Kitabı oku: «Achtsamkeits - Yoga»
Frank Jude Boccio
Achtsamkeits-Yoga
Die erwachte Einheit von
Atem, Körper und Geist
Mit einem Vorwort von Georg Feuerstein, Ph. D.
Aus dem Amerikanischen übersetzt von Bernd Bender
Gemeinsam mit Atem, Körper und Geist
Schicke ich mein Herz mit diesen Worten auf den Weg.
Mögen alle, die sie lesen, aus der Unachtsamkeit erwachen,
Die wahre Natur des nicht getrennten Selbst erkennen
Und den Pfad der Furcht, des Leidens und der Angst überwinden.
Mögen alle Wesen frei sein.
1. Auflage 2020
Copyright © 2004 Frank Jude Boccio
Copyright © 2006 der deutschen Ausgabe: Arbor Verlag, Freiamt
published by arrangement with Wisdom Publications, 199 Elm Street, Somerville, MA
02144 USA
Titel der amerikanischen Originalausgabe:
Mindfulness Yoga. The awakened union of breath, body, and mind.
Copyright © 2004 für die im Innenteil und auf dem Titel verwendeten Fotos,
Piemonte Photography, David Piemonte, Terry Del Percio und
Cape Ann Photography, David Stotzer, Gloucester, Massachusetts
Lektorat: Eva Bachmann
Gestaltung: Rosalie Schnell
Covergestaltung: Dirk Henn
E-Book-Herstellung und Auslieferung: Brockhaus Commission, Kornwestheim, www.brocom.de
Alle Rechte vorbehalten
E-Book 2020
ISBN E-Book: 978-3-86781-353-2
Inhalt
Vorwort
Zu diesem Buch
Zu den Asanas
Zu den Begriffen
Einführung
Erster Teil
Der Kontext
Buddhas Yoga
Die Yoga-Praxis der Vier Edlen Wahrheiten
Die Achtfachen Pfade
Zweiter Teil
Entwicklung von Achtsamkeit: Erinnerung an die Gegenwart
Was ist Achtsamkeit?
Wie beginnen wir mit der Achtsamkeits-Meditation?
Eine Einführung in die Sutras
Dritter Teil
Die Praxis des Achtsamkeits-Yoga
Der Körper im Körper
Die Gefühle in den Gefühlen
Achtsame Betrachtung des Geistes: Der Geist im Geist
Achtsame Betrachtung der Geistesobjekte: Die Dharmas in den Dharmas
Anhang A: Die Sieben Faktoren des Erwachens
Anhang B: Das Sutra des Bewussten Atmens
Anhang C: Die Sitzhaltungen
Anhang D: Alphabetische Liste der Haltungen
Anmerkungen
Dank
Materialien
Vorwort
Mir ist sehr daran gelegen, mich über meine verschiedenen Interessengebiete auf dem Laufenden zu halten, insbesondere über die Yoga-Tradition, doch von den Hunderten von Publikationen, die jedes Jahr über meinen Schreibtisch wandern, finden nur wenige über längere Zeit mein Interesse. Ab und zu ist in der wöchentlichen Flut von Büchern und Manuskripten jedoch ein Werk, das sich zu lesen lohnt und mich fesseln kann. Frank Jude Boccios Achtsamkeits-Yoga gehört zu diesen Werken.
Aus zwei Gründen freue ich mich darüber. Erstens war es an der Zeit, dass ein Buch zu diesem wichtigen Thema erschien, und zweitens ist es ein Vergnügen gewesen, Frank Jude Boccio als Teilnehmer bei der ersten Lehrerausbildung des Yoga Research and Education Center, die 700 Stunden umfasste, zu erleben. Mit stiller Präsenz, unaufdringlichem Einsatz und durchdachten Anmerkungen leistete er einen wichtigen Beitrag zu unserem Programm, und ich habe ihn seither als einen liebevollen Dharma-Bruder schätzen gelernt. Sehr gerne komme ich seiner Bitte nach, dieses Vorwort zu schreiben.
