Kitabı oku: «Die letzten Tage des Kommissars», sayfa 2

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In der U-Bahn sieht man stumm vor sich hin, man schwankt mit den anderen im Takt der Bahn hin und her, das Tunnelrauschen ist ein buddhistisches Gebrumm, man versinkt in Trance.

Und ich sah den Waggon gefüllt von Wesen, die sich verwandelten. In Elche, Hühner, Schmetterlinge. In Rosenstöcke, Bäume, Flüsse und Berge.. In Wesen, wie es sie noch nie gab, mit Eigenschaften, die es noch nie gab.

Am nächsten Bahnhof entleerte ich meinen Magen in einen Papierkorb.

Zuhause beruhigte ich mich. Ich sah mir einen Action-Film an. Explosionen, Autojagden, Schießerein. Man sieht es und kommt dabei auf andere Gedanken..

Dr. Fürst hatte mir sein Geheimnis verraten, weil er wusste, ich kann es nicht an die Öffentlichkeit bringen. Mir würde keiner glauben. Es würde heißen: Guck mal, der Alte hat einen Knacks. Kommt nicht klar mit seinem Ruhestand. Und selbst wenn … Es ist die alte Geschichte. Man hat Indizien, eine perfekte Theorie - aber wo sind die Beweise, wo denn? Indizien sind keine Beweise. Alles nur Spekulationen. Hirngespinste. In den Papierkorb damit.

Und während ich so halb im Traum nach einem Weg aus der Sackgasse suchte, klingelte es an der Wohnungstür.

Durch den Spion erkannte ich einen Mann mit Schnauzer, schwarzem Haar, dunklen Brauen. Heller Maßanzug, braunes Hemd, der Schlips ziemlich geschmacklos, ein giftiges Grün. Er hielt in der Hand eine Flasche, eine Sektflasche.

Ich öffnete die Tür einen Spalt. „Was wollen Sie?“

Der Mann blinzelte, zog mit der freien Hand langsam den Schnauzer ab, dann die Brauen und als er die Perücke abgenommen hatte, entfuhr mir ein Seufzer.

Schon wieder was Verrücktes! Der Mann musste sein Gesicht weggenommen haben, denn darunter erschien eine Maske. Es konnte nur eine Maske sein. Und was für eine: die Maske des Journalisten.

Bevor ich etwas sagen konnte, marschierte er an mir vorbei schnurstracks ins Wohnzimmer.

„Komm, lass uns auf meinen Tod einen heben!“

Seine Stimme tremolierte wie die des Anrufers, doch jetzt, im Original, wusste ich, er hatte mich angerufen. Dieser Kerl, der sich vor meinen Augen für den toten Journalisten ausgab. Aber... Nur der Journalist kannte meine Wohnung und nur er hatte die Eigenart, sofort ins Wohnzimmer zu marschieren. Er war eine meiner besten Nachrichtenquellen. Also war der Mann hier wirklich der Journalist oder zumindest sein Gespenst.

Ich setzte mich, hörte, wie das Gespenst an den Glasschrank ging. Gläser klirrten, ein Korken sprang auf, es zischte, dann klopfte er mir auf die Schulter: „Na los, sauf Brüderchen!“

Ich nahm ihm das Glas ab. Er warf seinen Kopf hoch und trank. Seine Kehle war weiß wie Schneewittchen.

Als er mich noch immer im Sessel sitzen sah, das Glas in der Hand, ihn anstarrend, lachte er auf und sagte: „Beruhig dich, ich erklär dir alles… Aber jetzt sauf endlich! Ist ja nicht mit anzusehen, wie Berlins bester Schurkenjäger da hockt, als hätte er die Hosen voll!“

Ich nahm einen Schluck und fragte: „Wie hat er das geschafft?“

„Menschenskind, du kennst ihn doch. Er kann alles. Nicht mich hat dieses Tier am Hals gehabt, sondern meinen Klon!“

„Er ist der Teufel“, murmelte ich.

