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53Ortodossia, 6. S.a. The Ecumenical Dimension in Orthodox Theological Education, in: Orthodox Theological Education for the Life and Witness of the Church. Report on the Consultation at Basel, Switzerland, July 4-7 1978, ed. by the WCC, Genf 1978, 33-40, 34f.; Die Eucharistie, 165 u.ö.

54Ortodossia, 6.

55Vgl. Yannaras: Theology in Present-Day Greece, SVTQ 16,4 (1972), 195-214, 196f..

56Gegründet wurde die Fakultät in Thessaloniki bereits 1925, den Lehrbetrieb nahm sie jedoch erst 1941/42 auf. Ebd. Vgl. Th. Zissis: Orthodoxe Theologie in Griechenland heute, in: La théologie dans l’Eglise et dans le monde, hrsg. vom Centre orthodoxe du Patriarcat œcuménique, Chambésy-Genève 1974 (= ETC; 4), 176-185, 182. Dennoch entwickelten sich beide Universitäten unterschiedlich. Die Theologische Fakultät Thessaloniki wurde schnell führend in der patristischen Forschung. Das Institut für patristische Studien des Ökumenischen Patriarchats, das angeschlossen an das Vlatadonkloster in Thessaloniki eingerichtet wurde, trug mit dazu bei, den Ruf Thessalonikis als Zentrum moderner patristischer Forschung zu verstärken. Die Umbrüche in der griechischen Theologie seit den 60er Jahren wurden in der Folgezeit in Thessaloniki stärker rezipiert als in Athen, so dass für eine gewisse Zeit die Fakultät in Thessaloniki als die »progressive« neopatristische gegenüber der »konservativen« scholastischen Athener Fakultät galt. Diese Gegenüberstellung ist vor allem mit den Namen einzelner Professoren und deren Schülergeneration verbunden (z.B. Savvas Agouridis in Thessaloniki oder Panagiotis Trembelas in Athen). Zur Unterschiedlichkeit beider Fakultäten vgl. auch Nichols, 10-14. Er stellt Trembelas als »typischem« Athener Theologen Yannaras als charakteristischen Theologen aus Thessaloniki gegenüber. Auf die heutige Situation der beiden Fakultäten trifft die generelle Typisierung sicherlich nicht mehr zu. Ob sie in früheren Zeiten so pauschal zutraf, wie sie bisweilen vertreten wurde, oder ob sie nicht vielmehr oft nur der Polarisierung der verschiedenen Lager diente, scheint zumindest fraglich. Zu den Gründen des unterschiedlichen Profils auch Zissis, 180-183.

57Vgl. hierzu insbes. Zizioulas, The Ecumenical Dimension, 35. Vgl. im selben Band des WCC auch die Vorstellung der beiden großen griechischen Theologischen Fakultäten in Athen und Thessaloniki mit ihrem Studienplan, Ebd., 66-71. Vgl. auch Ortodossia, 6.

58Ch. Androutsos: (Dogmatiki tis Orthodoxou Anatolikis Ekklisias – »Dogmatik der orthodoxen Ostkirche«, Athen 21956 (1. Aufl. 1907). P.N. Trembelas: (»Dogmatik der orthodoxen katholischen Kirche«), Bd. 1, Athen 1959. (Franz. Übersetzung: Dogmatique de L’Église Orthodoxe Catholique, trad. P. Dumont, Bruges 1966.) Eine Analyse dieser beiden Dogmatiken bietet z.B. Yannaras: Theology, 199-202.

59Zizioulas: The Ecumenical Dimension, 35. Zizioulas verweist hier auf die Dogmatik von Androutsos, 2-12. Vgl. auch Androutsos, 17. 37. Ähnlich wie Zizioulas wirft Yannaras (Theology, 202) Androutsos die »Anthropozentrik« einer solchen Glaubensauffassung vor.

