Kitabı oku: «Seewölfe Paket 13», sayfa 19

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„Jella behauptet, daß Selim so etwas wie ein Gefühl für Fairneß hat. Er sieht ein, daß es Dobrans Schuld war. Dobran ließ das Feuer auf uns eröffnen – was sollten wir anderes tun, als uns zu verteidigen? Dobran hatte noch Glück, daß die meisten Männer der Ghanja überlebten und sich an Bord der ‚Grinta‘ retten konnten.“

„Allerdings. Hat Selim Dobran für seinen Fehler auspeitschen lassen?“

„Ja.“

„Das habe ich mir gedacht. Wie gut, daß Selim doch noch an Bord seiner ‚Grinta‘ zurückgelangte, und wie gut auch, daß wir im Norden der Insel auf Rufweite aneinander herankamen. Mechmed und du, ihr habt eure Aufgabe als Dolmetscher wirklich gut erfüllt.“

„Danke“, sagte sie lächelnd. „Aber es war ja Mechmed, der Selims Horde als Türken erkannte.“

„Doch du hattest die Idee, daß wir uns gemeinsam mit ihnen holen konnten, was es doch offenbar auf Rhodos zu holen gab.“

„Ja. So schlugen wir Selim vor, Frieden zu schließen und uns zusammenzutun – und so erfuhren wir, wer Selim aus Pigadia verjagt und ihm Schimpf und Schande zugefügt hatte.“

„Killigrew und seine Bande“, sagte Lord Henry. „Hölle, wir waren ihm so nah gewesen, ohne es zu ahnen! Wir hätten ihn in seiner Ankerbucht vernichtend schlagen können, wenn die Dinge ihren richtigen Verlauf genommen hätten.“

„Wenn und hätte …“

„Ja, ich weiß, das nützt uns nichts. Eins begreife ich übrigens nicht. Am Westufer von Rhodos stießen wir, als wir mit Selim nach Pigadia zurücksegelten, auf Jella und die Türkinnen, die uns vom Ufer aus zuwinkten. Wir holten sie und brachten sie zurück an Bord der ‚Grinta‘. Wieso hatte Killigrew sie laufenlassen? Er hätte sie doch als Sklavinnen an Bord nehmen und irgendwo für bare Münze verkaufen können.“

Dalida lächelte immer noch. „Wer weiß, vielleicht hat er eine edlere Gesinnung als du. Das hat er dir gegenüber doch behauptet, nicht wahr?“

„Ja. Aber das nehme ich ihm nicht ab. Er ist ein Pirat wie ich und versteckt sich nur hinter seinem ‚Sir‘ und dem Kaperbrief, den er von der Königin erhalten hat.“

„Mag sein. Tatsache ist, daß er uns auch auf Rhodos wieder einmal gehörig hereingelegt hat. Als wir mit Selim nach Pigadia hinaufstiegen, war das Dorf verlassen. Die Bewohner waren ins Landesinnere geflohen, es hatte keinen Zweck, ihnen zu folgen. Aber was glaubst du wohl, wo der Goldschmuck abgeblieben war, den Selim in einem der Häuser zusammengetragen und angehäuft hatte?“

Henry setzte eine verdrossene Miene auf. „Natürlich hat Killigrew ihn mitgehen lassen, was denn sonst?“

„Ja, das glaube ich auch.“

Sie täuschten sich beide. Der Seewolf hatte den Bauern und Fischern von Pigadia zu ihrem Schmuck zurückverholfen und ihnen den Rat gegeben, sich mit all ihren Habseligkeiten in die Olivenhaine zurückzuziehen. Doch der Gedanke daran, daß ein Mann wie der Seewolf eines solchen Handelns fähig war, lag Henry und Dalida fern.

