Kitabı oku: «Der Racheengel - Ein Aachen Krimi», sayfa 3

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Kapitel 5

Es war genauso abgelaufen, wie er erwartet hatte. Immer wieder hatte er seine Unschuld beteuert. Er hatte von Körlings kurz vor dessen Tod erfahren, welche Rolle Bender in der Geschichte gespielt hatte. Das war eines der wenigen Details gewesen, das ihm am Anfang in dem Puzzle noch gefehlt hatte. Es hatte ihn angewidert, wie Bender vor ihm niederkniete und um sein erbärmliches Leben bettelte. Er konnte ihn einfach nicht ungesühnt davonkommen lassen. Er musste beenden, was er begonnen hatte. Und er war noch nicht am Ende seines Weges. Schon auf dem Heimweg waren seine Gedanken unentwegt um sein nächstes Ziel gekreist. Ein Gefühl des Ekels machte sich in ihm breit, wenn er an diesen Mann dachte. Er war von allen derjenige, den er am meisten verabscheute. Er hatte bereits einen Plan. Jetzt galt es zu prüfen, ob er umzusetzen war. Er blickte auf seine Uhr. Seine Frühstückspause war zu Ende. Er musste wieder zurück an seine Arbeit gehen.

Nachdem Hansen seine Wohnung frisch geduscht verlassen hatte, machte er sich auf direktem Weg zur Eigentumswohnung von Körlings. Er hatte zwar noch nicht die leiseste Ahnung, wonach er dort genau suchen sollte, aber irgendwo musste er ja anfangen. Sein Ziel lag nur etwa zehn Minuten von seiner eigenen Wohnung entfernt in der Lütticher Straße. Körlings hatte dort ein opulentes Apartment in einem schönen sanierten Altbau. Hansen konnte sich von seinem letzten Besuch noch genau daran erinnern, dass es von der Dachterrasse aus einen wunderschönen Ausblick bis hin zum Aachener Stadtwald gab. Mit dem sichergestellten Schlüssel, den er am Morgen extra aus der Asservatenkammer des Präsidiums geholt hatte, öffnete der Kommissar die Haustür. An der Wohnungstür in der dritten Etage entfernte er das Polizeisiegel. Obwohl die Spurensicherung die Wohnung gründlich untersucht hatte, war sie in einem ordentlichen Zustand hinterlassen worden, was leider nicht immer der Fall war.

Zunächst lief Hansen durch die einzelnen Zimmer der über hundertachtzig Quadratmeter großen Wohnung und ließ die Eindrücke auf sich wirken. Körlings hatte Geschmack besessen. Die Ausstattung war vom Feinsten. Wahrscheinlich von einem Innenarchitekten entworfen. Alleine der Parkettboden dürfte ein halbes Jahresgehalt seines bescheidenen Einkommens als Polizist verschlungen haben.

Aber er hatte keine Zeit, sich mit der Schönheit der Wohnung zu beschäftigen. Er war hier, um nach verwertbaren Informationen zu suchen, die sie in der Mordserie weiterbringen konnten. Hansen gab die Hoffnung nicht auf, dass die Kollegen bei der Untersuchung der Wohnung etwas übersehen hatten. Es musste doch einen Hinweis darauf geben, warum der Täter es gerade auf den Geschäftsmann abgesehen hatte. War es möglich, dass Körlings in illegale Machenschaften verstrickt war, von denen der Mörder gewusst hatte? Wurde der Geschäftsmann am Ende von seinem Mörder für etwas bestraft, das in dessen Augen so schlimm war, dass Körlings dafür den Tod verdient hatte? Zahn um Zahn. Warum hatte der Mörder gerade dieses Gleichnis verwendet?

Hansen setzte sich an den Schreibtisch und öffnete der Reihe nach die Schubladen. Aber außer einigen Geschäftsunterlagen konnte er nichts finden. In einem der Aktenordner fand er verschiedene Zeitungsartikel, die Körlings offensichtlich gesammelt hatte. Warum hatten die Kollegen die nicht mitgenommen? Es handelte sich dabei ausschließlich um Berichte von karitativen Veranstaltungen, die der Unternehmer regelmäßig ausgerichtet hatte, um Geld für gemeinnützige Einrichtungen zu sammeln. Hansen legte sie wieder zurück.

