Kitabı oku: «10 Galaktische Abenteuer Box 4», sayfa 13
»Öhm, ich …« Jericho war derart verdattert, dass er mehrmals ansetzen musste, bevor er mit der Sprache herausrückte. »Ist Schwester Barklouse im Haus?«
In die Augen der streng dreinblickenden Dame trat ein undefinierbares Funkeln. Sie zog die Tür auf und strich ihr beigebraunes Plisseekleid glatt. Dann machte sie aus dem Stand einen Salto rückwärts, steppte wie wild auf dem Holzboden herum, machte einen Spagat und federte in einer Bewegung wieder hoch. Breitbeinig blieb sie stehen, grinste mit gebleckten Zähnen und zog an einer Kordel, die von ihrem Hinterkopf baumelte. Sofort sprangen ihre Haare vom Kopf hoch, wechselten zu giftgrüner Farbe mit rostrot durchsetzten Strähnen und machten den Eindruck, als hätte die anfangs stocksteife Frau einen Griff in die Steckdose getan. Der Effekt war derselbe, als hätte man den Afrolook eines Schwarzen aus den 1970ern in eine Baseballkappe gezwängt und ihm diese im Anschluss ruckartig vom Kopf gerissen.
»Willkommen, Jericho, du fieser Racker!«, rief die Frau und schüttelte ihre Arme, als bewege sie sich zu einem heißen Rumba-Rhythmus. »Ich bin’s! Barklouse!«
»Da bin ich baff«, gab Jericho zu und hoffte, dass niemand seinen ungemein dümmlichen Gesichtsausdruck bemerkte.
»O HAPPY DAY!«, stimmte die Barklouse an. »O HAPPY DAY – AY!« Die Türen zu beiden Seiten des Foyers flogen auf und entließen eine Schar Kinder und Jugendlicher, die den Song weiterführten und einen stimmgewaltigen Choral bildeten. Sie klatschten in die Hände, sangen und wirbelten um Schwester Barklouse herum. Eine kleine aber beeindruckende Choreografie entstand, bei der alle im Takt des Liedes mitschwangen und einige sich nicht scheuten, einen Solopart hinzulegen.
Erst standen Jericho, Nici und Naud stumm und steif im Eingang. Doch die Kinder begannen nun, gleich vor ihnen zu tanzen, ergriffen die Hände der drei und zogen sie in den Kreis der ausgelassenen Sänger und Tänzer. Nici fiel in das Klatschen ein und bewegte ihre Hüften zum Takt. Naud machte es ihr nach, während Jericho darüber nachdachte, den lärmenden Bälgern reihenweise Kopfnüsse zu verpassen. Schließlich aber ließ er die Prozedur über sich ergehen und war sichtlich erleichtert, als die letzte Note verklungen war.
»Was führt dich zu mir, Jericho?«, strahlte Schwester Barklouse und kniff ihn mit Daumen und Zeigefinger in die Wange. »Ich hab dich eine Ewigkeit nicht gesehen.«
Nicoleta wurde hellhörig.
»Hast du vielleicht absichtlich diese Episode aus deiner Vergangenheit verschwiegen?«
»Da gibt es nichts zu verschweigen! Ich hab als Kind oft hier gespielt.«
»O ja!«, zeigte sich die Barklouse begeistert. »Er hat leidenschaftlich gerne mit Pferdeäpfeln jongliert. Damals hatten wir eine Koppel hinter dem Haus. Jetzt ist da nur noch eine Wiese mit großem Spielplatz.«
»Pferdeäpfel?«, bekam Nici Stielaugen.
»Aber sicher.« Schwester Barklouse zeigte sich äußerst gesprächig. »Leider war Jericho nicht sonderlich geübt und hat sich immer von Kopf bis Fuß besudelt. So konnte ich ihn natürlich nicht nach Hause lassen. Aber ein Latschenkieferbad hat ihm den ganzen Schmutz runtergewaschen. Ich habe ihn dann immer in einem bunten Nachthemd heimgeschickt. Geschämt hat er sich, der Kleine, aber er ist stets gerne wiedergekommen.«
»Du hast ja seltene Neigungen«, meinte Nici hämisch grinsend zu Jericho. »Komm mir da nur nicht auf dumme Gedanken. Mein Loft soll sauber bleiben.«
»Ich war fünf!«, verteidigte sich Jericho. »Und das Nachthemd war scheußlich. Alle haben gelacht.«
»War leider nichts anderes da«, ergänzte die Schwester. »Am nächsten Tag aber waren seine Kleider gewaschen und getrocknet. Und schwupps – hat er sich wieder eingesaut.«
Die Kinder stimmten johlendes Gebrüll an.
