Kitabı oku: «Osteopathie und Swedenborg», sayfa 5

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REGNUM ANIMALE22*

Im Juni 1743 erbat der 55-jährige Swedenborg eine erneute Erlaubnis zur Abwesenheit vom Bergwerksdirektorium, um ein weiteres großes Werk beenden und publizieren zu können: eine Reihe mit dem Titel Regnum Animale, später als The Soul’s Domain ins Englische übersetzt.

Swedenborg benötigte Zugang zu ausländischen Bibliotheken und zu den neuesten anatomischen Erkenntnissen. Dabei stellte er klar fest, dass es leichter und bequemer, sicherer und günstiger sein würde, wenn er zu Hause bliebe. Demgegenüber empfand er ein brennendes Verlangen danach, der Nachwelt etwas von gelehrsamem Wert zu hinterlassen, etwas, das einen Beitrag zur internationalen Forschung darstellen und seinem Land Ehre einbringen würde. Und immer noch war er auf der Suche nach der Seele im Körper. So verließ Swedenborg sein Heimatland im Juli 1743 zu seiner fünften Auslandsreise und begab sich nach Amsterdam.76

Swedenborg war zu der Überzeugung gelangt, dass er sich in seinem ersten anatomischen Werk Oeconomia regni animalis allzu rasch auf ein Studium der Seele konzentriert hatte, und kam zu dem Schluss, dass eine detailliertere anatomische Untersuchung des Körpers erforderlich sein würde, um ein Verständnis vom Sitz der Seele auf rein empirischer Basis zu gewinnen. Diese erweiterte anatomische Studie sollte die Basis seines neuen Werks Regnum Animale bilden und als Erweiterung der Oeconomia regni animalis verstanden werden.77

Da er in der Oeconomia universale Konzepte eingeführt hatte, fuhr Swedenborg folgerichtig damit fort, die einzelnen Organe des Körpers im Detail zu erfassen und in diesem Zusammenhang seine schriftliche Darlegung des Nervensystems zu revidieren. Zur Vorbereitung auf Regnum Animale skizzierte Swedenborg fünf Bände zu den Themenkomplexen von Gehirn, Nerven- und Reproduktionssystem, Sinnesorganen und den übrigen Teilen des Körpers. Als Teil dieser Serie schrieb er 1743/​1744 ein ganz neues Werk über das Gehirn, das Rückenmark und die Nerven des Kopfes und beabsichtigte, dieses Werk als Teil von Regnum Animale zu veröffentlichen. Doch noch bevor er diese Reihe vollenden konnte, ging er bereits ganz zu seinem theologischen Werk über und ließ die wissenschaftlichen Studien hinter sich. Die Arbeit über das Gehirn aus den Jahren 1743 und 1744 wurde als Stockholmer Werk bekannt und posthum als das zweibändige De cerebro veröffentlicht – mit der Übersetzung aus dem Lateinischen ins Englische durch Leonard Tafel von 1844 und 1847. Die Überlegungen dieses Werks werden im vorliegenden Buch an späterer Stelle analysiert und mit denjenigen der Kranialen Osteopathie verglichen.78

Swedenborg verbrachte den Herbst 1743 in Amsterdam, besuchte Anatomen und bereitete Regnum Animale zur Veröffentlichung vor. Er vollendete die drei Arbeitsgänge in dieser Zeit und überwachte 1744 die Veröffentlichung der ersten beiden Bände. Der dritte Teil wurde schließlich 1745 in London veröffentlicht. Das Regnum Animale wurde später von James John Garth Wilkinson, der Mitglied des Royal College of Surgeons in London war, ins Englische übertragen (1843 – 1844). Der Titel für die ersten zwei Bände lautete: The Animal Kingdom – considered Anatomically, Physically and Philosophically.79