„Selims ganzer Haß wendet sich gegen den Seewolf und dessen Mannschaft, nicht gegen uns“, sagte Dalida. „Er wird wie ein Berserker kämpfen und keine Verluste scheuen, wenn wir diese Bande von Bastarden erst vor den Kanonenrohren haben. Nur das zählt, Henry.“

„Ja. Nur das. Es ist gut, einen Mitstreiter zu haben, auf den man sich verlassen kann.“

Henry blickte nach achtern und konnte die Umrisse der zweimastigen Schebecke, die jetzt wieder ein wenig aufgeholt hatte, ganz schwach in der Dunkelheit erkennen.

Ich werde dich für meine Zwecke ausnutzen, Selim, dachte er, aber unsere Beute werden wir nicht miteinander teilen. Ich habe mehr Männer als du, es ist keine Frage, wer von uns der Stärkere ist.

Dalida entsann sich der ausführlichen Unterredung, die sie auf Rhodos mit Jella gehabt hatte. Schnell hatten sie herausgefunden, daß sie gleiche Interessen hatten. Sie empfanden nicht nur Sympathie füreinander, sie waren auch dazu bereit, eine Art Bündnis zu schließen, ein Komplott, das sich gegen Henry und Selim richtete.

Lord Henry fuhr plötzlich herum und hob den Kopf. Sein Blick war nach Backbord voraus gerichtet.

Codfish, der Mann im Großmars, stieß einen gezischten Warnlaut aus.

Tim Scoby meldete sich mit seiner dunklen Stimme vom Hauptdeck aus: „Da war was, Henry. Da hat eben jemand geschrien. Ein Mann.“

Lord Henry wandte sich an den Rudergänger. „Ruder zwei Strich Backbord. Wir nehmen Kurs auf die Richtung, aus der der Laut ertönte. Vielleicht haben wir sie. Vielleicht haben sie aus irgendeinem Grund beidrehen müssen.“

Er legte seine Hände auf die Schmuckbalustrade, die das Achterdeck zur Kuhl hin abschloß. Seine Züge nahmen einen Ausdruck äußerster Spannung an.

3.

Eben war das Beiboot auf dem Hauptdeck festgezurrt, gerade erst waren die Segel gesetzt, und die „Isabella VIII.“ nahm allmählich wieder Fahrt auf – da geschah es.

Keiner hatte im entferntesten damit gerechnet, nicht einmal Old O’Flynn, der für seine Schwarzmalereien berüchtigt war. Der Kutscher hatte in der Überzeugung, daß der Schiffbrüchige nicht vor Mitternacht das Bewußtsein wiedererlangen würde, die Kammer im Achterkastell verlassen, denn vorläufig gab es nichts anderes für den armen Teufel zu tun, als ihn warm einzupakken und hin und wieder nach ihm zu schauen.

Selbst Hasard, der sonst keine Vorsichtsmaßnahmen außer acht ließ, hatte nicht daran gedacht, daß es zweckmäßig wäre, die Tür der Kammer zuzuriegeln. Was sollte man denn an Verdruß auch von einem sterbenskranken Mann wie diesem Fischer erwarten?

So geschah es, daß der alte Mann plötzlich das Achterdecksschott aufstieß und mit einem Schrei auf die Kuhl taumelte. Mit entsetzt geweiteten Augen blickte er sich um, hob wie beschwörend die Arme und wankte weiter, auf das Steuerbordschanzkleid zu.

Die Männer der Abendwache fuhren herum.

Old O’Flynn, der eigentlich unter Deck in seiner Koje hätte sein können, hatte es vorgezogen, auf dem Achterdeck zu bleiben. Er schlug die Hände zusammen und sagte betroffen: „Na bitte, ich hab’s ja gesagt. Er ist von Dämonen besessen, schlimmer, als ich geglaubt habe.“

Hasard eilte an ihm vorbei zum Niedergang, ohne weiter auf seine Worte zu hören. Er nahm die Stufen mit zwei Sätzen und hastete zu Carberry, der seinerseits dem alten Mann nachstürmte.

Der Alte stieß wieder einen Schrei aus, laut und anhaltend, offenbar in panischer Todesangst.