»Jetzt gibt’s erst mal Mittagessen«, verkündete die Barklouse. »Ihr esst doch einen Happen mit, ja?«
Unschlüssig sahen sich Nici und Jericho an; Naud hatte sich bereits entschieden.
»Ich hab einen Bärenhunger!«, stieß er hervor.
»Na, kommt schon«, packte Schwester Barklouse die beiden Söldner bei den Händen. »Ihr könnt mithelfen, Besteck und Geschirr aufzutischen. Es sind viele hungrige Mäuler zu stopfen.«
Die Tische im Speiseraum waren in lockerer Anordnung aufgestellt. Nici hockte sich zu einigen Kindern an den Tisch, Naud wurde gleich von mehreren Mädchen zu einem anderen Tisch gezogen. Jericho sah sich um. Bei Nici war kein Platz mehr frei. Notgedrungen setzte er sich zu einer Gruppe aus sechs Kindern, die staunend seine beschädigte und mit Schleim und Blut besudelte Rüstung begutachteten. Von allen Seiten drangen Fragen auf ihn ein. Und erst als das Essen auf den Tischen stand und die Kinder sich mit Appetit über die Speisen hermachten, hörten sie auf, ihn zu löchern.
Zwanzig Minuten später waren alle satt. Jericho hatte es mehr als eilig, das ›Orphan’s Mansion‹ zu verlassen und bedrängte Nici, die recht schwatzhaft aufgelegt war und nur widerwillig aufstand.
»Wir sind ein wenig in Eile«, entschuldigte sich Nici bei Schwester Barklouse. »Eine weite Reise liegt hinter uns, und wir möchten uns frischmachen und saubere Kleidung anziehen.«
»Aber natürlich, Kindchen«, zeigte sich die Schwester verständnisvoll. »Verschwitzt und schmutzig wie ihr seid, fühlt ihr euch bestimmt unwohl.«
Nici ging zu Naud herüber und musste ihn heftig an der Schulter rütteln, damit er sie überhaupt zur Kenntnis nahm.
»Wir fliegen los«, sagte sie.
»Ja, macht nur. Danke für alles.« Naud wollte sich abwenden, aber Nici war noch nicht fertig.
»Du kommst zurecht?«, fragte sie den Jungen.
»Klar. Alles cool.« Die Mädchen an seinem Tisch kicherten.
»Dann mach’s gut, Naud.« Sie gab ihm einen freundschaftlichen Klaps auf den Oberarm.
»Jetzt aber bloß weg!«, zischte Jericho ihr zu.
Schwester Barklouse führte ihre Gäste zur Tür und verabschiedete sich herzlich von ihnen.
»Lasst euch mal wieder sehen«, winkte sie ihnen nach.
»Unbedingt«, winkte Jericho zurück.
Im Aero-Car stieß er einen tiefen Seufzer aus.
»Mann, hier kriegst du mich nicht mal unter Androhung von Gewalt und Muschientzug wieder hin.«
»Och«, machte Nici, »bist du traurig, weil die Pferde weg sind und keine Kackahaufen mehr für dich machen?«
»Hör auf damit!«, reagierte er barsch. »Ich mochte halt dieses warme, weiche Gefühl an den Händen.«
»Kann ich dir da eventuell mit meinen Titten aushelfen?« Nici klimperte mit den Wimpern.
»Geiler Vorschlag«, brauchte Nici ihn nicht lange zu überreden. »Wenn da nämlich nicht bald was passiert, bohrt mir der aufsässige Kollege zwischen den Beinen gleich ein zweites Loch in die Rüstung …«
E N D E
VOM KÖNIG DER STERNE
Box 4 – Story 3
Eins
»Entsprechend der vorteilhaften Umstände modifiziere deine Pläne.
Dann gliedere deine Kräfte und mach dir
außergewöhnliche Fähigkeiten zu Nutze.«
Sun-Tzu (534 v. Chr. bis 453 v. Chr.)
