Kitabı oku: «Verborgen», sayfa 3

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Kapitel 7 - Abtasten

Typisch, dachte Katrin, ein Krimineller heißt entweder Ede, Kalle, Bruno oder Jonny. Was für ein Klischee.

Er war zwar klein für einen Mann und im Vergleich mit dem Doktor - Benjamin - wirkte er wie ein Zwerg, aber er machte einen durchtrainierten, kräftigen Eindruck und sie wollte sich auf keinen Fall mit ihm anlegen. Wer weiß schon, wozu so ein Krimineller fähig ist.

Sie wandte sich Benjamin zu und betrachtete ihn das erste Mal genauer. Abgesehen von dem Umstand, dass er keine Schuhe trug, war er makellos gekleidet: Ein anthrazitfarbener Anzug mit Nadelstreifen, ein weißes Hemd und eine rotblau gestreifte Krawatte.

Das ist ja nun wirklich nicht das richtige Outfit für einen Einbruch, dachte sie belustigt. Sie sah ihm direkt ins Gesicht und stellte verwundert fest, dass er ihrem Blick nicht auswich, wie es die meisten Männer taten. Im Gegenteil, er duldete ihre Inspektion mit einer spürbaren Erheiterung und ein leichtes Lächeln stahl sich auf seine Lippen - schöne, volle, sinnliche Lippen. Seine braunen Augen betrachteten sie und ihm war nichts davon anzumerken, dass er sich etwa über sie amüsierte. Seine kurzen, braunen Haare standen ein wenig wirr vom Kopf ab, und er hatte einen offensichtlich gepflegten Drei-Tage-Bart. Sie schätzte ihn auf ungefähr vierzig, obwohl er etwas jünger aussah. In einer anderen Situation wäre das genau der Typ Mann, mit dem sie sofort zu flirten angefangen hätte.

»Darf ich fragen, Herr Doktor - oder darf ich sie Benjamin nennen? - was Sie ausgerechnet zu dieser Zeit in dieses Haus geführt hat?«

Sie rechnete nicht wirklich mit einer Antwort, weshalb seine Reaktion sie sehr überraschte.

»Selbstverständlich dürfen Sie mich Benjamin nennen, Katrin. Was allerdings mein Hiersein betrifft, so muss ich für den Moment ins Feld führen«, er machte eine Pause, als müsse er in sich hineinhorchen, »dass wir uns noch bei Weitem nicht gut genug kennen, als dass ich Ihnen das anvertrauen würde. Es sei nur so viel gesagt: Ich habe private Gründe, die nichts mit materiellen Gütern zu tun haben. Ich suche in diesem Haus etwas, das ich für die Wiederherstellung meines Rufes benötige. Das muss zunächst genügen.«

Bei seiner Formulierung ›Wiederherstellung meines Rufes‹ war sie zusammengezuckt. Es konnte doch kein Zufall sein, dass er aus ähnlichen Gründen wie sie in die Villa eingebrochen war. Sie hätte es zwar nicht mit so wohlformulierten Worten ausgedrückt, zumal bei ihr der Gedanke an Rache dominierte, aber letztendlich ging es doch um das Gleiche.

Ihre Gedanken schienen ihr anzusehen zu sein, denn er neigte den Kopf leicht zur Seite und betrachtete sie aufmerksam.

»Ihre Intention scheint eine ähnliche zu sein, Katrin, oder liege ich da völlig verkehrt?«

Erschrocken rückte sie ein wenig von ihm ab. »Ist das so offensichtlich? Oder können Sie vielleicht Gedanken lesen?«

»Nein«, lachte er, »das nun wirklich nicht … leider. Aber ihre Gedanken stehen Ihnen quasi auf die Stirn geschrieben. Die Familie Helmholtz hat Ihnen ein Unrecht angetan und das ist der Grund dafür, dass Sie nun hier sind.«

»Verdammt will ich sein«, unterbrach ein Ausruf von Kalle ihre Gedanken, »jetzt weiß ich, woher ich dich kenne. Der Name kam mir sofort bekannt vor. Du warst doch wochenlang in der Klatschpresse, Mädchen.«

Katrin befürchtete, dass nun genau das zur Sprache kommen würde, was sie nicht mehr hören konnte.

