Kitabı oku: «Arnika - Königin der Heilpflanzen - eBook», sayfa 3

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Die Bildung von ätherischen Ölen

Um das Duften einer Pflanze wahrzunehmen, stecken wir unsere Nasen in die Blüten. Aus Duftdrüsen an den Blütenblättern oder rund um den Fruchtknoten entströmen typischerweise die uns erfreuenden, charakteristischen Düfte. Nähern wir uns einem blühenden Arnikakörbchen von oben, so ist ein zarter, süßlicher, warmer Blütenduft wahrzunehmen, der nicht sehr spezifisch ist. Bewegen wir unsere Nasen jedoch weiter nach unten, zu den Hüllkelchblättern eines Korbes, dann tauchen wir in eine vollkommen andere Duftwelt ein: »kräftig«, »schwer«, »herb«, »aromatisch«, »würzig«, »warm«, »kampferartig«, »leicht stechend«, so lauten die Versuche, die Duftkomposition irgendwie in Worte zu fassen.

Schon mit bloßem Auge sind die unzähligen kleinen, oft rötlichen Drüsenhaare zu sehen, an deren Spitze ein duftendes Sekret gesammelt wird. Trotz einer schützenden Hülle strömen aus jedem Drüsenhaar unablässig Arnikasubstanzen in die Umgebung. Im Bereich der Hüllkelchblätter stehen diese Drüsenhaare besonders dicht und sind groß; am Stängel und an den Blättern sind sie ebenfalls vorhanden, aber kleiner und weniger zahlreich. Alle grünen Gewebe fühlen sich bei Berührung deshalb mehr oder weniger ölig (nicht klebrig) an. Ein Reiben verstärkt das Dufterlebnis. Sogar die reifen trockenen Früchtchen tragen noch kleine Drüsenhaare.

Stängel und Hüllkelchblätter sind mit weißen Borsten und roten Drüsenhaaren übersät.


Querschnitt durch ein Rhizom von Arnica montana mit angeschnittenen Ölgängen in der Rindenschicht. Rhizom-Durchmesser 5,7 mm. Ölgänge nachträglich gelb eingefärbt. (Aus Zeller 1983, S.174)

Duftabsondernde Drüsenhaare außen an den grünen Organen sind bei Korbblütlern nicht selten. Ebenso eindrucksvoll sind sie ja bei der Calendula: Dort verkleben sie unsere Hände und vermitteln uns den typischen Duft.

Arnica montana beschränkt sich nicht auf die Bildung ätherischer Öle im Kontakt mit der Außenwelt, sondern verlagert sie zusätzlich auch noch ins Innere ihrer gesamten Organisation! Dies ist tatsächlich ein Alleinstellungsmerkmal für einen europäischen Korbblütler.

Die Botanikerin Ottilie Zeller (1913–2004) konnte anhand von Längsschnitten durch winzige Blütenkörbchen der Arnika zeigen, dass lange Ölgänge den Stängel durchziehen und sich bis in den Körbchenboden hinein erstrecken. Diese Ölgänge sind mit Drüsenzellen ausgekleidet, die das entstehende Sekret nach innen in die Gänge hinein abgeben. Alle Pflanzenteile, ausgenommen Einzelblüten und Laubblätter, haben derartige Sekretgänge. Auf ihrem Rhizomquerschnitt sind in der Rindenschicht 28 angeschnittene Ölgänge zu erkennen, die zumeist in der Nähe der Leitgewebe liegen. Ungewöhnlich für die Pflanzenwelt ist allerdings, dass die Ölgänge wirklich die ganze Pflanze durchziehen – bis in die Wurzeln hinein! Damit wird verständlich, weshalb die Wurzeln vergleichsweise kräftig und fleischig sind. Zeller beschreibt einen Querschnitt durch eine Wurzel folgendermaßen: »Der vergrößert wiedergegebene Zentralzylinder der nur 2,4 Millimeter dicken Arnikawurzel erweckt den Eindruck, dass dieser wichtige Teil der Wurzel geradezu von einem Mantel von Gängen mit goldgelbem Arnikaöl umkleidet ist« (ZELLER 1983, S. 172).