Es scheint mir sinnvoll, das Vorwort zu einem solchen Buch mit einigen persönlichen Bemerkungen zu beginnen. Als ich mit 14 Jahren die unglaublich reiche Welt des Yoga entdeckte, wusste ich, dass ich meine spirituelle Heimat gefunden hatte. Drei oder vier Jahre später wurde mir klar, dass ich mein persönliches und professionelles Leben der Erforschung des uralten Erbes des Yoga widmen würde. Mit 19 schrieb ich mein erstes Buch – natürlich über Yoga –, und inzwischen habe viele weitere zu diesem und verwandten Themen verfasst. Damals lernte ich auch den Buddhismus kennen, der mich mit der eindrucksvollen Klarheit und Weitsicht des Buddhadharma beeindruckte. Seitdem hege ich großen Respekt vor Buddha und seinen Lehren. In meiner eigenen Praxis und in meinen Studien wendete ich mich jedoch dem Hindu-Yoga zu, da er einem angehenden Forscher/Schreiber/Praktizierenden wie mir zugänglicher zu sein schien.
In den frühen 70er Jahren, nachdem ich mich intensiv mit dem Hindu-Yoga befasst hatte, übersetzte ich einige Bücher über den Buddhismus aus dem Englischen ins Deutsche und umgekehrt. Doch erst 1994 hatte ich eine einschneidende Begegnung mit der Welt des buddhistischen Yoga – und zwar in Form der Theorie und Praxis des Vajrayana-Buddhismus. Seitdem habe ich viel über die Verbindung zwischen hinduistischer und buddhistischer Spiritualität nachgedacht, ein Aspekt, der auch im Zentrum von Boccios Werk steht.
In meinen Augen sind Hinduismus und Buddhismus nicht so sehr eine Religion, sondern große, auf dem indischen Subkontinent entstandene kulturelle Gebilde, deren Kern aus einer yogischen (spirituellen) Praxis besteht. So bezeichnet sich etwa der Vajrayana-Buddhismus explizit als eine Form des Yoga und nennt seine männlichen Schüler wie im Hinduismus yogins oder, auf Tibetisch, naljor. Die gegenwärtige Unterscheidung zwischen Yoga (der im Allgemeinen auf die Praxis der Haltungen reduziert wird) und Buddhismus ist demnach eine falsche und unkonstruktive Zweiteilung. Ohne dadurch die Unterschiede zwischen hinduistischer und buddhistischer Spiritualität zu verwischen, ist es sinnvoll, beide als „Yoga“ zu bezeichnen. Dies hat den Vorteil, auf die gemeinsame Grundlage beider Traditionen hinweisen zu können: nicht nur auf dem Gebiet der ethischen Praxis, sondern auch auf den höheren Stufen des Pfades. Es freut mich festzustellen, dass Frank Jude Boccio, buddhistischer Yoga-Praktizierender wie ich selbst, die gleiche Anschauung vertritt.
Seit mehr als 35 Jahren bemühe ich mich darum, Brücken zu bauen zwischen Indien und dem Westen – Brücken, die Gefährten aus dem Westen überqueren können, um einen besseren Zugang zu den wunderbaren Weisheitslehren Indiens zu erhalten. Nur wenige wissen, dass der Yoga bereits zur Zeit der alten Griechen die Gestade des Westens erreicht hat und der Zuzug indischer Weisheit nach Europa, Amerika, aber auch nach Australien und Neuseeland seit der richtungsweisenden Präsentation Swami Vivekanandas im „Parlament der Religionen“ 1893 in Chicago ständig größer geworden ist. Heutzutage haben wir das merkwürdige Phänomen, dass hoch qualifizierte westliche Lehrer der indischen Mittelschicht das Geschenk des Yoga zurückerstatten (zumindest in Form der Haltungen des Hatha-Yoga) – ein Zeichen des immer stärkeren Zusammenwachsens der beiden Hemisphären.