60In Die Eucharistie, 165 entfaltet Zizioulas diese These am Beispiel der Eucharistie, einem der zentralen Themen seiner Theologie. Er kritisiert die »Objektivierung« der Sakramente, in deren Folge die Eucharistie wie die anderen Sakramente als »Folgeerscheinung« und Erzeugnis der Kirche galt. In den Dogmatiken fand sie als eines von sieben Sakramenten ihre Platz in einem Kapitel »Sakramentenlehre«, das an das Ekklesiologie-Kapitel angehängt wurde. Dort wurden dann die Frage der Realpräsenz, der Transsubstantiation, des Opfercharakters der Eucharistie, Bedingungen der Gültigkeit etc. behandelt. Das Eucharistieverständnis der Kirchenväter trat demgegenüber völlig zurück. Zizioulas verweist auch noch auf neuere Dogmatiken wie die von Panagiotis Trembelas (a.a.O.) und Joannis Karmiris: Abriss der dogmatischen Lehre der orthodoxen katholischen Kirche, dt. Ausgabe in: Die orthodoxe Kirche in griechischer Sicht, Teil 1, hrsg. von P. Bratsiotis, Stuttgart 1959, 15-120 (= Die Kirchen der Welt; 1), hier 106ff. Felmy: Einführung, 200 meint, der Begriff der Transsubstantiation sei »ausschließlich in antiprotestantischer Front, nicht aufgrund eines eigentlichen Interesses an den mit ihm verbundenen philosophischen Vorstellungen« in die orthodoxe Theologie eingedrungen.

61Yannaras: Theology, 202.

62»Si creò dunque una frattura tra la Chiesa da una parte, comunemente intesa come luogo di culto e di predicazione, e dall’altra la 'teologia', que aveva assunto il significato di una 'scienza' o 'specializzazione' coltivata fuori o senza un collegamento organico con la Chiesa. Una frattura delle stesso genere emerse anche tra pietà e insegnamento, ascetismo monastico e conoscenza teologica. La lex orandi e la lex credendi non coincidevano più. La teologia ortodossa divorziò quindi dalla vita della Chiesa come anche dai problemi esistenziali del mondo.« Ortodossa, 6. In der Formulierung von Aidan Nichols, 12 (unter Bezug auf die Theologie von Trembelas): »In other words, this is an anti-Modernist, neoscholastic theology which has taken over the characteristic anxieties … of the Catholic Church under the last three Piuses.«

63So P. Bratsiotis, der selbst ein bedeutendes Mitglied der Bewegung war, in seinem 1960 erschienenen Band Die Orthodoxe Kirche in griechischer Sicht II, 60. Zur Zoi-Bewegung vgl. die in neuerer Zeit, in deutscher Sprache und aus soziologischer Perspektive erschienene Untersuchung von A. Giannakopoulos, a.a.O., dort auch weiterführende Literatur. Als Standardwerk in theologischer Perspektive gilt immer noch: Ch. Maczewski: Die Zoi-Bewegung Griechenlands. Ein Beitrag zum Traditionsproblem der Ostkirche, Göttingen 1970. Vgl. v.a. die einschlägigen Veröffentlichungen von Ch. Yannaras: . (»Orthodoxie und Westen. Theologie im heutigen Griechenland«), Athen 1972, (teilweise übersetzt in »La théologie en Grèce aujourd’hui«, Ist 2 (1971), 129-167 und »Theology in Present-Day Greece«, in: SVTQ 16 (1972), 195-214; . (»Ideenzufluchtsort. Zeugnis«), Athen 1987; (»Die Freiheit des Ethos«), Athen 31989, (Frz. Ausg: La liberté de la morale, Genève 1982, Engl. Ausg.: The Freedom of Morality, New York 1984) und in vielen anderen Veröffentlichungen. S. auch B. D. Tsakonas: (»Idealismus und Marxismus in Griechenland«), Athen 1988.

64Yannaras: Theology, 198.

65Die Angabe des Gründungsjahres variiert in der Literatur. Hin und wieder wird auch 1909 (so z.B. I. Petrou, in: Art. Zoi, LThK 3 Bd. 10 (2001), 1482) oder 1911, das erste Erscheinungsjahr ihres wichtigsten Publikationsorgans, der Zeitschrift »Zoi«, angegeben. Vgl. auch Yannaras: , 158. Die Schwankungen erklären sich wohl daraus, dass sich zunächst nur ein kleiner Kreis von Theologen um Matthopoulos zusammenschloss, der erst nach und nach organisiert in der Öffentlichkeit in Erscheinung trat. Vgl. Giannakopoulos, 198.

