Kitabı oku: «Seewölfe - Piraten der Weltmeere 631»

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Impressum

© 1976/2020 Pabel-Moewig Verlag KG,

Pabel ebook, Rastatt.

eISBN: 978-3-96688-045-9

Internet: www.vpm.de und E-Mail: info@vpm.de

Davis J. Harbord

Die Rum-Insel

Der Tip lautet: Jamaika – und da schlagen die Arwenacks zu …

Es war merkwürdig mit diesem Profos namens Edwin Carberry. Kaum war die Schebecke der Arwenacks auf Westkurs gegangen, und Philip Hasard Killigrew hatte das neue Reiseziel bekanntgegeben – nämlich Jamaika –, da wurde der Narbenmann mit dem mächtigen Rammkinn kribbelig.

„Jamaika, eh?“ fragte er und rieb sich die Pratzen. Und schon ging die Böllerei los. „Wollt ihr wohl die Schötchen durchholen, ihr verlausten Klammeräffchen, ihr quergespleißten Seegürkchen? Holt durch, die Fädchen, sag ich, holt sie durch! Ah, ihr Schlappschwänzchen, ihr kleinen Schnarchsäckchen! Ihr seid wohl noch müdchen?“

„Neinchen“, sagte Matt Davies grinsend, „ganz munterchen und starkchen!“

Da pumpte sich der Profos voll Luft und entließ „Blitzchen“ und „Donnerchen“ …

Die Hauptpersonen des Romans:

Edwin Carberry – der Profos der Arwenacks entwickelt einen Plan, aber der muß erst von allen angenommen werden.

Philip Hasard Killigrew – enthält sich bei diesem Plan der Stimme, und zwar aus Prinzip.

Batuti – auch der Riese aus Gambia übt Zurückhaltung – vielleicht, weil er seinem Kapitän beistehen will.

Der Kutscher – muß sich vorwerfen lassen, daß er ein „Löli“ sei, und das nur, weil er den Tee mit zu wenig Rum angereichert hat.

Tafari – auch ein Mann aus Gambia, der gute Tips für die Arwenacks hat.

Don Juan de Alcazar – nimmt an einer Aktion nicht teil, weil er sich erst mal beruhigen soll.

Inhalt

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

1.

Das hatte sich noch in der Nacht abgespielt, nachdem von den Arwenacks das spanische Goldbergwerk gesprengt und die versklavten Indianer befreit worden waren. Inzwischen lag Santo Domingo weit achteraus im Kielwasser.

An diesem neuen Morgen im September tigerte der Profos bereits wieder über Deck und kontrollierte den Stand der Segel. Der Wind wehte aus Südosten, die Schebecke lief munter mit rauhem Wind über Steuerbordbug. An der Pinne stand Piet Straaten, neben ihm Dan O’Flynn als Wachführer.

Sie wunderten sich beide über den emsigen Profos.

„Der hat seit heute nacht ’ne Hummel in der Hose“, sagte Piet.

„Eine reicht nicht“, meinte Dan. „Außerdem scheint er was auszubrüten und geht mir auf den Geist mit seiner dämlichen Fragerei, ob wir wirklich Jamaika ansteuern.“

Als habe der Profos dem Gespräch gelauscht, drehte er sich plötzlich um – er befand sich gerade vor dem Fockmast – und marschierte über die Kuhl zurück. Über den Steuerbordniedergang stieg er aufs Achterdeck, die Stirn umwölkt.

„Welcher Kurs liegt an?“ erkundigte er sich mißtrauisch.

Dan O’Flynn seufzte. „Westkurs.“

„Westkurs, so, hm“, brummelte der Profos. „Also Kurs auf Jamaika, was, wie?“

„Kann schon sein“, erwiderte Dan O’Flynn vage.

Piet Straaten begann zu grinsen, aber das bemerkte der Profos nicht. Aus zusammengekniffenen Augen starrte er Dan O’Flynn an.

