Kitabı oku: «Einführung in die philosophische Ethik», sayfa 6
Die Aussage ›A ist gut‹ gilt somit im Kognitivismus als Behauptung, und zwar genauer als Behauptung über den Charakter von A. Sicherlich ist es eine besondere Art von Behauptung: Es ist keine Tatsachenbehauptung, dass A ein bestimmtes natürliches Prädikat zukomme, sondern eine Wertbehauptung, dass A gewisse moralische Eigenschaften aufweise. Nichtsdestoweniger ist es eine Behauptung, nämlich dass dies der Fall sei. Insbesondere kann auf diese Behauptung sinnvoll entgegnet werden: ›Stimmt nicht‹, im Sinne von: ›Du irrst dich, in Wahrheit ist A gar nicht gut.‹ Inhaltlich mag diese Entgegnung fehlerhaft sein. Sprachlich ist sie in jedem Fall adäquat.
(2) Der sprachanalytische Nonkognitivismus hält demgegenüber dafür, dass die grammatische Form der Aussage ›A ist gut‹ ihren tatsächlichen Sinn verschleiere: Zwar sehe sie aus wie eine Behauptung. In Wirklichkeit stelle sie aber etwas anderes dar, insbesondere etwas anderes als die Aussage ›A ist gelb‹. Entsprechend werde mit ihr kein Wahrheitsanspruch erhoben, zumindest nicht in üblichem Sinne, und daher sei sie auch nicht ›kognitiv‹, d.h. stehe nicht unter der Differenz von wahr oder falsch.
Der Emotivismus deutet ›A ist gut‹ als eine Kundgabe, einen Ausdruck, eine Expression von Empfindungen, Gefühlen, Affekten des Sprechers. Eine angemessene Umschreibung müsste lauten: ›Ich billige hiermit A.‹ Die Einfügung ›hiermit‹ ist einmal mehr wichtig: Der Satz ›Ich billige A‹ könnte doch wieder eine Behauptung darstellen, nämlich die Behauptung, dass man eine bestimmte Empfindung habe. Und diese Behauptung könnte wahr oder falsch sein: Sie wäre falsch, wenn der Sprecher in Wahrheit ganz andere Empfindungen hegt, aber etwa den Hörer hinsichtlich der Beschaffenheit seiner Gefühle täuschen will. ›Ich billige hiermit A‹ soll anzeigen, dass die Aussage selbst eine direkte Expression der eigenen Affekte ist: Sie tritt als unmittelbare Kundgabe des eigenen Gefühls auf. Und diese Kundgabe ist als solche nicht kognitiv: Sie steht nicht unter der Differenz von wahr oder falsch. Noch deutlicher lässt sich dies machen durch die Umschreibungen: ›A – prima!‹, oder: ›A – hurra!‹ Der Emotivismus wird daher gelegentlich als ›Boo-andhooray-ethics‹ bezeichnet oder auch als ›Expressivismus‹. (Nachgeordnet mag eine solche Kundgabe auch weitere Zwecke verfolgen, beispielsweise ähnliche Empfindungen im Hörer zu erwecken oder den Hörer zu einem bestimmten Verhalten zu bewegen. Dies ändert aber nichts daran, dass der Sprechakt als solcher in einer Expression besteht.)
›A ist gut‹ gilt somit im Emotivismus nicht als Behauptung: Es ist keine Behauptung über A, und auch keine Behauptung über einen eigenen Seelenzustand. Vielmehr ist es eine unmittelbare Kundgabe dieses Seelenzustands: Es ist ein direkter Ausdruck der eigenen Gemütslage angesichts von A. Dies hat zur Folge, dass eine Reaktion des Typs ›Stimmt nicht‹, ›Du irrst dich‹ nicht mehr adäquat wäre: Man mag abweichende Gefühle angesichts von A haben (oder auch gar keine). Aber man kann die Kundgabe der Empfindung des anderen als solche nicht verneinen. Auf ›Aua!‹ kann man nicht ›Stimmt nicht‹ antworten.