„Ja, könnte man sagen. Weißt du, das Buch mit dem Roman lag in meinem Briefkasten, darin seine Visitenkarte, und als ich das Buch las – verrücktes Ding, was? – musste ich zu ihm hin, das war doch klar, und ich sage dir, was er dann vor meinen Augen abzog, oha – das hatte was Teuflisches, echt. Aber alles erklärbar! Technik, Wissenschaft … Nein, Herzchen, kein Teufel, er ist ein genialer Wissenschaftler. Der größte unseres Jahrtausends! Wetten?“

„Und das hast du nicht in die Zeitung gebracht? So eine Jahrtausendstory!“

„Hätte mir doch keiner abgenommen.“ Er goss sich ein, trank, ging hin und her. „Weißt du, für mich passte einfach alles zusammen. Ich hab Schulden, du hast ja keine Ahnung wie viel, die Klatschgeschichten hängen mir zum Hals raus, und da schlägt er mir ein Geschäft vor. Ich solle verschwinden. Na, das ließ ich mir nicht zweimal sagen.“ Er ging ins Bad, redete bei offener Tür weiter. „Ich hau ab nach Kalifornien. Zuerst dachte ich an Marokko. Aber in Kalifornien haben die Mädels knackigere Ärsche.“ Maskiert wie an der Tür kam er aus dem Badezimmer. „In drei Stunden geht mein Flug. Zuvor krieg ich das komplette Verjüngungsprogramm, bis runter auf zwanzig, und ein neues Gesicht, neue Papiere. Jetzt muss ich aber los… Leb wohl, alter Junge.“ Vor der Wohnungstür machte er kehrt. „Verdammt. Das hätte ich beinahe vergessen.“ Er drückte mir einen abgerissenen Zeitungsrand in die Hand. „Hat mir seine Frau zugesteckt.“

Die Tür fiel ins Schloss. Ich las:

„Den Mord habe ich nicht gewollt! Sei vorsichtig!“

Ich füllte mein Glas und trank es aus. Im nächsten Augenblick wollte ich es nach russischer Art hinter mich werfen. Aber dann goss ich nach und trank, und das tat ich so lange, bis die Flasche leer war.

Dann schmiss ich mich aufs Bett. Da lag ich. Betrunken, aber hellwach.

Auf dem Nachttisch erblickte ich den Roman „Der Meister und Margarita“. Warum ist der Teufel nicht im Titel? Er ist schließlich die zentrale Figur der Geschichte. Und auch heute, 70 Jahre später und nicht in Moskau, sondern hier in Berlin ist es ein Teufel, ein Teufel in Menschengestalt.

Aber was hatte ich damit zu tun?

Ich begann das Buch zu lesen.

Mein Gehirn war außer Funktion. Ich begriff nichts, nicht mal die einfachsten Sätze. Dann fiel mir das Buch aus den Händen, ich knipste die Lampe aus und schlief sofort ein.

Nachdem ich am nächsten Tag beim Frühstück im Radio die Nachrichten gehört hatte, war ich, den Mantel im Gehen anziehend, sofort losgestürmt.

Niemand soll behaupten, ich hätte es nicht versucht!

Im Tiergarten hatten sie Abdrucke eines Panthers gefunden und – kluge Köpfchen, meine Kollegen – den Panther des Magiers verdächtigt. Sie suchten ihn auf, er zeigte ihnen das Tier. Der Panther war handzahm, sie hätten ihn streicheln können, außerdem könne so ein Tier unmöglich das Hotel verlassen, ohne bemerkt zu werden...

Sie hatte vergessen, nach dem Hund zu fragen!

Eine halbe Stunde später war ich im Polizeipräsidium. Mein ehemaliger Chef bot mir eine Tasse Kaffee an und ein Stück von seinem Lieblingsgebäck: Lebkuchen. Nein, danke, ich war aufgeregt, ich legte los.

Seinen schläfrig-lauernden Blick unter den dicken Lidern kannte ich, wie oft hatten wir über dieses Krokodil gewitzelt, aber diesmal machte es mich nervös.

Seine Stimme hatte einen öligen Ton, als er mich unterbrach: „Schon mit dem Krimi angefangen? Sie wollten doch was schreiben … Wissen Sie, wir alle sind mächtig neugierig!“

Ich bemerkte, ich sei erst seit ein paar Tagen im Ruhestand. Und dann passierte mir ein Witz, aber ungewollt. Ich sagte: Der Hund liege im Hund begraben! Der Panther sei nämlich der Hund! Warum haben die Kollegen nicht nach dem Hund gefragt? Denn wenn der Hund da ist, ist der Panther nicht da. Und wenn der Panther da ist, ist der Hund nicht da. Der Doktor sei ein Manipulator, sagte ich, kein Magier, er besäße die Technik, man müsse die Zauberkabine durch Fachleute, Wissenschaftler prüfen lassen. Der Mann sei ein ungeheuerlicher Verbrecher… genauer gesagt, ein verbrecherisches Ungeheuer!