„Kann schon sein?“ stieß er hervor. „Was soll das heißen? Ist das der Kurs auf Jamaika, oder ist er das nicht?“

„Wenn der Kompaß“, sagte Dan O’Flynn, „am Törnen ist, dann besteht die Möglichkeit, daß wir an Jamaika vorbeisegeln. Fünf Grad Abweichung – die sind wie eine geöffnete Schere, die zu ihren Spitzen hin immer weiter auseinanderklafft. Kapiert?“

„Bin ja nicht blöd. Hat der Kompaß fünf Grad Abweichung?“

Dan O’Flynn zuckte mit den Schultern. „Das wissen wir erst, wenn wir an Jamaika vorbeigesegelt sind und in etwa fünf Tagen an die Küsten Neu-Spaniens stoßen.“

Der Profos kniff die Augen noch mehr zusammen und schob den massigen Schädel vor.

„Soll das ’n Witz sein?“ knurrte er. Er hob die rechte Faust, den Profoshammer, und drohte: „Wenn wir an Jamaika vorbeisegeln, dann wirst du dieses Klopfmännchen kennenlernen, Mister O’Flynn, das verspreche ich dir.“

„Ach ja?“ erwiderte Dan O’Flynn ungerührt. „Möchtest du vielleicht die Navigation übernehmen – bitte sehr, habe nichts dagegen.“

„Pfff! Das bißchen Navigation“, erklärte der Profos geringschätzig.

Dan O’Flynn mustere ihn kühl. „Wenn das so ist, wundere ich mich über deine dummen Fragen, Mister Carberry.“

„Wir müssen Jamaika anlaufen, verstanden?“ blaffte der Profos.

Dan O’Flynn zog die Augenbrauen hoch. „Müssen? Davon hat der Kapitän nichts gesagt. Jamaika dient uns lediglich als nächster Ansteuerungspunkt. Ob wir dann durch die Windward-Passage zum Stützpunkt zurückklüsen oder Kuba umrunden, um Arne von Manteuffel zu besuchen, ist noch nicht entschieden. Darf man mal fragen, warum du so versessen auf Jamaika bist?“

Piet Straaten schaltete sich ein – grinsend.

„Er hat da irgendwo ’n Schnuckelchen sitzen“, sagte er, „und will mal wieder seine lieben Kleinen besuchen.“

Der Profos fuhr herum und funkelte den Rudergänger an.

„Hab ich nicht, du Blödmann!“ fauchte er. „Weder ein Schnuckelchen noch liebe Kleine!“

„Kann man nie wissen“, sagt Piet Straaten weise und nickte gedankenschwer. „Manchmal läuft man einen Hafen an und besucht das Täubchen, das man vor zwei Jahren zuletzt gesehen hat, und dann bist du plötzlich Vater und hast niemals nicht was geahnt.“

Niemals nicht – das war auch so eine Ausdrucksweise, wenn die Kerle geschraubt sprechen wollten. Dan O’Flynn verbiß sich das Grinsen.

„Ist dir das schon passiert, Piet?“ fragte er.

„Ja“, erwiderte Piet erbittert, „in Den Helder. Das Täubchen hatte einen einjährigen Sohn, schwarzhaarig und schwarzäugig wie’n verdammter Don. Und braunhäutig. Sie sagte, ich wär der Vater und müßte sie jetzt heiraten – oder zahlen.“

„Hast du aber nicht“, sagte Dan.

„Bin ich verrückt?“ erwiderte Piet erbost. „Sie war blond und blauäugig, ich bin ebenfalls blond und grünäugig. Also, das war nicht mein Sohn. Ich horchte mich um und erfuhr, daß sie’s mit ’nem Don getrieben hatte, einem Kauffahrer. Weil der abgehauen war, wollte sie mir das Kind unterschieben. Was sagst du dazu?“

„Schlimme Sache.“

„Genau.“ Piet schnaufte.

„Ja, ja, die Weiber“, äußerte sich der Profos.