Chinesischer General, Militärstratege und Philosoph
»Die Kunst des Krieges«, Strategische Überlegungen
Es war nicht ihr Tag, absolut nicht. Es hatte Connie Thielmann einen Schock versetzt, dass ihr Bild über alle Sender lief und dabei vor ihrer besonderen Gefährlichkeit gewarnt wurde. Nicht, dass diese Warnung oder gar die Fahndung unberechtigt gewesen wären; nein, das ging schon in Ordnung, schließlich war sie eine Mörderin und hatte den unverzeihlichen Fehler begangen, Spuren zu hinterlassen, die auf ihre Fährte führten. Erschreckend fand Connie Thielmann die Schnelligkeit, mit der sich die Nachricht verbreitet hatte. Eigentlich war es ihr Ziel gewesen, noch unerkannt ihr Äußeres zu verändern, sich ein Schiff zu besorgen oder eine Passage auf einem der Kreuzfahrtflüge, um dann möglichst ungefährliche Gegenden der bewohnten Galaxis aufzusuchen und die Spuren endgültig zu verwischen.
Diesen Plan konnte sie jetzt begraben, sie wurde in dem Spiralarm der Milchstraße, den die Menschheit besiedelt hatte, gesucht. Jeder Jäger im Umkreis von 20 Lichtjahren sah sich selbst schon im Besitz der Kopfprämie. 35.000 Siekon waren eine bemerkenswerte Summe, aber um die zu kassieren, musste Connie Thielmann erst einmal gefangen werden. Und genau da lag das Problem, vor dem ihre Jäger standen, der Grund, warum die Behörden vor der besonderen Gefährlichkeit der Verbrecherin warnten. Die Mörderin würde es niemandem leicht machen, es ging um ihr Leben und ihre Freiheit. Auf beides legte sie größten Wert, also musste sie etwas unternehmen, um sie auch zu erhalten.
Sie befand sich hier auf Sherwood, dem englischen Kolonieplaneten. Der Raumhafen unterschied sich nicht besonders von denen anderer Planeten, ein riesiges Areal, auf dem die Schiffe landeten; am Rand des gigantischen Platzes eine Ansammlung von architektonischen Hässlichkeiten – mehrere Kneipen, ein Abfertigungsterminal, Zoll und eine Art Gildenhaus, in dem Geschäfte getätigt wurden. Außerdem gab es ein Passagierterminal, um dem immer höher werdenden Reiseverkehrsaufkommen gerecht zu werden.
Zu Anfang war noch alles nach Plan gelaufen. Connie war mit ihrem kleinen Raumschiff angekommen, hatte sich mit fremden Ausweispapieren legitimiert und war erst einmal etwas essen gegangen. Anschließend hatte sie ihren Auftrag erledigt, und dabei war gründlich etwas schief gegangen.
Die Zielperson, die sie hatte töten sollen, besaß ein implantiertes Alarmgerät im Körper, eine seltene, aber durchaus legale Sicherheitsmaßnahme, die nur bei besonders gefährdeten – oder besonders reichen – Personen Anwendung fand. Noch im Todeskampf war es dem Opfer gelungen, den Sicherheitsdienst zu informieren. Automatisch hatten sich Kameras eingeschaltet, Alarm war laut geworden, und Connie hatte überstürzt die Flucht ergreifen müssen. Dabei war ihr der unverzeihliche Fehler passiert, sich selbst verletzen. Nur ein kleiner Kratzer, aber der genügte natürlich schon für eine DNA-Analyse.
Ihre Identität war natürlich auch zuvor schon bekannt gewesen, als Mitglied einer berüchtigten Piraten-Bande stand sie schon längst auf der Fahndungsliste.
Doch das Leben bei den Piraten war permanent gefährlicher geworden, sie hatte sich mit dem Anführer immer wieder gestritten, und auch die meisten der übrigen Piraten entsprachen nicht ihrem Geschmack. Sie hatte sich, rechtzeitig vor der Zerschlagung der Bande, von ihrer Gruppe getrennt und arbeitete mittlerweile auf eigene Faust. Bisher hatte sie gute Geschäfte machen können, aber ihre Glücksträhne schien hier und heute ein Ende zu finden. Im gesamten Sternenreich kannte man jetzt ihr Gesicht, es hatte nicht einmal zwei Stunden Standardzeit gedauert, bis ihr Profil über sämtliche Sender verbreitet worden war.
Connie musste weg von Sherwood, und sie musste schweren Herzens auf ihr eigenes Raumschiff verzichten. Mit Sicherheit stand der Hangar längst unter Beobachtung. Es gab nicht mehr viele Möglichkeiten den Planeten unbemerkt zu verlassen. Aber Connie Thielmann besaß keine Skrupel, auch ungewöhnliche Wege zu wählen, und noch viel weniger hatte sie Hemmungen, andere Personen für ihre Zwecke einzuspannen, selbst wenn die nicht wollten.