Das Krokodil tunkte ein Lebkuchenstück in den Kaffee, biss ab und sagte kauend: „Ja, gute Idee, machen wir, aber sicher. Soll ich Ihnen einen Wagen rufen und der fährt Sie nach Haus? Oder wollen Sie woanders hin?“

Sein linkes Augenlid ging langsam hoch. Das passiert, wenn er ungeduldig wird, und da war mir klar, es war sinnlos. Die können sich das Unvorstellbare nicht vorstellen, aber ich… ich habe es gesehen.

Beim Hinausgehen drehte ich mich um und sagte: „Übrigens, der ermordete Journalist ist ein Klon!“

Er sah mich mit offenem Mund an, aber als ich ein Auge zukniff, lachte er schallend.

„Sie haben mich die ganze Zeit auf den Arm genommen, was?“

Ich grinste. Dann ging ich. Ich habe getan, was ich konnte.

Als ich nach Hause kam, fand ich im Briefkasten den Brief einer ehemaligen Kollegin. Von meinem Abschied hatte sie in einer Hausmitteilung gelesen. Dem Brief lag ein Gruppenfoto aus meiner Ausbildungszeit bei. Ich erkannte jeden, bloß einen jungen Mann nicht. Sehr ernst und korrekt gekleidet in Schlips und Anzug stand er in der letzten Reihe. Wer war das? Darum rief ich sie an.

Sie lachte, ich sei das.

Danach saß ich einen Moment wie vor den Kopf geschlagen.

Ich hatte mich nicht erkannt.

Ich versuchte mich zu erinnern, wie ich in der Vergangenheit gewesen bin, wie ich gelebt habe. Ich sah mich bei der Arbeit, erinnerte mich an die Fälle, die ich löste, an jede Einzelheit erinnerte ich mich, aber ich konnte mich nicht sehen und da wurde mir klar, ich wusste mehr über das Aussehen und das Leben der Kriminellen als von mir und meinem Leben.

Aber jetzt war ich Pensionär. Jetzt gab es nur noch mich. Und ich dachte: Du hast nicht mehr viele Jahre vor dir, alter Mann! Jetzt denk mal an dich, beachte dich, nicht die anderen, achte auf jede Geste, jede Miene und auf jedes Gefühl. Gefühle…

Wo hatte ich in all den Jahren meine Gefühle gehabt?

Am nächsten Morgen wachte ich auf mit schwerem Kopf, ich hatte am Abend noch einiges getrunken. Nur langsam kam ich in Gang. Das Gruppenfoto fand ich zerrissen, auf dem Tisch, mitten in einem Sonnenstreifen. Das Auftauchen des Sonnenstreifens an dieser Stelle ist jedes Jahr das Zeichen, dass der Frühling angekommen ist. Ich warf die Fotoschnitzel in den Hausmüll und öffnete das Küchenfenster. Für eine Weile hielt ich mein Gesicht in die Sonne.

Den Kaffee machte ich besonders stark und während ich ihn trank, dachte ich kurz an „meinen Mordfall“. Er war für mich erledigt. Ich wusste, was auf der Welt kein anderer wusste und ich hatte meine Pflicht getan. Wenn die Welt zugrunde geht, ich habe keine Schuld daran.

Na, sie wird schon nicht zugrunde gehen.

Da klingelte es an der Wohnungstür.

Eine Vietnamesin. Ich hatte die Absicht, wortlos die Tür zu schließen, weil ich glaubte, sie wolle mir Zigaretten verkaufen, denn ich bin Nichtraucher. Da sagte sie leise: „Putzhilfe?“ Und ihr Gesicht zeigte eine so rührende Ergebenheit, dass ich innehielt. Und damit war ich verloren.

Meine Schwäche für Asiatinnen! Meine Kollegen zogen mich damit auf, aber ich mag nun mal diese sanften Gesichter, diese zarten Stimmen, diese weichen, schmiegsamen Körper.

Ich ließ sie herein. Nach wenigen Worten wurden wir uns einig. Sie könne auch gut kochen, sagte sie, und da ich für mittags noch nichts geplant hatte, schlug ich vor, es mir doch gleich zu zeigen.

