Kitabı oku: «Wenn Schuldgefühle zur Qual werden», sayfa 3

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Konflikte zwischen einzelnen Regeln

Haben wird den Vorsatz gefasst, besonders gut sein und richtig handeln zu wollen, so wird es dann zur Unmöglichkeit, wenn die Regeln aus verschiedenen Bereichen miteinander kollidieren. So sollten wir beispielsweise zur Aidsverhütung Kondome benutzen, die katholische Kirche lehnt diese aber als „Werkzeuge des Teufels“ ab. Um die Bevölkerungsexplosion nicht voranzutreiben, wird vom Staat der Einsatz der Pille propagiert, die Kirche lehnt die Empfängnisverhütung ab. Homosexuelle Beziehungen und Ehescheidungen sind heutzutage von unserem Staat erlaubt, die katholische Kirche bezeichnet sie als schlimme Abirrung und schweren Verstoß gegen das natürliche Sittengesetz. In unserer kapitalistischen Gesellschaft gilt derjenige mehr, der sich mehr leisten kann, die Kirche betrachtet Luxus und Verschwendung als Todsünde. In unserem Staat ist die Scheidung und Wiederverheiratung erlaubt, Wiederverheiratete werden jedoch von der Kirche von der Kommunion ausgeschlossen. Es gibt sogar widersprüchliche Regeln aus ein und demselben Bereich. Beispielsweise will der Staat, dass Frauen berufstätig sind, aber auch für die Kindererziehung zuständig. Gleichzeitig erschwert er es den Frauen, diese Regeln zu erfüllen, indem er nur ungenügend für Kindergarten- und Hortplätze sorgt. Viele Frauen bringen sich an den Rande der Erschöpfung, wenn sie von sich den hundertprozentigen Einsatz als Mutter und Berufstätige fordern.

Meist können wir nur eine Regel befolgen und müssen uns entscheiden, was für uns die höchste Priorität hat. Gleichgültig wie wir uns entscheiden, laufen wir dann Gefahr, uns des Verstoßes gegen die andere Regel für schuldig zu fühlen.

2Vor- und Nachteile von Schuldgefühlen

Wenn wir uns selbst Schuldgefühle erzeugen, dann haben wir sowohl Vor- als auch Nachteile davon. Schuldgefühle erfüllen für uns eine wichtige Funktion, sind uns jedoch wiederum auch so unangenehm, dass wir versuchen, sie abzuwehren. Andere Menschen versuchen, uns ein schlechtes Gewissen einzureden. Auch wir nutzen die Schuldgefühle, um uns Vorteile bei anderen Menschen zu verschaffen. In diesem Kapitel wollen wir uns deshalb eingehender mit den Vor- und Nachteilen von Schuldgefühlen für uns und unsere Umwelt beschäftigen.

2.1Was gewinnen andere durch unsere Schuldgefühle?

Bisher haben wir uns damit befasst, dass wir für unsere Schuldgefühle selbst verantwortlich sind, aber dass andere Menschen darauf aus sind, uns Schuldgefühle zu machen. Es muss doch irgendein Grund dahinterstecken, weshalb es sich für andere lohnt, uns Schuldgefühle einzureden? Nun, wie ist das bei Ihnen, wenn Sie sich schuldig fühlen? Verhalten sich sie dann anders als ohne Schuldgefühle? Wenn ich mich schuldig fühle, bemühe ich mich beispielsweise darum, besonders nett zu sein, bitte um Verzeihung, gehe eher auf einen Kompromiss oder die Wünsche des anderen ein. Ich fühle mich geschwächt, glaube mich nicht mehr wehren zu dürfen. Manchmal gehe ich auch dem Menschen aus dem Weg, gegenüber dem ich mich schuldig fühle. Ich fühle mich unwohl in meiner Haut und hoffe, dass er mir nicht mehr begegnet und mich auf meinen Fehler anspricht. Insgesamt gesehen machen mich meine Schuldgefühle unfrei und leichter manipulierbar. Sicher gibt es auch andere Reaktionsweisen. Da gibt es diejenigen, die aggressiv werden und mit Vorwürfen zurückschießen. Aber auch dies ist lediglich eine Reaktion, ein Akt der Unfreiwilligkeit. Und das ist wohl auch das Ziel, das andere Menschen bei uns erreichen wollen, wenn sie uns Schuldgefühle einreden wollen. Sie wollen uns manipulieren, uns gefügig machen, unser Selbstwertgefühl angreifen. Sie wollen, dass wir nicht tun, was wir gerne tun würden, oder tun, was wir sonst nicht tun würden. Sie wollen uns weismachen, dass wir schlecht sind, weil wir deren Wünsche nicht erfüllen und verantwortlich für ihre Gefühle sind. („Wenn du mich lieben würdest, dann würdest du …!“) Und sie wollen sogar unser zukünftiges Verhalten steuern. Wenn wir wissen, dass sich der andere schlecht fühlen wird und wir nicht möchten, dass er dies tut, dann werden wir uns möglicherweise erst gar nicht mehr nach unseren Wünschen verhalten.