Der Geruch des geschnittenen Rhizoms und der Wurzeln unterscheidet sich deutlich von dem der Blütenkörbchen. Oberirdisch überwiegt ein warmer, einhüllender, aromatischer Duft, selbst wenn die Köpfe geöffnet wurden und sich somit innerer und äußerer Duft mischen. Die unterirdischen Organe von Arnica montana riechen intensiver und beißender: »stark, aromatisch, etwas scharf, harzig, zimtig, fast etwas orientalisch«, so beschreibt es Franziska Roemer (ROEMER 1990, S. 2). »Pfeffrig-scharf, stechend und intensiv dunkel-aromatisch, Steinkohleteer-artig«, formulieren Torsten Arncken und Ulrike Ortin ihre Wahrnehmungen (ARNCKEN und ORTIN 1996, S. 8). Diederich und Riggers berichten, die Wurzel rieche »wie Mineralöl«, sie schmecke intensiv scharf und beiße im Rachen. Der Geschmack der Röhrenblüten sei dagegen anders: »Das Herbe, Bittere, Gerbende, was schon bei den Zungen auftritt, ist hier verstärkt, die Süße tritt nur kurz in Erscheinung. Bei Pflanzen von wirklich sonnigen Standorten tritt der Geschmack des Drüsensekrets, der den Rachen eklig stechend reizt, in den Vordergrund« (DIEDERICH und RIGGERS 2003, S. 72). Der bittere Geschmack durchzieht als »Grundton« alle Organe der Pflanze von den Wurzeln bis zu den Früchten.

Ätherische Öle

Ätherische Öle sind stark riechende und leicht verdunstende Substanzgemische, die aus vielen Pflanzen gewonnen werden können. Sie bestehen aus zahlreichen flüchtigen Substanzen (Alkoholen, Estern, Terpenen und anderen), die rasch in die Luft (den »Äther«) verdampfen können. Meist werden sie unter Verwendung von Wasserdampf aus den verschiedenen Pflanzenteilen destilliert. Da sie wasserunlöslich sind, schwimmen sie als »Ölfilm« oben auf dem Wasser. In fettem Öl lösen sie sich gut. Chemisch ist ihnen eine relative Sauerstoffarmut gemeinsam, weshalb sie leicht entflammbar sind. Sie »überspringen« also die wässrige Phase und sind mit ihrer Leichtigkeit mehr der Luft verwandt und damit unserem eigenen Seelischen. In ihrer leichten Entflammbarkeit haben sie auch eine Beziehung zum menschlichen Ich und zu seiner Begeisterungsfähigkeit.

Typischerweise bilden Pflanzen ätherische Öle in ihren Blütenorganen. So entsteht das kostbare Rosenöl in den frühen Morgenstunden als kleine Tröpfchen direkt in den Zellen der Rosenblütenblätter und verströmt sich dann – von der wärmenden Sonne herausgelockt – in die Umgebung. Aufgrund der »seelischen Berührung« des Pflanzenwesens durch den kosmischen Umkreis werden also in ihrer Entwicklung nicht nur die grünen Blätter in Blütenblätter verwandelt, sondern auch die Pflanzensubstanzen »verfeinert«, wie Goethe es nannte. Sie werden artspezifisch und so charakteristisch, dass wir Blütendüfte eindeutig als Maiglöckchen, Jasmin oder Rose erkennen. Die blühende Pflanze weitet sich über ihre physischen Grenzen hinaus aus und nimmt damit Kontakt zu den bestäubenden Insekten auf. Neuerdings wird auch diskutiert, ob Pflanzen mithilfe ätherischer Öle zum Beispiel bei Verletzungen oder Insektenbefall miteinander kommunizieren. Therapeutisch relevant ist bei ätherischen Ölen, in welchen Organen sie entstehen, etwa in den Duftdrüsen der Blätter wie bei Rosmarin und anderen Lippenblütlern oder in den Wurzeln wie beim Baldrian.

Unsere Arnika hat eine besonders innige und vielseitige Beziehung zu den ätherischen Ölen. Einerseits bildet sie flüchtige Substanzen ganz außen auf ihrer grünen Oberfläche, in ihren zahllosen Drüsenhaaren. Andererseits ist die ganze Pflanze auch im Inneren von Ölgängen durchzogen. Die »ätherische Leichtigkeit des Seins« hält bei ihr Einzug bis in die am tiefsten in die dunkle Erde hineinreichenden Organe, in Rhizome und Wurzeln.

Das Wesentliche der Arnika

»Im vergnüglichen Erinnern mag ich zum Beispiel gern gedenken, mit wie frohem Erstaunen wir die Arnica montana nach erstiegenen vogtländischen Berghöhen erst zerstreut, dann aber an sanften sonnigen abhängigen Waldwiesen, feuchten aber nicht sumpfigen, herrschend und man dürfte sagen wüthend erblickten.« So beschrieb Goethe die Arnika (in MAYER/CZYGAN 2000, S. 31). Wie kann man all die Einzelheiten zu einem Wesensbild der Arnica montana verdichten? Wieso erlebte Goethe sie »herrschend« und »wüthend«?