Von Minute zu Minute wuchs zwischen uns ein stillschweigendes Einverständnis. Sie bat um Geld zum Kauf der Zutaten, sie wolle mir ein Gericht aus ihrer Heimat zubereiten. Ich gab ihr 50 Euro. Blieb sie weg, gut. Kam sie zurück, umso besser.

Kurz vor Mittag war sie wieder da mit zwei gefüllten Plastiktaschen. Für den Tisch verlangte sie eine weiße Tischdecke, um die Teller legte sie einen Kranz gelber Blumen und in die Tischmitte stellte sie zwei Kerzen. Das Essen, ein Fischgericht, war großartig. Ich spendierte eine Flasche Weißwein.

Später… Ich hatte in mir gegen Frauen einige Hindernisse aufgebaut. Vielleicht waren es auch Schutzwälle. Jedenfalls war seit München keine Frau in mein Innerstes eingedrungen. Aber sie schaffte es schon am ersten Tag. Wir verstanden uns ohne Worte, wir lachten über dieselben Sachen.

Den letzten Rest Misstrauen verlor ich, als wir uns liebten.

Es war ein langer auf- und abschwellender Genuss und mir war klar – zum zweiten Mal im Leben – ich wollte diese Frau bei mir halten. Wenn Behaltenwollen ein Teil echter Liebe ist, dann liebte ich diese Frau und zwar gleich am ersten Tag. Jetzt frage ich mich, ob sie mir nicht etwas in den Wein getan hatte.

Abends, um halb acht, verließ sie mich. Wir vereinbarten, dass sie jeden Tag für mich kochen sollte. Sie wollte kein Geld. Nicht jetzt, sagte sie.

In der Nacht schlief ich traumlos und tief.

Die Zeit drängt, meine Herren, ich weiß, meine Kollegen fahnden nach mir, und manchmal höre ich Geräusche an der Tür, das schreckt mich auf.

Ich will es kurz machen.

Fünf Tage später erwürgte ich sie. Aber von einem Mord kann hier nicht die Rede sein.

Ich will es erklären.

Ich hatte volles Vertrauen zu ihr. Aber es gab einiges, das irritierte mich. Als sie mir ihren Namen nannte, es klang wie Ti-Ma, wollte ich die genaue Schreibweise wissen, am einfachsten durch einen Blick in ihren Ausweis. Sie hatte keinen bei sich. Und als ich sie fragte, wo sie wohne, drückte sie mir ihren Zeigefinger auf den Mund. Auf mein Angebot, bei mir zu übernachten, ging sie nicht ein. Das könne sie nicht, nie könne sie das.

Jedes Mal verließ sie mich Punkt 19.30. Meine mehrfache Bitte, sie begleiten zu dürfen, lehnte sie ab.

Nach etwa einer Woche kontrollierte ich heimlich ihre Tasche. Ich fand weder einen Ausweis, noch sonst einen Hinweis auf ihre Adresse. Nicht mal einen Wohnungsschlüssel konnte ich finden.

Als sie mich eines Abends verließ, folgte ich ihr. Sie nahm die U-Bahn, stieg am Bahnhof Friedrichstraße aus und eilte auf geradem Weg zum Admiralspalast. Dort nahm sie einen Seiteneingang und verschwand im Aufenthaltsbereich der Künstler hinter einer Tür, ohne vorher anzuklopfen.

Ich versteckte mich. Im Hintergrund hörte ich, wie sich der Zuschauerraum füllte. Um 19.45 öffnete sich die Tür und die Gehilfen des Magiers rollten die Verwandlungskabine in Richtung Bühne. Etwa zwei Minuten später kam Dr. Fürst mit seinem Hund heraus und ging ebenfalls in Richtung Bühne.

Ich wartete. Dann prasselte fern im großen Saal Beifall auf.

Das Türschloss war schnell geöffnet. Ich trat in eine Künstlergarderobe. Spiegel, Schminktisch, davor ein Drehstuhl, Kleiderschrank, eine Kommode mit einer Vase, darin weiße, halb verwelkte Rosen, ein runder Tisch mit einer Wasserkaraffe und drei Gläsern. Zwei Stühle, eine Ledercouch.

Es gab keinen zweiten Ausgang, auch nicht in der Toilette mit der Duschecke.