Im Vorwort zu Regnum Animale skizzierte Swedenborg seine Intention, in der Reihe physikalisch und philosophisch die vollständige Anatomie des menschlichen Körpers, seine gesamten Viszera, die Genitalien, die Sinnesorgane, die verschiedenen Teile des Gehirns, das Stammhirn, das Rückenmark, die Nervenfasern, die Muskelfasern und die Ursachen der Kräfte und der Bewegung des gesamten Organismus zu erfassen. Dem wollte er eine Studie über rationale Psychologie folgen lassen, worin diese als vom materiellen Organismus des Körpers induziert beschrieben werden sollte. Konzepte der Form, der Ordnung und des Grades, der Abfolgen und der Gemeinschaft, des Einströmens, der Übereinstimmung und der Repräsentation sollten darin entwickelt werden, und er erhoffte sich, davon ein besseres Verständnis des Mentalen, insbesondere der Fähigkeiten der Sinnesempfindung, der Erinnerung, der Einbildungskraft, des Instinkts, des Intellekts, des Willens und des rationalen Verstandes zu gewinnen23*. Im Anschluss daran plante er eine weitere Studie über die Seele, ihre Stellung im Körper, die Interaktion zwischen Seele und Körper, die Unsterblichkeit der Seele und ihren Zustand nach dem Tod des Körpers. Die Krönung seiner Studien würde aber im Wissen über die Seele bestehen. Swedenborg sah im organischen Körper ein Abbild der Seele, das von der Seele ausgeformt worden sei, um den Geist zu beheimaten. Er hoffte, durch das Studium des Körpers die Seele besser zu verstehen – und umgekehrt. Durch das Studium beider wollte er die Interaktion zwischen Seele und Körper so weit wie möglich verstehen lernen.80

Im ersten Teil von Regnum Animale erörtert er das gastrointestinale System sehr detailliert. Er beginnt mit dem Mund und lässt den oberen und unteren gastrointestinalen Trakt sowie alle darauf bezogenen Organe wie Leber, Galle, Blase, Pankreas und Milz folgen. Auch der urologische Trakt mit den Nieren und der Blase wird abgehandelt. Der zweite Teil enthält vergleichbare Studien zum pulmonalen System, darunter den oberen und unteren respiratorischen Trakt, die Lungen, die Pleura und das Diaphragma sowie Verbindungen des Perikards zum Herzen. Teil drei bespricht die Haut, den Tastsinn und den Geschmackssinn. Swedenborg übertrug die in der Oeconomia regni animalis entwickelten Konzepte auf alle diese Bereiche. Er beschreibt, wie die Aktivitäten und Bewegungen jedes einzelnen wechselseitig auf das Ganze bezogen sind und mittels des Einflusses von Gehirn und Blut, insbesondere durch den dem Gehirn zugrunde liegenden vereinenden Rhythmus der Beseelung, integriert und wie alle Systeme damit zu einem großen Ganzen harmonisiert werden.81

Zusätzlich zur minutiösen Beschreibung der Anatomie jedes einzelnen Bereichs konzentrierte sich Swedenborg auf die Funktion, welche die Struktur leitet, stellte Schlussfolgerungen vor und entwickelte und verfeinerte seine Überlegungen. Einige seiner späteren Schlüsselanschauungen sind bereits im vorliegenden Buch behandelt: die Rolle der intrinsischen Bewegungen im gesamten Körper, die Integrität und das wechselseitige Aufeinanderbezogensein des Körpers – insbesondere im Hinblick auf das Gehirn und das Blut, die Rolle der faszialen Verbindungen, die von Pleura, Peritoneum und Nerven in ihrer gemeinsamen, die Organe verbindenden Aktivität vermittelt werden; dazu die Seele als universale Essenz und mächtige Lebenskraft des menschlichen Körpers. Swedenborg betrachtete den Körper als Mikrokosmos, als kleines Universum, welches das große Universum widerspiegelt. Eine weitere interessante Überlegung ist diejenige einer Entsprechung zwischen unterschiedenen Graden der Aktivität nicht nur im Körper, sondern auch zwischen dem menschlichen Körper und der geistigen Existenzebene. Swedenborg hatte dieses Konzept ausgebaut, seit er es zum ersten Mal in Regnum Animale eingeführt hatte. Die Konzepte der unterschiedenen Grade und Entsprechungen wurden in De Cerebro und vor allem in seinen späteren theologischen Arbeiten weiterentwickelt.82

Swedenborg vollendete seine Pläne für die über die ersten drei Bände hinausreichende Reihe von Regnum Animale nicht und veröffentlichte auch die Skizzen zu den anderen Themen nicht, welche er für weitere Bände vorbereitet hatte. Stattdessen kam es in seinem Leben zu einer großen Transformation, die dazu führen sollte, dass er seine anatomischen und philosophischen Werke ganz hinter sich ließ, um sich einem anderen Werk und der damit verbundenen schriftstellerischen Tätigkeit zu widmen.

