Kitabı oku: «Flora Flitzebesen - Sammelband 2 in 1»

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In dieser Reihe erschienen:


eISBN 978-3-649-66860-2


eISBN 978-3-649-66861-9


eISBN 978-3-649-67061-2


eISBN 978-3-649-62323-6


eISBN 978-3-649-63100-2

www.flora-flitzebesen.de

eISBN 978-3-649-63359-4

© 2019 Coppenrath Verlag GmbH & Co. KG,

Hafenweg 30, 48155 Münster

Alle Rechte vorbehalten, auch auszugsweise

Text: Eleni Livanios

Illustrationen: Eleni Livanios

Lektorat: Lea Daume

Satz: FSM Premedia GmbH & Co. KG, Münster

www.coppenrath.de

Das Buch erscheint unter der ISBN 978-3-649-63336-5.

Inhalt

Morgens in Hexenrosental

Das Besenwettfliegen

Mutproben

Im Efeuwald

Das Magische Tierhaus

Floras Wut auf Turdus

Der Geheimbund

Die Geheimmission

Lügen, nichts als Lügen

Nux und Borax sind verschwunden

Auf der Nebelburg

Irrlichter und Riesenkürbisse

Spaziergang mit Wasserdrachen

Der flauschig weiche Igel

Kringel ist verschwunden!

Prasselnder Hagel

Geburtstag bei Blitz und Donner

Salix Capreo, der Erfinder

Hochwasser und Eiszeit

Der Wetterhexe auf der Spur

Ranas Geheimnis

Der große Sturm

Eine schwierige Entscheidung

Bei den Wetterhexen

Suchaktion in Hexenrosental

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Morgens in Hexenrosental

Kater Kringel lag zusammengekuschelt am Ende des Bettes. Er schlief noch tief und fest, aber Flora wurde gerade wach. Sie gähnte lange, dann streckte sie sich und vergrub ihre nackten Zehen in Kringels flauschigem Fell. Wie wunderbar weich sich das anfühlte. So musste ein Morgen beginnen!

Kringel öffnete langsam die Augen, erhob sich und machte einen Katzenbuckel. Dann tapste er auf weichen Pfoten über die Bettdecke ganz nahe an Floras Gesicht heran. Vorsichtig stupste er sie mit der Nase an und rieb dann seinen kleinen Kopf an Floras Stirn. Kringel war ein richtiger Kuschelkater. Jeden Morgen musste er ganz ausgiebig gestreichelt und gekrault werden, sonst ließ er Flora erst gar nicht aufstehen.

Doch schließlich schob Flora den Kater zur Seite und warf schwungvoll die Decke zurück, sodass ihr Hexenhut, der über den Bettpfosten gestülpt war, sich ein paar Mal drehte. „Komm, Kringel, wir machen jetzt einen Spazierflug“, rief sie lachend.

Flora schlüpfte aus ihrem Nachthemd und zog sich in Windeseile ihre Hose und das Flickenkleid an. Dann schnappte sie sich ihre Stiefeletten und setzte den löchrigen Hexenhut auf. Flora liebte diesen Hut, auch wenn er schon sehr alt und schäbig war, aber niemals würde sie ihn gegen einen neuen eintauschen. Zum Schluss hängte sie sich den bunten Stoffbeutel quer über die Schultern und Kringel sprang mit einem Satz hinein.

„Es kann losgehen“, sagte Flora zu Kringel und griff nach ihrem Besen, der an der Wand lehnte. Der Kater ließ ein zufriedenes Miauen hören. Spazierflüge liebte er. Und welcher Kater hatte schon die Möglichkeit, die Welt von so hoch oben zu betrachten? Ja, von einem Baum aus vielleicht, aber das war schließlich nichts Besonderes. Bei Flora Floribunda mitfliegen zu dürfen, das war hingegen ein Erlebnis!

Von der Fensterbank war ein Krächzen zu hören. Zwei Raben hatten sich darauf niedergelassen. Es waren Nux und Borax, die frechen Raben, die auf dem Hausdach wohnten. „Wohin willst du denn schon so früh?“, fragte Nux neugierig.