66Vor allem in der Zeit der Diktatur ist die Zoi eng mit der kirchlichen und staatlichen Macht verstrickt. Zu den Denkern, die dem Programm der Militärdiktatur, die »griechisch-christliche Zivilisation« zu errichten, den Weg bereitet haben, gehörte Tsirintanis, ein prominentes Zoi-Mitglied. Auch auf die Klöster vor allem auf die Athos-Klöster hatte die Zoi weitreichenden Einfluss: »Die alten Bande, die diese Mönche mit Professoren der theologischen Fakultäten aufgrund der gemeinsamen Herkunft aus der 'ZOI'-Bewegung [sic] oder der gemeinsamen theologischen Mentalität haben, tragen indirekt über den Heiligen Berg dazu bei, dass der Geist ihrer Organisationen auch in der Welt überlebt.« Zissis, 184.

67Zur Spaltung der »Zoi«, die später entstanden Bruderschaften und die weitere Entwicklung vgl. Giannakopoulos, 314-392, über die Zeit der Militärdiktatur: 332-347.

68Artikel 2 der Satzung der Zoi-Bruderschaft in der Fassung von 1950, Athen 1951, zitiert nach Maczewski, 133. Dort sind im Anhang neben der Satzung weitere zentrale Texte der Bewegung in deutscher Sprache gesammelt. Vgl. auch Sp. Avouris: Art. »Zoi«, TEE Bd. V (1964), 1237. Die Satzung wurde 1929 rechtskräftig und 1933 und 1950 modifiziert.

69So die zusammenfassende Einschätzung von Petrou, 1482. Maczewski, 58 spricht von einer »intellektuelle[n] und geistliche[n] Elite«.

70Zissis, 179f..

71 Vgl. Zoi 1 (1911) ff.

72Maczewski, 87.

73Hier gilt noch einmal das oben zur Sicht der Theologiegeschichte gesagte: Unabhängig von der möglichen Einseitigkeit, die sich in ihrer Einschätzung zeigen mag, bildet diese doch die Grundlage ihres Urteils. Im Übrigen bieten auch die Arbeiten anderer Autoren kein einheitliches Bild der Theologenbruderschaft. Vermeintliche Widersprüche lassen sich oft dadurch erklären, dass unterschiedliche Phasen oder Strömungen betrachtet werden. Zu bedenken ist weiterhin der Hintergrund des Verfassers und der Zeitpunkt der Abfassung seiner Studien. Deutliches Beispiel dafür ist Maczewskis Darstellung, die auf dem Stand von 1968 natürlich noch nicht die späteren Entwicklungen im Blick haben konnte und nicht zuletzt aus diesem Grund noch sehr viel positiver urteilt als z.B. Giannakopoulos. Zum theologischen Profil der Bewegung vgl. Maczewski, 52-88, Yannaras: , 151-176.

74Maczewski, 64. An der Betonung des Kreuzes entzündet sich der Vorwurf, die Zoi sei eine »pro-protestantische Organisation«. Maczewski entkräftet diesen Vorwurf und wertet diesen Grundzug der Bewegung deutlich positiv (»eine engagierte biblische Erneuerung des Glaubens auf der unbestrittenen dogmatischen Grundlage der Ostkirche«). Allerdings ist auch bei der Wertung dieser Einschätzung Maczewskis wieder der Zeitpunkt der Abfassung seiner Studie (1968), der dadurch zu einer nüchterneren Sicht fehlende zeitliche Abstand und Maczewskis eigene protestantische Herkunft zu bedenken.

75Giannakopoulos, 201. E. Matthopoulos: (»Die Bestimmung des Menschen«), Athen 171991. Zentrale Kapitel dieser Schrift (§§ 4-9) sind bei Maczewski, 137-141 ins Deutsche übersetzt.

76Matthopoulos, 9, zitiert nach Maczewski, 141. Erste Hervorhebung: Maczewski, alle weiteren: DG.

