Kitabı oku: «Animalisches im Wilden Westen», sayfa 2
Er holte tief Atem und sagte dumpf:
„Bringt den Boss, den Arzt und die beiden Kerle auf die Malone Ranch. Wo ist Mason?“
„Hier bin ich, Ethan“, antwortete ein kräftiger Cowboy und trat vor den Vorarbeiter.
„Durchsuche gemeinsam mit Liam die verdammte Scheune. Vielleicht verstecken sich dort noch weitere Verbrecher. Wenn ihr jemanden findet, dann bringt ihn auch auf die Farm. Der Boss wird später selbst entscheiden, was mit den Gefangenen zu tun ist.“
„Ja, Ethan“, antwortete der Cowboy und rannte gemeinsam mit einem zweiten Mann über die Straße zum Schweinestall.
„Wir anderen verfolgen diesen Bastard!“
Mit wuchtigen Schritten stapfte Ethan zu seinem Pferd und saß auf. Dann ritten sie die Straße hinauf und folgten Logan. Im Galopp jagten sie in die Nacht hinein.
3
Logan Bennett ritt nach Osten.
Er nahm einfach den Weg, der gerade vor ihm lag. Ihm war klar, dass er gejagt wurde. Die Cowboys von Joseph Malone würden ihm den Schuss auf ihren Boss nicht verzeihen.
Daher nahm er einfach den Weg, der am schnellsten von der Stadt wegführte. Als er sich umblickte, erkannte er die dunklen Staubwirbel hinter sich.
Die Verfolger hatten seine Spur gefunden!
Zäh und unerbittlich blieben sie auf der Fährte. Logan hatte keine Möglichkeit, die Spur zu verwischen. Zu weich war der Boden des Graslandes. Er durfte es auch nicht zu einem Kampf kommen lassen, denn die Verfolger waren in der Überzahl.
Er versuchte so lange wie möglich in der Nacht zu reiten. Zwischendurch legte er eine kurze Pause ein, um das Pferd verschnaufen zu lassen.
Im Morgengrauen stieß er auf einen Fluss. Er trieb das Pferd hinein und ließ es im Flussbett weiterlaufen. So hatte er wenigstens eine kleine Chance, seine Spuren zu verwischen.
Einige Stunden später sah Logan eine Ranch.
Er verließ den Fluss und ritt hinüber. Dort hoffte er auf Unterstützung oder Hilfe. Sein Pferd keuchte laut. Deutlich gruben sich die Hufe in den Boden ein und hinterließen eine gut sichtbare Spur. Logan atmete rasselnd und spürte, wie steif seine Muskeln von dem langen Ritt bereits waren. Sein Gesäß fühlte sich taub an.
Niemand kam ihm entgegen oder rief ihn an.
Der Holzzäune waren eingerissen, der Stall halb zerfallen. Unkraut wucherte überall. Ein loses Brett knarrte im heißen Wind. Die Tür des Ranch Hauses schwang langsam hin und her.
„Hey!“, schrie Logan heiser. „Ist da jemand?“
Seine Stimme fand im Haus ein schwaches und unheimliches Echo.
Verkrampft stieg er vom Pferd und lief zur Tür. Vorsichtig trat er ein, stand in einem leeren und versandeten Raum, sah zerbrochene Flaschen und Krüge, ein paar Reste von Stühlen. Sonst nichts!
Die Ranch war verlassen.
Logan hatte wertvolle Zeit vergeudet und dazu auch noch eine deutliche Spur hinterlassen.
Er kehrte um, lief zum Pferd, zog sich hinauf und ritt wieder los. Er näherte sich dem Fluss mit der dichten Baumkette. Starke Äste mit dichtem Laubwerk warfen Schatten und versperrten den Blick.
Logan neigte sich tief nach vorn, um nicht von den Ästen getroffen zu werden, lenkte das Pferd zum Wasser und horchte.
Dumpfes Hufgetrampel kam näher. Äste brachen und Wasser spritze auf.
Die Verfolger kamen!
Er rutschte vom Pferd und zog das Tier hinter dichte Büsche. Dort hielt er es fest und legte die Hand auf die Nüstern des Tieres.
„Ruhig!“, flüsterte er. „Mach keinen Lärm.“
Dann sah er sie kommen!