„Kringel und ich machen eine Runde über die Stadt“, antwortete Flora. „Heute ist doch das große Besenwettfliegen, hast du denn da noch Zeit für einen Spazierflug?“, wunderte sich Borax. Nux und Borax waren wohl die neugierigsten Raben weit und breit, es gab nichts, in das sie nicht ihre gelben Schnäbel hineinsteckten.

„Ach, der Wettkampf geht doch erst am Mittag los“, antwortete Flora gelassen. Sie war inzwischen neben die Raben auf die Fensterbank gestiegen, schwang ein Bein über den Besenstiel und stieß sich kräftig mit den Füßen ab. Schwups, erhob sich der Besen in die Luft. „Wir sehen uns nachher!“, rief sie den beiden Vögeln zu.

Dann sauste sie auch schon davon. Zuerst drehte Flora eine kleine Runde über Omimis Garten. Die Wiese war getupft von herabgefallenem buntem Laub. Der Herbst war im Anmarsch. Flora flog höher und ließ den Besen über all die grasbewachsenen Hausdächer des Grasdachviertels fliegen. Es war noch früh am Morgen und ein Samstag, die meisten Hexenkinder schliefen noch.

„Kringel, aufgepasst“, sagte Flora. „Jetzt machen wir einen Flitzeflug, dass es nur so zischt.“

Die kleine Hexe beugte sich vor und schnalzte mit der Zunge. Sofort bäumte sich der Besen ein wenig auf und sauste los. Pfeilschnell schoss er durch die Luft. Flora lachte begeistert. Sie lehnte sich weit nach vorn, damit der Besen noch schneller wurde. Wie herrlich es war, wenn einem der Wind so um die Ohren pfiff. Flora liebte das. „Ich lass meinen Besen flitzen“, sang Flora lauthals.

„Spinnen kommen aus den Ritzen,

um zu sehen, wie ich zische

durch die Morgenluft, die frische!“

Dann kicherte Flora, denn ihr gefiel, was sie eben gedichtet hatte. Sie ließ den Besen nun langsamer fliegen und bald schwebte er ganz gemächlich dahin.

„Schau mal, Kringel“, rief Flora. „Da unten geht Omimi.“

Kringel stieß ein lautes Miauen aus, aber Omimi hörte ihn nicht. Eigentlich waren unter ihnen nur ein riesiger Hexenhut zu sehen und ein knallgelber Rock, der sich bei jedem Schritt unter der Krempe hervorbauschte. Aber Flora erkannte gelbe Rosen und nur Omimi schmückte ihren Hexenhut mit gelben Heckenrosen.

Omimi überquerte gerade mit langen Schritten den Marktplatz und steuerte geradewegs auf das Café Klatschmohn zu, das alle Bewohner der Stadt nur Klatschcafé nannten, weil man sich hier bei einer Tasse Kräutertee den neuesten Klatsch und Tratsch erzählte. An einem der Tischchen saßen drei alte Hexen beisammen und winkten Omimi eifrig zu sich.

Als Nächstes flog Flora über das Türmchenviertel hinweg, dann über das Windmühlenviertel und schließlich weiter über das Wasserviertel mit den vielen Wasserkanälen zwischen den Häuserzeilen. Dann lenkte sie ihren Besen zurück nach Hause zum Grasdachviertel.


Als Flora wieder über den Marktplatz flog, waren alle Tischchen des Klatschcafés leer. Omimi und ihre Freundinnen waren wohl schon nach Hause gegangen.

„Jetzt müssen wir uns beeilen, Kringel, gleich gibt’s Frühstück“, sagte Flora und ließ ihren Besen wieder etwas schneller fliegen.

Aus der Küche strömte der Duft von frischem Kräutertee und warmen Brötchen.

„Guten Morgen“, rief Flora fröhlich zur Haustür herein und landete ihren Besen direkt auf der Schwelle.

Omimi stellte gerade einen Korb mit frischen Hexenwecken auf den Tisch. „Wo warst du denn schon so früh?“, fragte sie.

„Draußen. Frische Luft tanken, um wach zu werden.“ Flora lehnte ihren Besen an die Wand und Kringel sprang auf den Tisch.

Genüsslich rekelte er sich zwischen Teetassen und Marmeladengläsern. Anemona Floribunda, Floras Mama, lachte. Sie streckte die Hand aus und streichelte Kringel, der gleich zu schnurren begann.


