Kitabı oku: «Dein Herz sagt ja»
Florence Beauregarde
Dein Herz sagt ja
Kompaktroman
Carpathia Verlag
© 2012 Carpathia Verlag GmbH, Berlin
Covergestaltung: Frank Stiefel
ISBN 978-3-943709-41-4 (EPUB)
ISBN 978-3-943709-43-8 (PDF)
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Inhalt
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 1
Sie drehte sich einmal vor dem Spiegel, ein zweites Mal, betrachtete sich im Profil, warf den Kopf zurück und machte einen Schmollmund. Ja, das ging so. Von einem Designerkleid für 12.000 Euro sollte man auch erwarten können, dass es eine Frau schöner macht. Freilich gab es nicht viel, was an Larissa Bellini noch schöner gemacht werden konnte. Hier hatte der liebe Gott schon ganze Arbeit geleistet. Die 23 Jährige war nahezu perfekt. Seidig schimmerndes dunkelblondes Haar umrankte ein fein geschnittenes Gesicht mit hohen Wangenknochen, einer geraden, ebenmäßigen Nase und einem vollen, sinnlichen Mund. Ihr Körper verfügte über die absolut perfekten Maße, war straff und durchtrainiert.
Doch Schönheit war nicht alles, womit Larissa beschenkt worden war. Ihr Vater, Luigi Bellini, gehörte zu den reichsten Männern Europas. Er besaß mehrere Elektronikunternehmen, eine italienische Großmolkerei, zwei Modelabels, einen französischen Reiseveranstalter und ihm gehörten darüber hinaus noch Beteiligungen an einer skandinavischen Möbelkette, einer irischen Fluggesellschaft und einem holländischen Erdölunternehmen. Sein Vermögen ging in die Milliarden.
Doch ganz ungetrübt war Larissas Leben nicht. Sie war gerade 15 Jahre alt, als ihre Mutter nach einem Verkehrsunfall starb. Lange schien Larissa über diesen Verlust nicht hinwegzukommen. Doch gute Freundinnen in ihrem Schweizer Internat halfen ihr letztlich über diesen Schmerz hinweg. Larissas Mutter stammte aus einer Familie von Stahlbaronen, und als sie starb, vermachte sie ihrer Tochter ein Vermögen von 32 Millionen Euro, über das sie ab ihrem 18. Lebensjahr verfügen konnte. Das war zwar nur ein Bruchteil des väterlichen Besitzes, der ihr dereinst ebenso zufließen würde, aber immerhin wäre sie finanziell nicht von ihrem Vater abhängig gewesen. Doch der vergötterte seine Tochter, las ihr jeden Wunsch von den Augen ab, was nur dazu führte, dass ihr eigenes Vermögen wuchs und wuchs, ohne dass sie irgendetwas dazu tun musste.
Vordergründig schien Larissa auch liebreizend zu sein. Sie lächelte stets, und selten fiel ein böses Wort – auf den ersten Blick. Bei genauerem Hinsehen zeigte sich, dass sie schon in der Schule einen enormen Standesdünkel entwickelt hatte, der vielleicht auch daher rühren mochte, dass wohlmeinende Onkel und Tanten ihr stets geraten hatten, sich vor Heiratsschwindlern und ähnlichem Gesindel fernzuhalten. Nur standesgemäße Verbindungen würden sie angeblich vor größerem Schaden bewahren. Wer weniger Geld als Larissa auf dem Konto hatte, galt als potentieller Betrüger, was die Auswahl der akzeptablen Kandidaten doch sehr einschränkte. Und mit jedem Jahr wurde diese Auswahl geringer.
Doch Larissa dachte ja gar nicht daran, sich zu binden. Eine Heirat, eine große Hochzeit in weiß? Nein, das hatte noch Zeit und lag irgendwo in einer fernen Zukunft. Als Allererstes wollte sie Spaß. Wenigstens pro forma studierte sie ein wenig Kunstgeschichte in Straßburg. Das war ziemlich praktisch, denn das riesige Familienanwesen, ein Schloss aus dem 17. Jahrhundert, lag im nicht weit entfernten Lothringen.
