Kitabı oku: «4K und digitale Kompetenzen (E-Book)», sayfa 2

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2.2 TRADITIONAL PLAYERS VS. NEW PLAYERS

In seinem Referat am Future Day 2018 in Frankfurt erläuterte Sagmeister, wie die neuen Players ticken. Dabei verglich er traditionelle Unternehmen wie Toyota, BMW, Volkswagen, General Motors und Daimler mit neueren Unternehmen wie Tesla, Amazon, Alphabet, Spotify und Facebook und stellte einen Kulturvergleich an.


ABBILDUNG 5: Traditional Players und New Players im Vergleich (nach Sagmeister 2018, S. 12)

Gemeinsam ist den Traditional Players und den New Players das etwa gleich große orange Hexagon (siehe Abbildung 5). Beide Players sind von Wettbewerb und Erfolg geprägt. Beide denken unternehmerisch, wollen gewinnen und orientieren sich am Markt. Ein gewisser Status ist ihnen wichtig. Die violetten Werte haben bei den Traditional Players einen größeren Stellenwert. In diesen Unternehmen zählt die Erfahrung. Gemeinschaft und Zugehörigkeit werden gepflegt – das schafft Sicherheit. Traditionelle Unternehmen orientieren sich an patriarchalischen Strukturen, was New Players ablehnen. Die blaue Farbfläche symbolisiert formale Strukturen, wie Ordnung und Regeln. Diese Werte sind in traditionellen Unternehmen wichtig; sie werden als verbindlich wahrgenommen.

Nicht so bei neuen Unternehmen: Sie lehnen tayloristische Organisationen[1] mit den für sie typischen klassischen Konzepten wie Planung, Steuerung und Kontrolle ab; sie empfinden blaue Werte als hemmend, weil sie dann weniger entschlossen und schnell handeln können. Damit sind die roten Werte angesprochen, die bei den New Players eine größere Rolle spielen. Für Mitarbeitende in neuen Unternehmen zählt vorwiegend das Ergebnis am Ende des Tages oder der Woche und weniger ein fernliegendes Ergebnis am Ende des Jahres. Konflikte werden offen ausgetragen und der Einzelne entsprechend gefordert. Wer sich durchsetzen kann, hat gute Karrierechancen, wer sich nicht durchsetzt, bleibt eher auf der Strecke. Ganz im Gegensatz dazu die große Bedeutung der grünen Werte bei den Traditional Players. Hier fliegen nicht die Fetzen, sondern es zählen Harmonie, Mitgefühl und Menschlichkeit. Wichtig ist ein gemeinsamer Konsens. Auf die Work-Life-Balance der Mitarbeitenden wird Rücksicht genommen. Die gelben Werte sind sowohl für New Players wie auch für Traditional Players wichtig, sind bei den New Players aber stärker verankert. Wissen und Neugierde sind beiden zentral. Bei den New Players hingegen haben Freiheit im Denken und kritische Diskussionen einen größeren Stellenwert. Fortschritt ist beiden wichtig, allerdings unterscheiden sich die Mittel, um diesen zu erreichen. New Players sind mehr von aquafarbenen Werten geprägt. Durch ihr freies und kritisches Denken haben sie eine sinnstiftende Vision. Mitarbeitende in neuen Unternehmen wollen an einer großen Sache arbeiten, die die Welt zu einem besseren Ort macht.

Zusammenfassend betrachtet, stehen sich bei den beiden Kulturen die zwei Qualitäten «Halten» und «Gestalten» gegenüber. In traditionellen Unternehmen wird der Zusammenhalt durch formale Organisationselemente und ein gewachsenes informelles Zusammengehörigkeitsgefühl gestärkt. New Players hingegen wollen Teil einer Mission sein und gestalten. Innovation wird unterschiedlich ausgelegt: Traditional Players streben aufgrund ihrer großen Erfahrung nach Perfektion und wollen auf diese Weise eine bessere Lösung für ihre Herausforderungen erzielen. New Players sind radikal: Sie denken neu, handeln entschlossen und verfolgen eine Vision. Das ist ihre Art, eine bessere Lösung anzustreben (vgl. Sagmeister 2018, S. 13–22; Sagmeister 2016, S. 15, 169, 170).