„Ich dachte, du schläfst heute mal aus, du musst doch gut ausgeruht sein für den Wettkampf heute Nachmittag“, sagte sie zu Flora.

„Ich bin ganz frisch und munter“, antwortete Flora vergnügt.

Omimi goss allen der Reihe nach Kräutertee in die Tassen.

„Hm, ich hab sogar richtig Lust aufs Frühstück“, verkündete Flora und schnappte sich einen Wecken.

Mama war überrascht. „Das ist ja ganz was Neues. Sonst bringst du doch morgens fast nie etwas runter.“

„Stellt euch vor, was ich im Klatschcafé gehört habe“, unterbrach Omimi sie. „Turdus Merula hat eine Entdeckung gemacht.“

Flora spitzte die Ohren. Turdus war in der ganzen Stadt bekannt, denn der Hexenrat hatte ihn damit beauftragt, sich um die magischen Tiere im Hexenrosenstädtchen zu kümmern.

„Was für eine Entdeckung?“, wollte auch Mama gleich wissen.

„Turdus hat herausgefunden, dass es magische Fledermäuse gibt. Er hat sie in irgendeiner Grotte gefunden und ganz viele von ihnen eingesammelt. Dabei hat er entdeckt, dass diese Fledermäuse wie Wärmelampen funktionieren. Turdus hängt nun überall solche Fledermäuse auf und will im Winter ganze Häuser mit ihnen beheizen.“ „Tolle Erfindung“, murmelte Mama und biss in einen Hexenwecken. „Und den Fledermäusen macht es nichts aus, irgendwo hängen zu müssen, um Wärme abzugeben?“, fragte Flora.

„Nein, ganz bestimmt nicht“, meinte Omimi. „Die hängen doch tagsüber ohnehin kopfüber an den Wänden und schlafen.“

Dann zog sie die Stirn in Falten. Kringel war nämlich gerade dabei, die Butter von Floras Brot zu lecken.

„Kringel!“, schimpfte Flora. „Wenn man dich mal einen Moment aus den Augen lässt …!“

Nach dem Frühstück hatte Flora jede Menge zu tun. Sie nahm ihren Flugbesen und ein schwarzes Döschen von der Küchenkommode und ging damit nach draußen. Ihren Besen legte sie über die Gartenbank und begann, den Stiel mit einer giftgrünen Salbe einzureiben. Kringel rollte sich im Gras zusammen und döste ein wenig.

Da ließen sich Nux und Borax auf der Lehne der Gartenbank nieder.

„Was machst du denn da?“, krächzte Borax.


Flora zuckte zusammen. „Nux, Borax, habt ihr mich erschreckt! Müsst ihr immer so lautlos anflattern?“

„Lautlos flattern ist unsere Spezialität“, sagte Borax stolz. „Nux und ich sind die einzigen Raben, die das können.“

„Was stinkt denn da so entsetzlich?“, fragte Nux.

„Das ist die Flugsalbe“, antwortete Flora. „Ich reibe damit meinen Besen ein. Flugsalbe lässt ihn schneller losflitzen.“

„Aber du fliegst doch auch so sehr schnell“, wandte Nux ein. „Was brauchst du da noch Salbe?“

„Alle Teilnehmer des großen Besenwettfliegens machen das so“, antwortete Flora. „Und es ist das erste Mal, dass ich mitfliegen darf. Da überlasse ich doch nichts dem Zufall, nicht wahr, Kringel?“ Flora beugte sich zu ihrem Kater hinunter, aber der öffnete nur müde ein Auge und schlief gleich wieder ein.

„Fauler Kater“, murmelte Flora. „Aber du wirst schon sehen. Heute wird ein aufregender Tag werden. Da wirst du die Augen aufreißen!“



Das Besenwettfliegen

Als Flora kurz vor Mittag zusammen mit ihrer Mama und Omimi auf der großen Wiese hinter dem Hexenrosenstädtchen ankam, hatten sich schon ganz viele Hexen und Hexer versammelt.

Mitten in dem Getümmel kam Hille, die kleine Helfe, angeflattert und ließ sich auf Floras Schulter nieder.