Aber der Schuss kann durchaus auch nach hinten losgehen. Schuldgefühle können dazu führen, dass wir Entscheidungen verheimlichen, die Unwahrheit sagen und nicht zu unserem Verhalten stehen. Das ist sicher nicht im Sinne derjenigen, die uns Schuldgefühle erzeugen wollen, es ist eine Schutzreaktion unsererseits. Über den Einfluss der Werbung haben wir in diesem Zusammenhang schon gesprochen. Sie rechnet damit, dass wir alle gute Menschen sein wollen und um Anerkennung ringen. Sie will uns zum Kauf animieren, uns einreden, dass sie nur unser Bestes will. Weitere Tricks der Werbung, um uns Schuldgefühle zu machen sind:

•kleine Werbegeschenke („Ich habe etwas bekommen. Dann muss ich auch etwas kaufen.“)

•besonders bemühte und nette Bedienung („Sie hat sich ja so bemüht, da kann ich nicht einfach aus dem Laden gehen.“)

•Hinweis, dass es einem guten Zweck zugutekommt („Wenn ich mich nicht beteilige, bin ich herzlos.“)

•wiederholte Zusendung eines Katalogs („Jetzt habe ich so oft nichts gekauft, jetzt muss ich doch auch wieder einmal …“)

Wenn wir der Werbung auf den Leim gehen, dann kaufen wir ihre Produkte, nicht weil wir sie wirklich brauchen und sie wollen, sondern weil wir uns schuldig fühlen. Wir kaufen uns von unserer Schuld frei. Wichtig ist, uns an dieser Stelle in Erinnerung zu rufen, dass andere uns nur Schuldgefühle machen und uns manipulieren können, wenn wir es zulassen. Unsere Schuldgefühle werden durch unsere Selbstgespräche und übertriebenen Schlussfolgerungen verursacht.

2.2Was gewinnen wir durch Schuldgefühle?

Unsere Schuldgefühle müssen uns auch irgendeinen Vorteil gebracht haben, denn sonst hätten wir es bereits aufgegeben, uns mit Schuldgefühlen zu malträtieren. Alles, was wir Menschen tun, tun wir aus Hoffnung auf etwas Positives oder aus Furcht vor etwas Negativem. Worauf hoffen wir, wenn wir uns Schuldgefühle machen? Was ist unser Gewinn?

•Wenn wir uns mit Vorwürfen beschäftigen, was wir früher alles hätten anders machen können, brauchen wir uns nicht um gegenwärtige Probleme kümmern.

•Wir brauchen nicht daran zu arbeiten, uns zu vergeben.

•Wir hoffen darauf, dass wir uns von unseren Fehlern reinwaschen können, indem wir uns danach intensive Schuldgefühle machen.

•Wir erhalten möglicherweise von anderen trotz unseres Vergehens noch Zuwendung, denn wir haben ja Schuldgefühle und es geht uns schlecht.