Piet blickte ihn schief an. „Sie war immerhin die Tochter vom Hafenkapitän. Der hat mich auch bekniet, ich solle sie heiraten. Dann würde er dafür sorgen, daß ich nach ihm Hafenkapitän von Den Helder werde.“

„Kein schlechter Posten“, meinte der Profos. Daß er unbedingt nach Jamaika wollte, schien er im Moment vergessen zu haben. „Vor allem, wenn von den Hafengebühren was für dich abfällt.“

„Ich laß mich doch nicht kaufen, um den Vater für einen spanischen Bastard zu spielen“, sagte Piet wild. „Nicht mit mir! Wer bin ich denn?“

„Na ja“, sagte der Profos, „aber Hafenkapitän werden und gleich einen Sohn haben, für den man sich nicht – äh – hat anstrengen müssen, das ist doch was. War sie denn hübsch?“

„Ja“, schnappte Piet, „aber sie hat ihr Kind nicht mit mir, sondern mit ’nem Don gemacht, verstehst du das nicht?“

Da zeigte der grimmige Profos sein weiches Herz. „Das Kind kann nichts dafür, und jetzt wächst das arme Jungchen vaterlos auf.“

„Sag das doch dem verdammten Spanier!“ brüllte Piet. „Aber nicht mir, Himmel-Arsch-und-Affenpisse!“

Der Profos runzelte die Stirn. „Das würde ich gern tun, aber leider kenne ich den Señor nicht. Weißt du denn seinen Namen?“

„José de Ribeiro, und das war kein Señor, sondern ein Scheißkerl“, sagte Piet wütend.

„Heimathafen?“

„Almeria. Wieso?“

Der Profos drehte sich zu Dan O’Flynn um. „Hast du das gehört? Da weiß der Kerl den Namen und den Heimathafen von dem Olivenfresser, der seiner Geliebten was Kleines gespleißt hat, und hält es nicht mal für nötig, den Burschen an seine Pflichten zu erinnern.“

„Was hätte ich denn tun sollen?“ brüllte Piet.

„Hinsegeln, den Kerl schnappen und nach Den Helder schleppen“, erwiderte der Profos grollend, „und ihm zwischendurch täglich den Affenarsch polieren.“

Piet Straaten fluchte und ließ die Schebecke aus dem Kurs laufen vor lauter Zorn.

Der schlanke Dreimaster luvte an, und der Profos schnauzte: „Abfallen, du Töpfer, und Westkurs halten, sonst segeln wir an Jamaika vorbei!“

Da waren sie wieder beim Thema.

Und der Profos kniff erneut die Augen zusammen, drehte sich Dan zu und knurrte: „Wenn wir dran vorbeisegeln …“

„… lerne ich dein Klopfmännchen kennen, weiß Bescheid“, unterbrach ihn Dan.

„So ist es“, bestätigte der Profos mit grimmiger Miene. „Und jetzt will ich die Seekarte sehen.“

„Welche? Die von Island und den Schafinseln?“ fragte Dan schnippisch. „Wir haben nämlich einen ganzen Stoß von Seekarten.“

„Auf die Schafinseln sollte man dich verbannen“, polterte der Profos, „damit du unter deinesgleichen bist, sapperlot noch mal. Ich meine natürlich die Seekarte des hiesigen Gebiets, auf der du den Jamaikakurs abgesetzt hast. Die anderen Seekarten kannst du dir an den Hut stecken.“

„Sehr freundlich, bei Gelegenheit werde ich’s mal versuchen, aber ich kann dir gleich verraten, daß dafür kein Hut ausreicht.“ Dan grinste dem Profos ins Gesicht und holte die Karte aus dem Navigationsschapp.

Sie wurde auf dem Achterdeck ausgebreitet und an den Rändern beschwert – nicht wegen ihrer Tendenz, sich aufzurollen, denn Dan hatte sie zur Zeit ja in ständigem Gebrauch, sondern wegen des Windes.

Der Profos ging in die Hocke und besichtigte sie.

„Hm-hm, so-so“, brummelte er.

„Ja-ja“, sagte Dan.