Im „Parlament der Religionen“ war mit den ehrenwerten Persönlichkeiten des feurigen Ceylonesen Anagarika Dharmapala, des japanischen Zen-Meisters Soyen Shaku und anderen auch der buddhistische Yoga vertreten. Übersetzt wurde Soyen Shaku von dem jungen D. T. Suzuki, der dazu ausersehen war, einer der spirituellen Helden Mitte des 20. Jahrhunderts zu werden. Beide Meister scharten anschließend eine beachtliche amerikanische Gefolgschaft um sich und legten so die Grundlage für die offene Aufnahme des tibetischen Buddhismus in Amerika und anderen westlichen Ländern, nachdem China Tibet 1950 besetzt hatte. Heute geht man davon aus, dass es allein in den USA zwei bis drei Millionen aktive Buddhisten und fünfzehn bis zwanzig Millionen Menschen gibt, die Yoga praktizieren. Was Letztere betrifft, so praktizieren die meisten Yoga als Gesundheits- und Fitness-Programm und nicht so sehr, um innerlich zu wachsen und sich spirituell zu entwickeln.
Es gibt jedoch eine ermutigende Entwicklung, Yoga ernsthafter zu betreiben, sozusagen als einen Lebensstil, der sich die hohen spirituellen Ideale der Selbst-Transzendierung und des spirituellen Erwachens zu Eigen macht. Yoga ist eine Disziplin der kraftvollen Transformation, die, wenn sie authentisch und mit der entsprechenden Hingabe praktiziert wird, schon auf der untersten Ebene – der Praxis der Haltungen, auf die sich die Mehrheit der westlichen Praktizierenden konzentriert – eine innere Verwandlung bewirken kann. Indem sie das parasympathische Nervensystem aktivieren, können die Haltungen des Hatha-Yoga (asanas), ihrer Aufgabe traditionsgemäß folgend, als Tor zu den spirituellen Seiten des yogischen Prozesses dienen. Sie machen Praktizierende mit der Erfahrung der Tiefenentspannung vertraut, von wo aus, insbesondere in Verbindung mit bewusstem Atmen, es nur ein kleiner Schritt in die Meditation ist. Der meditative Geist wiederum kann im Einzelnen sehr tiefgreifende Veränderungen des Selbstbildes und Weltverständnisses sowie der gesamten Beziehung zum Leben bewirken. Deshalb ist die Meditation das Herz fast aller yogischen Pfade.
Die großen yogischen Traditionen Indiens können als das kostbare Konzentrat von Jahrtausenden der Meditation und des spirituellen Bemühens betrachtet werden. Sie haben uns wirklich viel zu lehren, weshalb das genaue Studium (svadhyaya) der Yoga-Lehren schon immer ein wesentlicher Aspekt der Yoga-Praxis gewesen ist. Natürlich ist es möglich, sich selbst über einen langen Zeitraum durch eigene Versuche etwas beizubringen, aber wieso sollten wir es riskieren, enttäuscht zu sein und letztendlich zu scheitern, wenn wir vom Wissen und von der Weisheit früherer Praktizierender, deren Bemühungen Früchte getragen haben, profitieren können? Wenn wir uns auf unserer spirituellen Reise von Anfang an die große Bedeutung der „vollkommenen Ansicht“ bewusst machen, können wir uns viele Enttäuschungen ersparen. Wenn wir in eine unbekannte Stadt fahren, ist es sicherlich hilfreich, einen guten Straßenatlas zur Hand zu haben. Anfangs haben wir vielleicht noch nicht einmal eine genaue Vorstellung von unserem Ziel, da uns unsere tiefsten Empfindungen und Motive oftmals verborgen bleiben. Ein gewissenhaftes Studium der traditionellen Yoga-Lehren kann nicht nur unsere spirituelle Motivation wecken, sondern uns auch in die richtige Richtung weisen.