»Du bist doch die kleine lesbische Erpresserin, die der Familie die ganze Kohle abluchsen wollte, oder?« Er klatschte sich lachend auf die Schenkel. »Was für eine geile Idee, ein Verhältnis mit der lesbischen Ehefrau anzufangen und dann den Ehemann zu erpressen. Eine Million, mein lieber Alter, wenn das geklappt hätte, nicht schlecht, Herr Specht.«

»Das ist eine verdammte Lüge«, rief sie verzweifelt aus, »kein Wort davon ist wahr. Ich bin nicht lesbisch und ich habe auch noch nie jemanden erpresst!«

Sie war laut geworden und erbost aufgesprungen.

Kalle war ebenfalls aufgesprungen, einen Schritt zurückgewichen und hielt nun wieder die erbeutete Waffe vor sich. »Langsam, langsam, Mädchen. Nicht aufregen. Ich hab doch nur das gesagt, was so in den Zeitschriften gestanden hat. Jetzt setz dich erstmal wieder hin und wir reden in Ruhe darüber.«

Katrin ließ sich wieder auf die Couch fallen. Sie konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten. Schluchzend kauerte sie sich zusammen, nahm die Füße auf die Couch, schlang die Arme um die Knie und vergrub ihren Kopf zwischen den Knien.

»Ich … ich …«, stieß sie zwischen einzelnen Schluchzern hervor, »ich hab … doch … nix Falsches …, getan.«

Trotz ihrer seelischen Schmerzen bekam sie mit, dass Benjamin näher an sie heranrückte und vorsichtig einen Arm um ihre Schulter legte.

»Ich würde gerne behaupten, dass sich alles wieder einrenkt, aber das wäre wohl sehr kühn. Was ich allerdings sagen kann, ist, dass ich alles tun werde, um Ihre Ehre wieder herzustellen. Erzählen Sie doch bitte, was genau passiert ist.«

Katrin blickte mit verweinten Augen auf und stellte fest, dass er lächelnd mit einem altertümlichen Stofftaschentuch vor ihrem Gesicht wedelte.

Dankbar ergriff sie das Tuch, fuhr sich kurz über die Augen und schnäuzte sich dann geräuschvoll die Nase. Als sie fertig war, sah sie erschrocken auf das Taschentuch, das sie gerade Benjamin zurückgeben wollte.

»Oh, Verzeihung. Das war sehr gedankenlos, aber ich bin nur Papiertaschentücher gewohnt.«

Sie sah, dass er lächelte, aber sie konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass es etwas gequält wirkte.

»Wollen Sie uns nicht berichten, was der Auslöser für Ihren Besuch in dieser Villa war«, lenkte er die Aufmerksamkeit von der peinlichen Situation ab.

»Ich habe … zuerst habe ich gedacht, es handelt sich um ein Missverständnis, aber … ich weiß nicht, warum ich so blöd war«, begann sie stockend. »Es ist ja nicht so, als hätte ich es nicht kommen sehen.«

Als sie aufblickte, entdeckte sie, dass der Kriminelle sie verständnislos mit offenem Mund anstarrte, während Benjamin feinsinnig lächelte.

»Äh … hab ich was Dummes gesagt, oder warum schaut ihr so blöd?«, fragte sie, während sie hastig zwischen den beiden hin und her sah.

Kalle nickte lediglich, während Benjamin das Wort ergriff: »Nein Katrin, aber sie haben den Fehler begangen, den die Meisten begehen, wenn sie Unwissenden einen Sachverhalt schildern wollen, der ihnen selbst nur zu gut bekannt ist.«

»Und der wäre?«, fiel sie ihm ins Wort.