Um diese Fragen zu beantworten, muss ein wenig ausgeholt werden. 1831, ein Jahr vor seinem Tod, verfasste Goethe, 82-jährig, den Text »Über die Spiraltendenz der Vegetation«. Damit knüpfte er an seine 41 Jahre früher erschienene Schrift an, in der er die Blattverwandlung beschrieb und die er »Versuch, die Metamorphose der Pflanzen zu erklären« genannt hatte (erschienen 1790). Nun fügte er zu dem »Spiralsystem« der Pflanzen (dem Blättrigen) das »Vertikalsystem« (die Achsenorganisation) und machte dadurch auf die größte Polarität im Pflanzenreich aufmerksam. Treu seiner Erkenntnis, dass zu jeder Polarität ihre Steigerung gehöre, erklärte er: »Keines der beiden Systeme kann allein gedacht werden; sie sind immer und ewig beisammen; aber im völligen Gleichgewicht bringen sie das Vollkommenste der Vegetation hervor.« Die vertikale Tendenz »ist anzusehen wie ein geistiger Stab, welcher das Dasein begründet und solches auf lange Zeit zu erhalten fähig ist« (Goethes Naturwissenschaftliche Schriften, S. 218).

Rudolf Steiner (1861–1925) lebte nach seinem Studium ab 1890 für sieben Jahre in Weimar und gab während dieser Zeit die naturwissenschaftlichen Schriften von Goethe heraus, versehen mit eigenen Kommentaren. Später griff er Goethes Spiraltendenz und Vertikaltendenz der Pflanzen auf und »weitete« sie, indem er den Kosmos mit einbezog. Steiner zufolge entwickelt sich jede Pflanze zwischen Erde und Himmel mithilfe von irdischen und kosmischen Kräften. Durchzogen von Lebendigkeit, bildet sie nacheinander viele grüne Blätter am grünen Stängel – bis ihr von oben, vom Kosmos, ihr »Seelisches« entgegenkommt. Durch diese »seelische Berührung« kann die Pflanze anstelle von grünen Blättern Kelchblätter, Blütenblätter, Staubblätter und Fruchtblätter bilden, also die Organe des Spiralsystems verwandeln (Steiner, Vortrag vom 21. 10. 1908, S. 29). So entstehen die Blüten; anschließend, im Zusammenwirken mit der Achse nach der Befruchtung, auch Früchte und Samen, also all das, was man in der Botanik als »generative Organe« bezeichnet.

Wir wissen alle, dass Pflanzen ohne Sonnenlicht nicht leben können. Ihre Blätter richten sich in ihrer Stellung nach der realen Sonneneinstrahlung, ihr Vertikalsystem, der »geistige Stab« Goethes, orientiert sich jedoch zum Zenith, zur »geistigen Sonne«. Die von dort kommenden Sonnenstrahlen gehen durch die Pflanze hindurch zum Mittelpunkt der Erde. »In dieser Tätigkeit des geistigen Inhalts des Sonnenstrahls, der durch die Pflanze hindurch zum Mittelpunkt der Erde geht, drückt sich die Tätigkeit des Ichs der Pflanze aus« (Steiner, Vortrag vom 6. 8. 1908, S. 58). Die Fähigkeit der Pflanzen, sich mit ihrem Vertikalsystem aufrecht in den Raum zu stellen, kann man demzufolge – behutsam – als eine »Ich-Qualität« bezeichnen. Angesichts von Bäumen mit ihren eindrucksvollen Stämmen ist das unmittelbar zu erleben.

Mit der Blüten- und Fruchtbildung sind selbstverständlich besondere Substanzen verbunden, die sogenannten Sekundärstoffe, die für jede Pflanzenart spezifisch und meist therapeutisch wirksam sind. Ätherische Öle gehören typischerweise zu den Blütenorganen. Sind sie, wie bei den Lippenblütlern oder unserer Arnika, auch in anderen Organen vorhanden, deutet die goetheanistische Naturbetrachtung dies als eine Verlagerung einer »seelisch berührten« Substanz in den aufbauenden Bereich der lebendigen, vegetativen Prozesse.

Polarität …

Bezogen auf die Arnika wird hierunter die gegenseitige Durchdringung von polaren Aspekten – Vitalität einerseits und »seelische Berührung« andererseits – verstanden.

