Kitabı oku: «How to Get Shit Done»

Yazı tipi:

Erin Falconer

How to Get Shit Done

Wie wir Frauen lernen, weniger zu tun,

um mehr zu erreichen

Aus dem Amerikanischen

von Nikolas Bertheau


Die amerikanische Originalausgabe »How to Get Sh*t Done« erschien 2018 bei North Star Way, New York / USA, einem Imprint von Simon & Schuster.

Copyright © der Originalausgabe 2018 by Erin Falconer

Das E-Book basiert auf dem 2020 erschienenen Buchtitel »How to get shit done« von Erin Falconer, ©2020 GABAL Verlag GmbH, Offenbach

Externe Links wurden bis zum Zeitpunkt der Drucklegung des Buches geprüft.

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN Buchausgabe: 978-3-86936-972-3

ISBN epub: 978-3-95623-930-4

Lektorat: Christiane Martin, Köln | www.wortfuchs.de

Umschlaggestaltung: Martin Zech Design, Bremen | www.martinzech.de

Titelillustration: Isabel Große Holtforth, Maisach

Autorenfoto: Revolution Pix

Satz und Layout: Das Herstellungsbüro, Hamburg | www.buch-herstellungsbuero.de

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Für Jocelyn und London, die Vergangenheit und die Zukunft

Inhalt

Einführung: Wer bin ich und was will ich?

Teil I – Sein: Die Macht von POP

1. Kapitel – POP (Persönlichkeit, Ort, Produktivität)

2. Kapitel – Das einzige Okay, das Sie brauchen, ist Ihr eigenes

3. Kapitel – Sie und Ihre kluge Sprache

4. Kapitel – Wie das Internet uns Frauen in die Hände spielt

Teil II – Machen: Wie Sie Ihre Produktivität steigern

5. Kapitel – Fokussieren Sie sich auf drei Dinge

6. Kapitel – Erledigen Sie nicht alles selbst

7. Kapitel – Wie Sie Ihre Zeit besser nutzen

8. Kapitel – Ihre POP-Truppe

9. Kapitel – Ihr persönlicher POP-Plan

10. Kapitel – Wie Sie ein Burn-out vermeiden

Epilog: Und jetzt?

Danksagung

Referenzen

Die Autorin

Einführung: Wer bin ich und was will ich?

Zwölf Jahre lang (von meiner Einschulung als Fünfjährige bis zu meinem Schulabschluss) besuchte ich »Balmoral Hall«, die beste Privatschule für Mädchen in Winnipeg in der kanadischen Provinz Manitoba. Als ich in der neunten Klasse war, öffnete die bis dato beste Privatschule für Jungen ihre Pforten für Mädchen und ich verlor ein Drittel meiner Klassenkameradinnen, denn natürlich galt die Jungenschule als die bessere Schule. Na toll.

Ich wurde zur Schulsprecherin gewählt. Ich war Kapitänin der Debattiermannschaft. Ich hielt die Schülerinnenrede auf der Schulentlassungsfeier. Ich erhielt ein Vollstipendium für einen Sommerkurs an der »Oxford University«. Ich spielte Saxophon.

In meinem letzten Frühjahr an der Schule begann ich mich mit Stand-up-Comedy zu beschäftigen.

Mein Schock wurde nur noch von meiner Wut übertroffen, als mich Harvard auf die Warteliste (!) setzte – hätte ich also doch zu dieser bescheuerten Jungenschule wechseln sollen?

Und noch einmal wurde mein Schock nur von meiner Wut übertroffen, als die »McGill University« mir zu verstehen gab, wie egal ihr meine Anwesenheit war – oder warum verpasste sie mir im ersten Studienjahr Noten mit einem Schnitt von B–?

Ich legte mich nur noch mehr ins Zeug. Lernte, Gauloises zu rauchen. Hatte nacheinander einen asiatischen, einen israelischen und einen arabischen Freund (bitte nicht lachen!). Man könnte sagen, ich wurde Kosmopolitin – über Nacht. Zum ersten Mal verliebte ich mich in eine Stadt und in Poutine (eine Lokalspezialität). Ich machte meinen Abschluss mit Auszeichnung. Ich schüttelte meine »Law School Admission Tests« aus dem Ärmel und war auf dem besten Weg zum Jurastudium, als ich mich auf einmal fragte: Warum den einfachen Weg gehen?

