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Stilrichtungen und Schulen des Wushu

Eine große Vielfalt gibt es auch bei der Benennung der Kampfstile. Die einzelnen Schulen der chinesischen Kampfkunst enden oft auf quan (拳), was soviel wie »Faust« bedeutet und einfach nur auf einen Stil verweist. Im Westen übersetzt man quan oft auch mit »Boxen«.

Ein anderer Begriff lautet menpai (门派). Dahinter verbirgt sich nicht nur ein Stil, sondern vielmehr eine Schule. Wenn der Meister eines Stils eine Schule gründet und Schüler annimmt, oder wenn er aus mehreren Stilen und seinen praktischen Erfahrungen einen eigenen Stil kreiert hat, dann nennt man diese Richtung menpai. Allerdings muss zwischen men und pai nochmals unterschieden werden. Während menpai einen Meister (oder eine Fraktion) bezeichnet, der einen oder mehrere Stile mit speziellen Waffen, Formen, Gong-Übungen und Lehren zur Anwendung der Kraft vertritt, sind sowohl men als auch pai noch etwas spezieller. So gibt es zum Beispiel taijimen (太極门), was die Vertreter der verschiedenen Taiji-Stile (chen, yang, wu, sun) bezeichnet. Alle Stile (men oder quan), die einen ähnlichen Hintergrund haben (philosophisch, technisch etc.), bilden wiederum das pai.

So gehören die Taiji-Stile und auch Stile wie das baguazhang (八卦掌) zu den inneren Stilen neijia pai (内家派) bzw. zum nach dem Wudang-Gebirge (武当山) benannten wudangpai (武當派 oder 武当派), da sie vom Daoismus beeinflusst sind und dessen Prinzipien folgen. Auch Stilrichtungen, die nicht im Shaolin-Kloster (少林寺) oder im Wudang-Gebirge entwickelt wurden, können zum shaolinpai (少林派) oder wudangpai zählen, sofern ein buddhistischer oder daoistischer Einfluss vorliegt.

Familienstile hingegen enden oft auf jia (家), so wie die großen Richtungen hongjia (kant. hunggar, 洪家), lijia (kant. leegar, 李家) oder mojia (kant. mokgar, 莫家). Es gibt noch weitere Endungen für Kampfstile, wie zum Beispiel zhang (Handfläche, 掌)5. Dies trifft auch auf die bekannte Kampfkunst baguazhang zu, von der in der Folge noch mehrfach die Rede sein wird.

Grundlegende Klassifizierungen im Wushu

Innerhalb des wushu gibt es verschiedene Einteilungen. Diese sind oftmals ungenau oder gar irreführend. In China werden sie selten oder gar nicht verwendet. Aber da es sich im Westen eingebürgert hat, Klassifizierungen vorzunehmen, möchte ich die wichtigsten hier erwähnen.

Zunächst einmal kann man das wushu grob in die flexiblen und schnellen Stile der Nordfaust (beiquan, 北拳) und die kraftvollen und standfesten Schulen der Südfaust (nanquan, 南拳) einteilen. Traditionell gilt der Changjiang6 als Trennungslinie zwischen dem Norden und dem Süden. Die Unterscheidung in Nord und Süd ist jedoch nicht allzu wörtlich zu nehmen, denn die Grenzen sind in Wirklichkeit fließend. Dennoch gibt es grundsätzlich einen Unterschied in vielen Kampftechniken, der mit dem Körperbau und der Lebensweise zusammenhängt. Die Bezeichnung bei tui nan quan (nördliches Bein, südliche Faust, 北腿南拳) soll darauf hinweisen, dass die hochgewachsenen Nordchinesen ihre vom Reiten gekräftigten Beine für den Kampf bevorzugten, während die kleineren Südchinesen sich auf die vom Rudern gestärkten Arme verließen. So jedenfalls besagt die Legende. Dass diese einen wahren Kern besitzen muss, wird deutlich, wenn man die Schulen miteinander vergleicht.

Interessanterweise gibt es eine analoge Einteilung nicht nur im wushu. In fast allen Kampfkünsten findet man ähnliche Differenzierungen, auch in den europäischen Schulen, wie dem portugiesischen Stockkampf jogo do pau7. Erwähnenswert ist auch, dass das dem Norden Chinas näher liegende Korea heute ebenfalls die Beintechniken favorisiert, während das dem Süden Chinas verbundene Okinawa sich beim uchi hnadi8 hauptsächlich auf die Arme verlässt.