Der Emotivismus hat ein systematisches Problem, wenn er moralische Aussagen über persönlich entfernte Ereignisse deuten muss: Die Aussage ›Der Hunger in Afrika ist schlecht‹ dürfte üblicherweise ein moralisches Urteil darstellen. Es ist indessen denkbar, dass der Hunger in Afrika den Sprecher, auch wenn er ihn als schlecht bezeichnet, emotional überhaupt nicht tangiert. Damit erschiene wenig glaubhaft, dass er mit seiner Aussage hauptsächlich Empfindungen kundtun sollte, denn eben solche Empfindungen hätte er gar nicht. Der Emotivismus kann dieses Problem indes auf folgende Weise angehen: Der Sprecher vermöge sich mit entfernten Schicksalen zu identifizieren, indem er die Vorstellung bilde, dass etwas Ähnliches in seiner Nähe passiert, etwa seinen Kindern oder seinen Freunden. An diese kontrafaktische Vorstellung könne sich dann eine, wenn auch vielleicht schwache, emotionale Reaktion knüpfen. Und deren Kundgabe sei der eigentliche Inhalt des Urteils: ›Der Hunger in Afrika ist schlecht.‹
Der Präskriptivismus interpretiert ›A ist gut‹ als eine Vorschrift, einen Befehl, eine Empfehlung an den jeweiligen Gesprächspartner zu einem bestimmten Verhalten, Tun, Unterlassen. Eine korrekte Umschreibung wäre: ›Ich fordere dich hiermit zu A auf.‹ Wieder ist der Zusatz ›hiermit‹ bedeutsam: Der Satz ›Ich fordere dich zu A auf‹ könnte einmal mehr eine Behauptung sein, nämlich die Behauptung, dass man jemandem eine entsprechende Anweisung gebe. Und diese Behauptung könnte wahr oder falsch sein: Sie wäre falsch, wenn der Sprecher dem Hörer in Wahrheit keine derartige Anweisung erteilt, sondern ihm etwa auf einem anderen Wege längst einen gegenläufigen Befehl gegeben hat. ›Ich fordere dich hiermit zu A auf‹ soll deutlich machen, dass die Aussage selbst ein direkter Befehl an den anderen zu einem bestimmten Verhalten ist: Sie erscheint als unmittelbare Vorschrift einer gewünschten Handlung. Und diese Vorschrift ist als solche nicht kognitiv: Sie steht nicht unter der Differenz von wahr oder falsch. Noch eindringlicher wird dies in den Umschreibungen: ›Tu A!‹, oder: ›Mach A!‹ Der Präskriptivismus wird daher oft als Imperativethik formuliert oder zumindest auf der Grundlage einer Imperativlogik entwickelt. (Dabei kann eine solche Vorschrift unterschiedliche Qualität haben. Sie kann von einer strikten Anordnung ohne jegliche Einräumung eigenständiger Stellungnahme bis zu einem wohlmeinenden Ratschlag zur eigenen Reflexion und bewussten Annahme reichen.)
›A ist gut‹ erfährt mithin im Präskriptivismus eine neue Deutung: Es ist keine Behauptung über A, aber auch keine Kundgabe eines eigenen Seelenzustands. Vielmehr ist es eine unmittelbare Vorschrift für den Gesprächspartner: Es ist eine direkte Aufforderung an den anderen, A zu tun. Einmal mehr hat dies zur Konsequenz, dass eine Erwiderung der Art ›Stimmt nicht‹, ›Du irrst dich‹ unangebracht wäre: Man mag die Empfehlung des Sprechers ignorieren (oder ihr geradewegs zuwiderhandeln). Aber man kann eine gegebene Vorschrift als solche nicht negieren. Auf ›Halt den Mund!‹ kann man nicht ›Stimmt nicht‹ entgegnen.
Der Präskriptivismus hat ein systematisches Problem, wie er moralische Aussagen über zeitlich vergangene Ereignisse interpretieren soll: Die Aussage ›Das Dritte Reich war schlecht‹ dürfte zumeist ein moralisches Urteil darstellen. Es ist jedoch nicht mehr möglich, das Dritte Reich, als ein Ereignis der Vergangenheit, zu verhindern. Dementsprechend erschiene es kaum nachvollziehbar, dass in jener Aussage eine Aufforderung verborgen sein sollte, denn eine derartige Aufforderung wäre gänzlich sinnlos. Der Präskriptivismus kann diesem Problem jedoch in folgender Art begegnen: Der Sprecher vermöge vergleichbare künftige Ereignisse vorwegzunehmen, indem er die Vorstellung bilde, dass etwas Ähnliches sich in der Zukunft wiederholen wird. Auf diese antizipatorische Vorstellung könne sich dann eine Aufforderung beziehen, dergleichen zu verhindern. Und diese Aufforderung sei der eigentliche Inhalt des Urteils: ›Das Dritte Reich war schlecht.‹
In allen drei Fällen, d.h. bei kognitivistischer, emotivistischer wie auch präskriptivistischer Deutung, mögen Zweifel bestehen, ob der Sprecher mit seiner Äußerung ehrlich ist: Im Fall der Behauptung könnte es sein, dass er in Wahrheit überhaupt nicht glaubt, dass A gut ist, und dies nur sagt, um den Hörer zu verwirren. Im Fall der Kundgabe könnte es sein, dass er das fragliche Gefühl bezüglich A gar nicht verspürt, sondern dem Hörer nur aus Popularitätsgründen vorspielt. Im Fall der Vorschrift könnte es sein, dass er in Wirklichkeit keineswegs will, dass der Hörer A tut, und auch weiß, dass der Angesprochene den gegebenen Befehl nicht ausführen wird. In diesem Sinne könnte man vielleicht jeweils ›Stimmt nicht‹ erwidern wollen, im Sinne von: ›Du bist unaufrichtig‹, ›Das ist unecht‹, ›Das willst du gar nicht‹. Dies wäre aber ein uneigentliches ›Stimmt nicht‹, mit dem man die Aufrichtigkeit eines Sprechakts in Frage stellt. Es wäre nicht das übliche ›Stimmt nicht‹, mit dem man den Inhalt einer Behauptung in Zweifel zieht.