Spannender als romanische Säulen und gotische Bögen waren da schon die männlichen Kommilitonen. Mit denen ließ sich herrlich spielen, schon deshalb, weil es fast keinen gab, der nicht in Larissa verliebt gewesen wäre – ein Umstand, der übrigens auch für ihre Professoren galt. Larissa war das klar und sie wusste es auch zu nutzen. Ab und an leistete sie sich ein kleines Abenteuer mit einem der verliebten Jungs, doch sie achtete sorgsam darauf, dass daraus keine längere Affäre oder gar eine Beziehung erwuchs. Das hätte noch lange so weiter gehen können, bis eines Tages Brice Blonde in ihr Leben trat. Ein Mann wie ein Gott: Doppelt so alt wie sie, mit silbernen Schläfen und einer verblüffenden Ähnlichkeit mit George Clooney. Doch das Allerbeste daran war, dass Brice Blonde selbst zum französischen Geldadel gehörte, einige Hundert Millionen Euro schwer war und sicher nicht zu der Sorte Männer gehörten, die nur auf Larissas Geld scharf waren.
Kapitel 2
Brice Blonde runzelte die Stirn, als er die Zahlen sah, die ihm sein Finanzchef mittels einer Powerpoint-Präsentation zu realisieren begann. Schließlich schüttelte er heftig den Kopf: »Nein, nein, nein, das kann nicht sein. Diese Zahlen würden ja bedeuten, dass wir in einem halben Jahr pleite sind!« Blonde lachte ungläubig und verzweifelt. Doch das Lachen verging ihm, als Francoise Jalabert mit tonloser Stimme meinte: »Sie haben es erfasst, Chef.«
Natürlich war die Wirtschaftskrise auch an Blondes Unternehmungen nicht spurlos vorbei gegangen, doch wie schlimm es um sein Firmengeflecht stand, war ihm bislang nicht klar gewesen. Was die Sache besonders kompliziert machte: Viele seiner Firmen waren ursprünglich einmal als glatte Tarnfirmen für Geschäfte gegründet worden, über die man besser nicht laut spricht. Irgendwann einmal waren einige Deals zu heiß geworden und Blonde hatte begonnen, sie zu legalisieren. Das brachte zwar bei Weitem nicht die Gewinne aus anderen Geschäftsfeldern ein, aber arm wurde man – so man es geschickt anfing – auch nicht gerade. Doch das galt nur für normale Zeiten, und die Zeiten waren entschieden nicht normal.
»Wir brauchen frisches Geld und zwar so schnell wie möglich«, klagte Jalabert. »Ich spreche hier nicht von ein oder zwei Millionen. Wir brauchen zwanzig oder dreißig Millionen – und zwar bald.«
»Können wir nicht irgendetwas zu Geld machen? Wie sieht es denn mit der kleinen Tankstellenkette in Südfrankreich aus?« Jalabert winkte ab. »Die würde doch niemand geschenkt nehmen. In diesen Zeiten? Chef! Ich bitte Sie.«
Der Vorschlag schien also reichlich dumm. Jalabert war häufig sehr direkt. Das war ein Privileg, das er sich hart erarbeitete hatte und das ihm Blonde niemals gewährt hätte, wenn er nicht ein solch brillanter Finanzexperte gewesen wäre.
»Außerdem, bedenken Sie, Chef, die Zeiten bleiben nicht so schlecht. Wenn wir jetzt wichtige Teile einfach verkloppen, dann sind sie weg, wenn es wieder besser geht.« – »Und der Finanzmarkt?«, fragte Blonde eher verunsichert. »Ist wie ausgetrocknet«, entgegnete Jalabert.
Blonde konnte es noch immer nicht begreifen. Er galt als einer der reichsten Männer Frankreis. Sein Vermögen wurde auf fast 300 Millionen geschätzt. Und das sollte nun alles nichts mehr wert sein, wenn es nicht schleunigst gelang, mal eben 30 oder 40 Millionen Euro auf den Tisch zu blättern.
Normale Zeiten, dachte Blonde noch einmal fast flehend. Er überlegte, ob er nicht doch noch seine alten Kontakte wiederbeleben sollte. Doch dann wurde ihm wieder klar, wie knapp er damals mit heiler Haut davon gekommen war. Das Grauen meldete sich wieder leise in ihm. Nein, das war keine Option mehr – selbst wenn er noch einmal so knapp mit dem Leben davon kommen sollte, war es fraglich, ob ihm diese Operation tatsächlich die notwendigen Mittel einbringen würde.