•Wir können unser fehlerhaftes Verhalten weiterhin zeigen, denn wir bestrafen uns jedes Mal mit Schuldgefühlen. Schuldgefühle sind eine Art Alibi und Entschuldigung. „Ich weiß ja, dass es falsch war. Ich mache mir ja selbst schon die größten Vorwürfe.“

•Wir bekommen Mitleid von anderen, weil es uns so schlecht geht.

•Wir beweisen uns, moralische und gute Menschen zu sein.

•Wir können uns in Selbstmitleid ergehen.

•Wir bestätigen damit unser negatives Bild, ein schlechter Mensch zu sein

•Wir brauchen nicht offen zu unseren Gedanken und Gefühlen Stellung beziehen und möglicherweise Konflikte riskieren.

•Wir brauchen nicht unsere eigenen Regeln und Normen zu entwickeln, sondern orientieren uns an den in der Kindheit erlernten und von anderen formulierten Regeln.

2.3Wie schaden wir uns durch Schuldgefühle?

Sie haben sich sicher nicht ohne Grund dieses Buch gekauft und sich mit mir an die Erforschung von Schuldgefühlen gemacht. Irgendwelche unangenehmen oder gar quälenden Auswirkungen Ihrer Schuldgefühle haben Sie wahrscheinlich verspürt. Vielleicht finden Sie diese in der folgenden Auflistung:

•Schuldgefühle machen uns klein, beeinträchtigen unser Selbstbewusstsein.

•Schuldgefühle rauben uns Energie, uns mit der Gegenwart zu beschäftigen.

•Schuldgefühle machen uns bereit für die Sündenbockrolle.

•Schuldgefühle machen uns manipulierbar.

•Schuldgefühle tragen zu Depressionen und psychosomatischen Beschwerden bei.

•Schuldgefühle führen dazu, dass wir sie nach außen hin verstecken und Fehler nicht zugeben können.

•Schuldgefühle machen uns empfänglich für Kritik.

•Schuldgefühle führen dazu, dass wir die Schuld auf andere schieben.

•Schuldgefühle führen dazu, dass wir andere hart kritisieren.

•Schuldgefühle führen zu Suchtmittelabhängigkeiten.

•Schuldgefühle führen dazu, dass wir überhaupt verleugnen, einen Fehler begangen zu haben.

•Schuldgefühle führen dazu, dass wir in Zukunft jegliches Risiko zu vermeiden versuchen.

•Schuldgefühle machen uns bereit, uns auch in Zukunft wieder fehlerhaft zu verhalten, da wir unsere Fehler nicht analysieren oder generell davon überzeugt sind, schlecht zu sein.

Dies ist eine mehr oder weniger vollständige Auflistung möglicher negativer Folgen von Schuldgefühlen. Schauen Sie noch einmal bei sich nach, wie Sie sich anders verhalten würden, würden Sie keine Schuldgefühle verspüren.

2.4Wie gehen wir mit unseren Schuldgefühlen um?

Schuldgefühle, sofern wir sie bewusst wahrnehmen, gehören zu den unangenehmen Gefühlen. Deshalb hat jeder von uns im Laufe seines Lebens auch mehr oder weniger effektive Strategien entwickelt, wie er mit ihnen umgehen kann.

1. Strategie: „Ich habe es verdient, dass ich mich schlecht fühle.“

Manche betrachten Schuldgefühle als gerechte Strafe. Sie sind der Meinung: „Wer sich so verhält wie ich, der muss Schuldgefühle bekommen. Schuldgefühle beweisen, dass ich ein moralischer Mensch bin.“ Sie gehen sogar so weit, dass sie sich ihr Leben lang mit Schuldgefühlen geiseln, weil sie glauben, eine unverzeihliche Tat begangen zu haben.

Vorteil: Sie glauben, damit zu beweisen, dennoch ein guter Mensch zu sein.

Nachteil: Sie fühlen sich schlecht, bekommen möglicherweise psychosomatische Erkrankungen, sind in ihrer Lebensqualität eingeschränkt, verbieten sich lustvolle Aktivitäten.