„Hille!“ Flora strahlte. „Danke, dass du den weiten Weg vom Birkenwald hierhergeflogen bist.“

„Das ist ja wohl ganz klar. Ich muss doch meiner besten Freundin zusehen, wenn sie zum ersten Mal in ihrem Leben beim großen Wettfliegen mitmacht!“, sagte Hille. Die kleine Helfe hatte eine schmale Gestalt und hauchzarte durchsichtige Flügel auf dem Rücken. Ihre Stimme aber passte so gar nicht zu ihr. Sie klang immer ein bisschen heiser und ein wenig zu tief für ein so kleines zartes Wesen.

„O sind da viele Hexen“, sagte Hille.

Flora nickte und sah sich mit großen Augen um.

Da ertönte die Stimme von Punica Granata, der Oberhexe: „Liebe Bewohner des Hexenrosentals, ich begrüße euch ganz herzlich zum alljährlichen Besenwettfliegen! Teilnehmen dürfen alle Hexen und Hexer zwischen 8 und 888 Jahren.“

„Ich glaube, es geht bald los“, sagte Hille. „Ich fliege rauf zur Linde. Da sitzen auch Nux und Borax. Ich werde dir von dort aus zusehen.“ Flora nickte erneut. Inzwischen war sie so aufgeregt, dass sie kaum noch sprechen konnte.

Die Oberhexe fuhr fort: „Dieses Jahr haben wir uns etwas Besonderes einfallen lassen. Es geht nicht nur um Schnelligkeit, sondern auch um Geschicklichkeit …“

Flora hörte nur mit halbem Ohr zu. Das wusste sie doch schon alles von Mama und Omimi. Der erste Teil des Wettbewerbs würde ein Hindernisfliegen sein, und wenn man alle Hindernisse überwunden hatte, flog man, so schnell man nur konnte, über die weite Mohnblumenwiese. Wer danach als Erster durch das große Spinnennetz am Ende der Wiese flog, war der Sieger.

Flora beobachtete einen blonden Hexenjungen, der neben ihr am Start stand. Sie hatte ihn noch nie hier im Tal gesehen. Genau wie sie hatte er seinen Besen startbereit zwischen die Beine geklemmt. Er trug eine lange ärmellose Strickjacke, deren Taschen ganz ausgebeult waren. Darin befanden sich wohl unzählige Dinge und die Weste schien ziemlich schwer zu sein.


„Was hast du denn alles in deinen Taschen?“, fragte Flora neugierig. „Lauter brauchbares Zeug, mit dem man gut hexen kann“, sagte der Junge.

„Und das schleppst du alles immer mit dir herum?“, fragte Flora. „Immer!“, antwortete der Junge.

Flora legte den Kopf schief. „Die schwere Jacke wird dich beim Fliegen bremsen“, meinte sie.

Der Junge riss die Augen auf. „Du hast völlig recht, danke!“ Im nächsten Augenblick rief er: „Lilia, komm mal her!“

Ein kleines Hexenmädchen kam angerannt. Es hatte genauso zerzaustes blondes Haar und dunkle, lebhafte Augen wie der Junge und nahm ihm die schwere Strickjacke ab.

„Das war eine meiner fünf Schwestern“, erklärte der Junge. „Ich heiße übrigens Laurus Nobilis, ich bin neu hier im Hexenstädtchen. Meine Familie ist in den Sommerferien hierhergezogen.“

„Ich bin Flora Floribunda“, sagte Flora.

„Macht euch bereit, Teilnehmer!“, rief die Oberhexe nun. „In wenigen Augenblicken ertönt der Startpfiff!“

Floras Herz begann, ganz heftig zu schlagen. Sie umklammerte den Besenstiel und sah sich noch einmal um. Der blonde Junge lächelte ihr freundlich zu und sie lächelte zurück.

„Achtung, fertig … LOS!“ Ein Pfiff schrillte durch die Luft, Flora stieß sich kräftig mit den Füßen vom Boden ab und der Besen schoss empor.

