Kitabı oku: «Person werden»
Dorothea Gnau
Person werden
Studien zur systematischen und spirituellen Theologie
51
Herausgegeben von Gisbert Greshake, Medard Kehl und Werner Löser
Dorothea Gnau
Person werden
Zu Wesen und Bestimmung des Menschen in der Theologie von Panagiotis Nellas, Christos Yannaras und Ioannis Zizioulas
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar.
© 2015 Echter Verlag GmbH, Würzburg
Druck und Bindung: Friedrich Pustet, Regensburg
ISBN 978-3-429-03819-9 (Print)
978-3-429-04803-7 (PDF)
978-3-429-06219-4 (ePub)
VORWORT
Der vorliegenden Untersuchung liegt meine im Sommersemester 2005 von der Theologischen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg im Breisgau angenommene Dissertation zu Grunde. Für diese Veröffentlichung wurde sie nur leicht überarbeitet.
Ich danke allen, die zum Entstehen dieser Arbeit beigetragen haben. Herrn Prof. Dr. Josef Freitag verdanke ich vielfältige Anregungen und die Ermutigung, dieses Projekt überhaupt anzugehen. Herrn Prof. Dr. Gisbert Greshake danke ich für die Aufnahme in seinen Doktorandenkreis, für alle Unterstützung, Hinweise und Nachfragen und nicht zuletzt für seine große Geduld. Von ihm kam auch die Anregung, die Arbeit durch die Veröffentlichung im Echter-Verlag jetzt noch einem breiteren Leserkreis zugänglich zu machen. Bei Herrn Prof. Dr. Peter Walter bedanke ich mich für die Erstellung des Zweitgutachtens und seine Anmerkungen.
Mein besonderer Dank gilt dem Metropoliten von Pergamon Dr. Joannis Zizioulas und Prof. Dr. Christos Yannaras. Beide gaben mir bereitwillig und interessiert die Gelegenheit zu einem Gespräch, das mich fachlich wie persönlich sehr bereichert hat. Herzlich bedanken möchte ich mich auch bei Prof. Dr. Athanasios Papathanasiou, Schüler von Panagiotis Nellas und Herausgeber der Zeitschrift »Synaxi«. Er half beim Auffinden von schwer zugänglichen Artikeln von Panagiotis Nellas und beantwortete Fragen zu Autor und Werk mit wertvollen Hintergrundinformationen zum theologischen und zeitgeschichtlichen Kontext. Für viele hilfreiche Hinweise und für Unterstützung bei der Literaturbeschaffung danke ich auch Prof. Dr. Marios Begzos, der mit seiner theologischen und praktischen »Ortskenntnis« dazu beitrug, mir in Athen Umfeld und Anliegen der »Generation der 60er Jahre« zu erschließen.
Meinen Korrekturleserinnen sowie allen Freundinnen und Freunden, die mich in der Zeit der Abfassung dieser Arbeit begleitet haben, danke ich herzlich für ihre fachliche, praktische und vor allem menschliche Unterstützung; der gleiche Dank gilt meiner Gemeinschaft, der Kongregation der Helferinnen.
Beim Echter-Verlag und bei den Herausgebern der Studien zur Systematischen und Spirituellen Theologie bedanke ich mich für die Aufnahme der Untersuchung in ihre Reihe.