2. Strategie: „Ich fühle mich schuldig, also bin ich schlecht.“

Manche machen sich klein. Sie glauben: „Wer sich schuldig fühlt, muss ein schlechter Mensch sein.“ Sie laufen durch ihr Leben mit einem geringen Selbstbewusstsein, wagen nicht, eigene Wünsche anzumelden oder unberechtigte Forderungen abzuwehren. Sie entschuldigen sich für ihr Verhalten und für ihre Existenz. Sie haben Angst, im Mittelpunkt zu stehen, können keine Komplimente annehmen und nicht auf andere zugehen. Sie ziehen sich zurück, trauen sich nichts zu, riskieren nichts mehr, haben Angst vor Entscheidungen, aus Angst vor neuen Schuldgefühlen.

Vorteil: Manchmal erhalten sie Mitleid von den anderen.

Nachteil: Sie lähmen sich in ihren Fähigkeiten und nutzen nicht die Chancen, die ihnen das Leben bietet. Sie fühlen sich minderwertig. Depressionen und psychosomatische Beschwerden entstehen. Andere Menschen werden aus Scham nicht ins Vertrauen gezogen. Ihr unterwürfiges Verhalten hat auch Auswirkungen auf die Reaktion anderer Menschen. Sie werden leicht zum Sündenbock gemacht und ausgenutzt – ein Opfer, das sich nicht wehrt.

3. Strategie: „Ich war es nicht, also brauche ich auch keine Schuldgefühle zu haben.“

Manche versuchen, ihre Schuld zu verleugnen. Sie rechtfertigen sich vor sich selbst. Sie stellen sich als Opfer der Umstände dar. „Ich war es nicht. Wenn die Umstände nicht …, dann hätte ich nicht …“

Vorteil: Sie fühlen sich kurzfristig erleichtert, die Schuldgefühle lassen nach.

Nachteil: Sie nehmen sich damit die Chance, neues Verhalten zu lernen und Fehler zu korrigieren. Sie bearbeiten die Ursachen ihrer Schuldgefühle nicht. Sie müssen beständig auf der Hut sein, dass niemand ihren Fehler entdeckt und sie darauf anspricht. Sie verbrauchen Energie, sich nicht mit dem Thema zu befassen.

4. Strategie: „Ich war es nicht. Der andere ist schuld.“

Manche gehen zum Gegenangriff über. „Der andere hätte …, dann wäre nicht …“, „Der andere hat angefangen.“, „Die Eltern hätten besser …, dann wäre ich jetzt nicht …“ Sie machen anderen Vorwürfe und schieben diesen die Schuld zu.

Vorteil: Sie fühlen sich kurzfristig erleichtert, die Schuldgefühle lassen nach.

Nachteil: Sie fühlen sich ärgerlich und voller Spannung. Es entstehen Konflikte mit anderen, die Beziehungen zu anderen leiden. Fehler können nicht korrigiert werden.

5. Strategie: „Ich kann die Schuldgefühle nicht ertragen.“

Manche versuchen, die Schuldgefühle hinunterzuschlucken, indem sie zu viel Alkohol trinken, sich in Arbeit oder Aktivitäten stürzen, zu viel essen, Beruhigungstabletten oder Drogen einnehmen.

Vorteil: Sie fühlen sich kurzfristig erleichtert, die Schuldgefühle lassen nach.

Nachteil: Die Ursachen der Schuldgefühle werden nicht bearbeitet, Fehler und Fehleinschätzungen nicht korrigiert. Der Körper wird in Mitleidenschaft gezogen. Es besteht die Gefahr einer Suchtmittelabhängigkeit. Arbeitsplatz und Beziehungen sind gefährdet.

6. Strategie: „Immer alles auf mich.“

Manche reagieren ironisch: „Alles auf mich. Ich war´s mal wieder. Ich bin immer der Schuldige.“ Sie stellen sich zwar als Opfer dar, doch bezweifeln es innerlich.