Eine weitere Unterteilung wird bezüglich der Ausrichtung und des Bewegungsmusters vorgenommen. Einige Schulen werden der Kategorie »harter Stil« (gangpai, 刚派) zugeordnet, andere den sogenannten »weichen Stilen« (roupai, 柔派). Die Schwierigkeit bei dieser Art von Klassifizierung ist, dass sie weder dem wushu noch einer anderen Kampfkunst wirklich gerecht werden kann. Das gewöhnlich als »hart« bezeichnete shaolin quan (少林拳) enthält viele fließende Elemente, und das oft als »weich« verstandene taijiquan (太極拳) kann sehr energisch sein. Das, was im Westen unter dem Begriff »taiji« verstanden wird, hat damit wenig zu tun. Bei letzterem handelt es sich genau genommen um taiji cao (太极操).9

Ich wage zu behaupten, dass nur sehr wenige Menschen des Abendlandes bisher authentisches wushu gesehen haben. Die guttrainierten chinesischen Sportler, wie man sie im Fernsehen bewundern kann, sind eben nur das: Sportler. Sie kennen ihre alten Kampfkünste manchmal noch weniger als wir im Westen. Aber dazu später mehr.

Innere und äußere Stile

Die letzte Einteilung, der ich mich widmen möchte, ist die in »innere« (neijia, 内家) und »äußere« Stile (waijia, 外家). Obwohl es all die oben aufgeführten unterschiedlichen Klassifizierungen in verschiedene Stile und Faustformen gibt, sollte man chinesisches wushu eigentlich nur in innere und äußere Stile einteilen, da es zwischen den anderen Stilen keine wesentlichen Unterschiede bezüglich der Grundmuster gibt, auch wenn viele shifu (师父, Lehrervater) das nicht so sehen werden. Ich habe während meiner Jahre in China einige Stile bei verschiedenen Meistern trainiert und bin dabei zu dem Schluss gekommen, dass es echte Unterschiede tatsächlich nur zwischen neijia und waijia gibt.

Um diese Einteilung genauer zu verstehen, sind zumindest Grundkenntnisse der chinesischen Kultur und Philosophie notwendig. Die inneren Wushu-Stile sind tief verwurzelt mit der daoistischen Philosophie (道家). Der Daoismus ist neben dem Konfuzianismus (儒家) die Hauptphilosophie Chinas. Beides sind genau genommen keine Religionen, auch wenn es im Daoismus zum Beispiel die acht Unsterblichen (baxian, 八 仙) gibt.10 Diese Unsterblichen werden aber nicht als Götter oder Schöpfer angesehen, sondern sie sind eher mit den europäischen Heroen des Altertums wie Odysseus oder Achilles vergleichbar. Sie haben vor langer Zeit real existiert und wurden durch Überlieferungen des Volkes nach und nach zu unsterblichen Legenden.

Eine Einteilung in innere und äußere Stile gibt es auch in anderen Kampfkünsten. Nirgends aber ist sie so ausgeprägt wie im chinesischen wushu. In anderen Ländern unterscheidet man bei den Kampfkünsten eher nach dem Typ, so z. B. im antiken Griechenland, wo man die Kampfkünste in Allkampf (pankration), Boxen (pygme) und Ringen (pale) unterteilte, oder nach der Region, so z. B. in Nord- und Südstile. Auf Okinawa unterschied man zwischen shuri-te und naha-te, die jedoch beide stark von verschiedenen inneren und äußeren Stilen des wushu beeinflusst waren.

Über die inneren und äußeren Stile wird viel erzählt; manches davon ist wahr, anderes muss mit Vorsicht genossen werden. So heißt es beispielsweise: Innere Stile sind passiv, und man wartet in ihnen den Angriff des Gegners ab, um die entstehende Kraft aufzunehmen und auszunutzen. (Ein Angriff ist immer wie das Öffnen einer Tür. Es entsteht eine Schwäche, die ausgenutzt werden kann.) Die äußeren Stile hingegen sind aktiv und bevorzugen den Angriff. Innere Stile beruhen nicht auf der Muskelkraft, und man arbeitet von innen nach außen. Äußere Stile setzen Muskelkraft ein, und die Arbeit erfolgt von außen nach innen. Innere Stile beinhalten die Philosophie des Daoismus und äußere die Philosophie des Buddhismus.