Und so zog ich nach Toronto, um Schriftstellerin zu werden.

Sich der Tatsache wohl bewusst, dass jedes Testergebnis von unter 90 Prozent – und sei es nur ein Augentest – ihrer Tochter eine schlaflose Woche bescheren würde, signalisierten meine Eltern verhaltene Unterstützung und trösteten sich mit dem Gedanken, dass dieser Ausbruch von Lebensfreude ein kreatives, erfüllendes Experiment bedeutete, das doch gewisslich mit meiner Zulassung zur »Osgoode Hall Law School« ein Jahr später sein glückliches Ende finden würde.

Fünf Jahre später saß ich, übernächtigt von vielen kellnernd verbrachten Abenden, in einem Café in Toronto – »Eggspectation« – meinen Eltern gegenüber. Sie hatten sich ins Flugzeug gesetzt, um mir auf freundliche, kanadische Art die Meinung zu sagen. Ich sehe meinen Vater noch vor mir, wie er mit besorgtem Gesichtsausdruck verkündete: »Du hast das hier jetzt lange genug gemacht.«

»Das finde ich auch!«, sagte ich mit aller Bestimmtheit. Ein erleichtertes Lächeln (wussten wir doch, dass du früher oder später zur Vernunft kommen würdest!) erhellte die Gesichter meiner Eltern. »Und deshalb habe ich beschlossen, dass ich, wenn ich diesem Traum eine echte Chance geben will, nach Los Angeles gehen muss«, verkündete ich stolz.

Kaffee regnete über den Tisch.

Drei Tage nach 9/11 flog ich nach Winnipeg zurück, sprang in den alten Toyota Camry meiner Eltern und fuhr geradewegs über die Grenze bis hinunter nach L.A.

Ich hatte kein Geld – 700 kanadische Dollar, um genau zu sein. Ich hatte keine Papiere. Und keinen Plan.

Die nächsten zehn Jahre waren die totale Achterbahnfahrt. Ich schlug mich mit diversen Gelegenheitsjobs durch. Aufgrund des besonderen Status, den mir meine Ausbildung verschaffte (Kanadas Harvard sei Dank!), erhielt ich schließlich mein Arbeitsvisum, und meine Eltern erwähnten meine Juristenkarriere immer seltener. Alles sah vielversprechend aus. Ich schrieb fünf Drehbücher, drehte zwei Kurzfilme, die Festivalnominierungen erhielten, bewegte mich auf Inlineskates, lebte in Venice Beach, verliebte mich bis über die Ohren und wurde Ehrenbürgerin von Los Angeles.

Alles war perfekt. Bis …

Nach fünf Jahren in L.A. ereilte mich eine persönliche Tragödie (die Stoff genug für ein eigenes Buch böte). Ein Jahr später – 2008 – crashte die Wirtschaft. Mein Partner und ich verloren alles.

Wir trennten uns.

Ich blieb ohne Auto.

Mein Haus wurde gepfändet.

Mein Visum lief aus.

Ich war ruiniert.

Die Worte meines Vaters schossen mir wieder und wieder durch den Kopf: Du hast das hier lange genug gemacht. DU HAST DAS HIER LANGE GENUG GEMACHT! Ich hatte es komplett vermasselt. Wenn es einen Weg gab, den ich hätte einschlagen sollen, hatte ich den Hinweis dazu übersehen. Oder ich hatte ihn bekommen, aber ignoriert. Mein ganzes Leben lang war ich der kleinen Stimme in meinem Kopf gefolgt, die mir sagte, wo es langgeht. Als ich den Brief meiner Hypothekenbank mit der Aufforderung in der Hand hielt, mein Haus »binnen 90 Tagen zu räumen«, war mir, als hätte mich diese Stimme zum ersten Mal im Stich gelassen.