Das geht nur im ersten Fall: Nur wenn der Sprecher eine Behauptung aufstellt, kann man in Frage stellen, dass er recht hat. Nur wenn er feststellt, dass A gut ist, kann man ihm in dieser Aussage widersprechen. Aber man widerspricht ihm nicht, wenn man andere Empfindungen hegt oder wenn man seine Befehle missachtet. Jedenfalls ist dies nicht der gebräuchliche Sinn von ›Widersprechen‹: Es mag ein ›Im-Gegensatz-Stehen‹, ein ›Sich-entgegen-Stellen‹ sein. Aber es ist kein ›Widersprechen‹ im Sinne von ›Verneinen‹, ›Negieren‹, ›Bestreiten‹. Dies gibt es nur bei Behauptungen.
Kognitivismus und Nonkognitivismus in sprachanalytischer Bedeutung
Kognitivismus: ›A ist gut‹ ist eine Behauptung.
Folge: Der Satz steht unter der Differenz von wahr oder falsch (ist ›kognitiv‹). Umschreibung: ›Ich behaupte hiermit, dass A gut ist.‹
Nonkognitivismus: ›A ist gut‹ ist keine Behauptung.
Folge: Der Satz steht nicht unter der Differenz von wahr oder falsch (ist nicht ›kognitiv‹).
a)Emotivismus: Er ist eine Kundgabe eigener Gefühle.
Umschreibung: ›Ich billige hiermit A.‹
b)Präskriptivismus: Er ist eine Vorschrift für den jeweiligen Gesprächspartner.
Umschreibung: ›Ich fordere dich hiermit zu A auf.‹
(3) Die meisten Ethiker sind sprachanalytische Kognitivisten. Die Debatte wird zwar erst seit Anfang des 20. Jahrhunderts explizit geführt, so dass ältere Autoren in dieser Frage kaum ausdrücklich Stellung beziehen. Allerdings lässt sich bei ihnen diese Einstufung einigermaßen verlässlich rekonstruieren. Die großen Traditionslinien, die von Aristoteles, Kant oder Mill ausgehen, sind daher, bei aller Verschiedenheit im Detail, fast durchweg in ihrer kognitivistischen Grundausrichtung vereint.
Der Emotivismus wird vor allem von Charles Stevenson (1908–1979) und Alfred Ayer (1910–1989) vertreten, und zumindest Tendenzen zu dieser Position finden sich bei Bertrand Russell (1872–1970) und Rudolf Carnap (1891–1970). Auch David Hume sieht moralische Urteile wesentlich in affektiven Zuständen begründet (vgl. Abschnitt 3.1). Ob man ihm allerdings die dezidiert sprachanalytische Auffassung zuschreiben darf, dass moralische Aussagen nichts als Kundgaben dieser Affekte seien, ist eine schwierige Interpretationsfrage. Eine unmissverständliche Darstellung des Emotivismus liefert Ayers Buch Language, Truth and Logic (1936):
»Wenn ich daher zu jemand sage ›Du tatest Unrecht, als du das Geld stahlst‹, dann sage ich nicht mehr aus, als ob ich einfach gesagt hätte ›Du stahlst das Geld‹. Indem ich hinzufüge, daß diese Handlung unrecht war, mache ich über sie keine weitere Aussage. Ich zeige damit nur meine moralische Mißbilligung dieser Handlung. Es ist so, als ob ich ›Du stahlst das Geld‹ in einem besonderen Tonfall des Entsetzens gesagt oder unter Hinzufügung einiger besonderer Ausrufezeichen geschrieben hätte. Der Tonfall oder die Ausrufezeichen fügen der Bedeutung des Satzes nichts hinzu. Sie dienen nur dem Hinweis, daß sein Ausdruck von gewissen Gefühlen des Sprechers begleitet wird. Verallgemeinere ich nun meine obige Aussage und sage ›Das Stehlen von Geld ist unrecht‹, dann äußere ich einen Satz, der keine faktische Bedeutung hat, das heißt, der keine Proposition ausdrückt, die entweder wahr oder falsch sein kann. Es ist so, als ob ich geschrieben hätte ›Das Stehlen von Geld!!