Ob Ti-Ma hier als Putze arbeitete? Aber wo war sie?

Ich flüsterte ihren Namen. Sagte ihn laut. Rief ihn. Nichts.

Und dann fand ich im Schrank ihr fliederfarbenes Kleid.

Mein Herz krampfte sich, ich setzte mich.

So saß ich vielleicht ein paar Minuten, dann gab ich mir einen Ruck und ging aus dem Zimmer.

Ich habe gelernt, jedes Gefühl beim Tatort zurückzulassen und meine nächsten Schritte genau zu überlegen. So war es auch diesmal.

Sorgfältig schloss ich die Tür.

Auf der Friedrichstraße war ich schon so weit, mir vorzustellen, die Sache sei einem anderen passiert. Und ich dachte: Einen Hund in eine Frau verwandeln, damit sich ein anderer in sie verliebt – und ihm dann zeigen, was er da liebt: einen Hund.

Denn er wollte, dass ich es entdecke.

Das ist kein Mensch, das ist ein Ungeheuer.

Und ich beschloss, dem ein Ende zu machen. Ich wusste auch schon wie. Was dabei an Grausamkeit nötig war, wollte ich schnell tun.

Und das geschah am nächsten Tag. Alles lief ab wie gewöhnlich. Ti-Ma kochte, wir aßen, wir gingen ins Bett. Sie umarmte mich, ich blickte in ihre braunen Augen, sah ihre kleinen Ohrmuscheln, atmete die Wärme ihres Nackens, und plötzlich konnte ich es nicht tun.

Doch dann trafen sich unsere Zungen.

Und da erwürgte ich sie. Sie wehrte sich nicht. Sonderbar, nicht wahr?

Das Geräusch, das sie von sich gab, war kein Röcheln. Es war ein Winseln.

Oder bildete ich mir das ein?

Ich bitte festzuhalten: Sie war kein Mensch, sie war ein Hund, in der Gestalt eines Menschen. Eine Hündin, eine Hündin! Ich hatte eine Hündin geliebt. Ich tötete eine Hündin, nichts anderes.

Mir war jemand etwas schuldig. Ich rief ihn an. Eine halbe Stunde später legten zwei Möbelpacker die Leiche in eine Truhe. In einem Kleinlaster wurde sie wegtransportiert. Ich stand am Fenster und sah zu.

Am Abend ging ich zur Vorstellung von Dr. Fürst, ich saß ziemlich weit vorne. Als er mit den Eisbären auf der Bühne erschien und einen Labrador an der Seite hatte, war ich verwirrt, aber nur kurz, selbstverständlich hatte er sich sofort einen neuen Labrador zugelegt. Wahrscheinlich aus einer Apfelsine gemacht oder aus sonst was.

Kurz vor der Pause bemerkte ich zwei Männer am rechten Bühnenrand. Am gekrümmten Rücken und dem leicht geneigten Kopf des einen erkannte ich Lohmeyer. Demnach war, wie vereinbart, die Polizei alarmiert worden. Gut so. Offensichtlich hatte man die Leiche schon in der Garderobe des Magiers gefunden.

In der Pause verließ ich die Vorstellung. Ich wusste den Magier in guten Händen.

Während des Frühstückes am nächsten Morgen hörte ich die Nachrichten. Gleich zu Beginn berichtete der Nachrichtensprecher vom Fund einer Leiche in der Künstlergarderobe des Magiers Dr. Fürst. Ein anonymer Anrufer habe die Polizei alarmiert. Bei der Leiche handele es sich um eine erwürgte Frau. Zurzeit werde der Magier vernommen, er bestreite, die Tote gekannt oder sie jemals gesehen zu haben.

In den Mittagsnachrichten hieß es plötzlich, der Magier sei außer Verdacht. Das Video einer Überwachungskamera zeige zwei Männer, wie sie den Künstlereingang mit einer Truhe betreten. Minuten später seien sie mit der Truhe wieder herausgekommen.

Mein Plan war also doch noch gescheitert. Und bald würde man die Männer aufspüren, sie würden mich sofort verraten, ich kenne diese Kerle. Aber was soll’s.

Sie, meine Herren, wissen ja jetzt, was wirklich geschah.

Und jetzt sehe ich das Gesicht des lesenden Staatsanwalts vor mir.