Anhand der Gegenüberstellung der Kulturen von Traditional und New Players zeigt sich die Typik für eine Farbkombination und deren Ausprägung. Es kann nicht gesagt werden, dass eine Farbe grundsätzlich gut oder schlecht, die eine Farbe besser oder schlechter als die andere ist. Dennoch kann sich die Kultur einer Farbe positiv oder negativ auf eine Organisation auswirken (vgl. Sagmeister 2016, S. 62). Konkret bedeutet dies, dass jede Farbe einen Wendepunkt hat, bei dem die Stärken einer Kultur ins Negative kippen: Mut kann zu Leichtsinn, Selbstbewusstsein zu Arroganz und Freundlichkeit zu Naivität werden (vgl. ebd., S. 64).

Der Überblick in Abbildung 6 veranschaulicht, bei welcher Ausprägung die Stärken einer Kultur gesund sind und wann sie bei zunehmender Ausprägung zu einem Problem werden können.


WERTGESUNDE AUSPRÄGUNGEINER KULTUREIGENSCHAFTUNGESUNDE AUSPRÄGUNGEINER KULTUREIGENSCHAFT
• Sinnstiftung• Ganzheitlicher Blick über den Tellerrand• Fließende Anpassung an die Umwelt• Organisation durch Selbstorganisation• Utopische Visionen• Vage und unkonkrete Lösungen• Überbordender Altruismus und Spiritualität• Umständliche Vorgehensweise
• Freude am Fortschritt• Rationale Entscheidungsgrundlagen• Orientierung an Wissen und Kompetenzen• Kritisches Hinterfragen• Unendliche Vertiefung von Fragen• Persönliche Spezialgebiete vor Teamgeist• Theorien ohne Umsetzung• Quantifizierung selbst weicher Faktoren
• Menschlichkeit• Solidarität• Angenehme Atmosphäre• Empathie• Konfliktvermeidung• Ausklammern heikler Themen• Leistungsnivellierung• Passive Aggression
• Leistungsfreude und Initiative• Große Ambitionen• Priorisierung• Pragmatische Lösungsfindung• Opportunismus• Sprunghaftigkeit• Reine Selbstoptimierung• Sucht nach Bewunderung
• Transparente Ordnung• Ausdauer• Stabile Prozesse• Geringe Fehlerquote• Ineffiziente Bürokratie• Monotonie• Unterbindung von Eigeninitiative• Risikoaversion
• Kampfgeist• Mut• Durchsetzungskraft• Entschlossenheit• Egomanie• Kurzsichtigkeit• Rücksichtslosigkeit• Vermessenheit
• Zusammengehörigkeitsgefühl• Gemeinsame Identität• Familienspirit• Gemeinwohl vor Eigeninteressen• Vetternwirtschaft• Vermeidung individueller Verantwortung• Abschottung• Angst vor Veränderung

ABBILDUNG 6: Gesunde und ungesunde Ausprägungen eines Werts (vgl. Sagmeister 2016, S. 76, 88, 101, 114, 126, 139, 152; eigene Zusammenstellung)

Nun sind es nicht die Werte per se, die in gesundem oder ungesundem Ausmaß eine Organisation bestimmen, sondern es sind die Menschen, die eine Kultur prägen und die wiederum von einer Kultur geprägt werden. Es hängt also davon ab, welche Personen Teil einer Kultur sind. Aus diesem Grund sind Stellenbesetzungen bedeutsam für die Kulturentwicklung einer Organisation. Eine besonders entscheidende Rolle nehmen dabei Führungskräfte ein, denn Mitarbeitende lernen von ihnen, wie sie sich in einem Unternehmen zu verhalten haben. Eine Kultur indes ist auch dafür verantwortlich, welche Menschen Gefallen an einem Unternehmen finden und wer von ihnen sich zu einer Führungsfigur entwickelt (vgl. ebd., S. 32).

In der Praxis kommt es immer wieder vor, dass externe Persönlichkeiten in Unternehmungen geholt werden, um eine strategische Neuausrichtung zu initiieren oder Lösungsmöglichkeiten für Kulturprobleme aufzuzeigen. Nicht immer sind solche Aktionen von Erfolg gekrönt. Trotz seiner fachlichen Brillanz ist schon manch einer an der vorherrschenden Unternehmenskultur gescheitert (vgl. ebd., S. 32).