Die junge Frau wusste jedenfalls genau, wie sie sich zu verhalten hatte, um nicht aufzufallen.
In der Montagehalle in der Nähe des Raumhafens, in der Raumschiffe gewartet und repariert wurden, gab es Unmengen an Mitarbeitern. Jeder von ihnen trug einen Overall und einen ID-Chip. In der Masse fiel keiner von ihnen auf. Connie wartete einen günstigen Augenblick ab, dann schritt sie energisch auf eine Technikerin zu, die in etwa ihre Statur besaß. Sie setzte ein einfältiges Lächeln auf und hoffte, dass die Polizeinachrichten noch nicht hierher vorgedrungen waren.
»Können Sie mir vielleicht helfen?«, fragte sie kläglich. »Mein Freund hat sein Schiff hier zur Wartung gegeben, und ich habe an Bord etwas vergessen. Jetzt kann ich das Schiff aber nicht finden.«
Ein abfälliger Blick traf sie. »Dann müssen Sie sich direkt beim Wartungsdienst melden. Dort müssen Sie sich legitimieren, dann wird man Ihren – äh – Freund überprüfen, und erst dann wird der Zugang freigegeben, sonst könnte ja jeder kommen. Von dort wird sie jemand begleiten …«
»Aber es ist doch wirklich dringend, und wenn ich erst mal mit dem Mann da vorne reden muss … das ist mir ausgesprochen peinlich, verstehen Sie mich?« Die weit aufgerissenen Augen und die offenbar verschreckte Art von Connie verfehlten ihre Wirkung nicht. Tiefe Verachtung für eine offensichtlich unfähige Frau lag in den folgenden Worten der Technikerin, aber sie ließ sich erweichen.
»Also gut, kommen Sie, ich werde sehen, was ich tun kann.« Sie ging zu einem Terminal, an dem Informationen über die Schiffe abgerufen werden konnten. »Welchen Kahn suchen Sie denn?«, fragte die Frau respektlos.
»Ach, im Grunde spielt es überhaupt keine Rolle mehr«, behauptete Thielmann. Sie betäubte die Frau mit einem gut gezielten Handkantenschlag und zerrte sie rasch mit sich in Richtung der Umkleidekabinen.
Niemand hatte das kleine Intermezzo bemerkt. Connie zog der Frau nun den Overall vom Körper und schlüpfte selbst hinein. Dann verpasste sie der Bewusstlosen eine Injektion. Das Schlafmittel würde ihr einen Vorsprung von wenigstens sechs Stunden garantieren, immer vorausgesetzt, niemand vermisste die Frau vorher.
Connie legte dunkle Schminke auf und benutzte ein rasch wirkendes Haarfärbemittel, sowie einen Augenbrauenstift, mit dem sie ihr Gesicht in Sekunden veränderte. Der Spiegel zeigte ein völlig anderes Gesicht, als in den Fahndungsbildern zu sehen war. Nun gut, wer es darauf anlegte, konnte noch immer Connie Thielmann erkennen, doch für den Augenblick würde es gehen. Niemand schenkte dem technischen Personal besondere Beachtung.
Sie trat wieder hinaus in die Halle und blickte sich um, setzte sich dann zum Ausgang hin in Bewegung.
»Hey, Clarisse, du willst doch nicht schon Feierabend machen?«, rief jemand hinter ihr her. Sie hob wie grüßend die Hand und drehte sich nicht um. Am Ausgang benutzte sie den ID-Chip der Raumschiffstechnikerin und stand wenig später auf der Churchill-Plaza, dem zentralen Ort, an dem praktisch alle Fäden des Raumhafens zusammenliefen. Von hier aus wandte sie sich in Richtung Arbeitsvermittlung. Es gab täglich Raumschiffe, die neues Personal anheuern mussten, dort würde sich eine Möglichkeit ergeben, den Planeten verlassen. Viele Kapitäne fragten nicht erst umständlich nach Papieren, und die Arbeitsvermittlung war voll automatisiert.
Obwohl Connie im Laufe der Zeit einen sechsten Sinn für Gefahren entwickelt hatte, wäre sie dieses Mal fast in die Falle getappt. Das blinkende Licht auf zwei umliegenden Gebäuden hielt sie zunächst für eine Art Reklame, auch die drei Polizisten, die sich nicht augenfällig näherten, entgingen ihrer Aufmerksamkeit. Aber dann bemerkte sie, dass einige Leute sich schnell von der Plaza zurückzogen und hektisch umherblickten, schließlich erklang in der Luft das charakteristische Rauschen der anfliegenden Polizeigleiter, und gleichzeitig schlugen alle inneren Sicherheitssysteme Alarm.