„Wie?“ Der Profos schaute hoch.

„Ach, nichts.“ Dan faltete die Hände vorm Bauch und begann, Däumchen zu drehen.

„Laß das!“ fauchte der Profos. „Zeig mir, wo wir jetzt stehen.“

Dan entfaltete die Hände, beugte sich vor und tippte auf eine Stelle, die einige Meilen westlich der Isla Beata lag, jenem kleinen Inselchen südwestlich des Cabo Beata, der mittleren Südspitze von Hispaniola. Das Kap hatten sie vor etwa einer Stunde passiert.

Der Profos grunzte etwas, das wie „Aha!“ klang. Dann fuhr sein rechter Zeigefinger auf der Karte nach links und verhielt dort, wo an der östlichen Südküste von Jamaika die Hafenstadt Santiago de la Vega eingezeichnet war.

„Da müssen wir hin“, erklärte der Profos. „Außerdem müssen wir etwas nördlicher als Westen steuern, etwa zweihundertfünfundsiebzig Grad. Ist das klar?“

„Nein, ist nicht klar“, erwiderte Dan energisch. „Der Kurs bleibt zweihundertsiebzig Grad, da kannst du von mir aus das Kielschwein auffressen oder dich von Mast zu Mast schwingen oder auf den Händen einen Bauchtanz aufführen. Der Kurs bleibt West – basta!“

Sie funkelten sich beide an, und der Profos stand langsam auf aus der Hocke. Als er genug Luft im Brustkasten hatte, um loszuböllern, sagte Dan scharf: „Dein bißchen Navigation ist der letzte Mist, mein Lieber, und zwar deswegen, weil uns der raume Wind bereits nach Norden versetzt. Ich muß beim Kurs also vorhalten, und das tue ich, indem ich Westkurs segele. Außerdem setzt hier eine Drift in Richtung Westen zum Norden. Und auch die muß bei der Kursberechnung einkalkuliert werden. Wer das nicht tut, sollte an Land lieber Rüben karren – vom Acker in die Scheune, wo er sich nicht verfahren kann. Und jetzt rutsch mir den Buckel runter, du Jamaika-Spinner!“

Der Profos stand stumm und starr. Sein gewaltiges Kinn war vorgeschoben wie der Rammsporn einer Kriegsgaleere. Auf seiner Stirn waren die Adern geschwollen. Und dann stieß er pfeifend die Luft aus, weil Philip Hasard Killigrew auf dem Achterdeck erschien, ausgeruht und in blendender Laune.

„Einen wunderschönen guten Morgen allerseits!“ verkündete er, reckte sich und setzte hinzu: „Ah! Ist das wieder ein Wetterchen, Freunde?“ Er stutzte und musterte seinen Profos. „He, Ed! Schon am frühen Morgen sauer? Schlecht geschlafen? Oder was?“

„Hab gut geschlafen“, murmelte der Profos.

„Er will unbedingt nach Jamaika“, sagte Dan O’Flynn, „genauer, nach Santiago de la Vega. Außerdem hält er meine Navigation offenbar für Spielerei und weiß mal wieder alles besser. Ich schlage daher vor, daß wir unsere Aufgabenbereiche wechseln. Er übernimmt die Navigation, und ich beschäftige mich damit, die Kerle anzubrüllen und dämliche Sprüche zu verbreiten. Mehr hat er ja sonst nicht zu tun, dieser Oberaffenarsch.“

„Das sind ja kolossale Neuigkeiten“, sagte Hasard belustigt und wandte sich dem Profos zu. „Kann man mal erfahren, warum du nach Jamaika willst, insbesondere nach Santiago de la Vega?“

Der Profos scharrte mit den Füßen auf den Planken herum. Er war barfuß und hatte eine Hornhaut als Sohle. Es klang, als würde Eisen geraspelt. Offenbar wußte er nicht, wie er anfangen sollte.