Ethan Sawyer ritt vorn, ihm folgten zehn weitere Männer. Sie trieben die Pferde durch den Fluss und zügelten sie plötzlich. Heiser tönte eine Stimme herüber:
„Hier, das ist seine Spur! Er ist zur Ranch geritten!“
Ihre Gesichter waren schweißnass und vom Jagdfieber verzerrt. Sie starrten umher und wischten sich den Schweiß von der Stirn. Die Hosen waren nassgespritzt.
Logan wagte nicht, sich zu rühren. Er hielt das Pferd fest und starrte mit brennenden Augen zum Fluss hinunter. Tiefhängende Äste und dichtes Buschwerk schützten ihn.
„Weiter!“, krächzte Ethan.
Sie ritten aus dem Fluss, über den sanften Uferrücken, verschwanden zwischen den Bäumen und jagten im Galopp auf die Ranch zu.
Schnell sprang Logan in den Sattel und ritt wieder in den Fluss. Er galoppierte in das Wasserbett und hoffte seine Verfolger abgeschüttelt zu haben.
Plötzlich fielen hinter ihm Schüsse!
Kugeln fauchten durch die Bäume und zerfetzten das Blätterwerk. Zweige knickten und fielen ins Wasser. Dicht neben Logan spritzte es hoch.
Er sah zurück.
Die Verfolger waren hinter ihm im Fluss. Gewehre blitzten im Sonnenlicht grell auf. Helles Mündungsfeuer flammte vor den Reitern. Ihre Gesichter waren vor Anstrengung gerötet. Sie schossen und kamen näher geritten. Eine Kugel streifte Logan am Hemdsärmel.
Er bekam plötzlich schreckliche Angst, dass sie sein Pferd treffen könnten. Zu Fuß hätte er keine Chance.
So trieb er das Pferd unter die Bäume und ritt dicht am Baumstreifen entlang. Als die Verfolger hinter ihm hervorkamen, jagte er sofort wieder zum Wasser. So geschah es mehrere Male. Sie blieben sogar ein wenig zurück, weil sie sich gegenseitig behinderten.
Der Tag war so lang und so heiß. Die Cowboys waren so zäh und folgten ihm so verbissen. Logan hatte kaum noch Hoffnungen. Irgendwann würde sein Pferd vor Erschöpfung zusammenbrechen.
Er wusste nicht mehr, wie er sich die Verfolger vom Leib halten konnte.
Aber er hatte eine kleine Chance.
Sein Pferd war lange im Stall gestanden und ausgeruht. Die Pferde der Verfolger waren schon lange vorher unterwegs gewesen. Sie würden sicher eher ermüden.
Langsam wurde der Abstand größer.
Logan sah sanfte Hügel vor sich. Keuchend jagte er durch die Hitze des Nachmittags, dann erreichte er die Hügel. Die Cowboys blieben auf seiner Spur.
Noch niemals zuvor hatte Logan sich die Nacht so sehnlichst herbeigewünscht. Nur die Dunkelheit konnte ihn retten. Wildes Gestrüpp wucherte zwischen den Hügeln. Bäume und Felsen standen in den Hügelfalten.
Immer wieder sah Logan nach der Sonne. Sie sank viel zu langsam. Die Hitzeschleier am hügeligen Horizont ließen Himmel und Erde ineinanderfließen.
Aber dann war die Nacht da.
Sternenlicht sickerte durch die heranziehenden Wolken.
Sein Pferd war erschöpft. Logan spürte jeden Muskel in seinem Körper. Er brauchte dringend eine Ruhepause und etwas Schlaf.
Er ritt an einem kleinen Fluss entlang und fand eine versteckte Lichtung. Dies war der ideale Ort für eine Pause, dachte er und stieg aus dem Sattel. Er gab dem Pferd zu trinken und sehnte sich nach etwas Essbaren. Dann überkam ihn die Müdigkeit, er legte sich auf den harten Boden und schlief sofort ein.
Ein leises, fremdes Geräusch ließ ihn erschrocken aus dem Schlaf aufwachen. Im Nu hatte er den Oberkörper aufgerichtet und zu seinem Gewehr gegriffen. Das Winchester Gewehr gab ihm ein Gefühl von Sicherheit.
Reglos saß er dann am Uferrücken und lauschte dem Wind, sah die feuchten Flussnebel und spürte die Gefahr, die unsicher hinter den dichten Bäumen lauerte.