‹ – wobei, durch eine entsprechende Konvention, Gestalt und Dicke der Ausrufezeichen zeigen, daß damit die Empfindung einer besonderen Art moralischer Mißbilligung ausgedrückt wird. Es ist klar, daß hier nichts gesagt wird, was wahr oder falsch sein kann. Ein anderer mag mit mir nicht übereinstimmen, was die Unrechtmäßigkeit des Stehlens betrifft, in dem Sinne, daß er bezüglich des Stehlens nicht in gleicher Weise empfindet wie ich, und er kann mit mir über meine moralischen Gefühle streiten. Er kann mir aber, genaugenommen, nicht widersprechen. Denn wenn ich sage, eine bestimmte Handlungsweise sei recht oder unrecht, so mache ich damit keine Tatsachenaussage, nicht einmal eine Aussage über meinen eigenen Geisteszustand. Ich drücke nur gewisse moralische Empfindungen aus; und der Betreffende, der mir angeblich widerspricht, drückt nur seine moralischen Empfindungen aus. […] in jedem Falle, in dem man gemeinhin sagen würde, man fälle ein ethisches Urteil, ist die Funktion des relevanten ethischen Wortes rein ›emotional‹ [emotive]. Es wird dazu verwendet, eine Empfindung über bestimmte Gegenstände auszudrücken, nicht aber, eine Behauptung über sie aufzustellen.« [AYER 1936, 141f.]
Der Präskriptivismus verbindet sich vor allem mit einem Namen, nämlich Richard Hare (1919–2002). Zwar stellt auch Immanuel Kant sein oberstes Moralprinzip als einen kategorischen Imperativ dar (vgl. Abschnitte 5.3 und 5.4). Es ist allerdings fragwürdig, ob man ihm deshalb die sprachanalytische These unterstellen darf, moralische Aussagen seien ihrem ursprünglichen Sinn nach Aufforderungen. Hare hat den Präskriptivismus insbesondere in seinem Werk The Language of Morals (1952) ausgearbeitet:
»Eine Behauptung, wie unbestimmt ihre Verbindung mit den Tatsachen auch sein mag, kann keine Antwort auf eine Frage von der Form ›Was soll ich tun?‹ geben; nur ein Befehl kann das. Deshalb hindern wir moralische Urteile daran, ihre Hauptfunktion zu erfüllen, wenn wir darauf bestehen, daß sie nichts als unbestimmte Tatsachenfeststellungen sind, denn es ist ihre Hauptfunktion, Verhalten zu regeln, und das können sie nur dann, wenn sie als Sätze mit befehlendem oder vorschreibendem [prescriptive] Gehalt interpretiert werden. […] ich werde Gründe für die Auffassung liefern, daß wir durch keine Form des Schließens, wie unbestimmt auch immer, aus einer Menge von Prämissen, die nicht einmal implizit einen Imperativ enthalten, eine Antwort auf die Frage ›Was soll ich tun‹ erhalten können.« [HARE 1952, 69]
Überwiegend sind sprachanalytische Kognitivisten bzw. Nonkognitivisten auch epistemologische Kognitivisten bzw. Nonkognitivisten: Wer meint, dass moralische Aussagen Behauptungen sind, glaubt üblicherweise auch, dass sie objektive Gültigkeit vermitteln können. Eben diese Position nehmen die meisten Philosophen ein: Sie deuten moralische Urteile als Propositionen, die als solche einen objektiven Wahrheitsanspruch erheben (sprachanalytisch) und diesen objektiven Wahrheitsanspruch auch tatsächlich einlösen können (epistemologisch). Nicht selten befassen sie sich selbst damit, als normative Ethiker solche wahren moralischen Behauptungen zu begründen. Wer hingegen überzeugt ist, dass moralische Aussagen keine Behauptungen sind, geht normalerweise auch davon aus, dass es keine moralischen Einsichten gibt. Dies ist vor allem bei den Emotivisten der Fall: Sie betrachten moralische Urteile als bloße Gefühlskundgaben, die als solche keinen objektiven Wahrheitsanspruch geltend machen (sprachanalytisch) und auch nur in subjektiven Geschmacksempfindungen gründen (epistemologisch). Als Ethiker mag man diese metaethische Einstufung erklären und darlegen, aber normative Ethik zu betreiben, wird damit sinnlos.