Wenn sich eine Organisation verändern möchte, geht das nur mit den Menschen, denn sie bilden einen wesentlichen Kulturentwicklungsfaktor; dies gilt in hohem Maße für Führungskräfte (vgl. ebd., S. 167). Im folgenden Abschnitt wird exemplarisch erläutert, wie sich Organisationen erfolgreich verändern können, wie neue Arbeitskulturen entstehen, welche Herausforderungen dabei zu bewältigen sind und welche Rolle die verantwortlichen Personen dabei einnehmen.

2.3 KULTURWANDEL

Wir haben gesehen, dass unterschiedliche Werte eine Unternehmenskultur ausmachen und diese in der Culture Map visualisiert werden können. Mithilfe der Culture Map kann zudem eine bewusste Entwicklung der Unternehmenskultur angeregt werden. Dies geschieht in vier Schritten:

1. KULTURCHECK: Erfassung des gegenwärtigen Kulturmusters;

2. KONTEXTCHECK: Einbeziehung des Kontextes, um Anforderungen an eine Kultur zu identifizieren;

3. KULTURZIELBILD: Vorgaben der Kulturentwicklung;

4. KULTURSTEUERUNG: Maßnahmen zur Steuerung der Kulturentwicklung (vgl. ebd., S. 159).

Nachfolgend wird an zwei Beispielen erläutert, wie Sagmeister (2016) in der Praxis Unternehmen und Organisationen berät, die an ihrer Kultur arbeiten wollen. Beide Fälle sind real, wurden aber mit fiktiven Namen ausgestattet und verfremdet, um ihre Anonymität zu wahren.

2.3.1 DRUCKEREI MONOPRINT

Über Jahrzehnte war die Druckerei Monoprint erfolgreich im Geschäft und konnte nicht über eine mangelnde Auslastung klagen. Sie erfüllte große Druckaufträge von staatsnahen Betrieben – vor allem Fahrpläne und Telefonbücher wurden gedruckt. Monoprint nahm eine wirtschaftliche Vormachtstellung ein. Als Folge der fortschreitenden Digitalisierung und im Zeitalter von Internet mit Fahrplan-Onlineangeboten und elektronischen Telefonbüchern nahm der Bedarf an Druckerzeugnissen der Firma Monoprint drastisch ab. Um überleben zu können, musste sich das Unternehmen neu ausrichten (vgl. ebd., S. 181).

Der Kulturcheck ergab eine Dominanz der violetten, blauen und grünen Werte. Es herrschte Kontinuität, denn auftretende Fragen wurden vom Firmeninhaber verbindlich und verlässlich entschieden. Seine Akzeptanz bei den Mitarbeitenden war hoch, denn ihr Wohl lag ihm am Herzen. Die Stimmung war dementsprechend gut und es herrschte eine familiäre Atmosphäre. Offene Konflikte gab es keine. Produkte, Prozesse und Abläufe waren präzise umschrieben und die Zuständigkeiten geklärt. Die linke Seite der Culture Map war bescheiden ausgeprägt. Weder Eigenverantwortung noch Eigeninitiative standen auf dem Programm von Monoprint. Denn es war klar: Fahrpläne und Telefonbücher wurden von Monoprint gedruckt; Veränderungen waren über eine lange Zeit unnötig und undenkbar. Die detaillierte Analyse ergab, dass die violetten Werte sich nicht auf das gesamte Unternehmen bezogen, sondern sich vorrangig in einzelnen Unternehmensbereichen manifestierten. Neben dem Inhaber gab es einflussreiche Bereichsleiter.