Völlig unbeeindruckt fuhr er fort, als hätte sie die Frage nicht gestellt: »Versuchen Sie einfach, sich an alles zu erinnern, wie es sich chronologisch ereignet hat.«

Katrin nickte geistesabwesend, während die Erinnerungen sie übermannten.

Dann begann sie, zunächst stockend, dann immer flüssiger, den in ihrem Kopf ablaufenden Film zu schildern.

Kapitel 8 - Katrins Erinnerung

Es hatte sich wie der geilste Job der Welt angehört.

»Hausdame und Gesellschafterin gesucht«, lautet der Text der Stellenanzeige, der mir aus der Tageszeitung entgegengesprungen kam. Das Tolle daran war, dass in diesem speziellen Fall keine ältere Dame gesucht wurde, die einer anderen älteren Dame die Besorgungen erledigt, den Hintern abwischt oder ihr die Zeit vertreibt. Das Jobprofil passte haargenau auf mich, sowohl vom Alter als auch von den gewünschten Fähigkeiten.

Einen Tag später machte ich mich zu einem Vorstellungsgespräch auf den Weg. Ich hatte die richtige Mischung aus seriösen und trotzdem schicken Klamotten ausgesucht und motivierte mich immer wieder selbst dahingehend, dass ich es schaffen würde.

Das Ehepaar Helmholtz machte einen netten Eindruck. Heinz Helmholtz war achtundfünfzig Jahre alt, etwas dicklich und nur einssechzig groß, was er durch das Tragen von Stiefeletten mit zehn Zentimeter hohen Absätzen zu kaschieren versuchte. Seine grauen Haare begannen licht zu werden, und auf den Wangen zeichneten sich die roten Äderchen einer Couperose im Frühstadium ab. Irgendwie wirkte er sympathisch, in dem Versuch, durch jugendliche Klamotten, die hohen Absätze und eine sehr joviale Art jünger zu wirken, als er wirklich war.

Seine Ehefrau, Tanja Helmholtz, war fünf Jahre jünger als er und rein äußerlich das komplette Gegenteil. Durch zahlreiche Schönheitsoperationen war es ihr gelungen, das Verblühen ihrer früheren Schönheit zumindest zum Teil aufzuhalten. Sie hatte zwar noch immer die gleiche Figur wie vor dreißig Jahren, aber natürlich war sehr offensichtlich der Zug der Schwerkraft an ihren Brüsten durch Implantate aufgehalten worden, die Falten im Gesicht durch künstliche Straffung gemildert und die Lippenfältchen durch Einspritzungen von Collagen beseitigt worden. Aber als junge Frau musste sie auf jeden Fall das Aussehen eines Modells gehabt haben - sowohl im Gesicht als auch figürlich. Lediglich ihre mangelnde Körpergröße hatte eine Karriere in diesem Beruf verhindert. Tanja Helmholtz war nur wenige Zentimeter größer als ihr Mann. Das war wahrscheinlich ein weiterer Grund für die hohen Absätze ihres Mannes. Aber auch die Heirat mit dem zu dieser Zeit bereits erfolgreichen Manager hatte nicht den erhofften Karrieresprung im Modellbusiness herbeigeführt - so behauptete es zumindest die Klatschpresse. Was hatte da nähergelegen, als die ein Jahr nach der Heirat geborene Tochter in die nicht vorhandenen Fußstapfen der Mutter treten zu lassen, zumal sie bereits mit sechzehn mehr als einen Kopf größer gewesen war als ihre Eltern. Selbstverständlich war ihr Vater auch gleichzeitig ihr Manager geworden.

Ich war froh, dass ich mich in den Zeitschriften und im Internet so gut über meine hoffentlich neuen Arbeitgeber informiert hatte.