»Was halten Sie denn da so krampfhaft in der Hand?«, fragte Blonde seinen Finanzchef, der sich schon die ganze Zeit an seinem Magazin festhielt. »Das ist die neue Ausgabe von ›Les Gens‹, ich dachte, es interessiert Sie vielleicht…« - »…dass sie mich wieder mal als Enfant terrible der Pariser Haute volée verunglimpfen? Ach was, das tun sie doch immer. Nur her mit dem Schundblatt.«
Zögernd reichte ihm Jalabert das Heft. Blonde begann zu blättern. Plötzlich stutzte er, hielt inne und begann zu lesen. Leise pfiff er durch den Mund. Sollte sich hier etwa die Lösung seines Problems verborgen haben? Hier, in den Seiten eines Schundblattes.
»Sagen Sie mal, Jalabert, Sie kennen doch alles und jeden. Was können Sie mir über die Kleine von Luigi Bellini sagen?« Jalabert schluckte und riss die Augen weit auf. »Was ich über sie… hm… nun ja, wenn ich ehrlich sein soll, und wenn auch nur die Hälfte von dem stimmt, was ich gehört habe, dann sollten Sie sich besser anschnallen, ehe Sie die Dame kennenlernen. Ihr Vorname ist Nitro, ihr Nachname Glyzerin.«
Blonde grinste. Genau so sollte es auch sein.
Kapitel 3
Larissas Herz klopfte. Immer wieder starrte sie auf die geprägte Karte. Sie konnte sich zwar allerhand leisten, doch auf eine Premierenparty von Jacques Boldon – vom dem Jacques Boldon – hatte sie es noch nicht geschafft. Da half auch nicht der größte Reichtum. Jacques galt als exzentrisch und in der Wahl seines Umganges als ausgesprochen wählerisch. Natürlich hatte Larissa nicht die geringste Ahnung, wie sie zu dieser Ehre kam, aber dies war eindeutig eine Einladung zur Premierenparty von »L’Oiseau noir«, dem neusten Film von Jacques Boldon. Wie kam sie nur auf die Gästeliste? Sie durchforstete im Geist ihre Freundinnen vom Schweizer Internat, doch ihr fiel keine ein, die in die Filmbranche gegangen war, oder es gar bis in den Dunstkreis von Jacques geschafft hätte. Vielleicht hatte ja einer ihrer Verehrer versucht, sie auf diese Weise zu beeindrucken. Dann war ihm das gründlich gelungen. Doch auch hier kam ihr keiner in den Sinn, der den Mut oder die Phantasie dazu aufgebracht hätte. Schließlich blieb eigentlich nur einer übrig. Sie drehte sich um, riss die schwere Eichentür ihres Zimmers auf und stob hinaus auf den langen Gang. Mit laut klappernden Schritten rannte sie hinüber in den Westflügel, wo ihr Vater sein Büro hatte. Ohne zu klopfen, riss sie die Tür auf. Ihr Vater sah von seinem Schreibtisch auf, rückte die goldumrandete Brille auf die Nasenspitze und warf seiner Tochter über den Brillenrand einen liebevollen Blick und ein leicht ironisches Lächeln zu, das ihr sagen sollte: »Nicht so stürmisch, junge Dame.« Doch Luigi Bellini schwieg erwartungsvoll. Larissa hatte die Einladungskarte hinter ihrem Rücken verborgen. Langsam, einer Katze gleich, schlich sie auf den Schreibtisch des Vaters zu. Gedehnt meinte sie: »Das… habe… ich… doch… nicht… etwa… dir zu verdanken?« Mit den letzten Worten knallte sie ihm lachend die Einladungskarte auf den Schreibtisch. Luigi nahm die Karte auf, besah sie von allen Seiten und schüttelte dann den Kopf. »Jacques Boldon? Wer soll das sein? Nie gehört.« Larissa stöhnte schmerzvoll auf.