Während er so dasaß und seinen Blick durch die Wohnung schweifen ließ, fiel ihm allerdings etwas anderes auf. Es gab in der gesamten Wohnung keine Fotos. Weder von seiner Familie noch von Freunden. Nicht ein einziger Schnappschuss war in der Wohnung zu sehen. Hansen wusste, dass Körlings´ Eltern bereits seit ein paar Jahren tot waren. Geschwister hatte er keine. Es gab auch keine Verwandten, die das beträchtliche Vermögen des Geschäftsmannes erbten. Stattdessen sollte mit dem Geld eine Stiftung gegründet werden, die sozial schwachen Kindern eine gute Ausbildung sichern sollte.

Darüber hinaus hatten sie ermittelt, dass der Freundes- und Bekanntenkreis des Geschäftsmannes sehr überschaubar gewesen war. Er führte abseits des gesellschaftlichen Lebens ein eher unauffälliges Leben. Trotzdem fand Hansen es ungewöhnlich, dass es keine Fotos in der Wohnung gab. Er holte seinen Notizblock aus seiner Jackentasche. Er blätterte die Seiten bis zu der Stelle, wo er die ersten Einträge über Körlings niedergeschrieben hatte.

Die von ihm Befragten hatten übereinstimmend ausgesagt, dass Hans-Josef Körlings sehr zurückgezogen gelebt habe. Fast alle hatten angegeben, dass der Ermordete ein sympathischer Zeitgenosse gewesen sei, stets bescheiden und hilfsbereit. Während Hansen weitere Notizen überflog, fiel ihm ein anderer Eintrag im Zusammenhang mit Körlings auf. Mehrere Befragte hatten ausgesagt, dass der Unternehmer eine Zeit lang in Begleitung einer jungen, gut aussehenden Frau gesehen wurde. Juliette Vermaelen war der Name dieser Frau. Allerdings hatten sie festgestellt, dass keine Person mit diesem Namen in Aachen oder der näheren Umgebung gemeldet war. Auch eine bundesweite Überprüfung hatte zu keinem Ergebnis geführt. Die Frauen mit gleichem Namen waren schlichtweg zu alt gewesen, um als die entsprechende Frau infrage zu kommen. Und da sie auch in Körlings´ Wohnung keine Hinweise auf die Frau gefunden hatten, wurde die Spur nicht weiter verfolgt. Aber während Hansen darüber nachdachte, musste er sich eingestehen, dass es vielleicht ein Fehler gewesen war, diesem Hinweis nicht weiter nachgegangen zu sein. War es möglich, dass Juliette Vermaelen einen falschen Namen in Gegenwart von Körlings Bekannten benutzt hat? Bliebe die Frage, warum sie das getan haben könnte? Denkbar wäre zum Beispiel, dass die Frau für einen Escortservice arbeitete. Jedenfalls wollte er der Sache noch einmal nachgehen.

Vielleicht war es sogar sinnvoll, ein Phantombild von der Unbekannten erstellen zu lassen, um dies in der Presse zu veröffentlichen.

Als Nächstes durchsuchte Hansen die Schränke im Wohn- und anschließend im Schlafzimmer. Aber auch hier konnte er nichts entdecken, was sein Interesse geweckt hätte. Er schaute auf seine Armbanduhr. Jetzt durchsuchte er bereits seit fast einer Stunde die privaten Sachen des zweiten Opfers. Aber im Grunde war bei seiner Suche nichts herausgekommen. Hansen war frustriert. Er fasste den Entschluss die Suche abzubrechen, versah die Wohnungstür mit einem neuen Polizeisiegel und machte sich auf den Weg zu seinem Wagen.

Kapitel 6

Als Nächstes suchte Hansen Christoph Maas, einen langjährigen Freund von Körlings auf. Maas hatte Körlings seit der Schulzeit gekannt. Sie hatten die ganze Zeit über Kontakt gehalten und waren regelmäßig gemeinsam Tennis spielen gegangen.

