und Spott, weil er kein Einheimischer war, was eine Gemeinsamkeit mit dem gebürtigen Italiener Pasquale war, verband sie doch das gemeinsame Schicksal.

Doch dass dieser ihm ins Handwerk pfuschen sollte, konnte er nicht so recht glauben.

Als er bei der an seiner Wohnung am nächst gelegenen Ausfahrt die Autobahn verliess, fasste er einen Entschluss. Beim nächsten Kreisel wendete er und kehrte zur Raststätte zurück, er wollte Pasquale zur Rede stellen.

Er stellte seien Wagen auf den Dienstparkplatz und verschaffte sich mit seinem Badge Zugang zum Liefereingang. Als er einen Blick in die Küche wagte, sah er die Küchengehilfen, die zwar charakterlich schwach, aber dennoch fleissig waren, bei der Arbeit, doch von Pasquale fehlte jede Spur.

Er wollte gerade wieder umkehren und sein Vorhaben auf den nächsten Tag verschieben, als er aus dem Büro des Koches eine Stimme hörte. Eine Stimme, die unverwechselbar Pasquale gehörte und offenbar ein Telefonat mit amourösem Hintergrund führte.

Langsam näherte sich Alexander dem Büro. Auch wenn der Koch während den Betriebszeiten grundsätzlich in der Küche präsent sein sollte, stand ihm für administrative Belange ein Arbeitsraum mit Telefon, Computer und Drucker zur Verfügung. Früher beinhaltete dieser Raum noch ein Bett, damit einer der Köche sich kurz ausruhen konnte, doch kurz nachdem Hopfner die Schichten reduziert hatte, wurde das Bett aus dem Raum entfernt.

Ciao bella, ich bin so verliebt in dich... Komm schon, ich reserviere uns einen Tisch im Seerestaurant, ich habe Rabatt!“, säuselte Pasquale. Die Bürotür stand einen Spalt breit offen, Alexander linste durch diesen. Pasquale fläzte auf dem Stuhl, die Beine auf der Schreibtischplatte gekreuzt, der Telefonhörer in der Hand.

Alexander stutzte. So weit er im Bilde war, war Pasquale doch verheiratet, jedenfalls zeigte er immer Bilder seiner Frau und den Kindern, welche noch in Italien lebten und seinen Angaben nach dort glücklicher wären als in der Schweiz.

Alexander schüttelte den Kopf. Dieser Mensch hatte wohl noch mehr unbekannte Facetten an sich. Immerhin war ihm der Begriff der Diskretion wohl nicht gänzlich unbekannt, sonst würde er wohl kaum den Geschäftsanschluss für solche privaten Angelegenheiten missbrauchen.

„Jetzt brauch‘ ich ein Bier!“, platzte Alexander in unsere Runde im Auld Triangle. Zugegeben, die Runde war klein, hatte bis zu seinem Eintreten nur aus Marcel und mir bestanden. Severin hatte auf die Anfrage nach einem kurzen Bier am Abend nicht geantwortet. Auch sonst befanden sich nicht viele Leute im kleinen Pub, das aus nicht viel mehr bestand als der Bar und vier kleinen Tischchen, wovon eines von uns als Stammtisch auserkoren wurde.

„Was ist denn los, Alex?“, fragte ich.

In kurzen Sätzen schilderte Alexander das Geschehene und fragte uns um Rat, wie er nun am folgenden Tag Pasquale gegenübertreten sollte.

„Konfrontiere ihn mit seinen Taten“, schlug Marcel vor.

Ich schüttelte den Kopf. „Nein, du sollst nicht alle Trümpfe ausspielen!“

Alexander nickte. „Stimme ich dir zu, Alessandro, dann hätte ich noch ein As im Ärmel.“

Der Abend wurde noch lang, irgendwann kreuzte auch noch Severin auf, seine Freundin Silvia im Schlepptau. Dieser missfiel es gewaltig, dass wir uns zu fortgeschrittener Stunde vor der Dartscheibe versammelten und versuchten, Severins Rekorde zu pulverisieren.

Natürlich ohne Erfolg.

Denn was Severin an Eifer bei der Arbeit vermissen liess, kompensierte er an der Dartscheibe. So lange er an dieser Erfolg hatte, sah er keinen Anreiz, sich um eine Festanstellung zu bemühen.

„Na Sevi, durftest du nun schon mal ran?“, fragte Marcel unverblümt, ungeachtet dessen, dass Silvia direkt daneben stand. Diese rümpfte auch angewidert die Nase, war sie in unseren Augen doch recht prüde und dementsprechend über solche Sprüche nicht gerade erfreut.

Irgendwann beschlossen wir, noch das Lokal zu wechseln. Nebst dem Auld Triangle war auch das La Finca eines unserer Stammlokale, auch wenn uns Mariella mit ihrer lauten Art ordentlich auf den Keks ging. Schon seit geraumer Zeit wuselte sie auffällig oft um uns herum, doch wir konnten uns keinen Reim darauf machen.

Wahrscheinlich hatte sie Interesse an einem von uns, was jedoch niemals ernst sein würde, war Mariella doch berühmt-berüchtigt dafür, sich durch die Matratzen halb Erstfelds zu wälzen.

Wir betraten das Lokal und sahen, das Mariella offenbar nicht da war. Dafür die neue Bedienung, die – so viel ich weiss –Marija hiess. Ihr Blick war auffallend stark auf den Tresen gerichtet, immer wieder strich sie sich eine Haarsträhne über das rechte Auge.

Es waren nur wenige Gäste da, beispielsweise Leandra, Mariellas beste und ebenso nervige Freundin.

Als Alexander winkte und sie hochsah, erkannte ich warum. Ein blau-lila Veilchen zierte ihre Augenpartie. Wir waren alle geschockt.

Wer verprügelte sie?

Ihr mutmasslicher Freund?

Frowin?

Ich konnte nicht zu Ende denken, als Mariella doch noch aufkreuzte. Jedenfalls suggerierte dies ihr Geplärre im Treppenhaus. Meine Vorahnung wurde bestätigt, als sie ins Restaurant platzte, aufgetakelt und in einem samtroten Kleid, tonnenweise Make-up und kirschrotem Lippenstift. Wen die wohl verführen wollte.

In diesem Moment erklang ein lautes Brummen auf der Strasse. Marcel öffnete das Fenster, ein Porsche 911 war vorgefahren.

„Ich bin jetzt weg!“, liess Mariella alle wissen, ehe sie sich an Marija wandte: „Bitte sei so gut und mache diesmal nichts kaputt, wir wären alle sehr froh. Schönen Abend noch!“

Schon war sie verschwunden.

Wie neugierige Kinder durch das Loch im Zaun wagten wir einen heimlichen Blick aus dem Fenster, gespannt, wer denn der Unbekannte beziehungsweise der Unglückliche war. Meines Wissens konnte sich João einiges leisten, aber sicherlich keinen Sportwagen.

Da öffnete sich die Fahrertür und ein dunkelhaariger Mann stieg aus, der eher aufs Set eines italienischen Jugendfilms passte als hier auf die Gotthardstrasse. Irgendwie war es nicht verwunderlich, dass Mariella auf solche Angeber stand. Ich hatte ihn noch nie gesehen; João jedenfalls war nun definitiv nicht Mariellas Verabredung.

Doch Alexanders Miene verdüsterte sich schlagartig.

„Pasquale!“, zischte er.

Türler ve etiketler
Yaş sınırı:
0+
Hacim:
160 s. 1 illüstrasyon
ISBN:
9783742736871
Yayıncı:
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