Es war ein grauer Morgen, noch ohne Sonne und Licht, kühl und still.
Er spähte suchend umher. Verlassen und friedlich lag der kleine Fluss vor ihm, die Äste der Bäume bogen sich im Wind.
Nichts deutete auf eine Gefahr!
Doch er konnte sie fast körperlich spüren, so als berührte ihn eine kalte Knochenhand.
Er sah nicht den Cowboy, der hinter einem Baum kauerte und ihn beobachtete. Aber er hörte den Hufschlag von Pferden auf der anderen Uferseite hinter den Bäumen. Das Hufgetrampel entfernte sich.
Der einzelne Cowboy aber blieb in Deckung und saß völlig still, um sich nicht zu verraten. Leise holte er seinen Colt hervor. Er wollte den gesuchten Mann stellen. Er allein! Der Boss wäre stolz auf ihn.
Noch zögerte er, auf Logan zu schießen. Malone wollte ihn lebend für seine Rache. Daher durfte sein Schuss den gesuchten Mann nur verletzen und nicht töten.
Logan saß völlig still.
Seine Augen waren fast geschlossen, er ahnte die Gefahr.
Blätter raschelten.
Plötzlich rollte sich Logan herum und lag auf der Seite. Er richtete sich auf, ergriff die Zügel seines Pferdes und versteckte sich hinter dem dichten Buschwerk. Dann begann er hektisch den Sattel aufzulegen.
Das war der Moment für den Cowboy!
Er hob den Colt, zielte genau und kam näher. Logan hatte das Pferd fertig gesattelt und wollte gerade aufsteigen.
In dieser Sekunde krachte der Colt des Cowboys und stieß das Blei aus. Die Kugel streifte den Oberschenkel von Logan und riss eine Streifwunde in seine Haut. Dann fiel der Farmer schwer zu Boden, warf sich herum und krabbelte unter dichtes Baumgestrüpp.
Er konnte den Mann sehen, der sein Lager erreicht hatte.
„Komm aus deinem Versteck, du Bastard“, schrie der Cowboy zornig in Richtung von Logans Versteck.
Von weit her hörte er Pferdegetrampel. Der Schuss hatte die Verfolger informiert, sie eilten herbei. Gleich würde er von den Verfolgern umzingelt sein. Sein Gewehr lag neben dem Pferd auf dem Boden. Er war unbewaffnet.
Aber es war bereits zu spät!
Als Logan erneut seinen Kopf hob, traf ihn Schlag, der ihn sofort ins Reich der Träume versetzte. Ein zweiter Cowboy, von Logan unbemerkt geblieben, hatte sich hinter den Farmer geschlichen und mit dem Gewehrkolben auf den Hinterkopf geschlagen.
Die Flucht von Logan Bennett war beendet!
4
Es dauerte nur zwei Tage, bis Logan Bennett wegen versuchten Mordes zum Tod verurteilt wurde. Bereits am nächsten Tag wurde das Urteil vollstreckt.
Der grauenhafte, mit einem heiseren Krächzen ersterbende Schrei gellte in ihren Ohren.
„Fahr zur Hölle, Logan!“, zischte Joseph Malone.
Er starrte den Gehenkten, der vom aufkommenden Sturm wild hin- und hergeschaukelt wurde, voll Hass an. Dem Farmer, der in der Schlinge hing, ragte die Zunge weit aus dem verzerrten Mund.
Noch klangen Logan Bennetts letzte Worte in Malones Ohren nach wie Paukenschläge aus einer anderen Welt:
„Verrecken sollt ihr – ich verwünsche euch – in die Hölle sollt ihr fahren und braten bis zum jüngsten Tag!“
Es waren nicht die Worte, die Joseph Malone selbst jetzt noch die Haut am Rücken zusammenzogen. Die Art, wie Bennett es ihnen in die Gesichter geschleudert hatte.
„... meine Seele dem Teufel, wenn er euch dafür holt!“
„Schlag zu, Sheriff. Verdammt, wie lange sollen wir uns dieses Geschwätz noch anhören“, hatte der Ethan Sawyer mit erstickter Stimme gebrüllt. Die Schweißperlen rannen ihm über die Stirn, als hätte ihm jemand einen Eimer Wasser über den Kopf gegossen.
Und da hatte der Sheriff endgültig ein Ende gemacht. Wusste der Teufel, weshalb er so lange gezögert hatte. Vielleicht aus Angst, weil er einen Unschuldigen aufknüpfte?