Die erste Befragung von Christoph Maas hatte damals Riedmann vorgenommen. So ungewöhnlich diese Vorgehensweise war, Hansen musste da noch einmal nachhaken. Leider teilte ihm die Sekretärin von Maas bei seinem Anruf mit, dass er diese Woche Urlaub habe. Also wählte Hansen die Nummer der Telefonauskunft, um sich mit dem privaten Anschluss der Familie verbinden zu lassen. Schon nach dem dritten Klingeln hatte Maas das Gespräch entgegengenommen und einem Treffen in einer halben Stunde zugestimmt. So lange brauchte Hansen aber auch, um nach Roetgen in der Eifel zu fahren, wie ihm sein Navigationsgerät, ohne das er hilflos verloren war, mitteilte. Nach gut fünfundzwanzig Minuten hatte Hansen sein Ziel in der Eifel erreicht. Nachdem er an der Haustür des Bungalows geklingelt hatte, wurde ihm von einem attraktiven gepflegten Mann mittleren Alters die Tür geöffnet.

»Kommissar Hansen nehme ich an?«, wurde der Hauptkommissar freundlich begrüßt.

Hansen nickte und zeigte seinen Dienstausweis.

»Ich muss zugeben, dass mich Ihr Anruf einigermaßen überrascht hat. Ich wüsste nicht, was ich Ihnen erzählen könnte, was ich nicht schon Ihrem Kollegen berichtet habe«, meinte Maas. »Aber kommen Sie doch bitte erst mal herein, Herr Kommissar. Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten? Kaffee oder Tee vielleicht? Ich war so frei und habe schon einmal etwas vorbereitet.«

Hansen fiel sofort auf, dass das Haus der Familie Maas ebenso geschmackvoll eingerichtet war wie das Penthouse von Körlings. Wenn er sich richtig erinnerte, arbeitete Maas in leitender Funktion bei der Sparkasse.

»Ich würde gerne einen Kaffee nehmen, wenn Sie sich schon die Mühe gemacht haben«, antwortete Hansen freundlich.

»Sie haben außerordentliches Glück gehabt, dass Sie mich überhaupt noch hier angetroffen haben«, meinte Christoph Maas, während er Hansen eine Tasse Kaffee einschenkte. »Ich habe mir nämlich ein paar Tage freigenommen und wollte mich gerade auf den Weg zu meiner Familie machen. Hat Ihr Besuch vielleicht mit dem neuen Opfer des Racheengels zu tun? Eine furchtbare Sache! Sind Sie denn schon mit Ihren Nachforschungen weitergekommen?«, fragte Maas interessiert.

»Darüber darf ich Ihnen aus ermittlungstechnischen Gründen keine Auskunft geben. Aber es ist so, dass wir eine wichtige Spur verfolgen«, log Hansen. »Wenn es Ihnen nichts ausmacht, würde ich Ihnen gerne noch einmal einige Fragen bezüglich Herrn Körlings stellen.« Hier machte er eine kleine Pause und blickte Maas in die Augen. »Wie lange und vor allem wie gut haben Sie ihn gekannt?«

»Hans-Josef und ich kannten uns seit unserer Schulzeit auf dem Goethe-Gymnasium in Aachen. Im Laufe der Zeit wurden wir beste Freunde. Wir haben später sogar die gleichen Studiengänge belegt. Aber mit der Zeit haben wir uns etwas entzweit.«

»Könnten Sie das bitte etwas konkretisieren?« bohrte Hansen nach, obwohl er die Antwort wahrscheinlich schon aus dem Ermittlungsprotokoll kannte.

»Es begann schon kurz nach Beendigung unseres Studiums«, setzte Maas seine Ausführungen fort. HaJo, wie seine Freunde ihn nannten, bekam das Angebot ins Ausland zu gehen, um einen Job in den USA zu übernehmen. Da ich glücklicherweise direkt nach dem Studium eine Anstellung in Aachen gefunden habe, haben sich in der Folgezeit unsere Kontakte doch erheblich minimiert. Hin und wieder haben wir telefoniert. Aber das wurde mit der Zeit dann auch immer seltener. Wenn HaJo dann in Deutschland zu Besuch war, haben wir uns auch getroffen, aber ich hatte immer mehr den Eindruck, dass wir schon lange nicht mehr auf einer Wellenlänge lagen. Er hatte sich verändert.«