Arnica montana ist fähig, in allen ihren Organen »seelisch berührte« Substanz (ätherisches Öl) zu bilden, sowohl zur Umwelt gerichtet in ihren unzähligen Drüsenhaaren als auch ganz im Inneren, in ihren Ölgängen. Diese gewaltige Syntheseleistung bedarf einer enormen Lebensaktivität, die man der Pflanze zunächst gar nicht ansieht, da oberirdisch Blattwerk und Verzweigungen im Vergleich mit anderen Arnikaarten so reduziert sind. Tief beeindruckend ist, dass diese Vitalität sich gerade nicht aus einem reichhaltigen Nährstoffangebot des Bodens speist! Auf gedüngten Wiesen verschwindet sie, weil sie einen mageren, nicht triebigen Boden zum Überleben braucht.

Bei Arnica montana ist die Vitalität geheimnisvoll mit der Achse verbunden – also mit dem »Ich-Aspekt« –, obwohl sie als Rhizom und Stängel physisch wenig massig erscheint. Indem die Arnika ihre in Knoten und Internodien gegliederte Hauptachse als Rhizom in die Erde verlegt, entzieht sie sie den abbauenden Kräften: Es blühen, fruchten und verdorren ja immer nur die Seitenzweige, die von der horizontalen Grund- und Hauptachse aus vertikal ins Licht streben. Das Rhizom selbst bleibt lebendig und verzweigt sich kraftvoll weiter, innerlich angefüllt mit »seelisch berührter« Substanz. Auch an den aufstrebenden Blütentrieben findet man in jedem Bereich eine ungewöhnlich intensive Verbindung von vegetativen und blütenartigen Prozessen. So sind die gegenständigen, sitzenden und – von der Blattmetamorphose her gesehen – blütennahen Laubblätter groß, breit, ja nahezu grob und außerdem borstig behaart. Wie beschrieben, sind sie gerade nicht symmetrisch, obwohl man dies von blütennahen Blättern erwarten würde. Eine Asymmetrie bei Laubblättern weist immer auf starke vegetative Kräfte hin, wie man zum Beispiel bei Tomatenpflanzen oder auch beim Löwenzahn sehen kann.

Auch die Blütenköpfe von Arnika zeugen von Vitalität: Sie werden nämlich in den Bergen gern von Bohrfliegen als wohlgefüllte Vorratskammer für den Nachwuchs gewählt. Die in der älteren Arnikaliteratur stets genannte Bohrfliege Trypeta arnicivora wurde in Tephritis arnicae »zurückbenannt«. Diesen Namen hatte ihr Linne bereits 1758 verliehen. Sie gehört zu den Frucht- oder Bohrfliegen (Familie der Tephritidae, früher Trypetidae), deren Maden sich von Pflanzengewebe ernähren. Olivenfruchtfliegen oder Kirschfruchtfliegen sind bei Anbauern gefürchtet. Die Fruchtfliege/Bohrfliege Tephritis arnicae nun ist vollständig an den Lebenszyklus der Arnica montana angepasst. Die Fliegenmütter legen im Mai oder Juni ihre Eier in die ganz jungen, noch verschlossenen Blütenkörbe. Die zahlreichen weißen kleinen Maden ernähren sich zuerst von den Knospen der Röhrenblüten mitsamt den jungen Fruchtknoten, dann fressen sie sich durch den Körbchenboden bis in den Stängel hinein. Im Pflanzenlabor der WALA Heilmittel GmbH, dem Herstellungsbereich der pflanzlichen, wässrigen Urtinkturen, wird daher nach der Ernte jedes Blütenköpfchen der Arnika geöffnet und genauestens angeschaut. Etwaige Maden oder angefressene Gebiete werden sorgfältig entfernt.

Vergleicht man innerlich das Blütenkörbchen einer Echten Kamille, das sich im Laufe des Aufblühens hebt und ganz durchlüftet, mit dem Körbchen einer Arnika, in dem Fliegenmaden leben können, dann ist nachvollziehbar, dass bei der Arnika »seelische Berührungen« auf verschiedenen Ebenen stattfinden und verknüpft mit nahrhaften, lebendigen Aufbauprozessen sind.