Unsinn!
Sie wussten ja alle, dass Logan Bennett unschuldig war. Aber er musste sterben, weil es der mächtige Großgrundbesitzer und Rinderzüchter Joseph Malone so wollte.
Der Gaul hatte sich nicht von der Stelle gerührt und Sheriff Jenkins musste mit wilder Wut zuschlagen, ehe der Braune einen Satz nach vorne machte.
Jetzt pendelte Bennett dort in der Luft!
Joseph Malone wollte grinsen. Aber er bekam die erstarrten Lippen nicht auseinander.
Ein Schwarm Todesvögel kreiste über dem Galgenbaum. In der Ferne zuckten grelle Blitze aus dem wolkenverhangenen Himmel. Donnerrollen tönte von den Bergen herüber.
„Ja“, grinste William Archer. „Er hat seine Seele dem Teufel versprochen, wenn er uns dafür holt. Ein Farmer, der seine Seele verkauft. Hört euch das einmal an.“
Er lachte schrill auf. Finster blickte er auf den Gehängten und spuckte wütend in Richtung des Baumes.
Die Frauen standen in ihren schwarzen Gewändern am Fuße des Hügels. Man hörte das eintönige Gemurmel ihrer Gebete bis herauf zum Galgenbaum. Manchem war aufgefallen, das Elisabeth Smith, nicht anwesend war. Einige hatten die Lehrerin bereits seit drei Tagen nicht mehr gesehen. Zum Ärger mancher Eltern war die Schule geschlossen.
Die unbescholtenen Bürger hielten sich im Hintergrund und sie bemühten sich, ihre Gesichter zu verbergen. Sie wollten nicht, dass die Hartgesottenen dort oben ihre finsteren Blicke merkten. Sie hatten Angst, höllische Angst. Und sie wollten nicht sterben wie Logan Bennett, der zeitlebens nie jemandem ein Leid zugefügt hatte.
Liam, Mason und Jakob, drei der Cowboys, die Logan Bennett gejagt und gefangen hatten, standen drüben bei den Gäulen. Unruhig starrten sie den Toten an, der sie mit Hilfe des Gesetzes ermordet worden war. Keiner von den dreien war älter als zwanzig. Sie hielten sich für härter als Stahl. Sie hatten längst das letzte Gebet vergessen, das man ihnen als Kinder beigebracht hatte. Aber der Fluch des Farmers steckte ihnen in der Kehle wie die Gräte eines Fisches.
Plötzlich brach der Platzregen los. Es prasselte herab, als wären die Wassertropfen Hagelkörner. Dazu heulte der Sturm, dass man sein eigenes Wort nicht verstand.
„Kommt! Worauf warten wir noch? Vielleicht auf seine Auferstehung?“, brüllte Joseph Malone in das wilde Getöse hinein. Er lachte grell und krampfhaft. Das musste am Wetter liegen. Es machte ihn noch verrückt. Malone kehrte dem Baum den Rücken.
Und da sah er ihn stehen!
Keine zwanzig Schritte entfernt, auf halber Höhe des Hügels. Und wie hinter einem Wasserschleier, so verschwommen.
Joseph Malones Brust krampfte sich zusammen, als packte eine Faust sein Herz.
„Der Teufel!“, gellte Michael Bishops Stimme an Malones Ohr. Er überschrie sogar das Getöse des Orkans.
Der dunkle Umhang, die seltsame Kopfbedeckung. Ja, so stellten sie ihn in ihren Gebetbüchern dar. Der stechende Blick durchdrang Joseph Malone wie ein Dolch.
Auch die anderen hatten den Fremden entdeckt. Und ihnen ging es nicht anders als Malone. Starr und gebannt sahen sie ihn an.
Der bullige Malone riss sich aus seiner Erstarrung. Er begann zu gehen. Erst Schritt für Schritt, dann immer schneller. Am Ende rannte er fast.
Eine Sturmböe fuhr ihm entgegen, wirbelte ihm Sand und Staub in die Augen. Er hatte das Krächzen der Vögel im Ohr. Malone stolperte über einen Stein und fing sich wieder. Er fluchte laut. Seine Hand lag am Revolverkolben.