DIE ÜBERGANGSPHASE

Während er zwischen Ende 1743 und Anfang 1744 in Holland an Regnum Animale arbeitete, erfuhr Swedenborg eine persönliche Geisteskrise. Nach außen blieb er ein international angesehener Wissenschaftler und schwedischer Adliger. Innerlich aber erlebte er neue und verwirrende Träume und schwankte zwischen Zuständen unbeschwerter Heiterkeit und ernster Selbstkritik sowie Depression. Swedenborg führte gewöhnlich ein kleines Tagebuch während seiner Reisen und wie üblich begann er auch eines bei dieser Reise nach Amsterdam. Seine Reisetagebücher enthielten gewöhnlich Einträge zu Menschen, die er traf, und Orten, die er bereiste. Dieses Notizbuch jedoch wurde zu viel mehr als nur einem schlichten Reisebericht. Um die mächtigen und fremdartigen Träume und Erfahrungen besser verstehen zu können, zeichnete er sie in diesem persönlichen Journal von 1743/​1744 auf. Es wurde posthum unter dem schwedischen Titel Drömboken veröffentlicht und übersetzt.24*Das Journal wurde mit den leidenschaftlichen Beschreibungen eines Mannes gefüllt, der eine Krise und im weiteren Verlauf eine Katharsis durchlief und aus diesem Prozess als ein verwandelter und glücklicherer Mensch hervorgehen sollte.83

Das Drömboken beschreibt die Abfolge von Swedenborgs Erfahrungen. Es beginnt mit knappen Zusammenfassungen der Reisen, denen eine Schilderung abwechselnder Zustände von Selbstkritik und Freude folgt. Weiter geht es mit komplexeren Bildern und Träumen, die zunächst als unsinnig erscheinen. Erst nachdem er bestimmten wiederkehrenden Konzepten und Bildern besondere Bedeutung zuschreibt, erscheinen sie mit der Zeit sinnvoller. Es wird klar, dass Swedenborgs antreibendes Begehren, Gott zu erkennen, als mächtige Kraft hinter diesem Prozess stand. Zudem kämpfte er mit der Empfindung eigener religiöser Unangemessenheit. Das Drömboken beschreibt somit eine intensive Zeit und einen damit verbundenen Prozess persönlichen Wachsens, an dessen Ende Swedenborg das Verhaftetsein an der Welt und an persönlicher Reputation hinter sich lassen konnte. Dies sollte Swedenborg für den Rest seines Lebens verändern.84

Moderne Psychologen haben angesichts dieses Vorgangs nicht nur Swedenborgs bedeutenden Intellekt erkannt, sondern gehen auch von einer anfänglich fehlenden Balance zwischen Gefühl und Intuition aus. Zum Ende des Journals reflektieren Swedenborgs zumeist positive Erfahrungen ein sehr viel demütigeres, liebendes und ausbalanciertes Individuum. Offensichtlich bemerkte er selbst die Veränderungen seiner Person während dieser Zeit und wunderte sich über das Verschwinden seines Begehrens nach Selbstrechtfertigung und Reputation. Seine Gefühlsseite hatte sich dagegen entwickelt, seine Fähigkeit zur Intuition und zur Einsicht hatte sich beachtlich erweitert, ebenso seine Fähigkeit, Studien auf selbstlose Weise zu betreiben.85

Im Laufe dieses Übergangsprozesses erfuhr Swedenborg im April 1744 eine erste mächtige, sein Leben verändernde Vision; diese folgte unmittelbar auf das Osterwochenende, während dem er an großer innerer Unruhe gelitten hatte. Noch am Sonntagabend war er voller Versuchungen und empfand abwechselnd inneren Frieden und äußere Traurigkeit. In seinem Traum traf er einen Bekannten, der ihn zu überzeugen versuchte, sich seinem Unternehmen anzuschließen. Swedenborg interpretierte dies im Kontext von Luxus, Reichtum und Eitelkeit. Darauf folgte ein unbeschreibliches Gefühl himmlischer Seligkeit, eine Empfindung der Liebe Gottes und der eigenen Bereitschaft, sein Leben für ihn hinzugeben. In der nächsten Nacht, am 6. April 1744, hörte Swedenborg etwa eine halbe Stunde, nachdem er schlafen gegangen war, das Heulen der Winde und wurde plötzlich von einem Zittern erfasst. Er empfand etwas Heiliges und fiel aus seinem Bett auf den Boden. Dort erfuhr er, ganz wach, eine Vision Christi. Swedenborg sah sich in Christi Armen und empfand, dass er von Gott für eine spezifische Aufgabe ausersehen war. Darauf erschien ihm ein Bild seines Vaters Jesper Swedberg, der ihm ein Leben außerhalb des Klerikerstandes erlaubte.86