Ich hatte der Welt jene Person zeigen wollen, von der ich wusste, dass sie in mir steckte – jenes ehrgeizige Mädchen, das es mit der Welt aufnehmen konnte. Stattdessen bekam ich nichts, aber auch gar nichts auf die Reihe. Schlimmer noch, ich konnte meine Puzzleteile kaum finden, geschweige denn zusammensetzen. Ich wusste schlicht nicht mehr, wer ich war. Mit Sicherheit aber war ich nicht das Tausendsassa-Mädchen, für das ich mich immer gehalten hatte.

Ich gab also auf, kapitulierte und plante meinen reumütigen Rückzug in das elterliche Haus in Kanada – mit »Ihr wusstet es schon immer«-Tattoo auf der Stirn. Ich musste mich damit abfinden, dass ich nicht dafür bestimmt war, L.A. zu erobern. Ich konnte kaum meine Miete bezahlen, geschweige denn mich als Schriftstellerin über Wasser halten. Schluchzend begann ich, mein Leben einzupacken und mich für den Umzug bereit zu machen.

Und an diesem seinem tiefsten Punkt begann sich mein Leben zu drehen.

Und eines kann ich Ihnen sagen: Wenn Sie Gott zum Lachen bringen wollen, brauchen Sie ihm nur Ihre Pläne zu erzählen.

In einem letzten verzweifelten Anlauf hatte ich mich für einen Job als Texterin beworben, den ich auf Craigslist gesehen hatte – und bekam ihn. Es war eine mit 15 Dollar in der Stunde bezahlte regelmäßige Schreibtätigkeit für ein kleines Persönlichkeitsentwicklungs-Start-up. Anfangs erschien mir das wie ein gewaltiger Dämpfer für mein Ego. Das waren nicht gerade die Art Texte, die zu schreiben ich mir vorgestellt hatte, als ich nach L.A. zog. Damals hatte ich mir vorgestellt, wie George Clooney mir meinen Oskar und seine Telefonnummer überreichen würde. Dieser Job war weder berauschend noch heldenhaft, aber ich befand mich nun einmal in einer Notlage und musste mir irgendwie Zeit erkaufen.

Ich stürzte mich mit Haut und Haaren in den Job und war in der Tat ziemlich gut darin. Ja, sogar mehr als das. Ich leistete gute Arbeit, knüpfte Kontakte und lernte viel über das Internet. Ich übernahm die Leitung eines kleinen Blogs namens »Pick the Brain« und mit dem Blog wuchs mein Selbstvertrauen. Binnen zweier Jahre wuchs PTB zu einer der erfolgreichsten Persönlichkeitsentwicklungs-Adressen im Netz heran und ich war die Chefredakteurin und Miteigentümerin. Irgendwann wurde mir klar: Ich lebte meinen Traum: Ich bezahlte meine Miete von meinen eigenen Worten! Was ich nicht erwartet hatte, war, wie viel ich am Ende von den Hunderten von Persönlichkeitsentwicklungs-Autoren lernte, die ich redigierte und betreute. Wie hätte ich, als ich anfing, wissen können, dass wir am Ende anderen Menschen helfen würden, genau die beschissenen Entscheidungen nicht zu treffen, die ich getroffen hatte. Es fühlte sich richtig, richtig, richtig gut an, anderen zu helfen, ihren eigenen Weg zu finden.

Mit den Jahren setzte noch eine andere Wandlung ein. Ich begann mich an das Tausendsassa-Mädchen zu erinnern, das ich gewesen war, bevor mir das Leben ins Gesicht trat. Ich verbrachte große Teile meiner Arbeitstage damit, Persönlichkeitsentwicklungs-Texte von Menschen zu lesen, die so viel klüger waren als ich, und verdammt, es funktionierte. »Pick the Brain« half mir, die Puzzlestücke meines Lebens wieder zusammenzufügen und mich wieder in die Verfassung zu bringen, die ich brauchte, um jenes sich in einem fort entschuldigende, immer ängstliche und zimperliche Wesen abzuschütteln, das ich mit Anfang 20 geworden war. Hier nun lernte ich, mein Ding zu machen und mich einen Sch* darum zu kümmern, was andere von mir erwarteten.