Flora lehnte sich weit nach vorn und fühlte den Wind über ihren Rücken zischen. Vor ihr flogen ein paar Hexen, neben ihr ebenfalls, es war alles sehr eng und Flora musste gut aufpassen. Laurus war eine Zeit lang neben ihr, aber dann hatte sie ihn aus den Augen verloren. Nun kam das erste Hindernis: sieben Trauerweiden, die ganz dicht beieinanderstanden. Man musste so schnell wie möglich durch die hängenden Zweige hindurchfliegen. Das war gar nicht so einfach, denn die Weiden waren von der Oberhexe verzaubert worden und plötzlich begannen sich alle Baumkronen zu drehen wie Karussells. Die Weidenzweige rauschten im Kreis und strichen einem weich übers Gesicht. Man wurde ganz taumelig davon, und nicht wenige der Hexen wussten plötzlich nicht mehr, in welche Richtung sie fliegen sollten. Flora zog die Schultern hoch und kniff die Augen fest zusammen. Einfach geradeaus durch, sagte sie sich immer wieder. Schließlich hatte sie es geschafft. Sie spürte keine Weidenzweige mehr und öffnete die Augen.

Majoranus, der Sohn des Zeitungsmachers, flog jetzt vor ihr. „Das war lächerlich einfach“, rief er Flora großspurig zu. Flora schnalzte mit der Zunge und ihr Besen wurde schneller. Im Flitzeflug überholte sie Majoranus, doch der gab ebenfalls Gas und eine Weile waren beide Besen Stiel an Stiel. Dann fiel Majoranus ein bisschen zurück, blieb aber immer dicht hinter Flora.

Weiter ging’s den Fluss entlang über die Schafweiden bis zu den Donnerfelsen. Als Flora die Felsen erreicht hatte, tauchte ein Hexer mit langen unordentlichen Haaren neben ihr auf. Sein dunkelgrauer Umhang flatterte wie ein knatterndes Segel hinter ihm her. Flora wusste sofort, wer das war: Turdus Merula, der bekannte Leiter des Magischen Tierhauses!

Der Hexer flog immer dichter an Flora heran, sodass sie kaum noch Platz hatte. Links neben ihr ragte die steile Felswand auf! Fast hätte Flora den Stein mit ihrem Ellenbogen gerammt. Konnte Turdus denn nicht aufpassen? „Heee!“, rief sie empört aus. Aber Turdus schien sie nicht zu hören und auch nicht zu sehen. Sie musste ihn wohl oder übel an sich vorbeilassen. Nun flog er vor ihr und Flora ärgerte sich. Das war doch Absicht gewesen!

Aber ihr blieb nicht viel Zeit zum Grübeln, denn wenig später ragten spitze Felsen, hoch wie Türme, vor ihnen auf. Im Zickzack musste man zwischen ihnen hindurchfliegen. Flora legte sich ordentlich in die Kurven und rauschte so an allen Hindernissen vorbei. Nach der letzten Felsenspitze blickte sie einmal kurz über ihre Schulter. Hinter ihr war nun niemand mehr zu sehen. Nur ein Stück weiter vorn erkannte Flora Turdus.


Flora streichelte sanft über das Holz des Besenstiels. „Lieber, guter Besen, flieg, so schnell du kannst. Gib alles!“ Floras Besen zischte rasend schnell durch die Luft.

Beim letzten Hindernis lag sie mit dem Hexer fast gleichauf. Eine Grotte tat sich vor Flora auf. Sie steuerte ihren Besen direkt darauf zu, doch der bäumte sich plötzlich auf und wich zur Seite. „Jetzt komm schon“, rief Flora ungeduldig. Noch mal lenkte sie ihren Besen auf den Grotteneingang zu und diesmal flog er in die kohlschwarze Grotte hinein. Es war so dunkel. Flora konnte nicht die Hand vor den Augen sehen. Und es war laut. Von überall hörte man es tropfen und es hallte von den Höhlenwänden wider. Sie wusste, dass die Grotte sehr groß und breit war, und hatte daher keine Angst, an den Wänden anzustoßen. Trotzdem spürte sie ab und zu, wie etwas sie am Arm oder Kopf streifte. Waren das Fledermäuse oder die anderen Hexen, die an ihr vorbeiflogen? Flora biss die Zähne zusammen und endlich sah sie Licht. Sie war am anderen Ende der Grotte angekommen!

Vor ihr breitete sich die große Mohnblumenwiese aus. Ab hier kamen keine Hindernisse mehr, es ging nur noch um Schnelligkeit.