Swedenborg schloss zwar die ersten Bände von Regnum Animale ab, ließ aber alle anderen wissenschaftlichen Arbeiten fallen, nachdem er diesen Übergangsprozess durchlaufen hatte. In seiner nächsten Arbeit, De cultu et amore Dei,25* versuchte er sich in einem gänzlich anderen und ungewöhnlich poetischen bzw. metaphorischen Schreibstil. Allerdings publizierte er nur einen Teil dieses Werkes. Zwar empfand er seine neue Berufung deutlich, doch es war ihm nicht klar, wohin sie ihn führte. Er empfand, dass er bei der Suche nach der Seele und den Angelegenheiten des Geistes in gewisser Weise an die Grenzen des wissenschaftlichen Weges gekommen war. Obgleich ihm zehn Jahre intensiver anatomischer Studien ein differenziertes und reiches Verständnis des Körpers gebracht hatten, so doch keine Lösung für die Frage der Interaktion von Seele und Körper respektive ein tieferes Verständnis Gottes. Ein neuer Weg war nötig, um die Wissenschaft vom Geist zu betreiben. Der fortdauernde Kampf zwischen seinem Sich-Verlassen auf wissenschaftliche Studien einerseits und der wachsenden Aufmerksamkeit für spirituelle Phänomene am Rand seines Bewusstseins andererseits erfüllten ihn. Zwar hatte er während seiner Studien seit 1736 einige Geistesblitze und er kam zu der Einsicht, dass sich dabei Wahrheiten verifizierten, doch diese neuen Erfahrungen waren sehr viel grundlegender als die vorherigen. Von nun an widmete er sich dem neuen Prozess mit der gleichen Intensität, wie er es bereits bei seinen wissenschaftlichen Studien getan hatte. Dabei benutzte er von ihm entwickelte Techniken intensiver Konzentration, Meditation, kontrolliertem Atmen, Trance und Traumanalyse.87

Im Mai 1744 und unmittelbar nach der Veröffentlichung der ersten beiden Teile von Regnum Animale in Holland hatte Swedenborg einen Traum, in dem ein Schiff vorkam. Dies deutete er dahingehend, dass er den dritten Teil von Regnum Animale in England veröffentlichen solle. Und so brach er nach London auf. In England setzte er den Abschluss des dritten Teils fort. Dabei erschien er allen, die ihn in jener Zeit umgaben, als ein internationaler Forscher, der ruhig seiner Arbeit nachging. Gleichwohl setzten sich seine inneren spirituellen Erfahrungen und Träume fort. Er verpflichtete sich selbst dazu, diesen Prozess durchzustehen, nicht aufzugeben oder diesem Veränderungs- bzw. Entwicklungsprozess zu entfliehen und stellte in diesem Zusammenhang sämtliche seiner Annahmen und Überlegungen infrage. An einem Punkt empfand er sogar, dass sein gesamtes Wissen über die Religion und alle dazu bereits gefassten Urteile weggeschwemmt worden seien, und er befand dies für gut, denn so, glaubte er, könne Gott ihn neu instruieren.88

Noch in London machte Swedenborg im April 1745 eine weitere machtvolle Erfahrung, die ihm Richtung und Inhalt seiner Lebensberufung besser erschloss. Dabei handelte es sich um seine erste offene und bewusste Begegnung mit der geistigen Welt und um erste Kontakte mit ihren Bewohnern. Er wurde gänzlich von ihrer Realität überzeugt. Wie Swedenborg schrieb, sei ihm der Herr erschienen und habe die Worte an ihn gerichtet,