Graz, Oktober 2014 | Dorothea Gnau sa |
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
I. Themenstellung und Auswahl der Theologen
II. Über den Zaun springen«: Zu Ziel und Methode der Arbeit
III. Formale Vorbemerkungen
ERSTER TEIL Hintergrund und Umfeld
Erstes Kapitel: »Babylonische Gefangenschaft«
I. Die »Generation der 60er Jahre« in Griechenland
II. Entwicklungslinien bis zum 20. Jahrhundert
1. Die Entwicklung nach dem Fall Konstantinopels
2. Übernahme scholastischer Methodik
3. Konfessionalisierung
4. Ausbildung einer akademischen Theologie
III. Die Zoi-Bewegung
1. Geschichte
2. Anliegen und Ziel
3. Das theologische Profil der Bewegung
Zweites Kapitel: Umbrüche
I. Einflussfaktoren
1. Entwicklungen innerhalb der westlichen Theologie
2. Russische Theologen in der Diaspora
3. Ökumenische Bewegung
II. Kontakte
1. Kontakte im universitären Bereich
2. Kontakte im außeruniversitären Bereich
Drittes Kapitel: Neuansätze
I. Neopatristische Synthese
II. Methodische Konsequenzen
III. Themenfelder orthodoxer Theologie des 20. Jahrhunderts
1. Pneumatologie
2. Ekklesiologie
3. Theologische Erkenntnislehre
4. Theologische Anthropologie
ZWEITER TEIL Drei Entwürfe griechisch-orthodoxer theologischer Anthropologie
Erstes Kapitel: Panagiotis Nellas: Der Mensch als Ikone Christi
I. Autor und Werk
1. Biographisches
2. Schwerpunkte und zentrale Anliegen
3. Nellas’ anthropologische Studien
4. Der Ausgangspunkt: Die Distanz zwischen Schöpfer und Schöpfung
II. Der Mensch als Bild Gottes
1. Die christologische Anthropologie der Kirchenväter
2. Der Mensch als Bild des Bildes Gottes
3. Der inkarnierte Logos als Archetyp des Menschen
4. »Cur Deus homo?«
III. Der Mensch nach dem Sündenfall
1. »Kleider aus Fellen«
2. Sterblichkeit
3. Die Ambivalenz der »Kleider aus Fellen«
IV. Der Mensch in der Welt
1. Theosis als Aufgabe des Menschen in der Welt
2. Das Verhältnis des Menschen zur Welt
3. Die Aufgabe der gegenwärtigen Theologie
4. Das Amt des Christen in Kirche und Welt
Exkurs:Pädagogik
V. Grundlinien
1. Inhaltliche Grundlinien
2. Grundlinien in methodischer Hinsicht
Zweites Kapitel: Christos Yannaras: Sein als Personsein
I. Autor und Werk
1. Biographisches
2. Schwerpunkte und zentrale Anliegen
3. Anthropologische Fragen im Werk von Christos Yannaras
II. Ontologie der Person
1. Die Sprache der Wissenschaft und die Sprache der Kirche
2. Erkenntnistheoretische Grundlagen
3. Die Ontologie der griechischen Kirchenväter und die westliche Existenzphilosophie
4. Sein als Personsein
5. Personsein als Existenzweise der Natur
6. Energien
III. Der Mensch als Person
1. Geschöpflichkeit
2. Mensch und Kosmos
3. Gottebenbildlichkeit
4. Seele
5. Leib und Seele als Energien der Natur
6. Mann und Frau
7. Leben nach dem Tod
IV. Freiheit und Sünde
1. Freiheit
2. Freiheit und Liebe
3. Sünde und Schuld
4. Sündenfall
V. Ethos statt Ethik
1. Die Freiheit des Ethos
2. Lebensweise statt Denksystem
3. Askese
4. Askese als Teilhabe an kollektiver Schuld
VI. Grundlinien
1. Inhaltliche Grundlinien
2. Methodische Grundlinien
Drittes Kapitel: Joannis Zizioulas: Sein als Gemeinschaft
I. Autor und Werk
1. Biographisches
2. Zentrale Anliegen
3. Ontologische Grundlagen
4. Trinitätstheologische Grundlagen
II. Menschliches Personsein
1. Methodische Probleme
2. Ekstasis, Hypostasis und Katholizität der Person
3. Die biologische Existenzweise des Menschen
III. Christus als Person
1. Christus als Korporativperson
2. Die zwei Naturen Christi
3. Christus als Erlöser
4. Der Leib Christi
IV. Die ekklesiale Existenzweise
1. Die Taufe als Eintritt in eine neue Hypostasis
2. Die Eucharistie als Realisationsort des Personseins
3. Sakramente als Realisierungsorte der ekklesialen Existenz
4. Personsein in der ekklesialen Existenz
V. Die Aufgabe des Menschen in der Welt
1. »Trinitarisch leben«
2. Gott und Welt in der Eucharistie
3. Die Einbeziehung des Kosmos als notwendiger Bestandteil der Erlösung
4. Die priesterliche Aufgabe des Menschen
5. Umgestaltung der Welt in der Eucharistie
Exkurs: Geklonte Personen?