Zwei Jahre später sammelten meine Partnerin Geri Hirsch und ich eine Million US-Dollar ein, um unser eigenes Lifestyle-Start-up namens LEAFtv zu starten – die erste In-Video-Shopping-Site im Netz. Ich hatte mehr als 300 Autoren aus aller Welt, die für »Pick the Brain« schrieben. Das Wirtschaftsmagazin Forbes listete den Blog 2013 unter den »100 einflussreichsten Websites für Frauen«.

Wieder zwei Jahre später wurde LEAF vom börsennotierten Unternehmen Demand Media – der heutigen Leaf Group – übernommen. Geri und ich wurden ebenfalls für zwei Jahre »übernommen«.

Ich hatte es geschafft!

Wirklich …?


Vor etwa drei Jahren jonglierte ich also mit zwei erfolgreichen Unternehmen in einer Branche, die niemals schläft, als eine abgefahrene New Yorker Literaturagentin bei mir anklopfte und mich fragte, ob ich nicht Lust hätte, ein Buch zu schreiben.

Ob ich ein Buch schreiben wollte?????

Also … MEIN GOTT, HALLO, ICH BIN’S, MARGARET!*

Dies und nichts anderes war der ganze Grund gewesen, warum ich überhaupt nach Los Angeles gekommen war.

Aber wie in aller Welt sollte ich das anstellen? Und was das absolut Absurdeste war: Sie wollten, dass ich ein Buch über Produktivität schreibe! Aber wie es aussah, hatte ich keine Wahl.

Ich musste irgendwie die Zeit dazu finden.

Wir unterzeichneten die Papiere, und 13 Jahre nach meinem Umzug nach L.A. war ich offiziell eine Autorin unter Vertrag. Ich konnte es kaum fassen.

Sieben lange Monate gingen ins Land, und ich hatte kein einziges Wort geschrieben. Kein. Einziges. Wort.

Zu meiner Überraschung ließ die Begeisterung von der New Yorker Seite nicht nach – wenn überhaupt, nahm sie noch zu. Man ließ mich nicht vom Haken. Ich machte mir Vorwürfe. Wie konnte ich mir diese Chance entgehen lassen? Wie konnte ich einfach nichts tun? Ich!?

Einen Monat später war ich nahe daran, das Handtuch zu werfen. Auf meinem Plan stand ein Telefongespräch mit meiner Agentin, um ihr von meinen letzten bescheidenen Überlegungen zum Produktivitätsbuch zu berichten, mit dem ich einfach nicht weiterkam. Guter Scherz. In Wahrheit wollte ich ihr sagen, dass der Augenblick nicht der richtige wäre und ich passen müsste.

Und das hätte ich getan, hätte ich nicht kurz vor dem Anruf eine ganz bestimmte E-Mail gelesen.

Als ehemalige Schülerin der besten Mädchenschule Winnipegs bekomme ich monatlich einen Newsletter mit der Betreffzeile »Calling All Crestlines«, was frei übersetzt bedeutet: »Schreib uns und berichte uns über deine Erfolge im Leben.« Drei oder vier Jahre lang hatte ich regelmäßig diese E-Mails bekommen. Und jedes Mal hatte ich sie geöffnet und mir all die tollen Errungenschaften der Ehemaligen angeschaut:

»Mary Joe Clairmont, geb. Smith, Jg. 96, hat soeben ihren ersten Nachwuchs Max zur Welt gebracht«; »Barbara Goldberg, geb. Rosen, Jg. 99, wurde an der Dalhousie University zum Masterstudium der Ingenieurswissenschaften zugelassen«; »Ginnie Rotthousen, geb. Flugaelsteen, Jg. 57, hat ihren neuen Golden Retriever erfolgreich stubenrein gemacht«.

Und seit drei oder vier Jahren sagte ich mir jeden Monat: Ich kann es gar nicht erwarten, selbst einmal etwas vermelden zu können. Vielleicht im nächsten Monat!