„[…] dass Er mich ausgewählt habe, damit ich den Menschen den spirituellen Sinn der Schrift erkläre. Und Er selbst werde mir erklären, was ich dazu schreiben solle. Noch in derselben Nacht wurden mir daraufhin die Welt der Geister sowie Himmel und Hölle in voller Überzeugungskraft eröffnet. Ich erkannte dort viele Bekannte in allen möglichen Lebensumständen. Von diesem Tage an gab ich die weltliche Gelehrtheit auf und widmete meine Arbeit spirituellen Sachverhalten.”89

DIE THEOLOGISCHE PHASE

In der Tat gab Swedenborg das wissenschaftliche Arbeiten auf. Seine Schriften befassten sich von da an ausschließlich mit zwei Themen: dem tieferen Verständnis der Bibel und seinen eigenen spirituellen Erfahrungen. Beide Themen sind in der großen Mehrheit seiner übrigen Schriften vertreten. Er begann unmittelbar mit ausgedehnten Studien der Bibel und erstellte im Laufe von drei Jahren einen umfassenden ‚Bibel-Index’. Nebenbei führte er über 20 Jahre lang ein ‚spirituelles Tagebuch’, eine getreue Aufzeichnung seiner Erfahrungen mit der anderen Welt. Diese sollten eine große Auswirkung auf sein Leben und die Interpretation der Bibel haben. Sowohl der Index zur Bibel als auch das spirituelle Tagebuch bildeten die Grundlage für seine folgenden Werke und die sich darin entwickelnde Theologie. Manche Historiker sind in diesem Zusammenhang der Meinung, dass an diesem Punkt der Mann des religiösen Glaubens und der Empiriker begannen, Hand in Hand zu arbeiten.90

Würde man Swedenborgs Leben in drei Phasen einteilen, dann bezeichnete dies die dritte Phase. Die erste Phase umfasst seine Ausbildung zum und seine Arbeit als Ingenieur, in der zweiten Phase war er der Verwalter, Staatsmann, Philosoph und Wissenschaftler (insbesondere Anatom); die letzte Phase bestünde schließlich aus den letzten 27 Jahren seines Lebens, in denen er sich der Wahrheitssuche mithilfe des Bibelstudiums widmete. Um zu neuen Einsichten zu gelangen, nutzte er dabei die Meditation zu geistigen Themen und die Bestätigung durch spirituelle Erfahrungen. Und er teilte diese in Gestalt eines theologischen Schriftstellers mit. Obgleich er sich 1747 nach 31 Jahren Pflichterfüllung aus dem Bergwerksdirektorium zurückzog, erfüllte er interessanterweise weiterhin pflichtgemäß seine politische Rolle in der Adelskammer, war sozial aktiv und während seines ganzen Lebens für jedermann erreichbar.91

Im Juli 1745 kehrte Swedenborg nach Stockholm zurück, erwarb ein Grundstück jenseits des Flusses und bezog dort bald darauf ein Haus, das er selbst instand gesetzt hatte. Er legte einen Kräutergarten an, errichtete ein Sommerhaus mit Bibliothek, installierte eine Hausorgel, die er gerne spielte, und ließ sich also in einem bequemen Haus nieder. Mit Ausnahme seiner Auslandsaufenthalte sollte er hier den Rest seines Lebens verbringen.92

Swedenborgs spirituelle Erfahrungen und sein Verständnis der Bibel waren eng miteinander verwoben, und er betrieb beides engagiert. Er folgte beiden als Pfaden zu größerem Verständnis und größerer Weisheit. Seine spirituellen Erfahrungen häuften sich; oft ereigneten sie sich, während er zu Hause über bestimmte Themen still meditierte, aber auch in der Öffentlichkeit, sogar während er in öffentlichen Ämtern diente. Sie distanzierten ihn offensichtlich nicht von seinen persönlichen und öffentlichen Pflichten. Über viele Jahre hinweg hielt er sie geheim und veröffentlichte seine theologischen Schriften 20 Jahre lang sogar anonym. Dabei empfand er tief, dass die Einsicht, die er aufgrund seiner Erfahrungen erlangt hatte, ihn zu einer genuinen Konzeption der Realität führte, denn sein neues Verständnis und seine neue Weltsicht begriffen sowohl spirituelle als auch natürliche Erfahrung als vollständig kompatibel und als integrales Ganzes.93