»Und wann ist Herr Körlings dann wieder nach Aachen zurückgekehrt?«

»Das muss etwa vor neun Jahren gewesen sein. HaJo hat mich eines Abends völlig überraschend angerufen und mir erzählt, dass er seine Stellung in den USA gekündigt hat und wieder in Aachen lebt. Er berichtete mir von seinen Plänen eine eigene Firma zu gründen, die Autozubehörteile herstellen und vertreiben sollte. Hans-Josef hatte wohl in den USA gute Kontakte in der Automobilbranche geknüpft und wollte sich hier in Deutschland eine Firma aufbauen, die sich mit der Produktion spezieller Zulieferteile befasste. Da er wusste, dass ich im Vorstand der Sparkasse sitze, erhoffte er sich meine Unterstützung bei der Finanzierung. Die Bewilligung des Kreditvolumens erfolgte natürlich nicht aufgrund unserer langjährigen Bekanntschaft. Nicht dass Sie da einen falschen Zusammenhang herstellen«, lächelte Maas. »Sein Konzept hatte einfach Hand und Fuß und der finanzielle Erfolg, der sich ziemlich bald eingestellt hatte, gab uns ja auch letztlich recht.«

»Und wie würden Sie Ihre Beziehung in den letzten Jahren beschreiben? Haben Sie die alte Freundschaft wieder aufgefrischt?«

»Von einer engen Beziehung konnte nicht die Rede sein«, erwiderte Maas. »Wir haben uns hin und wieder bei seinen Wohltätigkeitsveranstaltungen getroffen und sind alle paar Wochen Tennis spielen gegangen. Aber von Freundschaft im eigentlichen Sinne würde ich nicht sprechen. Vielleicht fehlte uns für eine intensive Freundschaft auch letztlich die Zeit. Wir beide sind, pardon, waren beruflich sehr eingespannt. Die wenige Freizeit, die mir bleibt, verbringe ich am liebsten mit meiner Frau und unseren beiden Kindern.«

»Sie haben meinem Kollegen bei der ersten Befragung von einer jungen Frau erzählt. Juliette Vermaelen. Können Sie mir vielleicht etwas über die junge Frau erzählen?«

»Ich fürchte, dass ich Ihnen auch jetzt nicht mehr sagen kann, als ich Ihrem Kollegen bereits erzählt habe«, schüttelte Maas den Kopf. »Ich kannte sie ja kaum. Wenn es nicht so ungewöhnlich gewesen wäre, Hans-Josef überhaupt in Begleitung einer Frau zu sehen, dazu noch einer so jungen und gut aussehenden, hätte ich das gar nicht erst erwähnt.

HaJo war im Grunde ein überzeugter Junggeselle. Das hing mit einer alten Geschichte zusammen, die er mir einmal erzählt hat. Er wollte vor Jahren eine Frau namens Susan heiraten. Aber es war wie in einem schlechten Hollywoodfilm: Sie hat ihn, noch bevor sie ihm das Jawort gegeben hat, einfach in der Kirche stehen lassen und ist abgehauen. Das hat ihn wohl so verletzt, dass er sich geschworen hatte, nie mehr einer Frau sein Vertrauen zu schenken. Er hatte zwar hin und wieder eine Affäre, aber nie eine feste Beziehung. Umso überraschender, dass er uns damals Juliette vorgestellt hat. Aber ich habe kaum ein Wort mit ihr gewechselt. Deshalb kann ich Ihnen wirklich nicht weiterhelfen.«

»Halten Sie es für denkbar, dass es sich um eine Dame von einem Escortservice gehandelt hat?«

»Das ist interessant, dass Sie das ansprechen«, erwiderte Maas. »Ein Bekannter von mir hat damals genau das Gleiche gemutmaßt.«

Maas zuckte mit den Schultern. »Aber ich persönlich glaube das nicht. Das war nicht HaJos Stil. Außerdem habe ich die beiden bestimmt noch zwei Mal zusammen gesehen.«

»Man kann sich auch mehrmals mit einer Frau eines Escortservices verabreden«, überlegte Hansen laut. »Körlings hätte Ihnen doch sicherlich erzählt, wenn die junge Frau seine Freundin gewesen wäre? Immerhin kannten Sie sich schon so viele Jahre.«

»Ich sehe schon, Sie lassen nicht locker. Ihr Kollege war diesbezüglich nicht so hartnäckig. Aber wenn Sie mich schon fragen, wäre es auch möglich, dass HaJo sich bezüglich dieser Frau einfach nicht sicher war und es deshalb vermieden hat, mir oder anderen mehr über sie zu erzählen. HaJo war nach der Erfahrung mit Susan Frauen gegenüber grundsätzlich misstrauisch.« Maas sah ihn fast schon entschuldigend an.