„Die Sache ist nämlich so“, sagte er umständlich, brach wieder ab, starrte zu Dan O’Flynn und fuhr ihn an: „Du brauchst gar nicht so kindisch zu grinsen, Mister! Und für den Posten als Profos hast du noch nicht die sittliche Reife und bist viel zu mickrig …“

Hasard räusperte sich und sagte: „Also gut, Ed bleibt Profos und Dan Navigator – damit wäre diese Sache abgehakt. Aber jetzt weiß ich immer noch nicht, warum wir Jamaika ansteuern sollen, mein lieber Ed.“

„Ja, die Sache ist nämlich so“, wiederholte der Profos, „daß sie schlichtweg ’ne Sauerei ist.“

„Welche Sache?“ erkundigte sich Hasard geduldig.

„Na, die Sache mit dem Rum. Ist doch klar“, erwiderte der Profos. „Weißt du, was Old Donegal bei dem schlitzohrigen Diego auf Tortuga für ein Faß Rum bezahlen muß?“

„Hab ich mich noch nicht drum gekümmert“, bekannte Hasard etwas verdutzt. „Wieviel denn?“

„Sieben Goldtalerchen!“ tönte der Profos und klatschte die rechte Faust in die linke Handfläche. „Stell dir das vor, Sir! Sieben satte Goldtalerchen kassiert dieser feiste Schurke in seiner verdammten Spelunke für ein Faß Rum. Dementsprechend – weil er was verdienen will – nimmt Old Donegal in seiner Rutsche fürs Rumfaß zehn Goldtalerchen. Er haut also drei Talerchen drauf, was ich ihm nicht verdenken kann, denn schließlich holt er ja auch das Zeug bei Diego ab, verstehst du?“

„Verstehe.“ Hasard nickte.

„Also gut.“ Jetzt war der Profos in Fahrt. „Was meinst du wohl, was diese miese Wildsau Diego für das Rumfaß bezahlt?“

„Das müßte man ihn mal fragen“, meinte Hasard.

„Aber Sir! Der lügt dir doch die Hucke voll!“ empörte sich der Profos. „Ich kenne diesen Bastard nur zu gut. Wenn du solche Themen anschneidest, setzt sofort das Gejammere ein – er sei ruiniert, pleite, müsse bald betteln gehen, habe furchtbare Unkosten, werde an allen Ecken und Enden betrogen, keiner zahle seine Schulden zurück und so fort, die ganze Leier. Damit tönt er dir die Ohren voll und erklärt schließlich heulend, er überließe dir das Rumfaß zum Selbstkostenpreis – nämlich für sieben Goldtalerchen. Ich schätze, daß er noch nicht mal einen Goldtaler pro Faß bezahlt. Was mich dabei so aufregt, das ist die Tatsache, daß uns dieser vollgefressene Geizkragen für dumm verkaufen will. Und da hatte ich eine Idee.“ Der Profos strahlte. „Soll ich sie dir verraten, Sir?“

„Ich bitte darum. Außerdem bin ich jetzt wirklich neugierig.“

„Also, ich sagte mir“, fuhr der Profos fort, „daß Old Donegal den Rum ja nicht unbedingt bei dem Spitzbuben Diego kaufen muß, nicht wahr? Sondern wenn schon, dann dort, wo ihn sich dieser Hundesohn besorgt, das heißt, direkt an der Quelle.“

„Da ist was dran“, sagte Hasard, und ihm begann was zu schwanen.

„Siehst du, Sir“, sagte der Profos zufrieden. „Darum habe ich mir neulich auf Tortuga den Schankknecht Pedro geschnappt und ihn ein bißchen herumgestoßen. Vor Angst fiel er ins Wasser, und da holte ich ihn natürlich gleich wieder raus, ließ ihn aber ein bißchen zappeln und fragte ihn, von wo der Fettmolch Diego seinen Rum beziehe. Jetzt rate mal, was er mir verraten hat!“

„Santiago de la Vega“, sagte Hasard grinsend, „da brauche ich nicht mehr zu raten.“

„Genau, Sir!“ rief der Profos triumphierend. „Santiago de la Vega. Wenn wir uns den Rum dort besorgen, ist er pro Faß um mindestens sechs Goldtalerchen billiger. Aber man muß ja nicht gleich von Bezahlen sprechen, meine ich. Findest du nicht auch, daß man ihn einfach klauen könnte?“ Die grauen Augen des Profosen glitzerten.