„Ja, bist denn du von allen guten Geistern verlassen?“ rief der Profos. „Hier wird nicht rumgebrüllt, verstanden? Hölle und Teufel, was tust du denn da?“

„Er will über Bord“, sagte Bob Grey, ließ die Brasse los, deren Ende er gerade um einen Koffeynagel belegt hatte, und stürzte ebenfalls zu dem verzweifelten Alten.

Erschüttert stand der Kutscher vorm Kombüsenschott.

„Allmächtiger“, sagte er. „Daran habe ich nicht gedacht. Der Alte denkt, er sei ein Gefangener an Bord unseres Schiffes. Es ist ein Wunder, daß er überhaupt wieder auf die Beine gekommen ist, aber das hier – das gibt ihm jetzt den Rest.“

Hasard und der Profos erreichten den alten Mann gleichzeitig und hielten ihn an den Schultern fest, ehe er sich über das Schanzkleid weg in die Fluten stürzen konnte.

Der Alte wehrte sich aus Leibeskräften. Es war erstaunlich, welche Energie er noch zu entwickeln vermochte. Fast gelang es ihm, Carberry die Faust ins Gesicht zu schlagen, fast entglitt er dem Griff der beiden Männer.

Carberry packte jetzt jedoch ein wenig fester zu und hielt dem Alten, der wieder zu schreien anfangen wollte, den Mund zu. Hasard bückte sich und hob die strampelnden Beine des Mannes hoch. Gemeinsam trugen sie ihn zurück ins Achterkastell. Mit sanfter Gewalt beförderten sie ihn in seine Koje.

„Paß auf, daß du ihm nicht den Atem nimmst, Ed“, sagte der Seewolf. „Du kannst seinen Mund jetzt wieder loslassen.“

„Damit er wieder wie am Spieß brüllt?“

„Hier unten ist es weniger gefährlich.“

Carberry zuckte mit den Schultern und tat, wie ihm geheißen war. Der alte Mann keuchte und zappelte, wollte sich erneut befreien und gab keine Ruhe. Hasard ließ seine Beine los und wich den Tritten und Stößen aus, die für ihn bestimmt waren. Er beugte sich über den Alten und begann, beruhigend auf ihn einzureden, zuerst auf englisch, dann auf spanisch, auf portugiesisch und auf italienisch.

Der Schiffbrüchige stieß Worte in einer Sprache hervor, die weder Hasard noch sein Profos verstanden.

„Er kapiert nichts von dem, was du ihm erklären willst, Sir“, sagte Carberry. „Und aus seinem Kauderwelsch wird auch keiner schlau.“

„Dann hol die Zwillinge, Ed.“

„Das ist eine verdammte Situation. Was haben wir uns mit diesem Burschen bloß eingehandelt!“

„Ed, beeil dich.“

Mit einem gebrummten „Aye, Sir“, verließ der Profos die Kammer und lief auf die Kuhl zurück. Hier hatte sich inzwischen die Crew vollzählig versammelt. Wer in den Kojen des Logis gelegen hatte, war bei dem Geschrei des alten Mannes natürlich hochgefahren und hatte sich alarmiert ins Freie begeben.

Der Kutscher erschien mit seinem Arzneimittelkoffer, Philip und Hasard junior schlossen sich ihm an, als der Profos ihnen heftig zuwinkte.

„Du verdammter Quacksalber“, sagte Carberry mit drohend umwölkter Miene zum Kutscher. „Hättest du dem Kerl nicht gleich eins von deinen elenden Giften geben können, damit er sich beruhigt? Halt ihm gefälligst die Flasche mit dem Riechsalz unter die Nase. Tu was, oder du verbringst den Rest der Nacht in der Vorpiek.“

Der Kutscher betrat die Kammer und stellte seinen Koffer auf dem Boden ab. Er erschrak, als er sah, in welchem Zustand sich der alte Mann befand – er war ganz bis ans Kopfende seiner Koje gerutscht und preßte beide Hände gegen die Brust. Sein Gesicht hatte die Farbe alten Talges angenommen, er schien nach Luft zu ringen.