VI. Grundlinien
1. Inhaltliche Linien
2. Zum Verhältnis von trinitarischem und anthropologischem Personbegriff
DRITTER TEIL Zusammenschau
Erstes Kapitel: Rückblick
I. Der Personbegriff als Schlüssel zum christlichen Menschenbild
1. Personsein
2. Person werden
3. Personsein mit anderen
4. Personsein für andere
II. Anthropologie als Dimension der gesamten Theologie
1. Gotteslehre
2. Schöpfungslehre und Eschatologie
3. Ekklesiologie, Christologie und Pneumatologie
III. Ontologie der Person
Zweites Kapitel: Orthodoxe Anthropologie: Eine »andere« Anthropologie als im Westen?
I. »Die« orthodoxe Anthropologie?
II. Bedingte« Anthropologie
III. Welche westliche Anthropologie?
IV. Noch einmal: Orthodoxe Anthropologie: eine »andere« Anthropologie?
1. Sakramententheologie als entfaltete Anthropologie
2. Zum Verhältnis von trinitarischem und anthropologischem Personbegriff
V. Orthodoxe Anthropologie: eine allzu optimistische Anthropologie?
Drittes Kapitel: Ausblick und Schluss
Literaturverzeichnis
I. Werke von Panagiotis Nellas
II. Werke von Christos Yannaras
III. Werke von Johannes Zizioulas
IV.Texte der Kirchenväter
V. Weitere Literatur
EINLEITUNG
I.Themenstellung und Auswahl der Theologen
»Wir leben in einem Zeitalter der Anthropologie.« Mit diesem Satz begann Wolfhart Pannenberg bereits im Jahr 1962 seine Abhandlung »Was ist der Mensch?«.1 Heute, über fünfzig Jahre später, ließe sich diese Aussage wohl noch in gleicher Weise treffen. Fragen nach dem Menschenbild haben in der öffentlichen Diskussion nach wie vor Hochkonjunktur, nicht zuletzt durch die ethischen Fragen rund um den Beginn und das Ende menschlichen Lebens. Die Berufung auf das »christliche Menschenbild« ist dabei oft zu hören. Erstaunlich unscharf bleibt dabei jedoch häufig, wie dieser Begriff inhaltlich gefüllt wird. Warum aber Beschäftigung mit orthodoxer Anthropologie? Warum mit zeitgenössischer orthodoxer Anthropologie? Warum nur mit griechisch-orthodoxen Theologen? Warum mit den Entwürfen von Panagiotis Nellas, Christos Yannaras und Ioannis Zizioulas?
Im Zuge der ökumenischen Bemühungen nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil nahmen westliche Theologen die orthodoxe theologische Tradition stärker in den Blick. Eine ähnliche Entwicklung sowohl auf offizieller Ebene als auch bei einzelnen Theologen lässt sich analog auch auf Seiten der orthodoxen Theologie beobachten.2 Schaut man auf die Themen, die im orthodox-katholischen Dialog diskutiert werden, fällt auf, dass bisher primär ekklesiologische Fragen und Themen der Sakramenten- und Amtstheologie Gegenstand des Dialogs waren. In den anderen Fragen schien man einen Konsens mehr oder weniger vorauszusetzen. In der Beschäftigung mit der jeweils anderen Konfession erkannten aber sowohl westliche als auch östliche Theologen immer deutlicher, dass die eigentlichen Unterschiede, die sich im Laufe der Geschichte zwischen der westlichen und der östlichen Tradition herausgebildet haben, weniger in unterschiedlichen Standpunkten zu theologischen Einzelfragen, als vielmehr auf der Ebene der jeweiligen theologischen Methodik und unterschiedlichen (Denk-)Voraussetzungen bestehen.3 Diesen Fragen anhand der theologischen Anthropologie nachzugehen, der es im Kern um die Verhältnisbestimmung von Theologie und Anthropologie geht, legt sich angesichts dieses Hintergrunds nahe, zumal die theologische Anthropologie im ökumenischen Dialog lange Zeit kaum expliziter Gegenstand der Auseinandersetzung war4, nun aber zunehmend in den Blick kommt.5
Warum nun aber Beschäftigung mit gegenwärtiger orthodoxer Anthropologie? Im Blick auf ältere westliche Darstellungen orthodoxer Anthropologie fällt auf, dass sie sich zumeist auf die Darstellung der Anthropologie der griechischen Kirchenväter beschränken, neuere orthodoxe Theologie jedoch kaum rezipieren.6 Damit wird eine Einheitlichkeit der orthodoxen Theologie suggeriert, die näherem Hinsehen nur bedingt standhält.