Allerdings ist dieser Zusammenhang zwischen der sprachanalytischen und der epistemologischen Ebene nicht notwendig: Einige wenige Philosophen stimmen zwar dem sprachanalytischen Nonkognitivismus zu, vertreten dabei aber einen epistemologischen Kognitivismus. Umgekehrt befürworten manche Philosophen einen sprachanalytischen Kognitivismus, bekennen sich aber durchaus zu einem epistemologischen Nonkognitivismus. Diese Konstellationen führen zu großer Verwirrung in der Debatte, weil die Einstufung solcher Autoren als Kognitivisten oder Nonkognitivisten inhärent doppeldeutig und entsprechend notorisch umstritten ist. Eben deshalb ist die sorgfältige Unterscheidung beider Ebenen umso wichtiger.
Richard Hare etwa ist, wie gesehen, sprachanalytischer Nonkognitivist: Als klassischer Vertreter und sogar wesentlicher Begründer des Präskriptivismus deutet er moralische Aussagen nicht als Behauptungen, sondern als Vorschriften. In epistemologischem Sinne ist er aber Kognitivist: Hare meint keineswegs, dass solche Vorschriften allein subjektive Geschmacksurteile ausdrücken, sondern hält daran fest, dass sie objektive Einsichten vermitteln können. Dies liegt vor allem daran, dass Imperative für Hare keine bloßen psychologischen Beeinflussungsversuche darstellen, mit denen man den Hörer zu etwas bringen will (wie Propaganda, Einschüchterung, Bestechung oder Erpressung). Vielmehr sind Imperative für ihn rational begründbare Aussagen, mit denen man dem Hörer etwas sagen will (nämlich was er tun sollte). Auch lassen Imperative logische Operationen zu wie Schlussfolgern oder Ableiten. Dass moralische Aussagen letztlich in Imperativen gründen, spricht daher für Hare nicht dagegen, dass sie vernünftiger Überlegung und objektiver Rechtfertigung zugänglich sind. Zwar mag die Bezeichnung als ›wahr‹ oder ›falsch‹ aufgrund ihres sprachanalytischen Charakters unpassend sein. Aber unter der Differenz von ›richtig‹ oder ›verkehrt‹ in epistemologischem Sinne können sie allemal stehen:
»Es ist daher leicht zu sehen, warum die sogenannte ›Imperativ-Theorie‹ für moralische Urteile die Proteste ausgelöst hat, die ihr entgegengebracht wurden. Da sie auf einer falschen Auffassung von der Funktion nicht nur der moralischen Urteile, sondern auch der Befehle, denen sie angeglichen wurden, beruhte, schien sie den rationalen Charakter moralischer Rede anzugreifen. Wenn wir jedoch einsehen, daß Befehle, sosehr sie sich auch von Behauptungen unterscheiden, ihnen darin gleichen, daß man sie gebraucht, um jemandem etwas zu sagen, und nicht, um ihn zu beeinflussen, dann ist es harmlos, auf die Ähnlichkeiten zwischen Befehlen und moralischen Urteilen aufmerksam zu machen. Denn wie ich zeigen werde, unterliegen Befehle, da sie wie Behauptungen wesentlich dazu bestimmt sind, von rational Handelnden gestellte Fragen zu beantworten – ebenso wie Behauptungen – logischen Regeln. Und das bedeutet, daß moralische Urteile möglicherweise auch solchen Regeln unterliegen.« [HARE 1952, 35f.]
Gewissermaßen das Spiegelbild zu Richard Hare bildet John Mackie: Er bevorzugt den sprachanalytischen Kognitivismus, bekräftigt also, dass moralische Aussagen ihrem Sinn nach Behauptungen sind, die einen entsprechenden Anspruch auf objektive Wahrheit erheben. Dies tun sie aber nach Mackie durchweg zu Unrecht: Keine dieser Aussagen kann ihren Anspruch einlösen, womit sich ein epistemologischer Nonkognitivismus ergibt. Mackie selbst bezeichnet diese Auffassung als Irrtumstheorie: Menschen machen zwar moralische Aussagen in einer Gestalt, die verrät, dass sie von der Objektivität dieser Aussagen überzeugt sind. Eben in dieser Überzeugung täuschen sie sich aber. Entsprechend bekennt sich Mackie unumwunden zum Skeptizismus: Sprachanalytisch mögen moralische Aussagen als Behauptungen über objektive Sachverhalte gemeint sein. Epistemologisch bleiben diese moralischen Behauptungen aber durchweg unberechtigt:
»Würden sich meta-ethische Überlegungen ausschließlich auf Linguistik und Sprachanalyse beschränken, müßte man zu dem Schluß kommen, daß […] sittliche Werte objektiver Art sind: Der Anspruch, sie seien es, gehört zur gewöhnlichen Bedeutung sittlicher Äußerungen; die überlieferten moralischen Ausdrücke, deren sich sowohl der Mann auf der Straße als auch die Hauptströmung der westlichen Philosophie bedienen, implizieren die Objektivität sittlicher Werte. Doch genau aus diesem Grund bleiben Linguistik und Sprachanalyse unzureichend. Wie sehr sich auch der Anspruch auf Objektivität in unserer moralischen Sprache niederschlägt, so wenig vermag er sich selbst zu rechtfertigen. Die Gültigkeit dieses Anspruchs kann und muß in Frage gestellt werden. Doch läßt sich die Bestreitung der Objektivität sittlicher Werte nicht als das Ergebnis einer reinen Sprachanalyse vortragen, sondern muß als ›Irrtumstheorie‹ verstanden werden. Diese Theorie besagt: Obwohl die meisten Menschen bei ihren moralischen Äußerungen implizit auch den Anspruch erheben, auf etwas im objektiven Sinn Präskriptives zu verweisen, ist dieser Anspruch doch falsch. Eine solche Theorie bezeichnet man angemessen als ›moralischen Skeptizismus‹.« [MACKIE 1977, 39f.]