»Aber Papa, das ist der Jacques Boldon. Du musst ihn doch kennen. Der größte französische Schauspieler.« Luigi sah seine Tochter fast mitleidig an. »Es hat nach Yves Montand keine großen französischen Schauspieler mehr gegeben. Wenn ich mir es recht überlege, stimmt nicht einmal das. Ich glaube seit Jean Gabin gab es keine guten französischen Schauspieler mehr.« Larissa schüttelte heftig den Kopf, dass die Locken flogen. »Du bist unmöglich, Papa. Also von dir stammt diese Einladung wirklich nicht?«, fragte sie lauernd. Luigi hob abwehrend die Hände und sagte unschuldig: »Ich weiß von nichts.«
Wenige Tage später stand sie nach der Premiere von »L’Oiseau noir« in dem überfüllten Foyer eines Pariser Luxushotels, in dem die Premierenparty stieg. Ihre Wangen waren vor Aufregung gerötet. Gerade war Jacques Boldon vorbeigekommen und hatte sie fragend begrüßt: »Mademoiselle…?"- »Bellini… Larissa Bellini.« Da hatten sich seine Augenbrauen gehoben, er hatte sie ausgiebig gemustert. »Ah, Larissa, Larissa Bellini…, wie schön. Grüßen Sie mir doch bitte Ihren Vater!” Dann war der große Schauspieler schon wieder in der Menge verschwunden. Also stammte die Einladung doch von ihrem Vater. Larissa stampfte mit dem Fuß auf. »Ist etwas nicht in Ordnung, Mademoiselle?«, hörte sie eine tiefe, angenehm seidige, männliche Stimme hinter sich sagen. Sie drehte sich um und musste erst einmal schlucken. Vor ihr stand George Clooney, nein nicht George Clooney, aber einer, der ihm zum Verwechseln ähnlich sah. Er lächelte sie spöttisch an. »Darf ich mich vorstellen, mein Name ist Brice Blonde.« Larissa machte vor Schreck einen kleinen Satz zurück. Ja – Boldon war ein wenig exzentrisch, auch und gerade, wenn es um seine Gästeliste ging. Wer sonst hätte es gewagt, Brice Blonde einzuladen. Waffenhandel, Rauschgiftschmuggel, Prostitution – es gab in etwa gar nichts Kriminelles, was ihm nicht nachgesagt wurde. Blonde war ihre Reaktion nicht entgangen. Er lachte und meinte: »Ich wäre stolz, wenn nur die Hälfte vom dem stimmte, was man über mich erzählt.« – »Die andere Hälfte ist aber auch noch ziemlich happig.« – »Ich hole uns was zu trinken.«
Kapitel 4
Jacques Boldon war plötzlich nur noch eine wage Erinnerung. Brice Blonde hatte es in Sekunden geschafft, Larissas uneingeschränkte Aufmerksamkeit zu bekommen. Dieser umwerfend gut aussehende Mann, der zum Zerfließen charmant war, wurde auch noch vom Hauch des Skandals umweht. Er erwies sich zudem als blendender Erzähler, und so verflog der Abend für Larissa, als habe er nur Minuten gedauert. Als Blonde beim Abschied vorschlug, gemeinsam im »George V« zu frühstücken, machte Larissas Herz einen kleinen Satz und sie sagte zu.
Vor lauter Aufregung kam sie zu früh in das kleine Café auf der Champs-Elysées. Doch zu ihrer Überraschung wartete Blonde bereits auf sie. Er begrüßte sie mit Handkuss, sie errötete ein wenig, dann setzten sie ihr Gespräch an der Stelle fort, an der sie abends zuvor geendet hatten – oder besser: Larissa lauschte den Erzählungen von Blonde. Nach etwa anderthalb Stunden blickte Blonde auf die Uhr und meinte bedauernd, dass er nun weg müsse. Er habe einen Termin in seinem Gym. Larissa hob überrascht die Augenbrauen. Blonde machte eine leicht abwehrende Handbewegung. »Ich habe nebenbei einen kleinen Boxstall. Ist so ein Hobby von mir. Einige meiner Jungs sind ganz gut. Wenn Sie wollen, kommen Sie doch einfach mit.« Und ob Larissa wollte. Sie hatte zwar nicht so richtig viel Ahnung vom Boxen, doch diese Gelegenheit würde sie sich um keinen Preis der Welt entgehen lassen.
Es roch säuerlich nach Schweiß und Staub, als sie in die Halle kamen. Etwa ein Dutzend Männer in Trainingsanzügen, Leibchen oder freien Oberkörpern waren hier zugange. Einige traktierten schwere Sandsäcke, andere droschen auf Punchingballs ein oder waren mit Seilspringen beschäftigt. Aus der hinteren Ecke klatschte es immer wieder. Dort war ein Boxring aufgebaut. Ein Trainer hob vor seinem Körper die Hände hoch, die mit überdimensionierten Handschuhen bewehrt waren, sogenannten Pratzen. Der Boxer im Ring, ein Bär von einem Mann, visierte nun immer wieder diese Pratzen an, was jedes Mal, wenn er traf, einen lauten Knall verursachte. »Hey Yves, alles klar mit Dimitri?«, rief Blonde dem Trainer zu. Der drehte sich nicht mal um. »Dimitri wird das schon machen. Spätestens in der siebten Runde legt er ihn flach«, gab der Trainer brummend zurück, um im gleichen Moment seinen Schützling zu ermahnen: »Führhand, Dimitri, nimm die Führhand höher.« Blonde nickte zufrieden. »Das ist Dimitri Letschkow. Wenn alles gut geht, ist er in zwei Wochen Weltmeister im Schwergewicht. Mein erster selbstgemachter Weltmeister, toll, oder?« Blonde grinste verträumt und wirkte dabei wie ein kleiner Junge, der stolz seine Modelleisenbahn präsentierte.