Beide zeigten sich begeistert von meinen Qualifikationen und allgemeinen Ansichten. Sie versicherten mir wieder und wieder, dass ich genau die Frau sei, die sie gesucht hätten.

Ich musste mich zusammenreißen, um nicht laut aufzulachen, als die beiden mir meine zukünftigen Aufgaben schilderten: Führen des Haushaltsbuchs, Beaufsichtigung des Personals, Überwachung der Vorräte, spezielle Besorgungen und Erledigungen im Zusammenhang mit Partys oder Empfängen und andere, nicht wirklich belastende Sonderaufgaben. Es hörte sich fast zu schön an, um wahr zu sein, und ich unterschrieb mit Freuden und ohne lange nachzudenken den Arbeitsvertrag.

Alles ließ sich zu Beginn so easy an, wie ich es mir vorgestellt hatte und erstmals seit langer Zeit war ich richtig glücklich.

Sechs Wochen nach meinem Arbeitsantritt fand eine Party in der Villa statt, die ich im Auftrag der Familie Helmholz organisierte. Nichts wirklich Großes, nur etwa einhundert Personen, anlässlich eines Besuchs der Tochter Tatjana aus den USA. Bis zu diesem Tag hatte ich das gefeierte Supermodell noch nicht kennengelernt, sondern lediglich die Bilder im Haus gesehen und die Berichte in der Klatschpresse gelesen. Als ich nun bei dieser Gelegenheit Tatjana zum ersten Mal persönlich kennenlernte, hätte die Enttäuschung nicht größer sein können.

Das von der Presse hochgelobte Supermodell präsentierte sich als abweisend, unnahbar, arrogant, hochmütig, absolut egozentrisch … und anscheinend strunzdumm.

»Kleines, bringen Sie mir einen Manhattan auf Eis«, waren die ersten Worte, die sie an mich richtete. In der kommenden Stunde beleidigte Tatjana mich zwei Mal, behandelte mich fünf Mal herablassend und stellte mich zu meinem Entsetzen einigen mir unbekannten Gästen als … ›die billige Schlampe meines Vaters‹ vor.

Um zweiundzwanzig Uhr entdeckte Heinz Helmholtz mich weinend in einer Abstellkammer. Ich hatte es nicht mehr ausgehalten, mich in der Kammer versteckt und meinem Selbstmitleid ergeben. Er nahm mich in den Arm, tröstet mich, führte mich in sein privates Billardzimmer und überredete mich zu einem Glas Sekt. Aus dem einen Glas wurden ruck zuck drei Flaschen, von denen vermutlich mehr als zwei auf mein Konto gingen. Frustration ist bekanntlich ein schlechter Ratgeber, vor allem, wenn es um die Menge an Alkohol geht, die man besser nicht getrunken hätte.

Ich wachte mit einem solchen Brummschädel auf, dass ich glaubte, es könne meinen Kopf sprengen.

Die Sonne schien direkt durch das Fenster auf mein Gesicht und mit fest zusammengepressten Augenlidern tastete ich auf dem Nachttisch nach meiner Schlafmaske. Im nächsten Moment fuhr ich mit einem Satz auf, als ich feststellte, dass da kein Nachttisch war. Ein schneller Rundblick bestätigte meine Befürchtung: Ich befand mich nicht in meinem, sondern in einem fremden Schlafzimmer. Als ich die Decke zurückschlug, schockierte mich meine Nacktheit, obwohl ich sie bereits vorher gefühlt hatte. Die getrocknete weiße Substanz, die zwischen meinen Beinen und in meinen Schamhaaren klebte, war für mich der letzte Beweis dafür, was mir mit großer Wahrscheinlichkeit widerfahren war.

Als ich mit einem eng um mich geschlungenen Laken aus dem Zimmer flüchtete, stellte ich fest, dass es sich um den Schlafraum meines Arbeitgebers handelte.