Dan O’Flynn und Piet Straaten begannen zu grinsen.

Hasard sagte streng: „Klauen? Was sind denn das für Sitten! Schämst du dich überhaupt nicht, Mister Carberry?“

„Nicht die Bohne, Sir“, erklärte der Profos rundheraus und ohne rote Ohren zu kriegen. „Du siehst das nämlich ganz falsch. In England würde ich natürlich niemandem Rum klauen, auch nicht dem dicken Plymson in der ‚Bloody Mary‘, obwohl der ein Zwillingsbruder von Diego sein könnte. Aber hier in der Karibik ist das was anderes. Hier kämpfen wir gegen die Dons, und die müssen wie und wo auch immer gemolken werden. Vorgestern haben wir ihnen Gold geklaut, wie du weißt. Ich sehe da überhaupt keinen Unterschied – allenfalls den, daß ich auf das Gold pfeife. Aber den Rum brauchen wir dringend in der Rutsche und auch sonst …“

„Besonders ein gewisser Edwin Carberry“, bemerkte Hasard.

„Sir“, sagte der Profos mit frommem Augenaufschlag, „den trinke ich nur, damit ihn die verdammten Dons nicht kriegen – oder damit Wucherhandel betreiben wie der durchtriebene Diego-Halunke, der uns ausplündert und betrügt, daß ich schon nachts nicht mehr schlafen kann, so erzürnt mich das.“

„Du sagtest, du hättest in der letzten Nacht gut geschlafen“, erinnerte Hasard.

„Das schon, aber zwischendurch hatte ich immer wieder schwere Alpträume, Schwindelgefühle und Schweißausbrüche …“ Der Profos unterbrach sich, fuhr aber gleich fort: „Ach ja, da fällt mir ein, daß der Kutscher ebenfalls dringend Rum braucht, weil er mit dem Zeug Wunden desfiziert – ähem – oder so ähnlich. Und wem er eine Kugel rausschnippelt, der muß vorher auch ’ne Flasche Rum trinken, um sich über die Schnippelei freuen zu können. Du siehst, Sir, es ist geradezu lebensnotwendig, daß wir eine Rumladung übernehmen. Wir hätten mit unserer ‚Isabella‘ segeln sollen, weil in deren Laderäume mehr reingeht. Ja, und was ich noch sagen wollte, auch als Heilmittel bei Erkältungen ist Rum die beste Medizin. Gleiches gilt bei Magenverstimmungen …“

„Und demnächst müssen die Planken mit Rum getränkt werden, wie?“ fuhr Hasard dazwischen, denn der Profos fand überhaupt kein Ende, aufzuzählen, wie „lebensnotwendig“ der Rum sei.

Und was erwiderte der Profos darauf? Er sagte: „Das ist eine gute Idee, Sir, die wir unbedingt ausprobieren müssen. Rumgetränktes Holz rottet wahrscheinlich weniger als normales Holz. Ich werde das mal mit Ferris besprechen. Er wird uns sicherlich beipflichten.“

Hasard seufzte.

„Bleiben wir auf Kurs Santiago de la Vega, Sir?“ fragte der Profos begierig.

„Zunächst mal ja, aber du weißt, daß wir über unsere Unternehmungen vorher gemeinsam abstimmen. Da kannst du der Crew ja verklaren, was du planst.“

„Tu ich, Sir, tu ich“, versicherte der Profos grinsend. „Du wirst sehen, was die Kerls werden und Hurra schreien!“

„Wohl mehr hören als sehen“, korrigierte Hasard, aber das interessierte den Profos schon nicht mehr.

Er tobte nämlich bereits unter Deck, um die ganze Bande hochzupurren.

Die drei Männer achtern grinsten sich an.

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