Connie fixierte die Umgebung, ordnete die drei Polizisten potientell als gefährlich ein und schätzte ab, welche Chancen ihr jetzt noch blieben, nachdem scheinbar auch die Luftüberwachung ihre Spur aufgenommen hatte. Nicht viele, wie sie vor sich selbst zugab. Aber so einfach sollte man sie nicht bekommen.
Die Gleiter waren noch nicht nahe genug, um sie schon in den Fokus zu nehmen, sie hatte es also im Augenblick nur mit drei Gegnern zu tun.
Von einem Moment auf den Nächsten explodierte die Frau. Sie zog aus dem Holster unter dem Overall eine Magnum hervor und schoss ohne Vorwarnung auf den ersten Polizisten. Die beiden anderen reagierten schnell – aber nicht schnell genug. Der nächste Schuss traf den zweiten Polizisten nur noch in die Schulter, dann fauchten auch die Waffen der beiden übrigen Männer auf. Laute Schreie ertönten aus der Menschenmenge, von oben brüllte eine Stimme aus einem Lautsprecher.
»Connie Thielmann, Sie wurden durch unsere Sicherheitssysteme lokalisiert. Legen Sie Ihre Waffen, Ihre Kleidung und den ID-Chip ab, wir werden Sie jetzt verhaften. Stellen Sie sofort Ihren Widerstand ein, wir werden sonst rücksichtslos von den Waffen Gebrauch machen. Ich wiederhole …«
Natürlich hatte sie nicht vor, dieser Aufforderung nachzukommen, trotzdem amüsierte sie sich über den Wortlaut. Warum sollte sie die Kleidung und den Chip ablegen? Sollte man sie wirklich fangen, würde man ihr beides ohnehin wieder abnehmen. Allerdings konnte es sein, dass ausgerechnet der Chip die Behörden auf ihre Spur gebracht hatte. Nun, dachte sie für einen Moment amüsiert, so waren die Engländer eben, ein wenig steif, pedantisch, unterkühlt und korrekt bis ins Mark. Nein, sie würde ganz sicher nicht hier auf der Plaza einen kleinen Striptease hinlegen, außerdem waren da noch immer die beiden Polizisten, die sich als ernsthafte Gegner erweisen konnten – nun gut, jetzt nur noch einer.
»Geben Sie auf«, brüllte der blutende Polizist.
»Den Teufel werde ich tun«, gab sie zurück und erreichte unter Dauerfeuer eine neue Deckung. Das Ziel ihrer Wünsche war gar nicht weit entfernt, der Zugang zur Flugzone. Dort besaß die Metro-Police keine Befugnisse, bis die Raumhafenüberwachung den zuständigen Sicherheitsdienst alarmiert hatte, konnte sie längst mit einem startenden Raumschiff verschwunden sein.
Connie kannte die Möglichkeiten, durch eine Wartungsklappe in ein Raumschiff zu gelangen, ohne dass dieses unbefugte Eindringen in der Zentrale angezeigt wurde. Später an Bord würde sie sich schon zu helfen wissen.
Um den Bereich der Raumschiffe erreichen, musste Connie aber erst einmal den letzten Polizisten ausschalten.
»Ich könnte Sie töten«, rief sie zu ihm hinüber. »Aber das will ich nicht, es ist schon genug Blut geflossen. Lassen Sie mich gehen, und Sie bleiben am Leben.«
Statt einer Antwort begann er wieder heftig zu feuern.
»Keine Antwort ist auch eine Antwort«, murmelte Thielmann. Sie schob sich um eine Ecke herum und sah zu ihrer Freude, dass sie diesen Schusswechsel schnell würde beenden können. Der Polizist lag in einer ungünstigen Position, aber das wusste er nicht. Direkt über ihm befand sich eine Reklametafel, die mit grell flackernden Lichtern diverse Produkte anpries. Connie lachte leise auf, dann zielte sie kurz und sorgfältig auf die Befestigungen. Zwei Schüsse fauchten, dann löste sich die Tafel. Es zischte und funkte, offenbar waren hier noch altertümliche Kabelverbindungen benutzt worden, die jetzt ein ganz besonderes Feuerwerk auslösten.