Selbst nach einer halben Stunde unter der Dusche meines kleinen Appartments im Souterrain der Villa fühlte ich mich noch immer beschmutzt. Ich musste zum ersten Mal in meinem Leben feststellen, dass man ein Gefühl nicht abwaschen oder wegrubbeln kann. Selbst wenn ich keine Erinnerung an das eigentliche Geschehen hatte, empfand ich es immer noch als Vergewaltigung und hätte schreien können vor Wut und Frustration. Aber zumindest meine rasenden Gedanken hatten sich ein wenig beruhigt und es gelang mir, mich auf eine Richtung zu konzentrieren und nicht immer wieder abzuschweifen. Ich entschloss mich, meinen Chef - nein, meinen Vergewaltiger - mit seiner Tat zu konfrontieren. Die möglichen Konsequenzen waren mir in diesem Augenblick absolut egal. Damit durfte das Schwein auf keinen Fall davonkommen, so viel stand für mich fest.

Nachdem ich mich halbwegs hergerichtet hatte, machte ich mich auf den Weg von meiner Souterainwohnung nach oben und musste zu meinem Entsetzen feststellen, dass das Ehepaar Helmholtz mit Töchterchen Tatjana beim gemeinsamen Frühstück auf der sonnenbeschienenen Terrasse in fröhlicher Runde zusammensaß. Schon im Wohnzimmer hörte ich das vereinzelt aufbrandende Gelächter des fürchterlichen Trios und mir schossen die Tränen in die Augen.

Ich zögerte nur kurz, bevor ich an den reich gedeckten Frühstückstisch herantrat. Mein Magen zog sich kurz zusammen, als ich sah, wie sich Tatjana aus einer Flasche Sekt der gleichen Sorte, die mir am Abend zuvor Heinz Helmholtz ausgeschenkt hatte, ein Glas füllte. Aber ich riss mich zusammen.

»Wir müssen reden, Herr Helmholtz!«

»Waren wir nicht gestern schon beim Du, Kleines?«, fragte er mich lächelnd.

»Nicht dass ich wüsste, Herr Helmholtz, können wir nun reden? Unter vier Augen?«

Er blickte seine Frau und seine Tochter an und zwinkerte ihnen lächelnd zu. Dann wandte er sich wieder in meine Richtung und antwortete in einem nicht mehr so freundlichen Ton: »Ich habe keine Geheimnisse vor meiner Familie, Mädchen. Also los, raus mit der Sprache, was wollen Sie?«

Die Peinlichkeit der Situation war nicht mehr zu überbieten, aber jetzt war ich schon so weit gegangen, dass es keine Rolle mehr spielte, auch noch den letzten Schritt zu tun.

»Sie haben mich vergewaltigt!«, platzt es aus mir heraus, bevor ich Zeit hatte, darüber nachzudenken. Während ich versuchte, nicht haltlos zu schluchzen, fragte ich mich, was ich mit diesem Aufschrei wohl anrichten mochte?

Selbst in meinen schlimmsten Albträumen hätte ich mir nicht vorstellen können, was im nächsten Moment passierte. Sowohl Helmholtz als auch seine Frau fingen an, schallend zu lachen und wollten sich nicht mehr einkriegen.

Ich blickte entgeistert von einem zum anderen, immer wieder zwischen den beiden hin und her. Mir wollte partout nichts Sinnvolles einfallen, was ich hätte sagen können. Was wäre die richtige Reaktion in dieser Situation? Ich hatte keine Ahnung.

Das Letzte, was mir auffiel, bevor ich mich hastig umdrehte und in Panik wegrannte, war das entsetzte, schockierte und hasserfüllte Gesicht von Tatjana.

ΩΩΩΩΩΩΩΩΩΩ

»Das ist ja alles wirklich spannend und interessant, aber ich hab echt was Besseres zu tun, als mir die tragische Lebensgeschichte eines gescheiterten Hausmädchens anzuhören.«

Kalle hatte die Nase voll. Draußen begann es hell zu werden und er hatte vor, das Tageslicht zu nutzen, um zu finden, was er suchte.