Ich weiß, er würde mir noch gern einige Fragen stellen. Doch, Herr Staatsanwalt, ich sehe es Ihnen an. Würde mir ja genauso gehen. Also bitte, hier sind meine Antworten.

Ob ich sie wirklich töten musste? Aber, Herr Staatsanwalt, das war doch notwendig.

Er sollte nicht nur des Mordes überführt werden, nein, die Spurensicherung sollte auch die Kabine untersuchen. Aber hat sie es auch getan? Es wurde nichts Auffallendes entdeckt? Lassen Sie an die Kabine die Wissenschaftlern ran, sie werden Beweise für das wahre Verbrechen finden, und ich sage nicht zu viel: es ist ein Verbrechen an der Menschheit.

Nein. Ich bereue es nicht, nein.

Ja, stimmt, ich denke an sie. Immer.

Ja, doch, ich liebte sie. Und ich tötete sie.

Aber es war kein Mord. Ein Tier darf man töten, es hat keine Seele. Hören Sie! Die Frau hatte keine Seele!

Wissen Sie, was ich denke?

Er wollte mir beweisen, dass wir Menschen keine Seele haben. So ein Teufel ist er.

Aber wenn wir nun wirklich keine Seele haben, was dann? Was sind wir dann? Vielleicht doch nichts Besseres als ein Hund? Und was waren wir, bevor wir Menschen waren? In Hamlet (ja, ich bin ein Theaterfan, wer in Berlin ist es nicht), da sagt Ophelia zum König: ‚Sie sagen, die Eule war eines Bäckers Tochter, ach Herr! Wir wissen wohl, was wir sind, aber nicht, was wir werden können.‘ Da haben Sie‘s, schon Shakespeare wusste Bescheid! Alles können wir gewesen sein. Und können bald wieder etwas anderes sein...

Ja, ja, ich habe sie geliebt. Teufel noch mal… Verstehen Sie, was das bedeutet? Zum zweiten Mal in meinem Leben liebte ich und wieder zum Narren gemacht.

Genug. Ich habe eine Pistole. Ich werde ihn töten. Und dann töte ich mich.

Nein, ich weiß nicht. Das Leben geht weiter, auch wenn ich tot bin. Das ist auch so eine Wahrheit. Das Leben. Keine Seele.. aber Leben! Wenn es etwas Bleibendes gibt, dann das Leben. Und wenn das so ist, warum soll ich das einzige Beständige an mir wegwerfen?

Andererseits: Wie anstrengend ist es doch, Mensch zu sein!

Ich habe da jetzt eine neue Idee. Sehen Sie, wie kreativ der Mensch ist! Mal sehen, was der Halunke dazu sagt, wenn ich ihm die Pistole an den Kopf halte.

Ich muss mich beeilen. Leben Sie wohl, meine Herren.

Nachspiel

Der Polizeipräsident telefoniert mit dem Leiter des Instituts für molekulare Genetik.

„Haben Sie die Diskette gelesen, Professor?“

„Ja.“

„Was halten Sie davon?“

„Der Mann ist ein Fall für die Psychiatrie. Doktor Fürst muss unbedingt geschützt werden.“

„Ist schon angeordnet. Allerdings … Er hat heute Morgen das Hotel ohne Angabe eines Ziels verlassen. Aber wir finden ihn. Vielen Dank, Herr Professor.“

„Keine Ursache.“

In einem Garten südlich von München. Ein sonniger Tag. In der Ferne die Alpen. Dr. Fürst, seine Gehilfen, Katrin und der Hund. Die Gehilfen heben ein Loch aus, setzen eine kleine Eiche hinein. Der Dicke hält sie fest, der Lange schaufelt Erde auf die Wurzeln. Katrin und Dr. Fürst sehen zu.

KATRIN: Hübsch. Er gefällt mir

Dr. FÜRST: Ja … Wir müssen die Erde noch festtreten. (geht stampfend um das Bäumchen)

KATRIN: Jetzt habe ich ihn doch noch bekommen. Und sogar jung.

Dr. FÜRST: Ja, sehr jung, und weglaufen kann er auch nicht mehr ... Du trägst heute Rock und Bluse?

KATRIN: Das hätte ich schon beim ersten Mal tragen sollen. Er mochte meinen Schottenrock. (Der Labrador schnuppert am Bäumchen, hebt das Bein.) Pfui, wirst du wohl … (scheucht ihn weg)

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