Entsetzt schaute der Polizist nach oben, zum Ausweichen war es zu spät. Er öffnete den Mund zu einem Schrei, doch der wurde nicht mehr hörbar. Mit Rasseln und Donnern krachte die Tafel auf den Mann nieder.
Die Mörderin schaute sich noch einmal kurz um, der Gleiter kreiste noch immer über ihr, hatte die Spur aber offensichtlich verloren, die Interferenzen waren stark genug, um die Ausstrahlung des Chips zu überlagern.
Jetzt oder nie! Thielmann sprang auf und rannte auf das Gate zur Flugzone zu.
»Halt, Sie dürfen da nicht rein«, rief der Sicherheitsposten am Eingang, doch da war sie schon vorbei, und er konnte nicht so einfach folgen, weil er seinen Posten nicht einfach verlassen durfte. Rasch orientieren, wo war ein Raumschiff startbereit? Auf den ersten Blick war das nicht zu erkennen, doch nur gut einen halben Kilometer entfernt dröhnten die Triebwerke eines Frachters auf, ein altes Schiff, dessen Maschinen einen gewissen Vorlauf brauchten, bevor sie die Atmosphäre überwinden konnten. Mit einem unglaublichen Spurt schaffte es Thielmann, das Raumschiff zu erreichen, bevor es vom Landefeld abhob. Mit fliegenden Fingern hantierte sie an den Verriegelungen der Wartungsklappe und öffnete sie buchstäblich im letzten Moment.
Aus einem Impuls heraus warf sie den Chip der Technikerin hinaus, dann verschloss sie die Klappe von innen. Mit irrsinniger Geschwindigkeit schoss das Raumschiff in den Orbit hinauf, und Thielmann beeilte sich, aus dem Wartungsschacht in das Innere zu gelangen, bevor das Vakuum des Weltraums sie doch noch tötete.
Wenig später lag sie schwer atmend auf dem kalten Metallboden eines ungepflegten Frachtraums. Der erste Schritt war getan, jetzt musste sie herausfinden, wohin dieses Raumschiff flog. Auf den meisten Planeten würde sie an ihr Vermögen herankommen können, dann konnte sie sich eine ganz normale Passage kaufen und dorthin fliegen, wo sich ihr sicherer Stützpunkt befand.
»Na, wen haben wir denn da?«, grölte eine Männerstimme. Eine grobe brutale Hand packte Connie völlig überraschend im Nacken. Sie überlegte, sich zu wehren, entschied sich aber dagegen. Mit einem verlegenen Lächeln ließ sie sich auf die Beine stellen.
»Ich – ach – hallo – tut mir leid, ich musste schnell weg von Sherwood, und da war dieses Schiff – ich meine – ich habe so schnell nichts anderes gefunden an …«
Dröhnendes Gelächter ließen sie zusammenzucken. »Unser Kapitän hat blinde Passagiere gar nicht gerne, Täubchen, die wirft er nackt aus der Luftschleuse. Nun, vielleicht wird er bei dir eine Ausnahme machen, wenn du den Overall ausgezogen hast. Komm mit.«
Es wäre für Connie ein Leichtes gewesen, den Mann zu überwältigen, aber das hätte ihr zu diesem Zeitpunkt nicht viel genutzt. Sie brauchte den Kontakt zum Kapitän, und sei es nur, um zu verhindern, dass die Mannschaft auf dumme Gedanken kam. Natürlich würde sie im Zweifelsfall auch mit einer Besatzung von sechs Leuten – mehr hatten Frachtschiffe in dieser Größe in der Regel nicht – fertig werden, aber das hätte wiederum die Verfolger zu schnell auf ihre Spur gebracht. Sie ließ sich scheinbar widerstrebend und verängstigt in die Zentrale zerren, wo der Kapitän einigermaßen verblüfft auf den blinden Passagier blickte.
»Wo kommst du denn her? Wer bist du?«, fragte er kalt.
Connie musterte den Mann. Er mochte Ende vierzig sein, war stämmig gebaut und wirkte einigermaßen ungepflegt. Aber sie hätte es schlimmer treffen können.
»Sie ist durch die Wartungsklappe hereingekommen«, berichtete der Mann, der sie entdeckt hatte.