Es störte ihn wenig, dass die junge Frau ihn mit fest zusammengepressten Lippen und einer steilen Zornesfalte zwischen den Augen ansah. Sehr viel schlechter konnte er mit dem Blick des Doktors umgehen. Am liebsten hätte er sich vor diesen prüfenden Augen, die ihn in kleinste Einzelteile zu zerlegen schienen, weggedreht. Aber irgendwie war er wie festgenagelt.

Du meinst wohl eher aufgespießt - so wie eine hässliche Motte in einem Schaukasten. Er analysiert dich, das ist dir doch klar, oder?‹

»Darf ich fragen, was genau Sie in dieser Villa suchen oder zu finden hoffen?«, unterbrach die ruhig und sachlich gestellte Frage des Psychologen seine beginnende innere Zwiesprache. Nun bewegte er sich wieder auf gewohntem Terrain.

»Na was wohl? Kohle natürlich, Schmuck nehm ich allerdings auch - kann man ja zu Geld machen, nicht wahr?«

Er sah die beiden prüfend an: »Ich hab zwar erst eine ungefähre Vorstellung, was die Kleine für ein Motiv hat, hier zu sein«, er schüttelte verwundert den Kopf, »aber ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, was du hier finden willst.« Er hatte sich in Richtung des Psychologen umgewand und sah ihn einen Moment lang prüfend an.

»Es ist mir zwar schleierhaft, Doc, aber ehrlich gesagt, ist es mir auch schnurzpiepegal - solange ihr zwei mich in Ruhe meine … Arbeit … machen lasst.«

Er grinste die beiden offen an.

»Zur Polizei werdet ihr ja wohl kaum gehen können, schließlich sitzen wir ja im selben Boot. Hä hä, oder in derselben Villa.«

Er schlug sich mit beiden Händen auf die Oberschenkel und stand auf. »Nachdem die Fronten nun geklärt sind, gehe wir am besten alle unserer Wege. Ihr könnt machen, was ihr wollt, solange ihr mir nicht in die Quere kommt.«

Hastig verließ er den Raum und löschte beim Hinausgehen die Beleuchtung aus. Inzwischen hatte die Morgendämmerung eingesetzt, und wenn man den Rolladen wieder hochzog, würde es hell genug in dem Raum sein. In wenigen Minuten würde die Sonne aufgehen. Direkt hinter der Tür wandte er sich nach rechts …und blieb mit dem Rücken zur Wand stehen. Er war einfach zu neugierig, wie die beiden reagieren würden und was sie für Pläne hatten.

Der Lauscher an der Wand, hört …‹, begann seine innere Stimme. Ach sei doch ruhig, dachte er. Darum geht es doch gar nicht.

Da er die Tür nicht ganz geschlossen hatte, konnte er die Stimmen von drinnen noch immer gut verstehen.

»Ich kann Sie besser verstehen, als Sie sich vermutlich vorstellen können«, sagte der Doc gerade, »was es um so wichtiger macht, dass Sie die Geschichte nun zu Ende erzählen. Danach werden wir sehen, wie ich Ihnen helfen kann.«

Kalle konnte sich vorstellen, wie die Kleine ihn nun dankbar anlächelte oder vielleicht sogar anschmachtete.

Er spitzte die Ohren, als sie erneut begann, ihre Erinnerungen wiederzugeben.

ΩΩΩΩΩΩΩΩΩΩ

Ich weiß nicht, wie ich die nächsten beiden Tage überstand. Da ich alle Beweise, die für den Übergriff vorhanden gewesen waren, gründlich weggeduscht hatte, stand Aussage gegen Aussage und ich hatte keine Vorstellung, wie ich die Polizei von der Wahrheit meiner Behauptung überzeugen sollte.