»Würden Sie noch einmal kurz über den Abend nachdenken, als Sie Juliette Vermaelen kennengelernt haben. Was fällt Ihnen da spontan ein?« Hansen versuchte es ein letztes Mal.

»Also gut«, seufzte Christoph Maas und dachte einen Moment nach, bevor er antwortete. »Um es mit wenigen Worten noch einmal zusammenzufassen: Juliette war sehr jung, vielleicht Anfang zwanzig und hatte ein hübsches Gesicht. Zart, kindlich, mit großen braunen Augen. Sie war nicht sehr gesprächig, ganz im Gegenteil. Ich hatte den Eindruck, dass sie darauf bedacht war, so wenig Konversation wie nur möglich zu führen.«

»Wir würden gerne mit Ihrer Hilfe ein Phantombild von Juliette Vermaelen erstellen, das wir in der Presse veröffentlichen wollen. Wäre es Ihnen möglich, aufs Präsidium zu kommen, um bei der Erstellung des Bildes zu helfen?«

»Wenn wir das auf Anfang nächster Woche verschieben könnten, sicherlich gerne. Wie schon erwähnt, wollte ich eigentlich gerade aufbrechen. Meine Frau und meine Kinder sind in einer Pension im Hohen Venn, und ich würde sie dort gerne mit meinem Besuch überraschen, Herr Kommissar.«

Hansen überlegte kurz, ob er sich den Luxus erlauben konnte, die Erstellung des Phantombilds aufzuschieben.

»Ich weiß, dass das jetzt sehr ungelegen für Sie kommt. Aber es wäre wirklich sehr wichtig, wenn wir das heute noch erledigen könnten, Herr Maas. Es geht hier um Menschenleben. Wenn wir das gleich erledigen, wären Sie schon heute Nachmittag bei Ihrer Familie.«

»Ich fürchte, ich werde einem Kriminalhauptkommissar diesen Wunsch nicht abschlagen können«, erwiderte Maas zerknirscht.

»Ich weiß das wirklich sehr zu schätzen. Erlauben Sie mir bitte noch eine abschließende Frage. Sie haben doch sicherlich auch darüber nachgedacht, wer Hans-Josef Körlings umgebracht haben könnte? Ist Ihnen da in der Zwischenzeit irgendjemand eingefallen?«

»Da muss ich leider passen. Ich habe nicht die geringste Ahnung. Von den Personen, die mir aus seinem Umfeld bekannt sind, ist meiner Meinung nach niemand zu solch einer Tat fähig. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass er solche Feinde hatte. Neider sicherlich, aber Feinde? Aber wie ich schon sagte, so eng war der Kontakt letztlich nicht, um das wirklich beurteilen zu können.«

»Das ist sehr schade, aber nicht zu ändern. Dann fahren wir jetzt los!«

»Wenn es Ihnen recht ist, würde ich lieber mit meinem eigenen Wagen fahren, um dann ins Hohe Venn zu fahren.«

»Selbstverständlich. Die Adresse haben Sie?«, fragte Hansen, der, ohne eine Antwort abzuwarten, seine Visitenkarte auf den Tisch legte.

»Ich weiß, wo das ist. Ich fahre los, sobald ich hier fertig bin.«

»Bis gleich im Präsidium«, erwiderte Hansen und verließ das Haus.

Nach dem Gespräch mit Christoph Maas fühlte sich Hansen bestärkt, die Suche nach Juliette Vermaelen zu intensivieren. Dabei vertraute er mehr seinem Bauchgefühl, als dass er einen konkreten Grund dafür hatte. Neben dem Presseaufruf würde er sein Team darauf ansetzen, um zu klären, ob diese Frau für einen Escortservice arbeitete. Sicherlich eine Aufgabe, die Marquardt begeistern würde.