Stirnrunzeln. »Ich bin Michael Robinson, Kapitän der Manchester United, und damit habe ich das Recht, dich einfach aus der Luftschleuse zu werfen, wenn mir nicht gefällt, was du zu erzählen hast. Also – ich höre.«
Sie stand wie ein Häuflein Elend vor ihm und hob langsam den Blick. In ihren Augen lag ein Versprechen, und er leckte sich unbewusst die Lippen. Jetzt kam es nur noch darauf an, dass niemand an Bord die Fahndungslisten gesehen hatte und sie erkennen konnte.
»Ich – ich musste ganz schnell weg von Sherwood«, bekannte sie etwas kläglich. »Ich habe Ärger mit meinem Vorgesetzten gehabt, und die ganze Sache ist ein wenig – nun, eskaliert.«
»Und was heißt das im Klartext?« Robinson beugte sich ein wenig vor.
»Ich – ich habe ihn geschlagen, und dann habe ich aus lauter Wut ein Loch in die Hülle eines Raumschiffs gebrannt. Das wird sicher kein offizieller Vorfall werden, weil sich die Werft kein Aufsehen leisten kann. Aber intern und durch den Sicherheitsdienst wird nach mir gesucht. Hören Sie, Kapitän Robinson, ich will doch nur auf einen anderen Planeten, um dort neu anzufangen. Bitte, nehmen Sie mich mit, ich will arbeiten für die Passage, ich bin eine gute Technikerin.«
»Davon bin ich überzeugt«, unterbrach er. Doch es war klar, dass er die Techniken aus einem ganz anderen Bereich meinte.
Connie musterte ihn, und sie hatte keine Hemmungen, ihren Körper einzusetzen, der schon oft bewundernde Blicke auf sich gezogen hatte, schließlich befand sie sich in einer Notlage.
»Ich werde darüber nachdenken. Jetzt kommst du erst einmal mit. Jackson, du übernimmst hier.« Der Kapitän zog sie hinter sich her, und der Weg führte direkt in seine Kabine.
»Dann zeigt mir mal deine ganz besonderen Techniken«, forderte er mit rauer Stimme und fetzte ihr mit einem Griff den Overall von den Schultern. Connie wappnete sich mit Geduld und lächelte, bevor sie auch die letzten Reste von Kleidung ablegte, und dabei achtete sie sorgfältig darauf, dass ihre Waffen nicht zu sehen waren Robinson hatte mit mehr Widerstand gerechnet, aber so konnte es ihm nur recht sein.
Connie war drei Tage lang nicht aus der Kabine des Kapitäns herausgekommen. Hatte es ihr zu Anfang sogar noch ein bisschen Spaß gemacht, den Sex mit ihm lange auszudehnen, so fühlte sie sich mittlerweile gelangweilt. Robinson war in ihren Augen primitiv, die feinen Abstufungen der sexuellen Erregung waren ihm unbekannt, und er besaß kein Gespür dafür, den Höhepunkt hinauszuzögern oder diverse exotische Praktiken zu genießen. Dazu kam, dass er Thielmann nicht traute, sie durfte die Kabine gar nicht verlassen, denn er hatte an der Tür ein Passwort eingespeichert, mit dem er sie hier drin festhalten wollte. Solange sich das Raumschiff im Weltall befand, war ihr das egal, doch einige der Andeutungen des Kapitäns hatten sie hellhörig gemacht. Offenbar hatte er nicht vor, Connie auf dem nächsten Planeten abzusetzen, er wollte sie wie eine Sklavin behalten und nach Bedarf benutzen. Das war nun ganz und gar nicht im Sinne der ehemaligen Piratin.
Mit einem abschätzigen Lächeln blickte sie auf den schlafenden Mann hinunter. Glaubte er tatsächlich, er könnte sie festhalten? Dazu bedurfte es eines anderen Kalibers als Kapitän Robinson. Connie wusste, dass die Manchester United in knapp zwei Stunden landen würde – auf einem obskuren kleinen Planeten, der nicht viel mehr zu bieten hatte als verschiedene Erze und seltsamerweise Feinschmecker-Pilze, die in den ausgebeuteten Bergwerksstollen angebaut wurden und Liebhaber in der ganzen bekannten Galaxis gefunden hatten. Als Frischware waren diese Pilze besonders begehrt, es gab Leute, die ein kleines Vermögen dafür auf den Tisch legten. Monteverdi, so hieß dieser Planet, wurde von zahlreichen Raumschiffen angeflogen, Thielmann war überzeugt davon, eine Möglichkeit zur weiteren Flucht zu finden.