Vorteil: Durch das übertriebene Schuldbekenntnis nimmt man sich und andere nicht ernst.

Nachteil: Eine Diskussion über die Ursachen ist nicht möglich.

7. Strategie: „Andere haben auch schuld.“

Manche versuchen, ihre Schuldgefühle zu verringern, indem sie ihren Blick auf andere lenken. Sie trösten sich damit: „Andere sind auch nicht besser.“ Sie wollen damit das Ausmaß ihrer Schuld reduzieren.

Vorteil: Schuldgefühle werden reduziert.

Nachteil: Eine realistische Einschätzung des Fehlers ist nicht möglich.

8. Strategie: „Andere sind noch schlimmer.“

Manche suchen bei den anderen nach Beweisen, dass deren Fehlverhalten noch schlimmer ist.

Vorteil: Schuldgefühle werden reduziert.

Nachteil: Eine realistische Einschätzung des Fehlers ist nicht möglich. Möglicherweise vergleicht man sich mit Menschen, die ansonsten überhaupt nicht den eigenen Wertvorstellungen entsprechen.

9. Strategie: „So schlimm ist es doch gar nicht.“

Manche mindern die Schuld herab oder deuten sie um.

Vorteil: Schuldgefühle werden reduziert.

Nachteil: Das Verhalten kann nicht richtig in seinem Ausmaß eingeschätzt und korrigiert werden.

10. Strategie: „Das Ereignis hat überhaupt nicht stattgefunden und deshalb trifft mich auch keine Schuld.“

Manche verleugnen generell ihr Verhalten.

Vorteil: Schuldgefühle werden reduziert.

Nachteil: Das Verhalten kann nicht richtig in seinem Ausmaß eingeschätzt und korrigiert werden.

Sie haben sicher gemerkt, dass sich meine Auflistung auf Strategien beschränkt, die nicht oder nur teilweise hilfreich sind. Angemessene und hilfreiche Strategien zeichnen sich dadurch aus, dass sie sich an den Tatsachen orientieren, das heißt den Einfluss unseres Verhaltens weder verleugnen, noch unter- oder überschätzen, dass wir unsere eigene Verantwortung sehen, uns aber nicht für Unkontrollierbares verantwortlich sehen, dass wir keine übertriebenen Schlussfolgerungen ziehen. In Teil II des Buches werden wir zusammen an diesen Strategien arbeiten. Sicher haben Sie selbst auch schon einige der oben aufgeführten Strategien eingesetzt. Manchmal nutzen wir zuerst die eine, dann die andere Strategie. Oder aber wir setzen in unterschiedlichen Bereichen unterschiedliche Strategien ein. Beispielsweise ziehen wir uns am Arbeitsplatz jeden Schuh an, während wir in der Partnerschaft vehement unsere Fehler abstreiten. Gemeinsam ist diesen Strategien, dass wir uns nicht mit den die Schuldgefühle erzeugenden Einstellungen befassen und diese korrigieren. Außerdem überprüfen wir nicht, ob unsere Schlussfolgerungen der Situation angemessen oder ob sie übertrieben sind. Wir schieben entweder die Schuld auf andere oder verurteilen unsere gesamte Person. Wir trennen nicht zwischen einem Verhalten, das wir gezeigt haben, und unserer Person.

2.5Wie erzeugen wir Schuldgefühle bei anderen Menschen?