Swedenborg studierte die Bibel intensiv und verfertigte mehrere vorbereitende Studien, bevor er sein erstes großes theologisches Werk, die Arcana Coelestia26* in den Jahren 1749 – 1756 veröffentlichte. Es handelt sich um ein umfangreiches achtbändiges Werk, mit 5.800 Seiten und 10.000 sorgfältig nummerierten Abschnitten, in denen die Bücher Genesis und Exodus Kapitel für Kapitel, Vers für Vers, Wort und Wort dargelegt und kommentiert werden. Dabei wird der den Buchstaben der behandelten Bücher innewohnende spirituelle Sinn enthüllt. Swedenborg behauptete zu Beginn, dass die Bibel im Literalsinn27* formulierte, verborgene Bedeutungen enthalte, deren sich die christliche Welt nicht bewusst sei. Er führte weiter aus, dass er vom Herrn durch spirituelle Einsicht angeleitet und instruiert sei, diese inneren, tieferen Bedeutungen, die in den Buchstaben enthalten seien, mitzuteilen. In seinen gesamten theologischen Schriften stellte Swedenborg fest, dass ihm seine Einsichten vom Herrn und nicht von Engeln oder Geistern gewährt worden seien. Obgleich er spirituelle Erfahrungen mit solchen Wesenheiten machte, lehrten sie ihm nichts Neues. Eher bestätigten sie Einsichten, die ihm schon gewährt worden waren.94

Zwischen den Kapiteln fügte Swedenborg zahlreiche Essays über Lehrthemen und über Erfahrungen der anderen Welt ein. Dabei maß er dem Lehrmaterial die gleiche Bedeutung zu wie der biblischen Darlegung. Später überarbeitete er vieles von diesem Material, das er zwischen die Kapitel eingefügt hatte, und veröffentlichte es 1758 in vier kleineren Werken.95

Der Charakter von Swedenborgs theologischen Schriften ist deutlich von demjenigen seiner früheren wissenschaftlichen Werke unterschieden. Seine wissenschaftlichen, insbesondere seine anatomischen Werke zitieren Informationen zeitgenössischer Autoritäten, woraufhin seine eigenen Schlussfolgerungen zu dem präsentierten Material folgen. Seine theologischen Werke hingegen sind von ganz anderem Ton. Sie sind mehr im Stil einer Autorität formuliert, die sich aus eigenständiger spiritueller Erfahrung und biblischer Exegese begründet – ohne jeden Bezug auf weitere Autoritäten. Auch dabei ging Swedenborg die Themen zwar noch in einer umfassenden und analytischen Weise an, die auf Erfahrung beruhte, doch nun handelte es sich um seine eigenen Erfahrungen und nicht um die von anderen. In seinen theologischen Werken ist deutlich ein gesteigertes Selbstvertrauen und entsprechende Gewissheit zu bemerken.

Swedenborg veröffentlichte die Arcana Coelestia anonym 1749 – 1756 in London. Obgleich es in Schweden tatsächlich keine Druckerei gab, derartige Werke zu verlegen, so ist es doch auch wahrscheinlich, dass einige schwedische Autoritäten manchen der theologischen Ideen in seinem Werk widersprochen hätten; dies insbesondere, da es einige Konzepte enthielt, die sich radikal von jener der lutherischen Kirche, der schwedischen Staatsreligion, unterschieden. So publizierte Swedenborg in den folgenden 20 Jahren seine theologischen Werke anonym und änderte dieses Vorgehen erst viele Jahre später. Zudem schien es in London leichter, anonym zu veröffentlichen, als in Amsterdam, wo er gut bekannt war.96

Die Arcana Coelestia enthielten u. a. den gesamten Verlauf der Verherrlichung Gottes (Swedenborgs Ausdruck für den Vorgang der Menschwerdung Gottes bzw. den Vorgang, wodurch dieser Mensch zum Auferstandenen und zum göttlichen Menschen wurde), die Geschichte der Religion und der geistigen Zustände der Menschheit, dazu das geistige Wachsen jedes Individuums – er bezeichnete dies als ‚Regeneration’ – sowie ausführliche Beschreibungen des Lebens nach dem Tod.97