Aufgrund der schwerwiegenden Umsatzeinbußen und des Kulturchecks kam der Inhaber zum Schluss, dass er sein Unternehmen neu ausrichten musste und dass dies nur mit einer Kulturentwicklung zu realisieren war. Die linke Seite der Culture Map musste sichtbarer werden. Sein entsprechender Aufruf an die Mitarbeitenden wurde gut aufgenommen. Doch schon nach kurzer Zeit stellte sich heraus, dass die Mitarbeitenden in der Komfortzone verharrten und Veränderungen zur Neuausrichtung des Unternehmens nicht umsetzten. Der Inhaber griff zu einschneidenden Maßnahmen: Gezielt suchte er nach Mitarbeitenden, die orange Werte vertraten. Er fand zwei verhältnismäßig junge Mitarbeiter, die verantwortungsvolle Aufgabenbereiche übernahmen. Zusätzlich stellte er externe, teilweise branchenfremde Mitarbeitende ein. Ihr frischer Wind sollte starre Strukturen auflösen. Das Lohnsystem wurde umgestellt, indem ein leistungsorientierter Ansatz einen Gehaltsanteil ausmachte. Der Inhaber konnte sich aber nicht von seinen Bereichsleitern trennen; ihre Loyalität dem Unternehmen und ihm gegenüber verunmöglichte ihm das. So versuchte er in Einzelgesprächen neue Aufgabengebiete für sie festzulegen. Das gelang nur bei einem Teil der Bereichsleiter; zwei kündigten enttäuscht. Das harte Durchgreifen des Inhabers war für einen Teil der Belegschaft ein Schock und es dauerte eine Weile, bis sie sich an die Neuerungen gewöhnt hatten. Einige, die «die gute alte Zeit» vermissten, verließen das Unternehmen von sich aus. Über weite Strecken blieb aber die Mitarbeiterzahl stabil und mit zunehmendem Erfolg bildete sich eine neue Unternehmensidentität (vgl. ebd., S. 180–183).

Es sind nicht nur einzelne Unternehmen, wie zum Beispiel die Druckerei Monoprint, die sich dem digitalen Wandel stellen müssen, sondern auch ganze Branchen, wie beispielsweise der Einzelhandel. Die Veränderungen machen sich schon heute in den Verkaufsformen, im Kundenkontakt und in der Logistik bemerkbar. Neue und innovative Konzepte sind gefragt und diese Herausforderungen machen auch vor der Ausbildung des Verkaufspersonals nicht halt, die ebenfalls neu ausgerichtet werden muss. Das Reformprojekt «verkauf 2022+» unter der Leitung von «Bildung Detailhandel Schweiz» (BDS) beschäftigt sich genau mit dieser Thematik.

2.3.2 UNIVERSITÄTSTEAM

Das Team einer mittelgroßen Universität, bestehend aus zwei älteren Professoren, einer jüngeren Professorin und zwei Lehrstuhlassistenten, wollte seine Ideen nicht nur wissenschaftlich verarbeiten, sondern auch kommerziell vermarkten. Alle waren begeistert in das Projekt eingestiegen, trotzdem wollte es mit dem Start nicht so recht funktionieren. Aus diesem Grund entschlossen sie sich, die Leistungsfähigkeit ihres Teams mithilfe der Culture Map zu analysieren. Der Kulturcheck des Teams ergab, dass die Farben Gelb, Aqua und Grün in großem Maße überwogen. Der gelbe Elan der Wissenschaftler war die Grundlage ihres Vorhabens. Innerhalb von mehreren Monaten hatten sie eine große Menge an Daten gesammelt und in einer Datenbank zusammengestellt, was für potenzielle Kundinnen und Kunden wichtig sein könnte. Ihr gelber Wissensdurst schöpfte sich aus der aquafarbenen Mission: Das Team war überzeugt, dass von seinem Projekt nicht nur andere Unternehmen profitieren würden, sondern auch die Zusammenarbeit zwischen den Universitäten und damit unzählige Studierende. Das grüne Hexagon ergab sich aus den vielen und breit geführten Diskussionen in wochenendlangen Workshops. Bei hervorragender Stimmung wurden die Themen aus allen erdenklichen Perspektiven betrachtet.

Das Kulturmuster führte dem Team vor Augen, dass es ihnen an einem orangen und roten Standbein mangelte, um am Markt erfolgreich Fuß fassen zu können. Ihre theoretisch fundierten Konzepte konnten ohne orangen Pragmatismus und rote Entschlossenheit praktisch nicht umgesetzt werden, denn dazu hätten sie ihre Aktivitäten priorisieren und langwierige Diskussionen unterbrechen müssen. Das wenig vorhandene Blau und Violett war verantwortlich dafür, dass die Teilprojekte statt realisiert immer wieder aufs Neue hinterfragt wurden.