Es gibt unzählige solcher Theorien und Begründungen. Tatsache ist, dass es eine strikte Teilung nicht gibt und auch nie gab. So benutzen beispielsweise auch die äußeren Stile Techniken, um die Kraft eines gegnerischen Angriffs aufzunehmen. Stellenweise sind beide Lehren deckungsgleich. Außerdem haben sich die Philosophien von Buddhismus und Daoismus wechselseitig beeinflusst. Die Shaolin-Mönche haben Frieden und Harmonie ebenso zum Ziel wie die Daoisten. Auch Buddhisten können taijiquan trainieren, und umgekehrt kann ein Daoist knallhartes hongmen ausüben. Der Stil bajiquan zum Beispiel kann als innerer Stil angesehen werden, obwohl seine Techniken oftmals einen markigen und extrem kraftvollen Eindruck machen. In den äußeren Stilen wird genauso mit dem dantian gearbeitet wie bei den inneren Stilen.

Es gibt in diesem Zusammenhang einen Aspekt des Trainings, den ich erläutern möchte. Durch Bewegungen wird der Kreislauf angeregt, wobei das Schwitzen Schadstoffe aus dem Körper schwemmt. Außerdem strafft der Schweißfluss das Gewebe und stärkt das Immunsystem. Schweißtreibende, das heißt schnelle oder kraftvolle Bewegungen, bringen uns leicht außer Atem. Ein hektischer und unkontrollierter Atemrhythmus ist jedoch nach chinesischer Auffassung schädlich. Der Körper verbraucht hierbei zuviel Kraft, was letztendlich zu einem Kollaps führen kann.

Hier liegt der Unterschied zwischen innerem und äußerem Training, besonders in der Kampfkunst. Beim inneren Training regt man den Kreislauf gleichmäßig an. Man schwitzt »von innen heraus«, aber der Atem bleibt ruhig und kontrolliert, und das Herz wird nicht überstrapaziert. Der Körper wird auf diese Weise geschont. Das innere Training der Kampfkünste, wie z. B. taiji oder einige Gong-Übungen, kann den Körper außerordentlich stark zum Schwitzen bringen. Ich habe manchmal in einem wahren See aus Schweiß gestanden. Man kann eine große Kraft aufbieten, ohne dass man außer Atem kommt. In tiefen, manchmal statischen Stellungen, oder in tiefen Stellungen, die während fließender Bewegungen eingenommen werden, muss der Körper Höchstleistungen vollbringen. Vor allem, wenn es über Stunden geht. Der Atem läuft tief in den dantian hinein, und das Herz wird durch ein Zurücknehmen der Brust in eine ruhige Stellung gebracht (es wird »eingewickelt«), wo es gepflegt und ernährt wird. Diese Art des Trainings ist typisch für das innere wushu. Es beruht eher auf isometrischen Aspekten als auf den isotonischen vieler Sportarten. Darüber wird noch ausführlich die Rede sein.

Daoismus

Die Lehre des Daoismus durchdringt die gesamte chinesische Gesellschaft und übt einen großen Einfluss auf die Kampfkünste aus, direkt und indirekt. Der Daoismus kennt keinen Schöpfer, kein höheres Wesen, zu dem man betet oder dem man Opfergaben entrichten muss. Daoismus ist eine (wissenschaftliche) Lehre, ohne eine Lehre zu sein.

Die daoistische Lehre orientiert sich nicht an den von Menschen geschaffenen und kaum zu verwirklichenden Idealen wie beispielsweise Bescheidenheit, sondern an dem natürlichen Verlauf der Dinge, der nicht beeinflusst werden kann. In der Natur stehen alle Dinge in einem bestimmten Verhältnis zueinander und sind untrennbar miteinander verbunden (yinyang, 陰陽). Diese Verhältnisse beeinflussen sich gegenseitig (wuxing, 五行) und befinden sich gleichzeitig in stetem Wandel.

Während Religionen die Menschen von irgend etwas überzeugen oder zu Rechtschaffenheit und Tugend erziehen wollen, lehnt der Daoismus all dies ab. Worte wie Tugend und Rechtschaffenheit sollen nicht benutzt werden, da sie nur als Heuchelei angesehen werden und zu Konkurrenz und Betrug führen. Der Versuch, andere von etwas zu überzeugen, wird als ein Akt des Aufzwingens verstanden und ist gegen die Natur und das Leben gerichtet.


Foto 2: Der Purpurwolken-Palast im Wudang-Gebirge (武當山紫霄宮, Wudang shan Zixiao gong), erbaut 1413, ein berühmter daoistischer Tempel.