Nachdem er das Buch Exodus in Arcana Coelestia abgehandelt hatte, änderte sich die Richtung seines Schreibens. Die fast 6.000 Seiten dieses Werks enthalten zahlreiche Querverweise zur übrigen Bibel und eine breite Palette an Themen. Swedenborg bearbeitete einige dieser Themen in weniger umfangreichen Büchern, die er rasch verfasste und 1758 veröffentlichte. Obgleich sie sich zwar stark auf die Arcana Coelestia beziehen, stellt doch jedes einzelne von ihnen eine eigenständige Arbeit zu einem allgemeinen Thema dar. Das populärste davon wurde De coelo et ejus mirabilibus.28* In diesem Buch beschrieb Swedenborg die Nahtoderfahrung und das Leben nach dem Tod ausführlich. Es handelt sich um ein exemplarisches Werk dafür, wie er Theologie und Beispiele seiner Erfahrungen mit der anderen Welt kombinierte, und es zählt bis heute zu seinen bekanntesten Werken.98

Während der 15 Jahre, die nach seiner spirituellen Erfahrung 1744 vergingen, verbrachte Swedenborg ein Leben komfortabler Anonymität. Er war sozial aktiv, empfing regelmäßig Besucher und genoss die Gesellschaft zahlreicher Gäste. Doch keiner in seinem Umkreis wusste darum, dass er spirituelle Erfahrungen hatte und der Autor eines Werkes wie der Arcana Coelestia war.99

Swedenborg verließ im Sommer 1758 sein Zuhause und brach zu einer siebten Auslandsreise nach England auf, um die fünf genannten Bücher zu veröffentlichen. Im Juli 1759, während seiner Rückkehr, geschah dann etwas, was in ganz Schweden und großen Teilen Europas Interesse auf sich ziehen sollte.

Swedenborg war im Westen Schwedens in Göteborg gelandet, einem Ort, der etwa 400 km von seinem Wohnort Stockholm entfernt liegt. Am Samstag, den 19. Juli, nahm er um 16 Uhr mit 15 anderen Gästen ein Abendessen im Anwesen des prominenten Bürgers William Castel ein. Um 18 Uhr verließ Swedenborg die Gesellschaft eine Zeit lang und kehrte blass und aufgeregt zurück. Als man ihn fragte, was los sei, antwortete er, dass im Süden Stockholms ein Feuer ausgebrochen sei und sich schnell auf sein Haus zu bewege. Er sagte, dass das Haus eines Freundes schon ganz abgebrannt und sein eigenes bedroht sei. Er ging mehrere Male hinaus in den Garten und kehrte jeweils mit weiteren Details über das Feuer zurück. Einige der Gäste kamen aus Stockholm und alle waren sehr besorgt. Gegen 20 Uhr atmete Swedenborg erleichtert auf und erzählte den Gästen, dass das Feuer gelöscht sei – es habe nur drei Häuser von seinem entfernt aufgehört.100

Die Nachricht über diese Geschichte verbreitete sich rasch. Swedenborg wurde am nächsten Morgen zum Haus des Provinzgouverneurs bestellt, wo er detailliert berichtete, wann das Feuer begonnen, wie es sich verbreitet habe und wie es gelöscht worden sei. Am folgenden Tag, einem Montag, kam ein Bote vom Handelsdirektorium, der während des Feuers fortgeschickt worden war. Am Dienstag kam ein zweiter Bote mit einem zweiten Bericht, wie das Feuer gelöscht worden und wie groß der Schaden sei. Diese Berichte stimmten genau mit Swedenborgs Beschreibungen überein. Damals waren Swedenborgs theologische Werke noch anonym und sein Anspruch, mit der Welt der Geister zu interagieren, war in Schweden noch unbekannt.101

Es gab einige weitere bemerkenswerte Ereignisse, die öffentliches Interesse an Swedenborg unabhängig von seinen veröffentlichten Büchern hervorriefen. Eine Geschichte handelt von einer Witwe, der er dabei half, einen verlorenen Beleg aufzufinden, der bewies, dass ihr verstorbener Gatte vor seinem Tod einige Rechnungen bezahlt hatte. Das bekannteste Ereignis jedoch betrifft Königin Ulrika von Schweden selbst.102

Im Oktober 1761 besuchte Swedenborg Graf Ulric Scheffer auf Bitten der Königin. Er teilte Swedenborg mit, dass die Königin von seiner Hellsichtigkeit gehört und ihren Hof gefragt habe, ob dies zutreffe oder ob er wahnsinnig sei. Der Graf antwortete ihr, dass der Mann empfänglich und gesund sei. Daraufhin sandte sie ihn zu Swedenborg, um ihn zu bitten, bei Hofe zu erscheinen. Swedenborg stimmte zu und begleitete Scheffer an den Königshof.103