Frank Jude Boccios Achtsamkeits-Yoga ist solch ein wertvoller Straßenatlas, ein Studienführer für alle, die in das volle Potenzial des Yoga eintauchen und sich die inneren Quellen erschließen wollen, die notwendig sind, um ein sinnvolles und glückliches Leben zu führen. Achtsamkeits-Yoga ist auch der bewundernswerte Versuch, die jetzt noch künstlich getrennten Fraktionen des Hindu-Yoga und des buddhistischen Yoga in Ost und West zusammenzubringen. Dieses wichtige Praxishandbuch führt uns deutlich vor Augen, in wie vielen Bereichen sich beide Traditionen überschneiden, ohne die umfangreichen theoretischen und praktischen Unterschiede, die zweifelsohne bestehen, zu verwischen. Damit steht das Buch im sensiblen Zentrum eines ökumenischen, interreligiösen oder, wie ich es ausdrücken würde, „intertraditionellen“ Dialogs und trägt zum gegenseitigen Verständnis und zur Toleranz zwischen Hinduismus und Buddhismus bei. Dieses Buch ist so wertvoll, weil die Sicht des Autors auf der Sachkenntnis einer aufrichtigen persönlichen Praxis des buddhistischen Yoga (vor allem Achtsamkeits-Praxis) und des Hindu-Yoga (insbesondere Asana-Praxis und Atem-Übungen) beruht. Welche Konflikte zwischen diesen beiden großen yogischen Ansätzen sich Einzelne auch vorstellen mögen, Boccios Leben und seine Werke zeigen, dass es möglich ist, sie zu integrieren und von ihrer gemeinsamen Kraft zu profitieren.
Achtsamkeits-Yoga beseitigt eine ganze Reihe falscher Vorstellungen über buddhistischen und hinduistischen Yoga und enthält praktische Ratschläge für Praktizierende beider Traditionen. Indem er zeigt, dass Achtsamkeit auf alle yogischen Praktiken, auch auf die Haltungen des Hatha-Yoga, angewendet werden kann (und soll), hat Frank Jude Boccio mit Erfolg eine Brücke zwischen der „kopfbetonten“ Meditationspraxis und dem „körperfixierten“ Hatha-Yoga geschlagen. Er weiß, dass wir weder körperlose Geister sind, die über einem physischen Körper schweben, noch seelenlose materielle Maschinen, sondern uns in einer wunderbaren Dynamik zwischen beiden Ebenen der Wirklichkeit befinden. Es ist erfrischend, dass er in seine Überlegungen die weithin missverstandene, aber lebendige Dimension der Gefühle mit einbezieht. Weder das buddhistische noch das hinduistische Yoga wollen, wie so oft fälschlich behauptet wird, die Gefühle ausschalten und Praktizierende zu leblosen Robotern machen. Vielmehr zielen beide Traditionen darauf ab, den Geist zu befreien, einschließlich der Gefühle, indem sie den Betrachter in uns zum Leben erwecken. Mircea Eliade, der große Religionswissenschaftler des 20. Jahrhunderts, bemerkte in seinem grundlegenden Werk über den Yoga, dass die Idee des Betrachters Indiens größte Entdeckung sei. Ich stimme dem zu, möchte jedoch hinzufügen, dass die yogische Lehre vom Mitgefühl für alle Wesen mindestens genauso wichtig und zentral ist. Der Ruf nach Mitgefühl erklingt sowohl im Buddhismus als auch im Hinduismus.
Durch Boccios Buch zieht sich – manchmal ausdrücklich, manchmal eher im Hintergrund – das Thema des kreativen Zusammenspiels zwischen Betrachter (der in der Praxis der Achtsamkeit deutlich wird) und Mitgefühl. Das betrachtende Bewusstsein und ein mitfühlendes Herz sind Grundelemente aller integrierter Formen eines authentischen Yoga. Gemeinsam lassen sie uns ganz werden.
Abschließend sei gesagt, dass dieses Buch von Praktizierenden des Hatha-Yoga, insbesondere jenen, denen körperliche Fitness, Kraft und Schönheit allzu wichtig sind, und Praktizierenden des buddhistischen Yoga, vor allem, wenn sie sich in ihren Körpern und in der materiellen Welt unwohl fühlen, sorgfältig gelesen werden sollte. Eigentlich sollte Achtsamkeits-Yoga von jedem angehenden Yoga-Praktizierenden gelesen werden.