Endlich konnte er wieder sehen, obwohl die Augen noch tränten und schmerzten. Ruckartig blieb Malone stehen, denn er konnte die seltsame Gestalt im schwarzen Umhang plötzlich nicht mehr entdecken. Der Regenguss prasselte jetzt in armdicken Strahlen herab und hüllte alles ein.
„Wo ist der Kerl!“, brüllte Malone und begann wieder zu laufen.
Diesmal strauchelte er über einen Felsbrocken und schlug der Länge nach hin. Er hatte das Gefühl, als presse ihm jemand den Kopf in den Sand und er glaubte, ersticken zu müssen. Es kostete ihn unendliche Kraft, wieder hochzukommen. Im selben Augenblick hörte er die gellenden Schreie und wandte sich um.
Ethan Sawyer kam angekeucht. Er brüllte unverständliche Worte und deutete hinter sich. Erst als er dicht neben Malone stand, vernahm dieser, was der Vorarbeiter mit sich überschlagender Stimme schrie:
„Hexerei – Teufelsspuk! Er ist weg, Malone.“
„Verdammt!“, fluchte Joseph Malone. „Wer soll weg sein?“
„Bennett. Er hängt nicht mehr am Baum!“
Malone spürte, wie es ihm die Kehle zuschnürte. Er blickte zum Galgenbaum. Aber alles war völlig verschwommen. Ringsum war alles schwarz und dunkel, als wäre es schon Nacht. Dazu der Regenschleier, der alles wie Nebel einhüllte.
„Narretei!“, krächzte Malone böse. „Wenn du dich verrückt machst, Ethan, bei mir gelingt das nicht.“
Aber er begann zu laufen. In Richtung des Galgenbaumes. Die anderen standen unbeweglich da und starrten auf den Ast, an den sie Logan Bennett gehängt hatten.
Malone stockte der Fuß. Er sah das Seil. Es schlug im Sturm wild hin und her. Aber Bennett hing nicht mehr in der Schlinge.
„Was ist geschehen?“, brüllte Malone die drei Jungs bei den Gäulen an.
Jakob sagte: „Wir haben nichts gesehen, Boss. Ich habe euch nachgeschaut. Dann hat Liam gebrüllt, dass Bennett nicht mehr am Baum hängt.“
„Ja, plötzlich war er nicht mehr da“, stöhnte Liam.
„Der Sturm“, keuchte Malone. „Er muss ihn vom Seil gerissen haben, ihr Idioten. Bestimmt liegt er unter dem Baum.“
Er begann wieder zu laufen. Er konnte Bennett aber nirgends am Boden entdecken, obwohl weit und breit kein Gebüsch, der ganze Hügel glatt und sandig war.
Joseph Malone hatte den Baum fast erreicht, als ein Blitz grell dicht vor ihm niederzuckte. Er brüllte auf und taumelte geblendet zurück.
Als ihm Michael Bishop aufhalf, brannte der Baum schon lichterloh. Der Sturm fegte heiß über den Hügel, ganze Wolken von Sand vor sich hertreibend. Der Regen hatte so plötzlich aufgehört, wie er begonnen hatte. Der Galgenbaum war nur noch eine einzige Fackel.
„Er ist spurlos verschwunden, Boss“ sagte Michael Bishop leise. Seine Augen flatterten vor Angst. „So wie der Teufel vorhin. Er hat Bennett geholt!“
„Verdammt!“, krächzte der Ethan Sawyer. „Er wird auch uns holen!“
„Mein Pferd, Liam!“, schrie Joseph Malone zu den Jungs herüber.
Liam, etwas klein geraten und dicklich, die rote Stirnlocke wie immer unter dem Hutrand hervorschauend, kam mit dem scheuen Gaul quer über den Hügel gerannt. Der Sturm trieb brennende Äste, die vom Galgenbaum brachen, wie Feuerräder vor sich her. Liam hatte alle Mühe, das aufsteigende Tier zu bändigen.
„Los, wir reiten“, knurrte Malone mürrisch. Er fühlte sich nicht wohl in seiner Haut. Dieser sonderbar gekleidete Mann vorhin, die spurlos verschwundene Leiche des Farmers...
„Verrücktes Zeug!“, murmelte er, als wollte er sich selbst zur Ordnung rufen.