Wütend blickte der Seewolf, der nach wie vor neben der Koje kauerte, zu seinen Männern. „Kann ihm denn keiner erklären, daß wir seine Freunde sind, nicht seine Feinde? Philip und Hasard, versucht es mal auf türkisch. Wenn er wirklich von Zypern stammt, müßte er Türkisch verstehen.“

Die Zwillinge traten an den Rand der Koje. Sie taten ihr Bestes, um den alten Mann zu besänftigen. Mal sprach Philip, dann Hasard, dann wieder Philip, und immer wieder erklärten sie dem Patienten in der seltsamen Sprache, die allen anderen an Bord so völlig fremd war, wie ihr Vater ihn aus der Tartane geholt und an Bord der „Isabella“ gebracht hätte.

Der Mann schien sie zu verstehen, seine Augen drückten jetzt keine Angst mehr aus. Immer noch kämpfte er um Atem, doch in seinem ganzen Gebaren war etwas weniger Panisches, auf Abwehr Bedachtes. Der Kutscher bemühte sich um ihn, hielt ihm die Flasche mit dem Riechsalz unter die Nase und tastete mit der anderen Hand nach einer seiner vielen Kräuteressenzen, die er in dem Koffer aufbewahrte.

Das Salz schien dem Alten zu helfen. Er atmete jetzt ruhiger. Mit stokkender Stimme sprach er auf die Zwillinge ein.

„Was sagt er?“ wollte der Seewolf wissen.

Die Jungen sahen zu ihm und schüttelten die Köpfe. „Er spricht einen ganz verflixten, verzwickten Dialekt, Dad, Sir“, entgegnete Philip junior. „Damit kommen wir nicht so schnell klar. Scheint eine Mischung aus Türkisch und Griechisch zu sein.“

„Ich hab’s ja gesagt, das ist ein furchtbares Kauderwelsch“, sagte der Profos. „Was fangen wir jetzt bloß mit ihm an?“

Old O’Flynn, der ebenfalls die Kammer betreten hatte, deutete mit dem ausgestreckten Finger auf den Alten. „Er ist vom Teufel verführt und weiß nicht, was er sagt. Man könnte ihn in ein Faß voller lebendiger Aale stecken, das würde auch nichts nützen.“

„Willst du damit sagen, daß er fallsüchtig ist, Donegal?“ fragte der Kutscher verblüfft. „Nein, das glaube ich wirklich nicht. Er hat nur Angst gehabt, das ist alles. Es war mein Fehler, daß ich nicht bei ihm geblieben bin, sonst wäre das nicht passiert.“

„Unsinn, Kutscher“, sagte der Seewolf. „Niemand konnte ahnen, daß er eine solche Bärennatur hat, die ihm erlaubt, auf der Kuhl zu erscheinen und einen derartigen Spektakel zu veranstalten. Versuche, ihn vor einem weiteren Herzanfall zu bewahren.“

„Aye, Sir.“

„Die Zwillinge bleiben bei dir.“ Hasard wandte sich an seine Söhne. „Ihr sprecht so lange mit ihm, bis ihr etwas von seinen Worten versteht. Wir müssen uns irgendwie mit ihm auseinandersetzen und erfahren, was ihn so in Panik gebracht hat.“

„Aye, Sir“, sagten die Jungen gleichzeitig.

Der Seewolf wandte sich an die anderen. Hinter Carberry und Old O’Flynn erschienen Ben, Ferris, Shane und Will Thorne. Sie reckten die Köpfe und versuchten, etwas von dem zu erkennen, was in der Kammer vorging.