Durch das gewachsene Interesse an orthodoxer Theologie wurden in den letzten Jahren zunehmend Werke gegenwärtiger orthodoxer Theologen in westliche Sprachen übersetzt, oder sie publizierten selbst in westlichen Sprachen.7 Auch bei diesen Werken wird deutlich, dass es »die« orthodoxe Anthropologie ebenso wenig gibt wie »die« orthodoxe Theologie. Weder gab es sie in dieser strikten Einheitlichkeit im Verlauf der Jahrhunderte, noch gibt es sie innerhalb der orthodoxen Theologie der Gegenwart. Zwar liegt es orthodoxen Theologen fern, eine »eigene Theologie« entwickeln zu wollen; sie verstehen sich als Glied und in Kontinuität mit der einen ungebrochenen Tradition der orthodoxen Kirche. Gleichwohl ist aber dem zuzustimmen, was Hans Christian Felmy prägnant auf den Punkt bringt:
»Die orthodoxe Theologie ist weder so monolithisch, wie sie sich selbst zuweilen sehen möchte, noch so monolithisch, wie ihr manchmal vorgeworfen wird.«8
Der durchaus vorhandenen Vielfalt, die sich auch in kontroversen innerorthodoxen Diskussionen spiegelt, tragen einige jüngere Veröffentlichungen Rechnung, die Tendenzen gegenwärtiger orthodoxer Theologie querschnittartig einem westlichen theologischen Publikum zugänglich machen wollen. Zu nennen sind hier zum einen die Gesamtdarstellungen orthodoxer Theologie aus der Feder orthodoxer Theologen wie z.B. Timothy (Kallistos) Ware und John Meyendorff mit dem Titel »The Orthodox Church«9, zum anderen ähnliche Werke nicht-orthodoxer Theologen wie beispielsweise die deutschsprachige Einführung in die orthodoxe Theologie der Gegenwart des protestantischen Theologen Karl Christian Felmy.10 Einzelne prominente Vertreter gegenwärtiger orthodoxer Theologie stellen Rowan Williams und Aidan Nichols vor11. Einen fundierten Überblick speziell über die neuere griechische Theologie bietet Yannis Spiteris. Er stellt Strömungen und Richtungen innerhalb der neueren griechischen Theologie und ihre einzelnen Vertreter vor und ordnet sie in ihren zeit- und theologiegeschichtlichen Zusammenhang ein.12 Als Einführungen und Überblickswerke können die genannten Werke allerdings jedes einzelne Thema nur in seinen Grundzügen skizzieren. Eine intensive, detailliertere Untersuchung findet nur in sehr begrenztem Umfang statt.