„Los, jetzt ganz schnell weiter bis zum Ziel“, rief Flora. Der Besen bäumte sich noch einmal leicht auf und flitzte dann los. Flora schaute ein letztes Mal über ihre Schulter. Sie konnte niemanden sehen. Auch vor ihr war keiner mehr.

Komisch, wo waren alle nur hin? O du liebe Kreuzspinne, was, wenn schon alle anderen längst im Ziel waren? Was wenn sie die Letzte werden würde? O nein, wie peinlich, das durfte einfach nicht sein! Flora schmiegte sich ganz eng an ihren Besenstiel und flitzte, so schnell sie nur konnte, auf das große Spinnennetz zu. Komisch, das Netz war noch ganz. Es war nicht zerrissen. Im selben Augenblick, als Flora durch das große glitzernde Spinnennetz flog, begriff sie, was das bedeutete. Und da jubelte auch schon die Menge los.

„Wir haben die Siegerin!“, rief Punica Granata, die Oberhexe. „Flora Floribunda hat es geschafft! Sie ist die schnellste Besenfliegerin des Jahres!“

Flora hatte ihren Besen zum Stehen gebracht. Sie zitterte am ganzen Körper. Jetzt erst bemerkte sie, wie sehr sie sich angestrengt hatte. Nach und nach sausten immer mehr Hexen ins Ziel und dann spürte Flora einen Kuss von ihrer Mama auf der linken Wange und einen Kuss von ihrer Omimi auf der rechten Wange. Und plötzlich wurde sie hochgehoben und ein paar Hexenjungen stemmten sie auf ausgestreckten Armen in die Luft.


Flora strahlte. Sie konnte es kaum glauben. Sie war Erste geworden – mit großem Abstand! Sie hatte gewonnen!

„Die Siegerehrung findet in wenigen Augenblicken unter den drei Birken statt“, verkündete die Oberhexe.

Alle, die beim Besenwettfliegen mitgemacht oder zugesehen hatten, versammelten sich unter den Bäumen.

„Wir gratulieren unserer Gewinnerin, Flora Floribunda, acht Jahre!“, ertönte die Stimme der Oberhexe. „Flora hat zum ersten Mal am Besenwettfliegen teilgenommen und gleich den ersten Platz gemacht!“ Es wurde heftig applaudiert und man hörte Freudenpfiffe und Floras Name wurde immer wieder gerufen. Die Menge jubelte vor Begeisterung. Flora wurde erneut hochgehoben und auf das Siegerpodest in der Mitte gestellt. Punica Granata trat an Flora heran und hängte ihr eine Medaille um und dann setzte sie ihr einen geflochtenen Kranz aus Lorbeerblättern auf den Kopf.

Flora konnte gar nicht aufhören zu grinsen. Sie sah sich um und entdeckte in der Menge die stolzen Gesichter von Mama und Omimi. Hille flatterte in der Luft neben ihnen und klatschte wie wild.

„Wir gratulieren Turdus Merula zum zweiten Platz“, ließ sich die Oberhexe vernehmen.

Turdus bestieg die Stufe links neben Flora. Er hatte einen kleinen dicken Drachen dabei. Dunkelgrau glänzend war der und seine Rückenschuppen schillerten in allen Farben. Der Drache tapste schwerfällig hinauf auf die gestapelten Kisten und stellte sich neben Turdus. Er wirkte wie ein Hund, der treu seinem Herrchen überallhin folgt. Turdus wandte sich Flora zu und streckte ihr die Hand entgegen. Flora nahm sie recht erstaunt und Turdus schüttelte ihre Hand sehr kräftig, es tat beinahe ein bisschen weh. Flora überlegte für einen Moment, ob sie Turdus wegen des unfairen Flugmanövers am Donnerfelsen zur Rede stellen sollte. Doch da trat schon die Oberhexe zu ihnen und hängte auch Turdus eine Medaille um. Flora schluckte ihren letzten Ärger über den Hexer hinunter. Schließlich war jetzt alles gut!