„Alle Mann raus“, sagte Hasard. „Ihr stört hier nur und regt den Alten unnötig auf. Wir kehren aufs Oberdeck zurück. Donegal, hör mit deinem Gerede von Teufeln und Dämonen auf, es geht mir auf die Nerven. Wenn du deine Freiwache unbedingt opfern willst, dann habe ich andere, wichtigere Aufgaben für dich.“

„Und zwar?“ erkundigte sich der alte O’Flynn mit mürrischer Miene.

„Wir gehen Klarschiff zum Gefecht. Die Schreie des alten Mannes könnten von unseren Verfolgern gehört worden sein.“

„Ja, allerdings.“

„Er bringt uns eben doch nur Unheil, nicht wahr?“

„Ja, das behaupte ich nach wie vor.“

Hasards Augen verengten sich ein wenig. „Mister O’Flynn, ein Unheil passiert, wenn du nicht sofort abschiebst und die Kampanje enterst. Dort warten die Drehbassen auf dich, ich verlange von dir, daß du sie allein lädst und bedienst.“

„Glaubst du vielleicht, das könnte ich nicht mehr?“ Old O’Flynn stieß einen schnaubenden, unwilligen Laut aus. „Paß mal auf, ich werde dir zeigen, wie fix ich mit den Dingern fertig bin.“ Er verließ das Achterkastell und enterte im nächsten Moment in Windeseile das Achterdeck.

Dan O’Flynn lachte leise. „Ja, mein Dad fühlt sich mal wieder bei seiner Ehre gepackt. Das wirkt immer. Man muß ihn eben nur zu nehmen wissen.“

Erstaunt drehte sich der Seewolf zu ihm um. „Sag mal, wo kommst du denn so plötzlich her? Du hast doch auch Freiwache, oder?“

„Sicher, aber damit dürfte es jetzt wohl vorbei sein.“

„Richtig.“ Hasard trat auf die Kuhl hinaus und sagte: „Alle Mann an Deck – aber es sind ja schon alle angetreten, wie ich sehe.“

„Aye, Sir“, sagte Ben Brighton. „Vollzählig.“

„Dann sofort ab auf die Gefechtsstationen! Ed, laß die Stückpforten hochziehen, Vorsorge tut not!“

„Aye, Sir“, sagte der Profos.

„Ben, Ruder vier Strich Steuerbord, wir gehen zurück auf unseren alten Kurs.“

„Aye, Sir. Aber wäre es nicht besser, nach Osten abzulaufen, um …“

„Mister Brighton“, unterbrach ihn der Seewolf. „Nach meinen Berechnungen befinden wir uns nicht mehr weit von Kap Kormakitis entfernt, einem der nördlichsten Zipfel der Insel Zypern. Sollte es mir gelingen, die Landzunge zu erreichen, ehe Lord Henry und Selim uns wirklich am Achtersteven sitzen, dann werde ich versuchen, dort ein Ablenkungsmanöver zu unternehmen.“

„Damit die Hunde auf Legerwall laufen?“ fragte Ferris Tucker. „Na, hoffentlich klappt es.“

Hasard wandte sich zu ihm um. „Du legst jetzt am besten deine Höllenflaschen bereit, Mister Tucker. Und du, Shane, enterst mit Pfeil und Bogen in den Großmars auf. Batuti!“

„Sir?“

„Rauf in den Vormars, mit Pfeil und Bogen! Will!“

„Hier, Sir“, sagte Will Thorne, der Segelmacher der „Isabella“.

„Du übernimmst die vorderen Drehbassen. Al Conroy soll nicht auf die Back, ich brauche ihn an den Culverinen. Dan, entere in den Besanmars auf! Wir haben eine Menge Zeit verloren, und wenn Henry und Selim die Rufe des Alten gehört haben, dann müßtest du sie als erster sichten.“

Dan zeigte klar, drehte sich um und lief zum Achterdeck hinauf. Ben Brighton hatte den Kurswechsel an Pete Ballie weitergegeben. Pete, der Rudergänger, winkte aus dem Ruderhaus zurück und gab damit bekannt, daß er verstanden hatte. Schon drehte sich das schwere Rad unter seinen derben Händen.