Georg Feuerstein, Ph. D.
Manton, Kalifornien
Herbst 2003
Zu diesem Buch
Selbst wenn Sie bereits Yoga oder Achtsamkeits-Meditation praktizieren, sollten Sie zuerst die Einführung und den gesamten ersten und zweiten Teil lesen.
Im ersten Teil skizziere ich den historischen und philosophischen Kontext, in dem Buddha lebte und lehrte, und gebe einen kurzen Überblick über seine Lehren und ihre Verbindung zum klassischen Yoga Patanjalis.
Im zweiten Teil werden die von Buddha gelehrten grundlegenden Meditationstechniken, die allgemein als Achtsamkeits-Meditation bekannt sind, vorgestellt. Einigen allgemeinen Instruktionen folgen Vorschläge, wie man eine eigene Praxis entwickeln kann (sie könnten selbst für erfahrene Praktizierende hilfreich sein). Schließlich gebe ich eine kurze Einführung in die beiden suttas (der Pali-Begriff für das, was auf Sanskrit sutra heißt), die Buddhas Unterweisungen zur Achtsamkeitspraxis enthalten. Dabei konzentriere ich mich vor allem auf das Anapanasati-Sutta (Sutra des Bewussten Atmens), dem unsere Herangehensweise an die yogische Praxis der Asanas im dritten Teil zugrunde liegt.
Das Herz des Achtsamkeits-Yoga findet sich im dritten Teil. Darin befassen sich vier Kapitel mit einer Analyse der Vier Verankerungen der Achtsamkeit und stellen Abfolgen von Asanas vor, mit denen wir praktizieren können.
Der Anhang umfasst einen Aufsatz über die Sieben Faktoren des Erwachens, das vollständige Anapanasati-Sutta sowie eine Beschreibung der Haltungen für die Sitzmeditation. Schließlich finden sich in den Anmerkungen Hinweise auf die Quellen, auf denen dieses Buch und mein Ansatz beruhen. Eine abschließende Liste von Materialien enthält Vorschläge und Anregungen für weiterführende Studien.
Zu den Asanas
Die Übungsreihen im dritten Teil wurden so konzipiert, dass sie von Praktizierenden mit unterschiedlichen Erfahrungen ausgeführt werden können. Einige Asanas (Haltungen) werden für manche Anfänger eine Herausforderung darstellen. Wenn sie Ihnen körperliche Probleme bereiten, sollten Sie entweder die angegebenen Variationen praktizieren oder bestimmte Asanas so lange auslassen, bis Sie sich in Ihrer Praxis weiterentwickelt haben. Erfahrene Praktizierende können die Asanas länger halten oder mehr Energie einsetzen, sie können jedoch auch weiterführende Asanas aufnehmen, solange sie dem Ansatz der Vier Verankerungen der Achtsamkeit folgen.
In den Übungsreihen wird jede einzelne Yoga-Asana in Text und Bild genau beschrieben, und immer wieder sind Variationen angegeben. Dabei handelt es sich natürlich nur um einige der vielen tausend Haltungen, die praktiziert werden, doch unter ihnen befinden sich viele wesentliche und grundlegende Asanas, die von Yogis und Yoginis ein Leben lang erforscht und ausgeführt werden. Ich habe die DREIECKSHALTUNG in meinem Leben sicherlich schon unzählige Male praktiziert, aber jedes Mal, wenn ich sie einnehme, lerne ich etwas Neues über mich – meinen Körper, meinen Geist und ihre Beziehung untereinander. Einer meiner ersten Yoga-Lehrer wies uns darauf hin, dass es jedes Mal, wenn wir uns in eine Haltung begeben, wie das erste Mal sein kann, wenn wir wirklich Yoga praktizieren – die Praxis, in diesem Moment gegenwärtig zu sein.