77Vgl. B. Joultsis: Religious Brotherhoods: A Sociological View, in: SocComp 22,1 (1975), 67-83, 71f.: »Everything in this book refers to the moral attitude and perfection beginning with the imitation of Christ as the pattern for morality. Man’s salvation is considered a consequence of morality as long as it is realized within the Church, which is characterized as ‘the moral body of Christ.«

78Spiteris, 213 spricht von 1300 Bibelkreisen mit 20 000 Mitgliedern im Jahr 1965!

79Vgl. z.B. das von Archimandrit Seraphim Papakostas herausgegebene (Handbuch der Göttlichen Liturgie«)Athen 111988.

80Maczewski, 55. Maczewski hat in seiner überwiegend positiven Würdigung der Veränderungen bezeichnenderweise die Kritik daran als »oberflächlich« zurückgewiesen: »Oberflächliche Betrachtung hat in diesen Maßnahmen gleich westlich-häretische Beeinflussung sehen wollen, die die 'echte orthodoxe Tradition' zerstöre.« Vgl. dagegen jedoch Yannaras, , 43; , 158 u.ö..

81Maczewski, 56.

82Die Taufe wurde zur sozialen Pflicht des Christen degradiert und die Ehe zur »Legalisierung sexueller Beziehungen«. So beschreibt Yannaras in 62 diese Entwicklung in drastischer Sprache. Vgl. auch Giannakopoulos, 227.

83Yannaras: , 142. Demgegenüber jedoch noch ganz anders Maczewski,. 68: »Die Zoi-Bewegung war nie wissenschaftsfeindlich.«

84So heißt es in den Protokollen der 7. Versammlung von 1930, 240, zitiert nach Yannaras: , 142, Übersetzung nach Giannakopoulos, 227.

85Maczewski, 59.

86Es liegt auf der Hand, dass diese Veränderungen als (wenn auch überaus fragwürdige) Reaktion auf die oben beschriebenen Defizite in der damals vorherrschenden akademischen Theologie zu sehen sind.

87Maczewski, 59.

88Ebd..

89Zur Rolle der Laien vgl. Giannakopoulos, 228-232, Maczewski, 66f.. Giannakopoulos diskutiert in diesem Kontext ausführlich, ob es sich bei der Bewegung um eine Sekte handele. (Vgl. ebd. 232-247.) Für unseren Zusammenhang ist diese Diskussion jedoch nicht weiter relevant.

90Ein Beispiel hierfür ist die für katechetische Aufgaben zuständige »Apostoliki Diakonia«.

91Als Überschrift über sein Kapitel über die Zoi-Bewegung in , 151-176 wählt er »Eine Häresie im Bereich der Ekklesiologie«. Yannaras setzt sich dort auch ausführlich mit den kulturellen und gesellschaftlichen Auswirkungen des Wirkens der Zoi auseinander.

Zweites Kapitel
Umbrüche
I.Einflussfaktoren

In den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts wurde in Griechenland das Ungenügen der bisher geltenden Theologie und Frömmigkeit immer stärker empfunden.92 Als Wegbereiter für die entscheidenden Veränderungen, die mit der Theologengeneration von Nellas, Zizioulas und Yannaras auf den Weg kamen, sind mehrere Faktoren zu nennen, die sich zunächst außerhalb Griechenlands zeigten.