Pro und contra Nonkognitivismus
Der sprachanalytische Nonkognitivismus, d.h. Emotivismus oder Präskriptivismus, hat heutzutage nur noch wenige Anhänger: Dass moralische Aussagen ihrer sprachlichen Natur nach Behauptungen mit Objektivitätsanspruch sind und nicht lediglich Kundgaben oder Vorschriften, ist schwer zu bestreiten, wenn man die moralische Sprachpraxis in ihrer ganzen Breite betrachtet. Allzu deutlich werden dort Urteile vorgebracht und diskutiert, die weder bloße Gefühlsexpressionen darstellen noch irgendeinen Appellcharakter tragen. Vielmehr behaupten sie Sachverhalte. Dies gilt für alltägliche moralische Debatten, in denen gerade um die Wahrheit solcher Behauptungen oftmals intensiv gestritten wird. Es gilt ebenso für fachliche ethische Diskurse, in denen derartige Aussagen zuweilen aus rein akademischem Interesse untersucht werden.
Der epistemologische Nonkognitivismus, d.h. im Wesentlichen der Skeptizismus, hat auch gegenwärtig noch einige Vertreter: Ob jener Objektivitätsanspruch, den moralische Aussagen ihrer sprachlichen Gestalt nach geltend machen, zu Recht erhoben wird, lässt sich durchaus in Frage stellen. Dies ist zunächst eine Herausforderung für die moralische Praxis, deren vorgeblicher Wahrheitsbezug hinfällig wäre, wenn der Skeptizismus korrekt sein sollte. Es ist ebenfalls ein Problem für ethische Untersuchungen, die auf wissenschaftlichem Wege nach den richtigen Normen forschen, denn auch sie würden durch den Skeptizismus sinnlos. Man könnte weiterhin deskriptive Ethik betreiben, also untersuchen, welche moralischen Auffassungen von Individuen oder in Kollektiven vertreten werden. Aber normative Ethik, d.h. der Versuch, die wahre Moral zu begründen oder auch falsche Moralen zu widerlegen, läuft ins Leere, wenn es keine moralische Wahrheit oder Falschheit gibt.
(1) John Mackie (1917–1981) ist einer der klarsten und eindringlichsten Vertreter des Skeptizismus. Insbesondere in seinem Buch Ethics. Inventing Right and Wrong (1977) formuliert er zwei Hauptargumente gegen die Möglichkeit einer objektiven moralischen Wahrheit.
Mackies erstes Argument ist das Argument aus der Absonderlichkeit (argument from queerness). Dieses Argument verankert er zunächst ontologisch: Objektive moralische Werte müssten sehr eigenartige Wesenheiten sein, die sich von anderen Dingen in der Welt stark unterschieden. Die Existenz solcher Wesenheiten wäre entsprechend unplausibel. Vor allem führt er dieses Argument epistemologisch aus: Objektive moralische Einsicht müsste auf einem sehr eigentümlichen Erkenntnisvermögen beruhen, dessen Funktionsweise von geläufigen Erkenntnisformen stark abwiche. Die Wirklichkeit eines solchen Erkenntnisvermögens wäre daher ebenfalls fragwürdig [MACKIE 1977, 43–49].