Während Hansen auf die Landstraße abbog, meldete sich sein Magen. Er hielt am ersten Schnellimbiss hinter dem Ortseingangsschild und bestellte eine Portion Fritten mit Currywurst. Nach dem Essen setzte er seine Fahrt fort.

Gerade als er den Eingang des Präsidiums betrat, klingelte sein Handy.

»Hallo, Herr Kommissar. Hier ist noch mal Christoph Maas. Ich bin gerade auf dem Weg. Mir ist da noch etwas eingefallen, bevor ich es vergesse. Vielleicht ist es ja wichtig.«

»Da bin ich aber gespannt!«

»Sie hat mit einem Akzent gesprochen. Vielleicht belgisch oder französisch. Aber nicht sehr ausgeprägt. Der Nachname klingt ja auch nicht deutsch.«»Das ist in der Tat eine wichtige Information für uns«, erwiderte Hansen. Plötzlich ärgerte er sich, dass sie nicht selbst daran gedacht hatten, dass Juliette Vermaelen aus der Grenzregion stammen könnte. Schließlich lebten sie im Dreiländereck. Belgien und die Niederlande waren direkt um die Ecke. Dass sie erst dieser Sparkassenleiter darauf aufmerksam machen musste!

»Danke für den Hinweis, wenn Sie nachher im Präsidium ankommen, melden Sie sich doch bitte an der Information. Der Kollege weiß Bescheid und wird Sie gleich an den Erkennungsdienst verweisen.«

Hansen hatte gerade aufgelegt und die Jacke ausgezogen, als das Telefon erneut klingelte. Diesmal sein Büroanschluss. Riedmann.

»Hallo Karl. Ich bin noch an der Uni. Ich habe gerade mit einigen Studenten aus Kämpers Semester gesprochen. Ich denke, dass ich einen brauchbaren Hinweis bekommen habe. Wenn da etwas dran sein sollte, hat Kämper wohl doch nicht so eine weiße Weste, wie wir bisher gedacht haben.«

»Da bin ich aber gespannt«, unterbrach der Kommissar seinen Kollegen und fragte sich kurz, ob er diesen Satz heute zum zweiten Mal aussprach. »Also, raus mit der Sprache!«

»Du kannst dich ja sicherlich daran erinnern, dass wir uns gewundert haben, wie er sich diese teure Wohnung leisten konnte? Wir haben uns das damit erklärt, dass er diverse Nebenjobs hatte und von seinen Eltern finanziell unterstützt wurde. Aber unter Umständen hatte er auch weniger legale Nebeneinkünfte.«

»Wie meinst du das?«

»Einer der Studenten, ein gewisser Lutz Meier, hat ausgesagt, dass es mehr oder weniger ein offenes Geheimnis war, dass Kämper mit Gras und Speed gedealt hat. Er war ganz schön überrascht, dass wir das nicht gewusst haben.«

»Das bin ich jetzt allerdings auch, Stefan. Warum zum Teufel erfahren wir erst jetzt davon?«

»Das müssten uns dann die Kommilitonen von Kämper beantworten, die wir vor ein paar Wochen befragt haben. Dieser Meier ist erst gestern von einem Auslandsemester zurückgekehrt. Er war bei unserer ersten Befragung gar nicht in Aachen. Als ich ihn nach einem Mordmotiv gefragt habe, hat er sofort gemeint, dass er bei seinen Drogengeschäften vielleicht an den Falschen geraten sei. Meier hat auch kein Geheimnis daraus gemacht, dass er hin und wieder selbst bei Kämper gekauft hat. Und da war er natürlich bei Weitem nicht der Einzige.«

»Aber der Erste, der darüber spricht. Wahrscheinlich hatten die anderen Studenten Angst, dass wir sie wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz drankriegen, wenn sie uns davon erzählen. Mein Gott Stefan, wir sind von der Mordkommission und nicht von der Drogenfahndung. Anstatt uns zu helfen, halten lieber alle die Klappe und behindern so unsere Ermittlungen. Dafür sollten wir sie drankriegen und nicht dafür, dass sie sich hin und wieder mal ein bisschen Gras reinziehen«, echauffierte sich Hansen.