Unter Ben Brightons Kommando eilte ein Teil der Crew an die Brassen und Schoten, um die Stellung der Segel entsprechend zu verändern. Die „Isabella“ luvte leicht an und lief mit raumem Wind südwärts. Sie segelte wieder über Backbordbug liegend wie am Nachmittag und erhöhte dank der frischen Nachtbrise ihre Geschwindigkeit, wurde jedoch leicht behindert durch die Tartane, die sie in ihrem Kielwasser mitschleppte.

Carberrys rüde Befehle trieben den Teil der Crew, der für die Gefechtsstationen zuständig war, an die je acht Culverinen der Backbord- und der Steuerbordseite. Geladen waren die schweren Siebzehnpfünder schon seit dem Nachmittag. Jetzt mußten nur die Stückpforten hochgezogen und die Haltetaue gelöst werden, dann konnten die Kanonen ausgerannt und durch ihre Brooktaue gesichert werden.

Seewasser zum Befeuchten der Wischer und Schwämme wurde hastig in Pützen und Kübeln von außenbords heraufgezogen und dann auf den Stationen bereitgestellt. Philip und Hasard junior hatten die Achterdeckskammer verlassen und begannen damit, den Sand auf dem Hauptdeck auszustreuen, der den Männern beim Gefecht einen sicheren Stand gewährleisten sollte.

Hasard trat zu ihnen. „Habt ihr aus dem Alten etwas herauskriegen können?“ fragte er sie.

„Bislang nur, daß er ein zypriotischer Fischer ist“, antwortete Philip junior.

„Wer hat ihn mit Knüppeln geschlagen?“

„Wissen wir nicht“, erwiderte Hasard junior. „Er hat zwar versucht, uns einiges auseinanderzusetzen, aber ehe wir seinen Dialekt begreifen, vergeht noch einige Zeit. Man hat ihn wohl überfallen, aber wer und wie viele es waren, ist auch durch Gestikulieren nicht aus ihm herauszubringen.“

„Wir werden später versuchen, es zu erfahren“, sagte der Seewolf. „Wie beurteilt der Kutscher seinen Zustand?“

„Er sagt, der Mann müsse ein Herz wie ein Stier haben“, erwiderte Philip junior. „Jedenfalls atmet er jetzt wieder ganz normal und wird wohl keine zweite Attacke erleiden. Mit anderen Worten, er ist schon wieder ganz gut auf dem Damm.“

„Beeilt euch mit dem Sand“, sagte der Profos. Er hätte es gern gebrüllt, wie üblich, und es kostete ihn erhebliche Überwindung, seine Stimme zu dämpfen, aber Befehl war nun mal Befehl, und er wollte nicht erneut vom Seewolf zurechtgewiesen werden.

Al Conroy kontrollierte die Zubehöre der Kanonen. Kugeln, Kartuschen, Kuhfüße, Handspaken, Schwämme und Keile lagen ordnungsgemäß bereit, und auch die Pulverhörner waren gefüllt. Die Glut in den Kupferbecken mit der Holzkohle war aufgeschürt worden, ihr rötlicher Schimmer schien in ordentlichen Achterreihen flach über beiden Seiten der Kuhl zu schweben. Jetzt brauchten nur noch die Lunten hineingestoßen zu werden, und die Geschütze konnten ihren eisernen Gruß ausspucken.

Aber würde es wirklich zum Kampf kommen?

Die Männer auf den Gefechts- und Manöverposten teilten die Besorgnis, die vom Seewolf Besitz ergriffen hatte. Nie waren seine Vermutungen und Voraussagen unbegründet gewesen, nie hatte er die „Isabella“ ohne Motiv zum Gefecht rüsten lassen. Stets hatte sich seine Umsicht, die auf Erfahrungswerten beruhte, ausgezahlt – und so sollte es auch diesmal sein.