Kurz bevor ich mich zum Gespräch mit meiner Agentin einwählte, poppte also der monatliche Calling-All-Crestlines-Newsletter auf meinem Bildschirm auf, und ich scrollte mechanisch durch die Meldungen und wollte schon innerlich sagen: Ich kann es gar nicht erwarten, selbst einmal etwas vermelden zu können, als ich mir selbst ins Wort fiel.

»Willst du mich verarschen?«, sagte ich laut.

Du wünschst, du hättest etwas zu vermelden???

Wie wäre es mit … nun ja, vielleicht damit:

Du betreibst einen der meistbeachteten Persönlichkeitsentwicklungs-Blogs der Welt, hast dein Start-up nach nur zwei Jahren an ein börsennotiertes Unternehmen verkauft, stehst auf einer Forbes-Top-100-Liste, wurdest als eine der Top-Influencer in Los Angeles bezeichnet, hast heute 400 Leute, die für dich schreiben, wurdest zweimal eingeladen, einen TEDx-Talk zu halten, und hast in den sozialen Netzwerken mehr als EINE MILLION Follower …

Und als ich all das aufzählte – und echt stolz auf mich hätte sein können! – wurde mir stattdessen bewusst, wie müde und vergleichsweise unglücklich ich war. Ich rechnete mir all das Erreichte nicht an. Und vielleicht zählte das alles in meinen Augen einfach nicht. Ich schaute in keinem Augenblick zurück – ich hetzte nur immer weiter zum Nächsten … und zum Übernächsten! Mit anderen Worten: Ich war produktiv wie nur was, aber nicht nach meinen eigenen Maßstäben.

Und das war der Augenblick, als es mir zu dämmern begann!

Ich musste noch einmal von vorn beginnen. Wieder einmal. Ich musste herausfinden, was für mich selbst zählte und wie ich etwas schaffen und dabei meinen eigenen Werten und Zielen als Mensch und als Frau treu bleiben konnte. Ich wusste, dass das Zeit brauchen würde, aber ich wusste auch, dass ich da etwas Wichtigem auf der Spur war. Und weil ich, wenn eines, dann ehrgeizig bin, sagte mir mein Gefühl, dass ich einen Pfad zur Produktivität finden würde, den auch andere Frauen würden nutzen können.

Ich rief also meine Agentin an, und meine Stimme zitterte vor Aufregung.

Ja, ich werde dieses Buch schreiben!

Und ja, es wird darin um Produktivität gehen!

»Calling All Crestlines«:

»Erin Falconer, geb. Falconer, Jg. 92, wird ein Buch schreiben, in dem sie Produktivität von Frauen im 21. Jahrhundert neu definiert. Lest alles darüber. Sofern ihr die Zeit dafür erübrigen könnt …«

* Anspielung auf den 1970 erschienenen Jugendroman der US-amerikanischen Schriftstellerin und Pädagogin Judy Blume »Are You There God? It’s Me, Margaret«

Teil I


Sein

1. Kapitel – POP (Persönlichkeit, Ort, Produktivität)

Freud fragte einst: »Was wollen Frauen?«

Verdammt. Gute. Frage.

Was ich daran am interessantesten finde, ist, dass Männer, wie es scheint, sich diese Frage regelmäßig stellen, Frauen aber so gut wie nie. Oder wenn, dann beladen mit Schuldgefühlen. (Ich kann mich nicht mit solchen Fragen abgeben, wenn ich in derselben Zeit anderes erledigen könnte oder sollte.) Frauen sind im klassischen Sinn des Wortes der Inbegriff von Produktivität. Mir fällt (außer der Blattschneiderameise) keine Spezies ein, die mehr auf die Reihe kriegt – angefangen mit der Erzeugung und dem Überleben der Gattung Mensch. Und doch wurden wir Frauen bis vor sehr Kurzem irgendwie – irgendwie – und ganz besonders durch unsere eigene Brille immer als zweitklassig wahrgenommen. Wir haben ständig das Bedürfnis, unseren Wert unter Beweis zu stellen, wo dieser doch jedem Wesen oder Ding im Umkreis von einhundert Meilen rund um den Planeten offensichtlich sein sollte.