Das Team änderte folglich seine Arbeitsweise: Anstatt im ganzen Team an allen Aufgaben zu arbeiten, wurden diese aufgeteilt und ein Teammitglied übernahm die Verantwortung für ein gewisses Aufgabenpaket. Die Workshops am Wochenende fanden nur noch zweimal im Jahr statt und wurden durch Abstimmungskonferenzen ersetzt, an denen verbindliche Ziele festgelegt wurden. Das Zeitmanagement wurde bewusst knapp bemessen, damit die Gefahr ausufernder Diskussionen gebannt werden konnte.

Dem Universitätsteam wurde bewusst, dass die neue Arbeitsweise nicht mehr so gemütlich war wie die alte, denn die Entscheidungen des Teams genügten nicht mehr immer den gewohnt hohen wissenschaftlichen Ansprüchen. Im Gegenzug etablierte sich damit letztlich eine Teamkultur, die dem Projekt zu einer erfolgreichen Umsetzung verhalf (vgl. ebd., S. 178–180).

2.3.3 KULTURWANDEL IN DER BERUFSBILDUNG

Wie die Verantwortlichen der beiden geschilderten Organisationen erkannte auch der Leiter der Abteilung Sekundarstufe II/Berufsbildung der Pädagogischen Hochschule Zürich, Christoph Städeli, dass die Studiengänge der Abteilung nach rund zehn Jahren inhaltlich neu ausgerichtet werden mussten, um den Megatrends und den damit verbundenen Kompetenzen für das 21. Jahrhundert gerecht zu werden. Saskia Sterel, Dozentin Fachdidaktik, und Manfred Pfiffner, Inhaber der Professur Berufspädagogik, sollten ein neues Konzept entwickeln. Die beiden orientierten sich an der Frage, die die National Education Association (NEA) aufgeworfen hatte: «All educators want to help their students succeed in life. What was considered a good education 50 years ago, however, is no longer enough for success in college, career, and citizenship in the 21st century» (NEA 2012 S. 3). Die aus der Befragung der NEA hervorgehenden 4K – Kritisches Denken und Problemlösen, Kommunikation, Kooperation sowie Kreativität und Innovation (vgl. ebd.) –, die in Kapitel 3 ausführlich erklärt werden, erwiesen sich als richtungsweisend, um die Studiengänge neu zu formieren. Da die einzelnen Module der Studiengänge bisher nicht groß miteinander verzahnt waren, sollte das Studium künftig verstärkt eine Einheit bilden. Also wurden die Curricula überarbeitet und die berufskundlichen Studiengänge «Berufskundlicher Unterricht» (BK), «Information, Kommunikation und Administration» (IKA) und «Unterrichten an höheren Fachschulen» (HF) und der Studiengang «Allgemeinbildender Unterricht» (ABU) zusammengelegt. Damit sollte die fachübergreifende Zusammenarbeit gestärkt werden. Die Entwicklerin und der Entwickler des 4K-Modells sind der festen Überzeugung, dass Berufsfachschullehrpersonen, die fächerübergreifendes und fächerverbindendes Lernen ermöglichen, ihre Lernenden auf den Umgang mit vielschichtigen Herausforderungen in Beruf, Gesellschaft und Privatleben vorbereiten. Dann stellte sich konkret die Frage, wie sich die 4K für die Studierenden im Studium manifestieren sollen. Denn ähnlich, wie die von Sagmeister (2016) formulierte verborgene Ebene der Kultur unter der Wasseroberfläche galt es für die 4K «über der Wasseroberfläche» konkrete Lerngefäße zu schaffen, in denen kritisch gedacht und Probleme gelöst, kommuniziert, kooperiert sowie kreativ-innovativ gearbeitet werden kann.

Es folgt eine kurze Erläuterung des 4K-Modells, das die Pädagogische Hochschule Zürich seit 2018 mit Erfolg umsetzt.