Das Verhalten von Tanja Helmholtz hatte mich am meisten geschockt. Ich wusste zwar, dass die beiden seit Jahren in getrennten Schlafzimmern nächtigten, aber dass sie ein solcher Vorwurf gegen ihren Mann so absolut kaltlassen würde - ich konnte es nicht fassen und fand auch keine einleuchtende Erklärung dafür.

Sollte ich lediglich kündigen und es einfach auf sich beruhen lassen? Nein, auf keinen Fall. Ich wollte Satisfaktion, Wiedergutmachung, irgendwas, was es mir leichter machte, mit dieser Vergealtigung weiterzuleben.

Also entschloß ich mich dazu, mit Tanja Helmholtz zu sprechen und ich hatte bereits einen Plan.

Wir saßen in Tanjas Lesezimmer und ich musste mich überwinden, sie bei dem, was ich mir vorgenommen hatte ihr zu sagen, anzusehen.

»Da ich das, was mir durch Ihren Mann angetan wurde, leider nicht mehr beweisen kann, habe ich mich dazu durchgerungen, an die Presse zu gehen, wenn er mir nicht Wiedergutmachung in geeigneter Form zukommen lässt. Ich erwarte, dass Ihr Mann sich öffentlich zu seiner Tat bekennt und Reue zeigt.«

Sie wirkte zerknirscht, aber gefasst.

»Kindchen, ich muss mich entschuldigen, dass ich gelacht habe, als Sie uns das erste Mal von dieser abscheulichen Tat berichtet haben. Ich hätte das dem alten Sack gar nicht mehr zugetraut.«

Sie stand auf und wanderte ziellos in dem Zimmer auf und ab. »Ich brauche jetzt etwas Stärkeres als Kaffee. Darf ich Ihnen auch einen Drink anbieten?«

Ich nahm ihr Angebot widerwillig an, unter anderem auch deshalb, weil ich das Zittern meiner Hände einfach nicht unter Kontrolle bringen konnte. Zwei Minuten später standen zwei Highball-Gläser mit einer braunen Flüssigkeit vor uns. Ich zögerte nicht lange und schüttete nach einem kurzen von ihr geäußerten »zum Wohl« den Drink schneller in mich hinein, als es gut sein konnte. Es war mir egal, Hauptsache meine Nerven beruhigten sich langsam.

Ich versuchte, mich auf das zu konzentrieren, was Tanja nun sagte: »Ich denke, ich werde drastische Maßnahmen ergreifen müssen, auch wenn es weh tut.«

Das hört sich nicht schlecht an und Hoffnung keimte in mir auf. Wollte sie ihren Mann nun selbst unter Druck setzen? Ich war gespannt, was sie sich genau vorstellte. Aber bereits bei ihren nächsten Worten hatte ich irgendwie Schwierigkeiten, ihren Ausführungen zu folgen.

»Das wird Ihnen vermutlich nicht gefallen, aber Sie lassen uns keine Wahl.«

Uns? Was meinte sie? Die Umgebung um mich begann zu verschwimmen, und ich hörte ihre Stimme wie aus weiter Ferne. Mir wurde schwindelig und das fast ganz geleerte Glas fiel mir aus der Hand.

Als ich aufwachte, hatte ich den Eindruck, einen Albtraum ein zweites Mal zu erleben. Ich lag nackt in einem fremden Bett und konnte mich an nichts erinnern. Nur befand ich mich diesmal nicht im Zimmer von Heinz Helmholtz. Eilig schlug ich die Decke weg und stellte fest, dass es diesmal keine getrockneten Hinterlassenschaften oder Spuren einer Vergewaltigung gab. Meine Kleidung, die ich in meiner letzten Erinnerung - dem Gespräch mit Tanja - angehabt hatte, lag ordentlich gefaltet über einem Stuhl neben dem Bett.