1.Entwicklungen innerhalb der westlichen Theologie

Es waren zunächst Entwicklungen innerhalb der westlichen Theologie, die wesentlich zu den Veränderungen innerhalb der orthodoxen Theologie beitrugen. Es sind dies die Entwicklungen, die in der katholischen Kirche schließlich ihren Niederschlag und ihre offizielle Anerkennung im Zweiten Vatikanischen Konzil fanden: Zu nennen ist in erster Linie das wiedererwachende Interesse an den Kirchenvätern und an der byzantinischen mystischen Tradition. Parallel wandte man sich neu der Bibel und der Liturgie zu. In der Patristik und der Ekklesiologie sind diese Entwicklungen mit den Namen E. Mersch, Jean Daniélou, Yves Congar, Henri de Lubac und den Benediktinern von Chevetogne u.a. verbunden, im Bereich der Liturgie und der Geschichte der Alten Kirche mit G. Dix, Odo Casel, Werner Elert u.a.. Die Hinwendung zu den Quellen, die das wiedererwachte Interesse an Bibel, Kirchenvätern und Liturgie verbindet und kennzeichnet, hatte vor allem eine veränderte theologische Methodik zur Folge, mithilfe derer die westliche Theologie Engführungen in ihrer eigenen theologischen Tradition zu überwinden suchte. Insbesondere bei den genannten Theologen der »Nouvelle Théologie« verbindet sich mit dieser Wende zudem ein Anliegen, das auch Nellas, Yannaras und Zizioulas zutiefst bestimmt. Entgegen der scholastischen Schultheologie, deren »Lebensferne« sie zu überwinden trachtete, und entgegen der sich gegenüber der modernen Welt stets misstrauisch abgrenzenden Haltung Roms suchten die Theologen der »Nouvelle Théologie« einen Weg, im Rückgriff auf die Quellen die Heilige Schrift und die Tradition der Kirchenväter mit der modernen Philosophie und den Ergebnissen der modernen Naturwissenschaften zu verbinden.

Auf die Parallelen der Entwicklungen in Ost und West in dieser Zeit hat vor allem Ioannis Zizioulas hingewiesen.93 Er hat auch wiederholt herausgestellt, dass die von den meisten gegenwärtigen östlichen Theologen positiv gewürdigten Entwicklungen innerhalb der eigenen Theologie sich vor allem den entsprechenden Bewegungen innerhalb der westlichen Theologie verdanken. Zizioulas hebt diesen Punkt entgegen Tendenzen in der neueren griechisch-orthodoxen Theologie, die sehr stark zwischen Ost und West polarisieren, besonders hervor. Sie neigen - komplizierte Sachverhalte auf ein einfaches Gut-Böse-Schema verkürzend - dazu, »den Westen« (statt der Zerrformen einer »verwestlichten« orthodoxen Theologie) zum Feindbild zu erklären und setzen dabei oft mit erstaunlicher Ignoranz gegenüber den Entwicklungen im Westen westliche Theologie mit der Neuscholastik gleich.94

2.Russische Theologen in der Diaspora

Erheblichen Anteil an den Umbrüchen in der griechischen Theologie hatten weiterhin die russischen Theologen, die nach der Russischen Revolution nach Frankreich bzw. Amerika emigrierten. Zu nennen sind hier die Namen derjenigen Theologen, die über lange Zeit als die Vertreter moderner orthodoxer Theologie galten: Paul Evdokimov, Sergej Bulgakov, Alexander Schmemann, Nikolas Afanas'ev, John Meyendorff und vor allem auch Vladimir Lossky und Georges Florovsky.95

Mit den Namen dieser orthodoxen Exiltheologen verbinden sich die Zentren ihrer Aktivität: das Theologische Institut St. Serge in Paris und das St. Vladimir's Seminary in New York.96 Durch diese Theologen trat die Orthodoxie in einer neuen Weise mit dem Westen in Kontakt. Gerade in den beiden Zentren Paris und New York ergaben sich vielfältige persönliche Kontakte zwischen einzelnen Vertretern beider Gruppen.97 Theologen der östlichen Tradition lernten hier westliche Theologie ihrer Zeit neu kennen, vor allem auch das im Westen neu erwachte Interesse an der griechischen Kirchenvätertradition. Ihrerseits machten die orthodoxen Theologen die eigene theologische Tradition im Westen neu bekannt. Diese Kontakte prägten und fanden ihren fruchtbaren Niederschlag in der erneuerten Form moderner orthodoxer Theologie, die die genannten orthodoxen Theologen entwickelten und auf die noch näher einzugehen ist.