2.4 BEDARF FÜR AUSBILDUNGSINSTITUTIONEN

Die Pädagogische Hochschule Zürich hat das 4K-Modell zum Studienmodell der Ausbildungsgänge der Lehrpersonen sämtlicher Berufsbildungsstufen gemacht. An diesem Modell orientieren sich die Lehr- und Lernprozesse in den fachdidaktischen Modulen, die (neben den fachwissenschaftlichen Modulen) einen von zwei wöchentlichen Studientagen umfassen. Das Modell ist vor allem darauf ausgerichtet, dass die Studierenden mehr Selbstverantwortung für ihre eigene Ausbildung übernehmen. Auch hier kann wieder auf Sagmeister (2016) Bezug genommen werden: Er stellt fest, dass eines der erfolgreichsten und beliebtesten Managementkonzepte das Management by Objectives and Self-Control (MbO)[2] ist. Danach werden Unternehmensziele auf die Verantwortungsträger heruntergebrochen, damit jedes Mitglied des Unternehmens etwas zum gemeinsamen Ziel beitragen kann. Der erste Teil dieses Konzeptes wird in der Regel umgesetzt, indem Zielvorgaben top-down formuliert werden. Der zweite Teil geht leider häufig vergessen: das Führen mit Zielen im Kontext der Selbststeuerung von leistungsbereiten und motivierten Mitarbeitenden. Die Menschen in einer Organisation sollen nicht nur Ziele haben, sie sollen die Möglichkeit erhalten, diese eigenständig umzusetzen (vgl. ebd., S. 192). Auch die Ziele der Ausbildung angehender Lehrpersonen der Berufsbildung sind vorgegeben: Es sind elf Handlungsfelder, wobei für jedes Feld Kompetenzen definiert wurden. Die Umsetzung erfolgt über weite Strecken selbstorganisiert und selbstgesteuert, denn Lernen ist ohne Selbstorganisation und Selbststeuerung undenkbar (vgl. Sterel, Pfiffner & Caduff 2018, S. 160; Caduff & Pfiffner 2016).

Die Studierenden der Studiengänge ABU und Berufskunde arbeiten fast immer zusammen – sie hören Inputreferate, bilden Lerntandems oder treffen sich in Koping-Gruppen (Kommunikative Praxisbewältigung in Gruppen). Auf diese Weise werden Kooperation und Kommunikation in der fächerübergreifenden Arbeit unterstützt. Der hohe Anteil an selbstorganisiertem und selbstgesteuertem Lernen fördert und verlangt Kreativität und Innovation, während Reflexionsphasen kritisches Denken und Problemlösen anregen. So dokumentieren die Studierenden ihren Lernweg, ihre Erfahrungen und Erkenntnisse des Studiums in einem E-Portfolio. Dessen Ausgangspunkt bildet eine Standortbestimmung zu Beginn des Studiums und jeweils zu Semesteranfang. Auf dieser Grundlage setzen die Studierenden zusammen mit den Dozierenden und den Praktikumslehrpersonen individuelle Schwerpunkte. Auf diese Weise wird berücksichtigt, dass die Studierenden über unterschiedliche Voraussetzungen verfügen: Während die einen praktisch keine oder wenig Unterrichtserfahrung haben, können andere auf mehrere Jahre Berufstätigkeit zurückblicken.

Ein Tag im fachdidaktischen Präsenzstudium gestaltet sich in der Regel wie folgt:

• Gemeinsamer Einstieg mit einem etwa zwanzigminütigen Wochenrückblick, bei dem eine Studierende oder ein Studierender drei bis vier Ereignisse der vergangenen Woche zu einem für Studium und Berufsfachschulen relevanten Thema präsentiert;

• Inputreferat/-e von Dozierenden mit Anschlussaufträgen, die im Lerntandem oder in Koping-Gruppen bearbeitet werden;

• Arbeit an den eigenen – in der individuellen Standortbestimmung formulierten – sowie von den Dozierenden auf die Handlungsfelder und Kompetenzen des jeweiligen Moduls abgestimmten Lernaufgaben auf unterschiedlichen Levels;

• Lernbegleitung und ausführliche Rückmeldung auf die Standortbestimmung und die Lernaufgaben durch die Dozierenden;

• gemeinsamer Abschluss, bei dem Fragen geklärt und Anregungen aufgenommen werden.

