Barbara Ittenhausen

Barbara Ittenhausen zeichnet das Porträt einer Frau, die zwischen Herkunft und Selbstentwurf ihren Weg sucht. In fein geschichteten Szenen verfolgt der Roman Barbaras langsame Ablösung von familiären Loyalitäten, die Macht subtiler Erwartungen und die Eigensinnigkeit ihrer Entscheidungen. Wuttke-Biller kombiniert eine schnörkellos präzise, bisweilen aphoristische Prosa mit dialogischen Passagen und leisen inneren Monologen; Einschübe aus Briefen und Notizen erweitern die Perspektive. Im literarischen Kontext knüpft das Buch an die Tradition des psychologischen Gesellschaftsromans und der modernen Bildungsprosa an, ohne deren Muster unkritisch zu übernehmen. E. Wuttke-Biller schreibt mit sichtbar recherchierendem Blick: Topografien, Berufsidiome und soziale Mikropraktiken sind mit einer Aufmerksamkeit für Details dargestellt, die auf längere Beobachtung verweist. Die wiederkehrenden Motive von Erinnerung, Klassenerfahrung und weiblicher Handlungsfähigkeit legen nahe, dass die Autorin oder der Autor sowohl literarische wie zeitdiagnostische Anliegen verfolgt und Erfahrungen aus unterschiedlichen Milieus produktiv verschränkt. Empfehlenswert ist Barbara Ittenhausen all jenen, die erzählerische Präzision, psychologische Tiefenschärfe und gesellschaftliche Reflexion schätzen. Das Buch eignet sich für aufmerksames, wiederholtes Lesen, für Seminare zu Identität und Erinnerung ebenso wie für Leserinnen und Leser, die eine anspruchsvolle, aber zugängliche Figurenstudie suchen.