Beide Teile des Arguments müssen einen Nichtskeptizisten wenig beeindrucken. Dass moralische Objekte ontologisch eigenartige Entitäten wären, spricht nicht gegen ihre Existenz: Auch Zahlen, Gleichungen, Universalien oder Naturgesetze sind eigenartige Entitäten, völlig verschieden von üblichen materiellen Gegenständen. Dies liefert keinen Grund, an ihrem Dasein zu zweifeln, wie immer dieses Dasein auch genauer zu fassen wäre. Insbesondere braucht man keine ontologisch fragwürdige Deutung solcher moralischer Entitäten zu vertreten: Man muss keine spekulativen moralischen ›Werte‹ in einer eigenen entrückten ›Sphäre‹ annehmen, wie es die Wertethik tut. Man kann moralische Entitäten auch einfach als moralische Normen verstehen, als schlichte Regeln menschlichen Verhaltens. Solche Normen, solche Regeln sind ontologisch alles andere als absonderlich. Ihre Objektivität wäre genauer zu begründen, aber seltsame Entitäten sind sie keineswegs. Ähnlich wird die Wirklichkeit moralischen Wissens nicht dadurch widerlegt, dass es epistemologisch ein eigentümliches Erkenntnisvermögen voraussetzen mag: Viele Wissensbereiche verlangen spezielle Erkenntnisformen, die Erkenntnis mathematischer Zusammenhänge oder logischer Prinzipien nicht mehr und nicht weniger als die Erkenntnis materieller Körper durch die sinnliche Wahrnehmung. Der Bereich der Moral dürfte grundlegend genug sein, um auch hier eine eigene Erkenntnisform anzunehmen, ohne dass verständlich wäre, weshalb sie damit absonderlicher sein sollte als andere. Insbesondere gibt es epistemologisch glaubhafte Kandidaten für ein solches moralisches Erkenntnisvermögen: Eine praktische Vernunft, neben der theoretischen, bietet sich ebenso an wie ein moralischer Sinn, neben dem empirischen. Beide Alternativen werden später noch vorgestellt. Vor allem liegt in solchen Vermögen wenig Mystisches, wenn man moralische Entitäten nicht als spekulative Werte, sondern als soziale Normen versteht. Solange man keine exotische Seinsweise des Moralischen voraussetzt, als ›Werte‹ in einer eigenen ›Sphäre‹, muss man auch keine exotische Erkenntnisweise dieses Moralischen annehmen, als ›Werterfassung‹ oder ›Wertblick‹.
Mackies zweites Argument ist das Argument aus der Relativität (argument from relativity). In diesem Argument hebt er die Variabilität moralischer Urteile hervor, nicht so sehr in persönlichen Stellungnahmen, aber umso mehr in kulturellen Strömungen: Moralische Normen differieren regional zwischen verschiedenen Gesellschaften, ebenso wie temporal zwischen verschiedenen Epochen. In modernen pluralistischen Gemeinwesen trifft man sogar auf engstem Raum und zur selben Zeit auf unterschiedlichste moralische Überzeugungen. Dies soll belegen, dass moralische Normen nur innerhalb dieses jeweiligen Settings als gültig erscheinen: Moralisches Denken unterliegt sowohl einem geographischen als auch einem historischen Relativismus. Folglich hat es keine absolute Gültigkeit hinsichtlich einer objektiven Wahrheit [MACKIE 1977, 40–43].
Die Vielfalt der Moralen in regionaler wie in temporaler Hinsicht, insbesondere der zu beobachtende Wechsel moralischer Auffassungen wie auch die offenkundige Uneinigkeit in moralischen Fragen, wird oftmals als Argument benutzt, um die Objektivität von Moral zu bestreiten und ihre alleinige Abhängigkeit von kulturellen Prägungen zu behaupten. Namentlich der Vergleich zwischen moralischen und faktischen Aussagen wird gern gezogen, um diese Folgerung plausibel zu machen: Auch das Faktenwissen, wie es nicht zuletzt durch die positiven Wissenschaften geliefert und geordnet wird, ist als solches zwar ein kulturelles Produkt. Indem in diesem Sektor aber weitaus größere Konvergenz, Stabilität und Einmütigkeit zu herrschen scheinen, liege es nahe, davon auszugehen, dass dieses Wissen in der Tat auf eine objektive Wahrheit bezogen ist, von der es geleitet wird und der es sich annähern kann. Moralüberzeugungen hingegen, wie sie vor allem die normative Ethik prüfen und begründen will, scheinen ganz anderer Art zu sein: Sie zeichnen sich angeblich durch erhebliche Divergenz, Fragilität und Umstrittenheit aus. Dies soll zeigen, dass in diesem Bereich keine objektive Wahrheit bestehe, sondern nur individuelle Einstellungen bzw. kollektive Gepflogenheiten am Werk seien.