Aus Sicht des Daoismus ist es sinnlos, an eine Sache zu glauben, und solch ein Glaube ist auch nie von Dauer, wie die Geschichte immer wieder beweist. Der Mensch soll an nichts glauben, bzw. er soll nicht glauben. Dadurch ist sein Geist offen und tatkräftig. Der Geist soll auch nicht durch Zersplitterung gelähmt werden. Ein gelähmter oder abgelenkter Geist ist nicht tatkräftig. Die Chinesen verwenden für dieses Freihalten des Geistes präzise, doch für uns oft schwer verständliche Begriffe wie wuwei (ohne Handeln, 无为), wuwo bzw. wusi (ohne Ego, 无我 无私) und wuzhi (ohne Wissen, 无知). Diese dem westlichen Denken wenig vertrauten Konzepte sind mit den inneren Kampfkünsten des wushu, wie sie beispielsweise in den Wudang-Bergen gelehrt werden, untrennbar verbunden.

Die Philosophie der inneren Kampfkunststile spiegelt sich in den Techniken des baguazhang und zuibaxian (醉八仙) wider. Das baguazhang besitzt acht Grundtechniken, die endlos miteinander kombiniert werden können, so dass es letztendlich gewissermaßen gar keine Techniken mehr gibt. Im zuibaxian erweckt man beim Gegner den Eindruck der Handlungsunfähigkeit, und doch ist man auf diese Weise unerreichbar für Angriffe. Diese Elemente drücken den daoistischen Inhalt des wushu klar und dennoch auf mit Worten kaum zu beschreibende Weise aus.

Die daoistisch geprägten Stile lassen sich nicht vermarkten, wenn sie richtig ausgeübt werden. Das Unterrichten von Kampfkunst in einem Verband geht immer einher mit Politik und Vermarktung und würde deshalb zu Widersprüchen mit der diesen Stilen zugrundeliegenden Philosophie führen, wodurch sie schnell ihr Wesen verlören.

Shaolin

Die zweite große Linie der Kampfkünste Chinas hängt eng mit dem bekanntesten Chan-Kloster zusammen, Shaolin. Diese berühmte Anlage ist sowohl eines der wichtigsten Zentren des wushu, als auch des Chan-Buddhismus (jpn. Zen, 禪). Im Gegensatz zum Daoismus ist der Buddhismus eine Religion, wenngleich ich hier anmerken möchte, dass sich speziell die Richtung des Chan bzw. Zen hinsichtlich Denkweise und Philosophie dem Daoismus stark angenähert hat. Beide Lehren durchdrangen sich gegenseitig in hohem Maße. Dennoch ist die Lehre des Buddhismus in den von ihm beeinflussten Kampfkünsten spürbar. Die Buddhisten sehen das Leben als einen Kreislauf, der sich aus Leid und Freude zusammensetzt. Auf das Leid folgt die Freude, auf die Freude folgt das Leid. Diese Reihenfolge wird niemals unterbrochen und besteht nach dem Tod durch die Reinkarnation fort. Man erwartet von den Gläubigen, dass sie sich dem Leid stellen. Dementsprechend ist das Training des buddhistisch geprägten wushu sehr anstrengend und verlangt Disziplin bei der Überwindung des eigenen Egos.

Der Ursprung der chinesischen Kampfkunst liegt allerdings weder im Shaolin-Kloster noch in den Wudang-Bergen oder in irgendeinem daoistischen Tempel. Der Ursprung des wushu liegt im Volk. Shaolin und Wudang sind wichtige Zentren der Kampfkünste und Philosophien. Sie haben viele Schulen geschaffen, gefördert und beeinflusst. Aber entstanden ist das wushu nicht an diesen Orten.


wu zhi bao han zhe jing yan, jie pou xue he wu li xue.

wu li xue shou dao jie pou xue gui ze de jing que.

ran hou wu shu tong guo shi zhan ti hui he jing yan bian cheng shi yong.

In den Kampfkünsten gibt es nur Erfahrung, Anatomie und Physik.

In der Kampfkunst wird Physik durch die Regeln der Anatomie präzisiert

und durch Erfahrung in der Praxis effektiv einsetzbar.

Wushu heute

Ein Turnier- und Wettkampfsport

Heute unterscheidet man oft zwischen moderner (xiandai wushu, 现代 武术) und klassischer (chuantong wushu, 传统武术) chinesischer Kampfkunst. Inwieweit dies sinnvoll ist, soll in der Folge erörtert werden.