Wir leisten eine ganze Menge, nicht wahr? Jeden Tag ein bisschen mehr – mit jeder neuen App und jedem neuen Tool. Nur dass diese modernen Tools (die besonders Frauen zugutekommen – ich werde darauf noch zurückkommen) doch eigentlich dazu genutzt werden sollten, um Zeit freizumachen, um – nun ja – leben zu können. Aber wie Frauen nun einmal so sind: Wie werden diese Tools genutzt? Richtig: um Zeit zu sparen. Und um in dieser Zeit dann noch mehr zu leisten.

Studien belegen, dass Frauen täglich im Schnitt ein bis drei Stunden länger arbeiten als Männer, wenn wir die unbezahlte Arbeit zu Hause mit einrechnen. Richtig: Nach einem vollen Arbeitstag im bezahlten Job (in dem Sie freilich nur vier Fünftel dessen bezahlt bekommen, was Ihr männlicher Kollege für dieselbe Arbeit erhält) eilen Sie nach Hause, um sich noch ein paar Stunden um die Kinder, das Abendessen und die Wäsche zu kümmern. Und scheint es uns nicht, als wären wir, je mehr wir leisten, nur umso unzufriedener, manischer und gestresster? Anfänglich fühlt sich das gut an, so über den Tag alles auf die Reihe zu kriegen. Aber das ist wie eine Droge. Das Hochgefühl verfliegt, und am Ende des Tages sind wir erschöpft – mit schmerzendem Rücken von all der Plackerei.

Es ist absurd.

Aber warum ist das so? Wie kommt es, dass wir fleißiger sind denn je, aber dennoch nicht das Gefühl haben, irgendwo anzukommen? Was ich denke, ist dies: Viele von uns wissen gar nicht, was uns glücklich und zufrieden machen würde. Oder dass wir ein Gefühl des Glücks und der Zufriedenheit verdienen. Überdies nehmen wir uns nicht die Zeit zu analysieren, was wir tun müssten, um unsere besten Seiten zum Vorschein zu bringen. Klar, vielleicht haben wir eine vage Vorstellung davon, was uns gefällt und woran wir Spaß haben (Freitagabende mit Pizza, Wein und Freundinnen oder zuschauen, wie meine Kinder die Welt entdecken), aber wir nehmen uns nicht die Zeit, uns klar zu machen, was uns wirklich glücklich und zufrieden macht und uns Energie schenkt, statt sie zu rauben, und was aus dieser Erkenntnis für unser zukünftiges Verhalten folgen sollte. Ohne dieses Gefühl der Erfüllung – und der tieferen Zweckhaftigkeit unseres Tuns – wird wahre »Produktivität« für immer unerreichbar bleiben.

Also das müsste es sein: Wir werden im Leben nach dem beurteilt, was wir leisten. Und an Frauen werden regelmäßig strengere Maßstäbe angelegt. Eine Studie der New York University kommt zu dem Ergebnis, dass Frauen im Job sehr viel mehr leisten müssen als Männer, um als ebenso produktiv wahrgenommen zu werden. Wir frönen also weiter dem Trott. »Wie es mir geht? Bestens. Ich habe heute so viel geschafft!« Wir wünschen uns ein tadellos aufgeräumtes Zuhause, gesunde und wohlschmeckende Mahlzeiten, eine steile berufliche Karriere, artige Kinder, spirituelle Erfüllung, vorbildliches gesellschaftliches Engagement, heißen Sex und zu allem auch noch Zeit zum Ausspannen. Aber hier ist der Knackpunkt: Wenn wir Frauen weiter um der Produktivität willen produktiv sind, ernten wir damit am Ende das Gegenteil von Zufriedenheit.

Vielleicht kommen Sie sich wie der produktivste Mensch auf Erden vor, aber ohne ein Ziel sind Sie bestenfalls fleißig.

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9783956239304
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