(2) Ein solcher Skeptizismus kann nicht streng und unumstößlich widerlegt werden. Es gibt aber eine Reihe von Richtigstellungen und Gegenargumenten, die man erwägen sollte, ehe man in dieser Angelegenheit Position bezieht.
Erstens: Vielfalt, Wechsel oder Uneinigkeit sind kein Beweis, dass es Wahrheit im Moralischen nicht gibt oder dass man sie nicht finden könnte. Im Gegenteil, man mag gerade die Menge an Zugängen, den Wandel der Auffassungen und die Auseinandersetzung um die Inhalte als Zeichen dafür ansehen, dass sämtliche Beteiligten an eine solche Wahrheit glauben, sich mit ihr beschäftigen und um sie ringen. Gewiss wäre denkbar, dass sie sich darin allesamt täuschen und rundweg sinnlos agieren. Eine solche Einschätzung würde sich aber nicht nur einer gewissen Unbescheidenheit anderen Menschen gegenüber schuldig machen. Letztlich dürfte sie auch eine vertiefte Einsicht in die relevanten Phänomene verstellen: Man erfasst moralische Pluralität nicht adäquat, wenn man darin lediglich eine beliebige Ansammlung subjektiver Vorlieben wähnt. Man begreift moralische Entwicklungen nicht richtig, wenn man hinter ihnen allein eine kontingente Abfolge relativer Machtverhältnisse vermutet. Man deutet moralische Konflikte nicht angemessen, wenn man sie als ein bloßes Aufeinanderprallen vorgefasster Meinungen interpretiert. Die räumliche und zeitliche Mehrzahl, auch der zu beobachtende geschichtliche Fortgang und nicht zuletzt der mitunter heftige Streit der moralischen Überzeugungen lassen sich erst dann wirklich verstehen, wenn man sie, zumindest in Teilen, als Gestalten, Symptome und Antriebe einer gemeinsamen Suche nach moralischer Wahrheit erkennt.
Zweitens: Vielfalt, Wechsel und Uneinigkeit im Moralischen haben oftmals ein geringeres Ausmaß als gemeinhin angenommen. Lügen, Stehlen oder Töten gelten in fast allen Gesellschaften und Epochen als verwerflich. Hilfeleistung, Unterstützung oder Höflichkeit werden beinahe überall und immer als lobenswert angesehen. Pluralität, Entwicklung und Konflikte beschränken sich meist auf nachgeordnete Fragen, etwa hinsichtlich konkreter Umsetzungen, wechselseitiger Gewichtungen oder möglicher Ausnahmen von diesen Regeln. Solche sekundären Diskrepanzen machen aber einen objektiven Bezugspunkt nicht unglaubwürdig. Umgekehrt wird dieser durch den gemeinsamen Kern an primären Moralprinzipien durchaus nahegelegt.
Drittens: Moralische Uneinigkeit beruht oftmals nicht auf eigentlich normativen Dissensen, sondern auf differierenden faktischen Überzeugungen. Man streitet zwar über eine moralische Angelegenheit (›A ist gut‹), aber die Kontroverse betrifft nicht die normativen Prämissen (›Q ist gut‹), sondern die faktischen Prämissen (›A ist Q‹). So gründen beispielsweise unterschiedliche Auffassungen zu einer angemessenen Steuerpolitik oftmals nicht in unverträglichen Vorstellungen, wie eine gerechte Verteilung von Wohlstand aussähe, sondern in abweichenden Einschätzungen, welche Effekte die diskutierten Maßnahmen hätten. Ähnlich entzweien sich die Positionen in der Energiepolitik oftmals nicht an moralischen Fragen, welche Sicherheit in Betrieb und Versorgung oder welche Aufteilung von Nutzen und Lasten geboten wäre, sondern an empirischen Fragen, wie gefährlich und wie ersetzbar nukleare oder fossile Energieträger sind. Insbesondere sind normative und faktische Aussagen in ungleicher Weise aufeinander bezogen: Normative Aussagen hängen fast immer auch von faktischen Annahmen ab (›A ist gut‹ ist abhängig von ›A ist Q‹), aber das vertauschte Verhältnis tritt niemals auf (›A ist Q‹ ist unabhängig von ›A ist gut‹). Dies führt zwangsläufig zu einer größeren Varianz im normativen als im faktischen Sektor, indem jede faktische Uneinigkeit zu einer normativen Uneinigkeit führen kann, aber ein umgekehrter Einfluss nicht stattfindet. Die höhere Varianz des Normativen gegenüber dem Faktischen muss daher keine geringere Wahrheitsfähigkeit anzeigen. Vielmehr kann sie in der einseitigen Abhängigkeitsbeziehung beider Felder gründen, aufgrund derer sich etwaige Unsicherheiten nur in einer Richtung ausbreiten können.
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