»Da hast du recht Karl. Wenn an der Aussage was dran ist, und daran habe ich eigentlich keine Zweifel, dann weiß der Mörder das auch.«

»Und hat Kämper umgebracht, weil er mit seinen Drogen das Leben eines anderen Menschen zerstört hat«, ergänzte Hansen. »Es wäre jedenfalls ein mögliches Motiv.«

»Na ja, sagen wir mal, dass es ein vernünftiger Ermittlungsansatz ist. Von einem Motiv für einen Mord würde ich noch nicht sprechen. Allerdings klingt es schon mal sehr vielversprechend«, erwiderte Riedmann.

»Ich werde mich später noch einmal in der Wohnung von Kämper umsehen. Außerdem habe ich mir überlegt, dass wir uns mal in den Klubs umhören sollten, in denen Kämper so verkehrt ist. Es würde mich nicht wundern, wenn er dort aufgefallen ist. Man muss nur die richtigen Leute fragen. Aber jetzt werde ich erst noch dem einen oder anderen Studenten etwas genauer auf den Zahn fühlen. Mal sehen, ob sich noch jemand findet, der die Aussage von diesem Meier bestätigt. Bis später Karl.«

»Bis später Stefan«, erwiderte Hansen zufrieden. Endlich kam etwas Bewegung in die Sache. Er hatte gerade genug Zeit, um seinen Computer hochzufahren, als Beck und Marquardt in sein Büro traten.

»Was habt ihr herausgefunden?«

»Dir ebenfalls einen schönen Tag«, erwiderte Marquardt und plapperte los. »Wir haben einiges in Erfahrung gebracht. Bender war nicht verheiratet und soweit wir das herausfinden konnten, hatte er auch keine Freundin. Die Nachbarn und die Kollegen haben übereinstimmend ausgesagt, dass unser Mordopfer ein ziemlicher Alleingänger war. Demnach hatte er kaum soziale Kontakte. Jetzt wird’s allerdings interessant. Wir haben von Benders Eltern erfahren, dass er hochgradig spielsüchtig war. Er hat so ziemlich auf alles gewettet, was es gibt: Fußball, Pferde, Eishockey oder Basketball. Auch die Kollegen haben offenbar davon gewusst. Was nicht zuletzt daran gelegen haben wird, dass Bender sich auch immer wieder mal Geld von ihnen geliehen hat. Das waren zwar keine großen Beträge, aber bei einigen Kollegen hatte Bender eigentlich immer in der Kreide gestanden. Interessanterweise hat er dann vor ein paar Monaten auf einen Schlag die ganzen Schulden bei seinen Kollegen zurückgezahlt. Und sich seitdem auch nichts mehr geliehen.«

»Dann hat er wohl mal auf das richtige Pferd gesetzt«, mutmaßte Hansen.

»Möglich«, ergriff Beck das Wort. »Oder er hat eine Therapie gemacht oder eine Bank überfallen. Wir werden das weiterverfolgen. Die Kollegen der Spurensicherung sind übrigens noch in der Wohnung. Wir fahren jetzt auch dorthin.«

»Macht das. Ich komme später auch nach. Gute Arbeit. Jetzt haben wir noch einen konkreten Anhaltspunkt«, bemerkte Hansen, woraufhin er den beiden von Riedmanns und seinen neuesten Erkenntnissen erzählte. Kurz nachdem die beiden Kollegen das Büro verlassen hatten, erhielt Hansen die Information, dass Christoph Maas in der Zwischenzeit eingetroffen war und bereits am Phantombild gearbeitet wurde. Hansen hatte gerade das Gespräch beendet, da klingelte sein Handy erneut.

»Hier ist Becker aus dem Labor«, meldete sich eine Stimme am anderen Ende der Leitung. »Ich wollte Ihnen mitteilen, dass wir bei der Überprüfung der Visitenkarte vom letzten Tatort keine verwertbaren Spuren des Täters gefunden haben. Keine Fingerabdrücke, keine DNA-Rückstände. Es handelt sich um das gleiche Papier und es wurde der gleiche Drucker verwendet wie bei den anderen beiden Karten auch. Um es kurz zu machen, keine neuen Erkenntnisse diesbezüglich.«

Hansen bedankte sich und beendete das Gespräch. Das war keine Überraschung, nun ja. Er lehnte sich in seinen Bürostuhl zurück und es dauerte keine Minute, bis er eingenickt war.

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