Als sie dort ankamen, wurden Swedenborg und Graf Scheffer von der Königin und vom König empfangen. Königin Ulrika fragte Swedenborg, ob es wahr sei, dass er mit den Geistern der Verschiedenen umgehen könne. Er antwortete: „Ja, mit einigen.” Sie bat ihn, ihren Bruder August Wilhelm von Preußen zu kontaktieren, der vor drei Jahren verstorben war. Swedenborg stimmte zu und der König und die Königin nahmen ihn beiseite und sie gab ihm seinen Lohn.104

Zu dieser Zeit war bekannt geworden, dass Swedenborg jene theologischen Werke geschrieben hatte. Dies erregte Interesse in den gelehrten Kreisen Schwedens. Nachdem er seinen Lohn empfangen hatte, speiste Swedenborg am königlichen Tisch, wo ihm viele Menschen mit Fragen zusetzten, insbesondere über seine spirituellen Erfahrungen. Er bat auch die Königin, ihr Exemplare seiner theologischen Bücher schenken zu dürfen.105

Drei Tage später kehrte Swedenborg zum Hof zurück und ersuchte um eine Audienz bei der Königin. Er wurde zur Königin geführt und bat darum, mit ihr alleine zu sein. Sie antwortete, was er auch zu sagen habe, könne vor allen gesagt werden. Swedenborg antwortete, dass diese Botschaft ausschließlich für ihre Ohren bestimmt sei. Sie stimmte zu und sie gingen in einen anderen Bereich, obgleich sie noch von einem Eingang aus von einigen Mitgliedern des Hofes, darunter Graf Scheffer, beobachtet wurden: Sie wurde blass, als sie die Botschaft hörte, und trat zurück, als ob sie ohnmächtig würde und sagte: „Das kann nur mein Bruder gesagt haben!” Swedenborg hielt die Botschaft geheim und erzählte auch den Adeligen nichts, die bei ihm in den nächsten Wochen nachfragten und den Inhalt jener Botschaft erfahren wollten, die eine derartige Wirkung auf die Königin entfalten konnte. Dieser Sachverhalt wurde sorgfältig durch den früheren Premierminister Carl Gustof Tessin dokumentiert, der sich vier Jahre zuvor von diesem Posten zurückgezogen hatte. Dieses Ereignis und die Berichte über das Stockholmer Feuer sowie den verlorenen Beleg wurden später von Immanuel Kant untersucht und verifiziert. Kant schilderte dies auch 1763 in einem Brief an Charlotte von Knobloch.106

In den frühen 1760ern war Swedenborg sehr mit theologischen Arbeiten beschäftigt. Obgleich er seine Bibelexegese fortsetzte, konzentrierte er sich stärker auf thematische und systematische theologische Studien, die jedoch stets seine spirituellen Erfahrungen mit einschlossen. Er schrieb auf der Bibel beruhende Arbeiten insbesondere über das Buch der Offenbarung des Johannes, ebenso aber thematische Schriften wie Die göttliche Liebe und Weisheit oder Die göttliche Vorhersehung. In beiden Werken arbeitete er die einzigartige Rolle der Menschheit in der Antwort auf Gottes Liebe weiter aus. Demnach bestehe der Zweck der Schöpfung darin, einen Himmel für den Menschen zu bieten. Hierin betrachtete Swedenborg die Menschheit als durch Seele, Mentales und Körper charakterisiert. Ebenso legte er Wert auf die Bedeutung des geistigen Wachsens, welches auf freiem Willen während der gesamten Lebenszeit beruhe. Er bezeichnete dieses geistige Wachsen auch als ‚Regeneration’. Swedenborg hatte bereits den Ort unserer Erde im Universum und das Verhältnis zwischen unserer natürlichen Existenz und der zugleich existierenden geistigen Wirklichkeit beschrieben. Interessanterweise blieb er trotz der Konzentration auf höchst unterschiedliche Themen in den Arcana Coelestia inhaltlich konsistent.107

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Yaş sınırı:
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Litres'teki yayın tarihi:
23 aralık 2023
Hacim:
931 s. 3 illüstrasyon
ISBN:
9783941523395
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