Ebenso ist die »wirbelige« Dynamik der Zungenblüten, ihre Unregelmäßigkeit, ein Zeichen von Plastizität und überbordender Lebendigkeit, die hier über die Formkraft siegt, die sonst im Blütenbereich vorherrscht. Wenn Goethe die Arnika im Vogtland »herrschend« nennt, dann meinte er wahrscheinlich ihre Fähigkeit, sich in einer ihr gemäßen Landschaft wirklich flächendeckend auszubreiten. Dazu verhilft ihr das vitale Rhizom. »Wüthend« beschreibt jedoch eine andere Ebene. Nahm der geniale Pflanzenkenner dabei womöglich die geballte, aber gebändigte Vitalität wahr – dieselbe, welche die Arnika mit dem Wolf verbindet?

Torsten Arncken und Ulrike Ortin unternahmen 1994 eine Forschungsreise in die USA, um einige amerikanische Arnikaarten zu studieren. Anschließend bauten sie in Dornach/Schweiz vier dieser Arten an, um sie mit Arnica montana zu vergleichen. In ihrem Abschlussbericht charakterisieren sie die nordamerikanischen Arten folgendermaßen: »Die vier von uns angebauten Arnika-Arten sind alle deutlich wüchsiger als Arnica montana. Sie bilden im zweiten Jahr schnellwüchsige Ausläufer, die noch im selben Jahr zur Blüte kommen und dichte Horste bilden. (…) Die nordamerikanischen Arten bilden kein verdicktes Rhizom und kaum Geschmack oder Geruch in der Wurzel« (ARNCKEN und ORTIN 1996, S. 42 und 46). Sie beschreiben, dass der Blattbereich stärker betont wird als die Blütenregion, die Blätter also zahlreicher sind und am Stängel weit mit hinaufgenommen werden. Die Blätter sind nicht so zäh und ledrig wie bei Arnica montana, sie duften sehr stark und sind klebrig-ölig. Die Stängel sind weitaus dünner und zarter, und es werden mehr Seitentriebe gebildet. Die Blüten sind kleiner als die von Arnica montana, und sie duften kaum.

Dies alles bestätigt, dass bei den anderen Arnikas die vegetative, blättrige Seite überwiegt und die Verinnerlichung von ätherischen Ölen bis in Rhizome und Wurzeln nicht so ausgeprägt ist. Die polaren Bildeprinzipien sind zwar auch »im Gespräch« miteinander, aber sie sind nicht gleich stark, nicht ebenbürtig, und sie durchdringen sich auch nicht so innig. Bei unserer Arnika kommt aber noch ein weiterer Aspekt dazu.

Arnica latfolia, eine blattreiche nordamerikanische Art, hier im Mount Rainier National Park im US-Bundesstaat Washington.

… und Steigerung

Bezogen auf die Arnika wird hierunter verstanden, dass Arnica montana durch Zurückhaltung im Äußeren geistige Prinzipien sichtbar werden lässt.

Die aus Mexiko stammenden Zinnien mit ihren leuchtend roten, kräftigen, endständigen Blütenkörben haben ebenfalls große, gegenständige, sitzende Blätter. Bei ihnen weisen die Blattpaare wegen ihrer gleichmäßigen Verteilung entlang dem Stängel keck in vier verschiedene Richtungen. Vergleicht man hiermit blühende Arnikatriebe am natürlichen Standort, wird die »Eigenwilligkeit« der Arnika deutlich: Sie reduziert die Blattpaare am aufrechten Stängel auf zwei (bis drei) und dehnt gleichzeitig die zwischen ihnen liegenden Internodien. Der pflanzentypische Rhythmus von Ausdehnung und Zusammenziehung wird dadurch so verändert, dass Arnica montana klare, urbildhafte Zahlengebärden im Raum sichtbar werden lassen kann: Die »Vier« erscheint unübersehbar in der Jugendrosette im Kreuz, das dem Boden dicht anliegt, am Stängel ist sie abgeschwächt. Die »Drei« zeigt sich in dem dreizähligen Blütenköpfchen-Stand, der sich weit in den Lichtraum streckt (siehe Bilder Seite 18/19, 91, 98/99). Der mittlere Bereich, an dem sich bei anderen Arnikas die Fülle der gegenständigen Blätter entfaltet, bleibt bei ihr nahezu blattfrei und präsentiert unverfälscht das Wichtigste: die elastisch schwingende Aufrichte, das Organ der Ich-Qualität.

»Wer Großes will, muß sich zusammenraffen;In der Beschränkung zeigt sich erst der Meister,Und das Gesetz nur kann uns Freiheit geben.«

Diese Zeilen, mit denen Goethe ein 1807 veröffentlichtes Sonett enden lässt, weisen auf das Geheimnis der Arnica montana: Durch die Zurückhaltung in der äußeren Gestalt und die Verinnerlichung ihrer Seelenhaftigkeit wird sie zur Königin. Eine Königin kennt und verkörpert das Gesetz – aber sie prägt es individuell.