3.Ökumenische Bewegung

Schließlich hat auch die Ökumenische Bewegung einen entscheidenden Beitrag zur Entwicklung der orthodoxen Theologie des 20. Jahrhunderts beigetragen. Insbesondere im Rahmen der Arbeit des Ökumenischen Rates der Kirchen (dort vor allem in der Kommission für Glaube und Kirchenverfassung »Faith and Order«) wurden die beteiligten orthodoxen Theologen mit einer Reihe neuer ekklesiologischer Fragen konfrontiert. Besonders Hamilkar Alivisatos und Georges Florovsky haben nicht nur durch ihre eigene Arbeit, sondern auch durch die der Schüler, die sie betreuten, einen bedeutsamen Beitrag dazu geleistet, dass die orthodoxe Theologie auf die Herausforderung der Ökumenischen Bewegung antworten konnte.98 Umgekehrt wird auch die Ökumenische Bewegung durch den neu entstehenden Austausch zwischen ostkirchlichen und westlichen Theologen befruchtet, zumal es auf orthodoxer wie auch auf protestantischer und katholischer Seite oft dieselben Personen sind, die sowohl für die Neuaufbrüche in der Theologie stehen und als auch sich im Ökumenischen Dialog engagieren.

II.Kontakte
1.Kontakte im universitären Bereich

Die erwähnten Entwicklungen im Ausland wurden zunehmend auch durch griechische Theologen wahrgenommen. Vor allem durch ihr Studium im Ausland, in Frankreich, Amerika, Deutschland und der Schweiz kamen junge griechische Theologen in Kontakt mit den führenden russischen Theologen der Diaspora sowie mit katholischen und protestantischen Theologen, die versuchten, in der Theologie neue Wege zu gehen. Auch Nellas, Yannaras und Zizioulas absolvierten einen Teil ihrer Studien im Ausland. Die Liste ihrer akademischen Lehrer liest sich als Liste der großen Namen der Theologen dieser Zeit. Über den normalen Wissenschaftsbetrieb hinaus waren es vor allem solche direkten Kontakte, durch die die Neuerungen nach und nach Einzug in die universitäre Theologie Griechenlands hielten. Einen entscheidenden Beitrag zur Verbreitung der modernen Ansätze in Griechenland leistete hierbei ein inoffizieller Theologenkongress, zu dem sich jährlich junge Theologen, von denen die meisten im Ausland studiert hatten, wechselnd in verschiedenen Diözesen Griechenlands trafen.99

2.Kontakte im außeruniversitären Bereich

Eine wichtige Rolle für den theologischen Werdegang von Nellas und Yannaras und viele andere ihrer Generation spielte ein Kreis von Theologen, anderen Intellektuellen und Künstlern, der sich um den Philosophen und Theologen Dimitris Koutroubis (1921-1983) bildete. Diese »mit ‚Mythen' umwobene Persönlichkeit«100 mit einer bewegten Biographie ist zwar heute sogar bei griechischen Theologen weitgehend in Vergessenheit geraten; Koutroubis hat jedoch seine Schüler menschlich wie theologisch so stark geprägt, dass Yannaras die moderne griechische Theologie in »die Zeit vor und die Zeit nach Koutroubis« einteilt.101

Dimitris Koutroubis studierte zunächst Medizin in Athen. Nach einer schweren Krankheit wandte er sich zunehmend theologischen Fragen zu. In dieser Zeit befasste er sich intensiv mit ignatianischer Spiritualität, konvertierte schließlich zum katholischen Glauben und trat in den Jesuitenorden ein. Er ging ins Ausland und verbrachte dort viele Jahre. Zunächst studierte er Philosophie in Oxford und Theologie in Lyon. Dort kam er in Kontakt mit bedeutenden Theologen seiner Zeit. Teilhard de Chardin, Jean Daniélou und Henry de Lubac gehörten zu seinen Lehrern. Später wurde Koutroubis Philosophieprofessor in Beirut. In dieser Zeit wandte er sich wieder stärker dem orthodoxen Glauben zu, trat aus dem Jesuitenorden aus, gab seine Philosophieprofessur in Beirut auf und kehrte nach Athen zurück, wo er mittellos in sehr einfachen Verhältnissen lebte. Menschlich wie theologisch gehörte er zu den herausragenden Persönlichkeiten seiner Zeit. Koutroubis starb 1983 in England.