Er konnte sich nur zu leicht ausrechnen, wie schnell die Distanz zwischen ihnen und dem Gegner zusammengeschrumpft war – und da es kaum Zweifel an der wahren Identität des Feindes gab, konnte er sich auch ausmalen, daß dieser nicht von ihnen abgelassen hatte.

Noch schien die „Isabella VIII.“ allein durch die Nacht zu segeln, unbehelligt von anderen Schiffen, die sich drohend auf sie zuschoben. Ringsum war die Finsternis, nichts regte sich, kein Laut drang von außerhalb an die wachen Ohren der Männer.

Doch dann bestätigte ein Ausruf Dan O’Flynns mit einemmal, wie richtig Hasards Entscheidung gewesen war.

„Deck!“ rief er. „Sie segeln von achtern auf!“

Das genügte. Sofort kauerten die Männer wie auf dem Sprung, ihre Sinne waren auf das äußerste angespannt. Hasard war mit zwei langen Sätzen auf dem Achterdeck, überquerte es und stieg zu Old Donegal Daniel O’Flynn auf die Kampanje, die erhöhte Heckpartie der Galeone.

Auch Bill, der neben Big Old Shane im Großmars hockte und nach achtern blickte, erkannte nun die Konturen der Schiffe, die hinter der „Isabella“ aus dem Dunkel auftauchten. Etwas später sahen auch Hasard und der alte O’Flynn die große Dreimastgaleone und die. Schebecke, die in Dwarslinie heransegelten und sich anschickten, in das auseinanderfließende Kielwasser der „Isabella“ vorzudringen.

Sie liefen gute acht Knoten, mehr als die „Isabella“, eine Begegnung war unabwendbar.

Hasard brauchte kein Spektiv – und im Dunkeln hätte es ihm ohnehin nichts genützt –, um einwandfrei die „Cruel Jane“ und die „Grinta“ wiederzuerkennen. Noch war die schwarze Flagge mit den gekreuzten Säbeln, Henrys Wahrzeichen, durch das Zeug der „Jane“ verdeckt, doch es stand außer Zweifel, daß der Pirat sie bereits gehißt hatte.

„Na fein“, brummte der alte O’Flynn. „Das haben wir uns nun also dadurch eingehandelt, daß wir den alten Knaben da unten aus dem Teich gefischt haben. Wunderbar. Wie war das doch? Du wolltest keine unnötigen Verluste auf unserer Seite, nicht wahr?“

„Donegal“, sagte der Seewolf mit unterkühltem Tonfall. „Hast du etwa die Hosen schon voll?“

„Ich? Ist das dein Ernst? Mich kannst du an die Großrah hängen oder unterm Schiffskiel durchziehen, da spucke ich dem Teufel immer noch ins Gesicht.“

„Dann halte die Luft an und ziele sorgfältig – auf die ‚Cruel Jane‘.“

„Schießen wir zuerst?“

„Nein. Wir warten ab.“

„Lord Henry soll den ersten Stein werfen, wie?“

„Ja.“

„Aber ich habe einen innigen Wunsch, ehe ich möglicherweise den Hintern für alle Zeiten zukneife“, sagte Old O’Flynn mit grimmiger Miene.

„Und der wäre?“ Hasard nahm hinter der zweiten Drehbasse Aufstellung und visierte über den Lauf die Schebecke an, die an Backbord der „Cruel Jane“ segelte.

„Daß Lord Henry, dieser Hundesohn, heute nacht selber dran glaubt. Ob durch eine Kugel, durch Kielholen oder durch Aufhängen an der Rah, das soll mir egal sein – Hauptsache, er fährt zur Hölle.“

„Ein frommer Wunsch“, sagte der Seewolf. „Mal sehen, ob er in Erfüllung geht.“

Damit war sein Dialog mit Old O’Flynn vorläufig erschöpft, denn von der Back der anrückenden Piratengaleone ertönte jetzt laut und deutlich Lord Henrys Stimme.

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