Er stellte den linken Fuß in den Steigbügel. Im gleichen Moment begann die Glocke des kleinen Kirchleins am anderen Ende der Stadt wimmernd zu bimmeln. Malone presste einen Fluch hervor. Plötzlich merkte er, dass der Orkan verstummt war. Nicht das geringste Lüftchen regte sich. Durch die Stille drang das Glockengeläute überlaut an Malones Ohr. So laut, wie er die Glocke noch nie vernommen hatte.
Die Leute unten am Hügelrand hatten sich wie auf Kommando umgedreht. Alle starrten die Main-Street entlang zur kleinen Kirche hin.
„Verdammt!“, brüllte Malone. „Bringt die verfluchte Glocke zum Schweigen.“
Ohne sich um die anderen zu kümmern, galoppierte er den Hügel hinab. Die Leute wichen hastig und mit ängstlichen Gesichtern zur Seite. Malone raste die Straße entlang.
Der Platz vor der Kirche war menschenleer. Kein Wunder, wo ja alle am Galgenhügel waren, um dem Tod des Farmers beizuwohnen. Malone stieß ein klirrendes Gelächter aus. Dann holte er den Colt heraus und schoss auf die Glocke. Zu ihrem Bimmeln gesellte sich das helle Klirren des Bleis von Malones Kugeln.
Zum Teufel! dachte Malone. Wer zieht bloß an dem verdammten Seil. Coleman, der alte Küster konnte es nicht sein, den hatte er unter der Menge stehen gesehen. Jetzt waren auch die anderen angelangt. Stumm starrten sie alle zur Glocke empor.
Malone stieg vom Pferd und warf die Zügel Liam zu. Wütend stapfte er die knarrenden Holzstufen zum Portal der Kirche empor. Mit einem Fußtritt trat er die Türe auf, dass sie im Innern des Gebäudes hart gegen die Wand knallte.
„Feuer“, brüllte Malone und sah sich zu seinen Männern um. „Zündet das verdammte Ding an!“
Er drehte sich wieder um und erstarrte.
Logan Bennett stand auf dem Podium neben dem einfachen Altar!
Ein seltsames Licht umflutete sein ausgemergeltes Antlitz, das knöchern wie ein Totenkopf wirkte. Das Dämmerlicht hüllte seine Gestalt völlig ein. Nur der Kopf war da. Und dieser merkwürdige, überirdische Glanz, der ihn umgab.
„Sein Geist!“, stöhnte Ethan Sawyer. Mit beiden Händen klammerte sich der Vorarbeiter an Joseph Malone fest. Die anderen drängten sich dahinter. Mit aufgerissenen Augen, schreckensstarr blickten sie die Gestalt neben dem Altar an.
Malone war das Blut zu Eis erstarrt. Er fühlte sich unfähig zu bewegen. Etwas schnürte ihm die Kehle zu, dass er zu ersticken glaubte.
Liam hatte einen einzigen Blick in die Kirche hinein getan und den Geist des Erhängten erspäht. Die Kiefer klapperten ihm wie im Schüttelfrost. Von panischer Furcht gepackt, wandte sich der Junge um und rannte schreiend die Main-Street entlang.
Malone keuchte wie ein Ertrinkender. „Mich narrst du nicht, es gibt keine Geister, Bennett!“
Er riss sich von Sawyers klammernden Fäusten los und hob den Colt. Als er abdrückte, machte es nur klick, denn er hatte die ganze Trommel auf die Glocke leergeschossen. Und sie bimmelte immer noch. Das Seil hinter dem Altar bewegte sich auf und ab, aber niemand betätigte es.
Michael Bishop würgte eine Verwünschung hervor und zielte auf das wie in der Luft schwebende Haupt des gehängten Farmers. Als der Hammer nach dem sechsten Schuss leer anschlug, entfiel ihm die Waffe. Bishop wandte sich in wilder Flucht und stürmte über den menschenleeren Platz vor der Kirche. Er hörte das kalte, höhnische Gelächter nicht mehr.
Der Kopf, noch immer von unwirklichem Lichtschein umgeben, tanzte wie ein Irrlicht hin und her und – lachte – lachte...
Malone war der erste, der sich zur Flucht wandte. Er stieß die anderen zur Seite und rannte, wirres Zeug brüllend ins Freie.
Das dünne Bimmeln der Glocke schwoll an, bis ihnen das Schlagen des Klöppels das Trommelfell zerreißen wollte.
Malone und seine Meute aber rannten und rannten...
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