Durch die Begleitung der Studierenden, durch die Rückmeldungen auf ihre Standortbestimmungen und Lernaufgaben sowie durch die Unterrichtsbesuche und die Praktika wechseln sich Phasen der Selbstreflexion und der Fremdeinschätzung kontinuierlich ab. Dieses Setting bietet Gewähr, dass die Studierenden die 4K im Studiengang erleben, verinnerlichen und letztlich selbst mit ihren Berufslernenden umsetzen können.

Im Verlauf der beiden Jahre, in denen das 4K-Modell erstmals umgesetzt wurde, zeigte sich, dass der Fokus verstärkt auf die Anforderungen der Digitalisierung gelegt werden sollte. Obwohl an der Pädagogischen Hochschule Zürich schon länger mit dem Open-Source-Lernmanagementsystem ILIAS gearbeitet wurde, das organisatorisch Lernen und Zusammenarbeiten unterstützt und die einzelnen Lerngefäße teilweise digitaler wurden, gilt es, die angehenden Berufsfachschullehrpersonen vermehrt fit zu machen für einen adäquaten Umgang mit digitalen Lehr- und Lernformen. Die Weiterentwicklung des 4K-Modells orientiert sich dabei an der Frage, wie sich die Lehrpersonenprofessionalisierung im Umgang mit digitalen Lehr- und Lernformen zeigt und welche Konsequenzen daraus für eine Digitalisierung im Bildungsbereich zu ziehen sind (vgl. Zierer 2020, S. 126).

In Abschnitt 5.4 werden wir sehen, dass es darauf ankommt, was Lehrpersonen mit der Technik machen. Daran orientiert sich die Weiterentwicklung des 4K-Modells in Richtung 4K-D. Das TPACK-Modell von Koehler et al. (2014) liefert einen geeigneten Rahmen dafür (siehe Abbildung 7).


ABBILDUNG 7: TPACK-Modell (nach tpack.org)

TPACK ist die Abkürzung für Technological Pedagogical Content Knowledge. Das Modell beschreibt drei Wissensformen, die Lehrpersonen für die Umsetzung digitaler Lehr- und Lernformen benötigen: Inhaltswissen (Content Knowledge, CK), pädagogisches Wissen (Pedagogical Knowledge, PK) und Technologiewissen (Technological Knowledge, TK).[3] Diese drei Wissensformen sind nicht isoliert voneinander zu betrachten, im Gegenteil: Es existieren Schnittstellen zwischen den einzelnen Arten des Wissens. Diese sind das pädagogische Inhaltswissen, das technologisch-pädagogische Wissen und das technologische Inhaltswissen. Aber auch diese drei Schnittstellen überschneiden sich, nämlich im technologisch-pädagogischen Inhaltswissen (TPACK), welches das Herzstück des Modells ist (vgl. Zierer 2020, S. 131). Dazu schreiben Koehler und Mishra (2009; zitiert in Zierer 2020, S. 133):

«TPACK basiert auf einem sinnstiftenden und tiefgründigen Unterricht mit Technologien. Es ist die Grundlage für einen effektiven Unterricht mit Technologien, der ein Verständnis der Repräsentation von Konzepten erfordert und Technologien verwendet, um Inhalte zu vermitteln; der Kenntnisse darüber besitzt, was Konzepte schwierig oder leicht macht und wie Technologie helfen kann, einige Probleme zu lösen, mit denen Lernende konfrontiert sind; der Kenntnisse über das Vorwissen und die Vorerfahrungen der Lernenden hat; und der Kenntnisse darüber besitzt, wie Technologien verwendet werden können, um auf vorhandenem Wissen aufzubauen.»

Diese drei Wissensformen beziehungsweise deren Schnittmengen reichen allerdings nicht für einen wirksamen Unterricht aus. Es kommt zusätzlich darauf an, wie und warum etwas gemacht wird. Hierbei kommen uns die 4K zu Hilfe. Spielen bei der Umsetzung digitaler Lehr- und Lernformen auch kritisches Denken und Problemlösen, Kommunikation, Kooperation sowie Kreativität und Innovation eine Rolle, dann können Haltungen entwickelt werden, die für die Umsetzung digitaler Lehr- und Lernformen zentral sind. Daraus geht hervor, dass sich die 4K hervorragend als Grundhaltung beziehungsweise Hintergrundmatrix für eine flexible, zeitgerechte und innovative Ausbildung für Lehrpersonen eignet.

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