Pflege und Anbau

»Seit einigen Jahren verschwinden Pflanzen aus der Gegend, wo ich wohne, die sonst häufig da waren, zum Beispiel Gentiana ciliata, Verbena europaea, Pinguicula vulgaris. (…) Ich sehe doch nicht, dass die Arnika fehlt, von der man jährlich einen Pferdekarren voll sammelt und in Apotheken bringt« (Goethe, zitiert in MAYER/CZYGAN 2000, S. 31).

Wie sieht es seither aus? In den letzten zwei Jahrhunderten wurde die Arnika durch intensives Sammeln und den schleichenden Verlust geeigneter Lebensräume so rar, dass sie in verschiedenen Ländern Europas vom Aussterben bedroht ist und seit Langem unter Naturschutz steht. In Deutschland zählt sie zu den besonders geschützten Arten, das heißt, dass das Ausgraben und Sammeln von unter- und oberirdischen Teilen wild wachsender Pflanzen überall verboten ist; man kann aber eine offizielle Sammelgenehmigung beantragen. Die Firma WALA erntet mit Sammelgenehmigung Frischpflanzen auf gepachteten Wildstandorten, unter anderem im Schwarzwald, auf Wiesen, die durch Beweidung gepflegt werden. In Österreich und in der Schweiz sind die Einschränkungen je nach Region unterschiedlich. In Österreich dürfen Blütenköpfe in einigen Bundesländern gepflückt werden, in anderen ist die Arnika vor dem erwerbsmäßigen Handel geschützt. In der Schweiz ist sie in einigen Kantonen vollständig oder teilweise geschützt, in anderen gilt sie als nicht gefährdet (Rote Liste der gefährdeten Arten in der Schweiz 2002).

Naturschutz darf sich jedoch nicht auf ein Sammelverbot beschränken. Bedroht ist die Arnika zum einen durch eine düngungsintensive Landwirtschaft, zum anderen aber gerade durch das Fehlen einer Bewirtschaftung. Wird weder gemäht noch beweidet, verändert sich die Artenzusammensetzung der Wiesen oft so sehr, dass die Arnika verdrängt wird. Die wild wachsende Arnica montana benötigt heutzutage also die sorgsame Pflege durch verantwortungsvolle Menschen. Eine Zusammenstellung von Handlungsempfehlungen gibt das deutsche Bundesamt für Naturschutz unter https://www.bfn.de/fileadmin/BfN/natura2000/Dokumente/Pfl_Arnimont.pdf. Sie braucht aufmerksame Bauern, die die geschützten Standorte zu den richtigen Zeiten mähen, indem sie die Fruchtreife der Arnika beachten und die Zwergsträucher in Schach halten. (Dies wird auch in unserem Arnikafilm deutlich, siehe https://tinyurl.com/arnika-heilt.) Andererseits unterstützt eine sachgemäße Beweidung auch die Ausbreitung der Arnika, da die Tiere ihr durch das Kurzhalten der übrigen Kräuter Raum und Licht verschaffen. Kühe fressen zwar die Blütenstände des giftigen weißen Germers (Veratrum album), nicht aber die bittere Arnika! Ebenso regt das achtsame Ernten von Blütenkörben oder auch der ganzen oberirdischen Pflanzen inklusive eines kurzen Rhizomstücks die Rhizome zu einer verstärkten Vermehrung an.

Um sich die benötigten Mengen vorstellen zu können, sei auf ein Zitat von Michael Straub verwiesen: »In Europa werden pro Jahr 50 bis 60 Tonnen Arnikablüten aus Wildsammlung verarbeitet«. (MEYER und STRAUB 2011, S.55). Hinzu kommen angebaute Pflanzen. Um dem steigenden Bedarf gerecht zu werden, fehlte es nicht an Züchtungsforschung. So berichtete Ulrich Bomme, emeritierter Professor an der Bayerischen Landesanstalt für Bodenkultur und Pflanzenbau in Freising-Weihenstephan, im Jahr 2000 von den Erfolgen einer neuen Arnica-montana-Sorte mit dem Namen ‘Arbo’ (Sortenschutz seit 1998): Sie zeige einen guten und gesunden Wuchs und einen hohen Ertrag an Blütenkörben. Bei der Sorte ‘Arbo’ bildet jede einzelne Arnikapflanze zahlreiche Rosetten, die ganz eng beieinanderbleiben, wodurch ein dichter Tuff entsteht. Die Arnikakreuze überlagern sich dadurch. Die oberirdischen Triebe entfalten sich nahezu gleichzeitig, und jeder endet mit drei oder mehr Blütenköpfen; die Zungenblüten sind dynamisch verwirbelt. Samen der Sorte ‘Arbo’ gehen im Anbau besser auf als Samen aus Wildherkünften, sie sind auch nicht so anspruchsvoll in Bezug auf die Bodenverhältnisse. Die erfolgreiche Einführung dieser Sorte führte dazu, dass seit 2000 die amerikanische Arnica chamissonis nicht mehr als Bestandteil von »Arnikablüten« gestattet ist (European Pharmacopeia 9, 2016, siehe auch Seite 30). Saatgut der Sorte ‘Arbo’ kann man beim Templiner Kräutergarten oder über Jelitto Staudensamen erhalten.