Wenn Sie weiterführende Haltungen praktizieren wollen, können Sie einige der Bücher und Videos zu Rate ziehen, die ich unter Materialien empfohlen habe; ich schlage Ihnen jedoch vor, eine Yoga-Klasse zu besuchen und von erfahrenen Lehrern zu lernen. Doch bitte denken Sie daran, dass die einzigen Gründe, warum Sie weiterführende Haltungen praktizieren sollten, darin bestehen, dass Sie sich körperlich etwas mehr fordern wollen und dies aus einem Gefühl der Neugierde und Freude heraus tun. Sie werden merken, dass viele der fortgeschrittenen Haltungen auf den grundlegenden, hier beschriebenen Asanas aufbauen und diese weiterentwickeln. Selbst für viele erfahrene und geschickte Yogis sind diese grundlegenden Haltungen eine Herausforderung, wenn sie als Meditationen im Sinne der Unterweisungen des Anapanasati-Sutta praktiziert werden.
Natürlich ist die richtige Ausführung wichtig, aber dies ist kein Buch über die Feinheiten der Ausführung, sondern Sie finden hier allgemeine Beschreibungen der grundlegenden Bewegungsabfolgen, mit denen Sie arbeiten und die Sie erforschen können. In meinem Ansatz geht es nicht so sehr um die Ausarbeitung oder Form der Asanas, sondern um die Erforschung der Erfahrung, also um den Inhalt, die Eigenschaften und die Aktivität dessen, was wir erleben. Lassen Sie die Asana Form annehmen, indem Sie auf sich selbst vertrauen, und versuchen Sie nicht, sich in das Ideal einer Struktur zu zwingen. Im Laufe Ihrer Praxis werden Sie immer mehr über die Asana und sich selbst entdecken. Viele Bücher und Videos behandeln die Asanas aus einem detaillierteren physiologischen Ansatz heraus; einige davon sind unter den Materialien zu finden.
Viele Yoga-Haltungen sind asymmetrisch. Wenn ich Ihnen rate, sie auf der anderen Seite zu wiederholen, können Sie die Begriffe „links“ und „rechts“ in den Beschreibungen gern austauschen. Die Länge gebe ich meist durch Atemzüge an, doch da wir alle unterschiedliche Atemrhythmen haben, werden Ihnen in den vorgeschlagenen Angaben große Unterschiede auffallen. Wichtig ist vor allem, dass Sie sich bei den asymmetrischen Haltungen jeder Seite etwa gleich lang widmen und die Vorschläge nur als Richtlinie dafür betrachten, wie lange Sie die verschiedenen Asanas ungefähr halten sollten.
Ich ermuntere Sie dazu, so mit den Haltungen zu arbeiten oder, besser gesagt, zu spielen und sich ihnen hinzugeben, wie ein neugieriges Kind seine Umgebung erforscht. Manchmal haben wir Schmerzen, wenn wir die Haltungen praktizieren. Schmerz kann, wie jede andere Empfindung auch, ein Lehrer sein. Auch da sollten Sie sich dem Schmerz mit Respekt und einer fragenden Haltung nähern. Ein Großteil unseres Leidens rührt daher, dass wir den Schmerz meiden. Doch in dieser Praxis können wir verstehen, dass viele Schmerzen einfach nur aus einem Ungenügen über die Dinge, so wie sie sind, resultieren. Eine Sache, die wir in der Praxis lernen können, ist ein genaues Empfinden dafür, was wirklicher Schmerz und was nur Unbequemlichkeit ist.
Selbstverständlich hat Yoga nichts mit Masochismus oder stoischem Ertragen zu tun, und wir sollten achtsam gegenüber Schmerzen sein, die zu Verletzungen führen könnten. Mit wachsender Erfahrung werden Sie den Unterschied zwischen unbequemen oder unangenehmen Empfindungen und Schmerzen, die Verletzungen nach sich ziehen könnten, besser erkennen. Lösen Sie sich aus einer Haltung, wenn Sie darüber im Zweifel sind, und erforschen Sie danach ganz vorsichtig erneut Ihre Grenzen. Selbst wenn Sie dann eine Haltung beenden, tun Sie es nicht mehr aufgrund eines eingefahrenen Verhaltensmusters, sondern aus Achtsamkeit.