Über Elias Mastrojannopoulos, eine der führenden Gestalten in der Zoi-Bewegung, hatte Koutroubis Kontakt zur Zoi-Bruderschaft bekommen, deren weiteres Schicksal er bedeutend beeinflusste. »Es ist allgemein anerkannt, dass seine [Koutroubis'] Präsenz und die 'Schule', die er schuf, … zu den entscheidenden Faktoren gehörten, die in den vergangenen Jahren die pietistischen Bewegungen durcheinandergebracht und geschwächt haben.«102 Vor allem in den Kreisen der jüngeren Mitglieder der Zoi-Bewegung wurden in dieser Zeit zunehmend die Defizite der Bewegung wahrgenommen. Es gab daraufhin zunächst innerhalb der Zoi-Bruderschaft Bemühungen um eine Neuorientierung und um eine intensivere Auseinandersetzung mit theologischen Fragen. Durch Koutroubis kamen die jungen Theologen zum ersten Mal mit dem Gedankengut seiner theologischen Lehrer in Berührung. Er übersetzte die russischen Theologen der Diaspora und brachte seinen Schülern fast vergessene geistliche Schriftsteller wie Gregorios Palamas und Nikolaos Kabasilas nahe.

»Es waren just die Einführung eines für die 'Zoi'-Verhältnisse revolutionären theologischen Denkens, dessen Hauptvertreter die russischen Theologen der Diaspora (Florovsky, Meyendorff, Schmemann, Lossky, Evdokimov usw.), aber auch römisch-katholische Theologen des Formats eines Teilhard de Chardin, Daniélou usw. …, die theologische Armut und Desorientierung (in orthodoxer Hinsicht) der gesamten 'Zoi'-Bewegung und ihrer theologischen Grundlagen bloßstellten. …

Erst durch die Diskussionen und Kontakte mit Koutroubis wurde vor allem den jungen Kadern der Bruderschaft deren pietistischer Geist und vor allem ihre Provinzialität deutlich.«103

Die Differenzen in der Zoi-Bewegung spitzten sich - auch durch den Einfluss von Koutroubis - zu und führten schließlich zu der oben bereits erwähnten Austrittswelle junger Theologen aus der Bruderschaft. Nach ihrem Austritt aus der Bruderschaft bildete sich ein Kreis von Theologen und anderen Intellektuellen und Künstlern um Koutroubis, der zu einem wichtigen außeruniversitären Diskussionsforum der neuen Theologie wurde. Zu diesem Kreis gehörten auch Panagiotis Nellas und Christos Yannaras.

1964 bis 1967 erschien vierteljährlich die Zeitschrift »« (Synoro – »Grenze«). Ihre Redaktion wurde von Mitgliedern aus dem Kreis um Koutroubis gebildet. Sie wollte im Grenzgebiet zwischen Theologie und Wissenschaft, »zwischen systematischer Reflexion und künstlerischen Ausdruck, zwischen orthodoxer Tradition und zeitgenössischem Denken und zeitgenössischer Kunst« angesiedelt sein.104 Die Autoren bedienten sich – ungewöhnlich für eine theologische Zeitschrift in der damaligen Zeit – der Volkssprache »Dhimotiki« und setzten auch dadurch ein deutliches Zeichen. Themen, mit denen sie sich auseinander setzte, waren »Orthodoxie und Marxismus« oder »Orthodoxie und Atheismus«. So trug der Kreis um Koutroubis mit dazu bei, dass die Neuerungen in der Theologie nicht nur auf die Theologie beschränkt blieben, sondern in weiteren Kreisen rezipiert wurden.

92Obwohl, wie oben erwähnt, bereits beim Ersten orthodoxen Theologischen Kongress 1936 in Athen viele der erwähnten Probleme der neuzeitlichen orthodoxen Theologie klar erkannt wurden und auch Lösungsansätze für eine Überwindung der Krise vorgeschlagen wurden, wurden diese in der griechischen Theologie noch kaum rezipiert.