Ein Blick auf die gegenwärtige theologische Landschaft zeigt, dass die Themenstellungen, mit denen sich gegenwärtige orthodoxe Theologen auseinandersetzen, viele Berührungspunkte mit Diskussionen in der westlichen Theologie aufweisen. Trotz unterschiedlicher theologischer und geistlicher Tradition sind die Fragen und Probleme, auf die die Theologen antworten wollen, ähnlich, weil auch die Herausforderungen durch gesellschaftliche und politische Umbrüche, die Entwicklungen in der Philosophie und in den Humanwissenschaften gleich oder zumindest ähnlich sind. Im Besonderen gilt dies für das zunehmend als problematisch empfundene Erbe, das orthodoxe wie katholische Theologen an ihren theologischen Fakultäten antreffen.13
Wie in der älteren westlichen ist auch innerhalb der orthodoxen Theologie die Anthropologie selten explizit behandelt worden.14 Bei der starken Betonung der Soteriologie und der präsentisch akzentuierten Eschatologie in der theologischen Tradition des Ostens nehmen anthropologische Fragen jedoch immer schon einen bedeutenden Platz ein. In neuerer Zeit werden sie öfter auch explizit thematisiert. Rezipiert wird diese neuere orthodoxe Anthropologie und Soteriologie jedoch im Westen bisher nur sehr punktuell.15
Auf dem Hintergrund dieser Überlegungen wurde die Vorgehensweise dieser Arbeit gewählt: Die Untersuchung erfolgt nicht in einem Durchgang nach thematischen Gesichtspunkten (z.B. nach Grund-begriffen wie Gottebenbildlichkeit, Sünde, Erlösung), sondern es werden die Ansätze dreier gegenwärtiger Theologen als jeweils in sich geschlossene Entwürfe behandelt.16
Ausgewählt wurden drei gegenwärtige griechische Theologen, deren anthropologische Entwürfe zu den profiliertesten innerhalb der gegenwärtigen orthodoxen Theologie gehören: Panagiotis Nellas, Christos Yannaras und Ioannis Zizioulas. Die Auswahl gerade dieser drei erfolgte aufgrund ihrer Gemeinsamkeiten und ihrer Unterschiede:
Alle drei sind in einem ähnlichen theologischen und gesellschaftlichen Umfeld aufgewachsen und gehören derselben Generation an. Als »Generation der 60er Jahre« in Griechenland bzw. als »mittlere Generation«17 gehören sie zur Schülergeneration der russischen Theologen der Diaspora, die die Umbrüche innerhalb der neueren orthodoxen Theologie maßgeblich initiiert und gestaltet haben und die auch das Bild moderner orthodoxer Theologie im Westen geprägt haben.18 Die Theologen der »mittleren Generation« führen die von diesen auf den Weg gebrachten Grundgedanken einer neopatristischen Synthese weiter, wenden ihre Prinzipien konsequent an und »buchstabieren« sie für die verschiedenen Bereiche der Theologie durch. Die drei griechischen Theologen begannen in der Zeit um das II. Vatikanum ihre Theologie zu entwickeln. Sie stehen damit in einer Zeit ähnlicher Umbrüche, wie sie in derselben Zeit in der römisch-katholischen Kirche zu beobachten sind. Mit ihren westlichen Kollegen teilen sie viele ihrer Anliegen, vor allem das Anliegen, eine Theologie zu formulieren, die Antworten auf die Fragen des modernen Menschen gibt. Ihr Antwortversuch basiert jedoch auf einer anderen, eben der ostkirchlichen Tradition.
Panagiotis Nellas, Christos Yannaras und Ioannis Zizioulas bieten drei inhaltlich unterschiedliche Entwürfe Theologischer Anthropologie, und sie stehen für drei verschiedene Herangehensweisen, die in gewisser Weise als exemplarisch nicht nur für eine orthodoxe Anthropologie gelten können: »philosophisch« –»systematisch-theologisch« – »praktisch-theologisch«.
Christos Yannaras ist nicht nur promovierter Theologe, sondern auch Professor für Philosophie. Sein Anliegen ist es, die Philosophie seiner Zeit, d.h. für ihn insbesondere den Existentialismus, ernst zu nehmen. Vor allem im Denken Martin Heideggers gilt ihm der Existentialismus zugleich als »Ernstfall philosophischen Denkens«. Ein zweites zentrales Anliegen von Yannaras ist es, Verfremdungen und Engführungen in der eigenen Tradition aufzudecken. Als Suche nach dem »originär Griechischen« verknüpft es sich mit einem starken gesellschaftspolitischen Interesse.19
Der systematische Theologe und langjährige Mitarbeiter im Ökumenischen Dialog, der Metropolit von Pergamon Ioannis Zizioulas, legt seinen Schwerpunkt stärker auf die Bezüge innerhalb der Systematischen Theologie. Dabei stehen auch die jeweiligen (Denk-)-Voraussetzungen, methodologische Fragen und insbesondere Fragen der Ekklesiologie im Fokus seines Interesses.
Als Patrologe und Gymnasiallehrer hat Panagiotis Nellas hingegen neben der adäquaten philologischen Analyse der Vätertexte stärker pastorale Fragen im Blick. Zu seinen Interessensschwerpunkten gehören weiterhin die Relevanz eines christlichen Menschenbildes für das Handeln in Politik und Gesellschaft sowie die Verbindung von geistlicher Tradition und Theologie.