Wieder zum Blühen gebracht: Arnika in Fichtelgebirge und Frankenwald

Goethe wird auf seinen Reisen nach Marienbad im nördlichen Fichtelgebirge und Frankenwald noch üppige Arnikabestände gesehen haben. Selbst bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts waren noch zahlreiche Wiesen mit großen Arnikavorkommen vorhanden. Überdüngung und Aufforstung führten dann zum Verschwinden der letzten Bestände.

Dank der Förderung durch das Bundesamt für Naturschutz, den Aktivitäten der Landräte Bernd Hering und Dr. Oliver Bär sowie des Landschaftspflegeverbands Landkreis und Stadt Hof konnte in den letzten Jahren ein für Deutschland einmaliges Projekt initiiert werden. Durch gezielte Maßnahmen wurde an vielen Flecken die Arnika wieder zum Blühen gebracht, sodass nun hier die wohl deutschlandweit größten Arnikabestände zu finden sind.

Arnika-Rad- und -Wanderwege weisen dem interessierten Laien den Weg und lassen ihn staunen über die Kraft und die Schönheit der Arnika. (Weitere Informationen unter http://arnikaprojekt-hof.de)

Ähnlich ist das Erlebnis auf den Arnikawiesen in der Arnika-Stadt Teuschnitz im nördlichen Frankenwald. Hier gibt es sogar regelmäßig im Sommer ein Arnikafest und eine Arnikaakademie. (Weitere Informationen unter http://teuschnitz.de/arnika-akademie)


Diese Arnikawiese am »Alten Pfarrhaus« bei Schönwald ist Teil des Arnikaprojekts Hof.

Auch in den Niederlanden, in deren Sandböden die Arnika relativ gut gedeiht, wird Arnika angebaut. (SCHÜPBACH 1997). Arncken und Ortin untersuchten in den 1990er-Jahren zwei verschiedene Höfe, auf denen Arnica montana in biologischer Qualität feldmäßig angebaut wurde. Während auf dem einen Hof die Pflanzen klein und wohlgeformt blieben und den arnikatypischen Geruch und Geschmack zeigten, wurden sie auf dem anderen zu üppig und verzweigten sich stark. Für unsere Betrachtung ergab sich dabei etwas Bedeutsames: Durch die Massebildung im Vegetativen ging einerseits das Arnikakreuz am Boden verloren, andererseits wuchsen die Zungenblüten geordneter. Außerdem rochen die verdickten Rhizome rüben-/möhrenartig. Man kann sagen: Eine zu triebig wachsende Arnica montana verliert sowohl ihre arteigene Gestalt als auch ihre typische Substanz.

Schutz der Arnica montana durch nachhaltige Wildsammlung in Rumänien

Interview mit Michael Straub, Heilpflanzenexperte


Das Apuseni-Gebirge liegt im Westen Rumäniens. Es ist Teil der Westrumänischen Karpaten und bietet ein äußerst vielfältiges Landschaftsbild mit wunderschönen Mischwäldern, grünen, noch traditionell bewirtschafteten Wiesen und Weiden sowie Ausblicken auf alpine Gipfel bis in eine Höhe von über 1800 Metern. Im Zentrum dieses Naturparadieses, in dem etwa 500 Wildpflanzenarten, darunter rund 250 Heilpflanzen, gedeihen, entstand seit der Jahrtausendwende ein zukunftsträchtiges Projekt, das nicht nur wegweisend für die Heilpflanzenkultivierung ist. Es ist auch bedeutsam für den Erhalt des natürlichen Umfelds und der über Jahrhunderte gewachsenen sozialen Strukturen in einer ländlichen Umgebung, wo noch weitgehend mit der Hand und mit Pferden gearbeitet wird – ohne großen Einsatz von Maschinen, ohne Unkraut- und Schädlingsbekämpfungsmitteln oder synthetischem Dünger. Unter dem Motto »Schutz durch Pflege und Nutzung« wird hier die Wildsammlung der im Apuseni weitverbreiteten Arnika vorangetrieben, mit den Zielen, hochwertigste Arnika als Rohstoff für Naturarzneimittel und Naturkosmetik zu nutzen, den Fortbestand der Arnikabestände nachhaltig zu sichern und damit auch neue Wertschöpfungsmöglichkeiten für die ansässigen Kleinbauern zu schaffen. Diese betreiben Subsistenzwirtschaft, sind also weitgehend Selbstversorger. Es geht hier nicht um billige Arbeitskräfte und Rohstoffe, sondern um nachhaltige Nutzung, faire Arbeitsbedingungen und Qualität.