93»Ciò che Chomjakov probabilmente non previde, nell’avanzare la sua antitesi tra Oriente e Occidente, fu che un giorno anche l’Occidente avrebbe cercato di superare la sua 'cattività babilonese' e di risalire alle sue fonti.«, Ortodossia, 6. Parallelen zeigen sich auf den verschiedensten Ebenen, zwischen einzelnen Theologen ebenso wie in den Reaktionen und anfänglichen Widerständen seitens der Kirchenleitung. Es wäre lohnend, die Parallelen der Entwicklungen im Einzelnen genauer zu untersuchen, etwa den Ähnlichkeiten in der Theologie von Zizioulas und Rahner unter dem Blickwinkel ihrer zeit- und theologiegeschichtlichen Prägung nachzugehen.

94Solche Tendenzen im heutigen Griechenland, die sich oft auch mit bestimmten politischen Interessen vermischen, werden polarisierend gegenübergestellt von M. Begzos in seinem Aufsatz: Die Rezeption der Aufklärung in Griechenland, a.a.O. In Abgrenzung von solchen Gruppen zeigt Zizioulas durchgängig in allen seinen Schriften eine sehr große Wertschätzung der genannten westlichen Theologie Zu einer Polarisierung zwischen Ost und West hatte schon die Bewegung der Slawophilen in Russland geneigt. Mit einem kleinen ironischen Seitenhieb auf Chomjakov und diese Bewegung bemerkt Zizioulas: »Anche se questo avrebbe molto sorpreso Chomjakov, rimane nondimeno vero che il ritorno alle antiche fonti patristiche, che ha segnato la teologia occidentale nel nostro secolo, è in gran parte responsabile della rinascita teologia ortodossa.«, Ortodossia, 6.

95Die Eucharistie, 173.

96Das Institut St. Serge wurde 1924 von russischen Exiltheologen, darunter auch Bulgakov eröffnet. Im gleichen Jahr kam Lossky nach Paris. Ein Jahr später wurde Florovsky nach Paris berufen. Zu St. Serge vgl. Ch. Künkel: Totus Christus. Die Theologie Georges V. Florovskys, Göttingen 1991 (= Forschungen zur systematischen und ökumenischen Theologie; 62), 58ff, vor allem 61; zu St. Vladimir’s: ebd. 79 ff, dort auch weitere Literatur; D. A. Lowrie: S. Sergiius in Paris. The Orthodox Theological Institute, London 1954; F. Heyer: Geschichte der orthodoxen Kirche in Amerika, in: KO 5 (1962), 9-50.

97Vgl. hierzu O. Clément: Orthodoxie et modernité, in: Actes du colloque sur l’orthodoxie dans le monde (27.-28.02.1984), Paris 1984, 36-47. Lossky war z. B. mit Daniélou befreundet. Vgl. J. Freitag: Geist -Vergessen – Geist-Erinnern: Vladimir Losskys Pneumatologie als Herausforderung westlicher Theologie, Würzburg 1995, 2247.

98Ortodossia, 7. Alivisatos und Florovsky hatten auch über die Ökumenische Bewegung hinaus großen Einfluss auf die hier beschriebenen Veränderungen innerhalb der griechischen Theologie. Sie hatten bereits den Ersten Theologischen Kongress in Athen 1936 entscheidend mitgeprägt. Alivisatos war maßgeblich an der Vorbereitung beteiligt und hielt dort den Eröffnungsvortrag, in dem er ähnliche Töne wie Florovsky anschlug.

99Yannaras: Theology, 210.

100Giannakopoulos, 321736. Dort auch weitere deutschsprachige Informationen zur Person Koutroubis’ und seine Bedeutung für die theologische und ethische Erneuerung der Zoi-Bruderschaft. Vgl. außerdem ausführlicher Yannaras, , 308-312; D. Mavropoulos: (1921–1983) (Dimitris Koutroubis), in: Synaxi 2 (1983), 31-35 (im gleichen Band auch weitere Artikel); Spiteris, 257f.. 301f..

101Yannaras, (Dimitris Koutroubis), in: Synaxi 2 (1983), 6.

102Yannaras: Theology, 211.

103Giannakopoulos, 321.

104Yannaras: Theology, 211.

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