Eigentlich hätte Larissa längst wieder zurück sein müssen, um in Straßburg ihr Studium in Kunstgeschichte fortzusetzen. Doch sie fand es entschieden spannender, Brice Blonde zu studieren. Am Abend führte er sie ins »La Tour d’Argent«. Sie wusste, was es zum Nachtisch geben würde. Es war letztlich nur die Frage, wer hier wen vernaschen würde, dachte sich Larissa. Doch Blonde machte keine Anstalten, sie zu verführen. Als dann ihre Avancen an Deutlichkeit nichts mehr vermissen ließen, schüttelte Blonde nur traurig den Kopf und meinte: »Ich glaube, das ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt.«
Als sie im TGV zurück nach Straßburg fuhr, konnte sie nur an eines denken: Was war mit Brice Blonde los? Mochte er etwa keine Frauen? War er krank? Sein trauriger Gesichtsausdruck verfolgte sie noch lange. In der Nähe des Bahnhofs hatte sie ihr kleines Alfa-Cabrio geparkt und jagte damit jetzt nach Lothringen, um ihrem Vater von dem fantastischen Wochenende in Paris zu erzählen. Allerdings war sie sich nicht sicher, ob ihr Vater besonders begeistert davon sein würde, mit wem sie dieses Wochenende verbracht hatte.
Sie passierte das riesige, schmiedeeiserne Tor, drückte noch einmal aufs Gas, da hörte sie über sich infernalischen Lärm. Ein großer blauer Hubschrauber schwebte über ihr und setzte vor der Auffahrt zur Landung an. Aha, Papa hat ein neues Spielzeug, dachte sie.
Kapitel 5
»Was hältst du davon?«, fragte Luigi Bellini, legte den Arm um die Schultern seiner Tochter und drückte sie fest an sich. Die Rotoren des Hubschraubers liefen langsam aus. Das Brüllen der Turbine erstarb. »Fantastisch«, murmelte Larissa. »Das ist ein Eurocopter SA 365 N2 Dauphin.« Larissa nickte und konnte damit gar nichts anfangen. Luigi war nicht zu bremsen: »Hat zwei Triebwerke mit 745 PS. Fast 1500 PS, stell dir das vor. Das Ding fliegt fast 300 Stundenkilometer schnell und drin ist Platz für bis zu 15 Personen. Na gut, ich werde die Zahl der Plätze halbieren. Man will sich ja darin auch wohlfühlen und ein wenig Platz zum Arbeiten brauche ich schließlich auch. Stell dir vor, er hat eine Reichweite von 900 Kilometern. Ist das nicht fantastisch?« Larissa nickte und fragte versonnen: »Und das da? Gehört das zu Zubehör?« Sie deutete auf den Piloten, der gerade aus dem Cockpit stieg. Er war groß, muskulös, hatte kurzes blondes Haar und strahlend blaue Augen, die allerdings ein wenig traurig in die Welt blickten. Er trug einen grauen Overall mit einigen bunten Aufnähern. Luigi Bellini blickte seine Tochter strafend an: »Du sollst nicht über Menschen sprechen, als seien sie nur Sachen. Ja, das ist Pascal Hartenstein. Er wird die Maschine fliegen.« Larissa machte einen unschuldigen Augenaufschlag. »Meinst du, ich darf mal mit meinen Freundinnen…?"Jetzt musste Luigi wieder lachen. Er strich sich über den grauweißen Bart und hob dann mahnend den Zeigefinger: »Normalerweise brauche ich ihn, um alle meine Termine unter einen Hut zu bekommen. Aber ehe die Maschine einfach so rum…« Weiter kam er nicht. Larissa hatte sich schon an seinen Hals geworfen und ihm einen dicken Kuss auf die Wange gedrückt.
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