Die Manchester United sollte hier nur kurz auf- und einladen, dann würde es gleich weitergehen. Connie musste also rasch eine Gelegenheit finden, nicht nur das Schiff, sondern vorher diese Kabine zu verlassen. Kein leichtes Unterfangen, denn man konnte von Robinson nicht gerade behaupten, dass er mit Dummheit geschlagen war. Aber Thielmann war in ihrem Leben durch eine harte Schule gegangen, es gab nur wenige technische Einrichtungen, die ihr widerstehen würden. Sie überlegte kurz, ob sie schon jetzt den Ausbruch wagen sollte, entschied sich aber dagegen. Es war einfach noch zuviel Zeit bis zur Landung, Robinson würde sie im Schiff suchen lassen und mit Sicherheit finden. Es war auch nicht klug, den Mann niederzuschlagen, der Kapitän gehörte bei der Landung auf die Brücke, sein Fehlen würde auffallen und ebenfalls eine Suchaktion nach sich ziehen.
In ihrem Kopf reifte dennoch ein Plan, und sie legte sich zufrieden wieder im Bett zurück. In gut einer Stunde würde sie dem Kapitän ein letztes Mal zeigen, wozu sie im Bett fähig war, er sollte wenigstens aufregende Erinnerungen an ihren Aufenthalt an Bord behalten.
Mit glasigem Blick betrachtete Robinson die nackte Frau. Connie glitt von ihm herunter, ihre geschmeidigen Bewegungen erinnerten an eine schöne, aber umso gefährlichere Raubkatze. Und genau das war diese Frau, da gab er sich keinen Illusionen hin. Nicht einen Moment lang hatte er die Geschichte von der flüchtigen Technikerin geglaubt. Sie war keine Frau, die in einer subalternen Position arbeiten konnte. Er gab sich auch nicht der Hoffnung hin, sie ohne Gewalt lange halten zu können. Solange sich das Schiff im All befand, hatte er nichts zu befürchten, doch schon während des Landeanflugs musste er damit rechnen, dass sie versuchen würde, aus seinem Gewahrsam zu entkommen.
Norah, so hatte sie sich vorgestellt – es spielte keine Rolle, ob der Name stimmte – war so gefährlich wie eine gereizte Giftschlange. Robinson wollte Vorsichtsmaßnahmen treffen, um sie hier an Bord zu halten. Sobald er ihrer überdrüssig wurde, gab es durchaus einen Markt für diese Art von Frauen.
Jetzt aber wollte er ganz einfach genießen, was sie zu bieten hatte. Wohlig stöhnte er auf, als ihre geschickten Finger seinen ganzen Körper zu einem neuen Höhepunkt trieben, doch plötzlich wurde alles anders.
Norah, oder wie auch immer sie heißen mochte, schlang plötzlich ihre Beine um seinen Hals, er bekam keine Luft mehr und wehrte sich verzweifelt. Mit hervorquellenden Augen starrte er in das lächelnde Gesicht der Frau.
»Du hast nicht ernsthaft daran gedacht, mich festzuhalten?«, fragte sie vollkommen sachlich. »Ich habe nicht vor, als deine kleine Gespielin an Bord zu bleiben.«
»Was – willst – du?«, ächzte er und hielt Ausschau nach seiner Uniform, um an den Communicator zu gelangen.
Connie folgte seinem Blick und lachte hell auf. »Das wird dir nichts nützen, Kapitän, du brauchst deine Besatzung nicht, und ich habe nicht vor, dir eine Möglichkeit zu geben Alarm zu schlagen. Du hast jetzt die Wahl – du kannst hier auf der Stelle einen ungewöhnlichen Tod finden, oder du lässt mich gehen. Ich will nichts weiter als nach der Landung das Schiff verlassen.«
Er schnappte nach Luft wie ein Fisch auf dem Trockenen, brachte kein Wort heraus und blickte sie verzweifelt an. Connie bewegte sich schneller als er mit den Augen folgen konnte, und so fand er sich nur Sekunden später geschnürt wie ein handliches Paket. Mit aufreizenden Bewegungen zog sie sich an, durchsuchte kurz seine Kleidung und nahm neben einer kleinen Waffe einen Kreditchip aus der Tasche.
»Ich denke, meine geleisteten Dienste waren einiges mehr wert als nur die Passage auf diesem Seelenverkäufer«, sagte sie zur Begründung. »Und nun werde ich dir erklären, wie es weitergeht. Ich habe ein wenig in deiner Kabine herumgewühlt und dabei bin ich auf einige nette Kleinigkeiten gestoßen, die eine hübsche und wirkungsvolle Bombe ergeben haben.«