„Den dritten Platz hat Majoranus Maculatus belegt“, rief die Oberhexe. „Auch er ist acht Jahre alt und hat dieses Jahr zum ersten Mal teilgenommen. Wir gratulieren unseren drei ersten Plätzen ganz herzlich!“


Alle applaudierten kräftig und dann begann das Fest. Musik ertönte. Das Hexenorchester hatte Aufstellung genommen und auf Flöten, Harfen, Geigen und Trommeln wurde ein fröhliches Lied nach dem anderen gespielt.

„O, wie schön du glitzerst, Flora“, sagte Hille bewundernd. Flora sah an sich herunter. Die silbrigen Fäden des großen Spinnennetzes klebten an ihrer Kleidung und sie funkelten tatsächlich wunderschön.

Vinus, der Wirt, lud alle in seinen Biergarten, wo Tische und Bänke aufgestellt waren, und es gab herrliches Essen.

Flora plauderte und lachte mit den anderen Hexenkindern. Sie spielten Fangen zwischen den langen Holztischen. Laurus war dabei sowie Cosmea, ein Hexenmädchen aus Floras Klasse, und natürlich Hille. Nur schade, dass Malte, Floras bester Freund, nicht da war. Aber er machte noch Urlaub bei seinem Großvater am Meer.

Flora lief nun schon zum achten Mal, um sich ein Eis zu holen. Hoffentlich bemerkte Mama das nicht!

Aber Anemona stand neben dem großen Kupferkessel, in dem die Kräuterlimonade vor sich hin blubberte, und sprach mit Turdus. Sein dicker Drache hockte vor dem Kupferkessel und starrte diesen an. Turdus redete sehr viel und Mama schien ihm äußerst gern zuzuhören. Als Flora wenig später mit dem Eis zurückkam, waren Mama und Turdus nicht mehr zu sehen. Aber Turdus’ Drache hockte immer noch vor dem Kupferkessel.

„Was macht er da bloß?“, fragte Hille, die herangeflattert war.

„Keine Ahnung. Vielleicht gefällt ihm das Blubbern der Kräuterlimonade“, meinte Flora.

Später wurde getanzt. Hexentango! Turdus forderte Mama auf und Flora hörte die Leute tuscheln.

„Was für ein schönes Paar“, sagten manche. Oder: „Dieser Turdus Merula ist wirklich ein charmanter Mann.“

„Tsss, von wegen charmant! Abgedrängt hat er mich“, dachte Flora. Oder war es wirklich nur ein Versehen gewesen?

Als der Mond schon ganz hoch am Himmel stand, ging das Fest zu Ende. Alle suchten ihre Besen zusammen und machten sich schwebend auf den Nachhauseweg.

Nur Turdus Merula schien fieberhaft etwas zu suchen. „Wo ist denn nur Estragon?“, rief er aufgeregt.

„Wer ist Estragon?“, wollte Mama Anemona wissen.

„Na, mein Drache“, antwortete Turdus. „Er weicht sonst nie von meiner Seite. Ich weiß gar nicht, wo ich ihn zuletzt gesehen habe.“

„Hier ist er!“, rief Laurus. Er zeigte auf ein dunkles Häufchen, das vor dem Kupferkessel hockte. Im Fackelschein betrachtete der Drache sein Spiegelbild in dem glänzenden Kessel. So wie es aussah, hatte er in den letzten Stunden nichts anderes getan und sich nicht vom Fleck gerührt.

„Komm, Estragon. Wir fliegen jetzt nach Hause“, sagte Turdus. Der Drache aber rührte sich nicht, sondern legte nur den Kopf schief und betrachtete sich weiter. Er schien ganz verliebt in sein eigenes Spiegelbild zu sein.

Hille fing an zu kichern. Flora, Laurus und Cosmea fanden den Anblick des Drachen auch äußerst komisch.

„Hat man schon so einen selbstverliebten Drachen gesehen?“, grummelte Turdus verlegen. „Kannst du dich jetzt endlich mal vom Fleck bewegen?“

Flora spürte, dass Turdus immer ungeduldiger wurde, und als niemand hinsah, gab er Estragon einen leichten Tritt in die Seite. Dann fasste er den Drachen unter den Bauch und hievte ihn von dem Kupferkessel weg.


Yaş sınırı:
0+
Hacim:
278 s. 148 illüstrasyon
ISBN:
9783649633594
Sanatçı:
Telif hakkı:
Bookwire
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