Sie haben richtig gelesen. Auch wir sind nicht nur Opfer. Die Technik der Schuldgefühle-Erzeugung setzt jeder Mensch bisweilen ein. Zum einen hängt das damit zusammen, dass wir das, was wir in der Kindheit von anderen vorgelebt bekommen haben, meist automatisch als Erwachsene auch anwenden. Zum anderen haben wir auch die Vorteile der Schulderzeugung entdeckt. Und warum sollten wir nicht auch diese Techniken einsetzen, wenn sie gut funktionieren? Vorwürfe wie „Wie konntest du mich nur belügen?“, „Von dir hätte ich das am allerwenigsten erwartet.“, „Du hast mich verletzt.“, „Die ganze Zeit habe ich auf dich gewartet.“, „Mir wäre das nicht passiert.“, „So unfair, wie du dich mir gegenüber verhälst.“, „Wenn man sich liebt, dann macht man das nicht …“, „Wenn du mich lieben würdest, hättest du …“, „Na ja, dann mach ich es eben selbst …“, „Ich hatte mich so gefreut, aber wenn es halt nicht geht …“, „Muss das denn sein?“, sind Ihnen sicher auch schon über die Lippen gekommen. Wir setzen Schuldgefühle meist dann ein, wenn wir uns verletzt fühlen und es „dem anderen heimzahlen“ wollen – als Rache oder Bestrafung. Uns treibt die Hoffnung, dass der andere sich ändert, weil er sich schlecht fühlt. Häufig verwenden wir dabei das Wörtchen „man“: „Man tut nicht oder man tut“, um uns quasi noch Rückendeckung von der Allgemeinheit zu holen. Wir tun so, als ob wir allgemeingültige Regeln vertreten, in Wirklichkeit sind es meist jedoch nur unsere eigenen. Schuldgefühle können in einer Partnerschaft oder Freundschaft eingesetzt werden, um den Partner oder Freund zu von uns erwünschtem Verhalten zu bewegen und um uns durchzusetzen.

Die gebräuchlichsten Strategien sind:

•den anderen an seine Verpflichtung innerhalb der Beziehung zu erinnern:

„Du hattest mir doch versprochen, dass …“

•den anderen erinnern, dass man wegen ihm ein Opfer bringen muss:

„Wenn du es nicht machst, muss ich halt auf meinen Feierabend verzichten.“

•dem anderen klarmachen, dass man selbst mehr für die Beziehung tut:

„Ich habe jetzt schon viermal eingekauft und du hast dich noch kein einziges Mal darum gekümmert.“

•den anderen auf Widersprüche zwischen Vorsatz und Verhalten hinweisen: „Du rauchst ja schon wieder.

Ich dachte, du wolltest aufhören.“

•die Gefühle des anderen in Frage stellen:

„Wenn du mich liebtest, dann würdest du …“

•nonverbal Leiden und Kränkung signalisieren durch trotzen, nicht sprechen, leidende Blicke, stöhnen

•nach Jahren noch an vergangene „Untaten“ erinnern: „Weißt du noch, damals …? Das kann ich dir nie verzeihen.“

•mit anderen vergleichen:

„Der Mann meiner Freundin macht doch auch …“

•auf die schlechte Meinung anderer verweisen: „Was würden deine Eltern nur von dir denken?“

•den Märtyrer spielen indem man sich aufopfert und versucht, den anderen in Zugzwang zu bringen: „So viel, wie ich für dich tue, da musst du doch wenigstens …“

Wenn wir Glück haben, lässt der andere sich zumindest äußerlich durch unser „Schuld-Programm“ manipulieren. Doch meist brodelt in seinem Innern der Widerstand. Er fühlt sich eingeengt, unter Druck gesetzt. Scheinbar hat er nur zwei schlechte Alternativen zur Verfügung: 1. Er richtet sich nach unseren Vorstellungen und hat den Eindruck, gezwungen zu sein. 2. Er richtet sich nach seinen Wünschen und hat Schuldgefühle. Langfristig können Schuldgefühle eine Beziehung gehörig belasten oder sogar zur Beendigung der Beziehung führen. Der Partner hat es satt, sich in seiner Freiheit ständig beschnitten zu sehen und ständig mit schlechtem Gewissen umherlaufen zu müssen. Entscheiden wir uns für die Märtyrerrolle, indem wir unsere Wünsche zurückstellen und alles für den Partner tun, in der Hoffnung, es komme eines Tages an uns zurück, befinden wir uns meist auf auswegloser Position: Unsere Interessen werden nicht umgesetzt und wir bekommen nichts zurück. Die Manipulation durch Schuldgefühle ist alles in allem keine hilfreiche Strategie im Umgang mit anderen Menschen.

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