Wir sprachen über dieses großartige Projekt mit Michael Straub aus Mutlangen, einem der weltweit führenden Experten für die Sammlung, den Anbau und die Verarbeitung von Heilpflanzen. Der 1959 geborene Diplom-Agraringenieur hat als Anbauberater für Rohstoffprojekte bei Demeter und Weleda international Erfahrungen gesammelt und Heilpflanzenprojekte auf der ganzen Welt eingerichtet und betreut. Er ist Leiter des Heilpflanzengartens bei der Weleda AG in Schwäbisch Gmünd. Er ist verantwortlich für die pflanzlichen Ausgangsstoffe der dort produzierten Naturkosmetika und anthroposophischen Arzneimittel, darunter viele Arnikapräparate. Zusammen mit dem Agrarwissenschaftler der Universität Klausenburg Dr. Florin Pacurar und dem WWF hat Michael Straub im Apuseni-Gebirge ein Konzept zur nachhaltigen Arnikawildsammlung entwickelt, durch das die Population der Arnika trotz der Sammlung nicht gefährdet wird und auf einigen Wiesen sogar zugenommen hat.

Seit 2005 betreut Weleda ein Projekt zur nachhaltigen Nutzung von Arnica montana aus Wildsammlung in Rumänien. Wie kam es dazu? Im Jahr 2000 entdeckten Wissenschaftler der Universität Freiburg den enormen Artenreichtum des Apuseni-Gebirges in den Westkarpaten Rumäniens. Von 2004 bis 2007 unterstützte der WWF mit dem Programm der Darwin-Initiative »Konservierung osteuropäischer Heilpflanzen: Arnika in Rumänien« die Region. Im Frühling des Jahres 2005 fand Weleda das Projekt und fördert seitdem die Initiative finanziell und mit Wissenstransfer zum Anbau von Arnika am Wildstandort.

Aufgrund welcher geologischen und klimatischen Bedingungen gedeiht die Arnika in dieser Region so prächtig? Die geologischen Bedingungen mit den hohen Eisen- und Quarzgehalten, der Höhenlage von 700 bis 1800 Metern, den Bodenverhältnissen mit den niedrigen pH-Werten, dem Klima mit intensivster Sonneneinstrahlung im Sommer und extremer Kälte mit viel Schnee in den harten Wintern bieten ideale Bedingungen für die Ausprägung des arttypischen Charakters der Wildpflanze.

Warum sind Quarz und Eisen so wichtig für die Arnika? Die Arnika ist eine Pflanze mit einem hohen Bedarf an Kieselsäure und Eisen. Der Kieselsäureprozess ist ein elementarer Gestaltungsprozess, der für robuste Gewebestrukturen sowohl bei der Pflanze als auch beim Menschen verantwortlich ist. Stabile Strukturen braucht die Arnika, um unter den harten Bedingungen des Gebirges überleben zu können. Kiesel festigt, erhält aber gleichzeitig die Biegsamkeit, die vor mechanischen Einwirkungen – zum Beispiel durch Tritte von Tieren oder hohen Schneedruck – schützt. Granit, das Urgestein des Apuseni-Gebirges, enthält sehr viel Kiesel.

Eisen ist für alle Pflanzen ein lebensnotwendiges Spurenelement und hat einen entscheidenden Einfluss auf ihr Wachstum und die Photosynthese. Bei alkalischen Böden ist die Verfügbarkeit von Eisen deutlich geringer und es kann zu Eisenmangel kommen. Böden auf der Basis von Granit, wie in bestimmten Regionen im Apuseni, sind eher sauer und halten das Eisen für die Arnika verfügbar, sodass keine Mangelerscheinungen auftreten.

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