Meine Verwirrung war nicht mehr zu überbieten, als ich angezogen nach unten ging und das Ehepaar einträchtig auf der Terrasse beim Frühstück vorfand. Deja vue! Nur diesmal war die Tochter Tatjana nicht dabei.

»Ach, da bist du ja endlich, Kleines«, begrüßte mich der Hausherr überschwänglich. »Setz dich, setz dich. Wir haben Neuigkeiten für dich.«

Völlig geschockt ließ ich mich auf einen der Stühle fallen und wartete fassungslos auf die Dinge, die nun kommen würden. Mir schwante nichts Gutes.

»So schön die Bilder auch sind«, meinte er immer noch freundlich lächelnd und warf mir einen braunen DIN A 4 - Umschlag zu, »so wenig wollen wir uns erpressen lassen. Ich habe deshalb die Polizei verständigt, die«, er schaute demonstrativ auf seine Uhr, »in den nächsten Minuten hier sein müsste. Schade, ich hatte es mir lustig vorgestellt, wenn sie dich nackt im Bett meiner Frau vorgefunden hätten.«

Ich verstand nichts mehr. Erpressung … Bilder … Bett meiner Frau … Polizei?

Mit zitternden Fingern öffnete ich den Umschlag und entdeckte darin große Hochglanzbilder, auf denen … ich konnte und wollte nicht glauben, was ich da sah!

Auf den Bildern war ich in verschiedenen Posen zusammen mit Tanja Helmholtz zu sehen. Wir waren beide nackt und die Posen und Verrenkungen ließen keinen Zweifel daran aufkommen, was wir da gerate taten. Unter den Bildern befand sich noch ein Blatt Papier, auf dem in großen Lettern ein Text stand, den ich zunächst nicht verstand:

1 Million oder die Bilder gehen an die Presse!

In dem Moment, als mir langsam dämmerte, was hier gespielt wurde, war es auch schon zu spät. Die Polizei klingelte und wenige Minuten später verließ ich in Handschellen gefesselt auf dem Rücksitz eines Streifenwagens das Gelände der Villa Helmholtz.

Wenige Wochen später war ich dank zahlreicher Klatsch- und Revolverblätter eine deutschlandweit bekannte lesbische Erpresserin, die versucht hatte, die Ehefrau eines bekannten Managers mit ihrer lesbischen Neigung zu erpressen und zur Verteidigung auch noch eine Vergewaltigung durch ihren armen Ehemann erfunden hatte.

ΩΩΩΩΩΩΩΩΩΩ

Tja, dachte Kalle, der noch immer an der Wand lehnte und lauschte. Das Leben ist kein Ponyhof, also, Augen auf bei der Berufswahl.

Tu doch nicht so abgebrüht, du Weichei. Eigentlich tut dir die Kleine doch leid. Aber Mitleid passt nicht zu einem superschlauen Kriminellen, was?‹

Er ignorierte die Kommentare, wie so oft in letzter Zeit. Das, was er drinnen hörte, war viel interessanter.

»Unsere Schicksale haben mehr Gemeinsamkeiten, als Sie sich vorstellen können«, erzählte der Doc gerade, »und irgendwann werde ich Ihnen auch meine Geschichte erzählen. Im Moment würde das zu weit führen. Ich kann mir vorstellen, dass Sie hier in der Villa irgendetwas suchen, was Ihre Unschuld beweisen kann und hilfreich ist, Ihren Ruf wiederherzustellen. Ich kann Ihnen nur viel Glück wünschen. Und wenn Sie Hilfe brauchen, wenden Sie sich gerne jederzeit an mich.«

Kalle hatte genug gehört und das Ganze drohte, in einem weinerlichen Gefühlschaos der beiden zu enden. Also stieß er sich mit dem Rücken von der Wand ab und verließ den Platz, von dem aus er die Unterhaltung verfolgt hatte.

Es wurde langsam Zeit, dass er sich auf die Suche machte.

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