Während der Entstehungsgeschichte vieler Künste und Sportarten gab es einen Punkt, an dem man einen neuen Weg einschlug, den die Traditionalisten nicht mitgehen wollten. So teilte sich das ursprünglich jeu de paume (Spiel mit der Handfläche) genannte Tennis im 19. Jahrhundert in zwei Formen, das adelige real tennis oder royal tennis, eine Version, die dem Ursprung etwas näher steht, und das lawn tennis, das man im Freien spielte und welches heute die einzig anerkannte Version ist. Beide Richtungen hatten sich freilich vom jeu de paume entfernt, die eine weniger, die andere mehr.

In der Frühzeit des Boxens, als sich gerade die Handschuhe (mufflers) durchzusetzen begannen, gab es viel Diskussion zwischen den bare-knuckle fighters (»Kämpfer mit bloßer Faust«) und den Befürwortern des neuen Handschutzes. Die manchmal abfällig soft boxers genannten Vertreter der Queensberry-Regeln gewannen die Auseinandersetzung. Seitdem herrscht auf diesem Gebiet Frieden, und niemand spricht in diesem Zusammenhang von moderner und klassischer Kampfkunst. Wer unbedingt ohne Handschuhe boxen will, tut das und wird nicht abfällig von jenen, die mit Handschuhen boxen, sprechen. Ähnliche Entwicklungen gab es im Fußball oder auch im Fechten. Wann gab es je Streit zwischen einem Vertreter des Sportfechtens und einem der Rapierlehre Capo-Ferros? Jeder akzeptiert den anderen.

Die Unsitte, sich über moderne und klassische Kunst zu streiten, ist merkwürdigerweise nur in den modernen Kampfkünsten so verbreitet, und die Vertreter der jeweiligen Richtungen bekommen sich darüber regelmäßig in die Haare. Im Fall des wushu ist das nicht anders. Dabei besteht überhaupt keinen Grund für diese Diskussionen. Es gibt genau genommen nur ein wushu. Dieses beinhaltet zwar verschiedene Kampfstile und Übungsmethoden, aber über das wesentliche Element, den Kampf, herrschen überall ähnliche Ansichten. Das heutige wushu, welches als modern bezeichnet wird, ist ein Turnier- und Wettkampfsport. Ich teile die Sicht sämtlicher alten Lehrer und Meister, die ich traf, daß diese Sportlinie nicht als wushu bezeichnet werden sollte, da sie damit nichts oder nicht mehr viel gemein hat. Unter diesem Gesichtspunkt betrachtet gibt es nur ein einziges authentisches wushu.

Nach der Gründung der Volksrepublik im Jahre 1949, besonders aber während der so überflüssigen Kulturrevolution11, wurden nahezu alle Richtungen der chinesischen Kampfkunst einer Umwandlung unterzogen, die einer Verstümmelung gleichkam. Nur wenige Stile konnten sich dem entziehen. Manche Meister verließen das Land, andere nahmen ihr Wissen mit ins Grab.

Dabei hatten die Chinesen zunächst einen sehr guten Weg gefunden. Sie haben viele Bestandteile aus der Epoche der Blankwaffen, Lanzen, Keulen, Schwerter und verschiedene Fauststile in Formenwettkämpfe und Shows einfließen lassen. Ende der 1960er und Anfang der 70er Jahre achtete man dabei noch auf Sinn und Anwendbarkeit, man hatte Respekt vor der Überlieferung. Es kann sehr viel Spaß machen, einem Meister, der diese Dinge beherrscht, beim Training zuzuschauen. Die Vorführenden waren teilweise noch nach den eigentlichen Prinzipien der Kampfkünste ausgebildet worden, und so war in den Formen noch das Wesen der Kriegskunst zu erkennen. Mit der Zeit änderte sich das, und dieser Wandel hält bis heute an. Viele Faktoren waren dafür verantwortlich – das neue Denken während der Kulturrevolution, allzu konservative Meister, das Einmischen von Ahnungslosen (was heute besonders schlimm ist) und die Naivität der Jugend. Jedenfalls entstanden in den letzten dreißig Jahren völlig neue Bewegungsmuster ohne irgendwelche Kampfprinzipien. Das ist es, was man unter dem modernen wushu versteht.

Was man gegenwärtig bei öffentlichen Vorführungen zu sehen bekommt, sind im allgemeinen Fragmente aus alten und bereits mehrmals veränderten Stilen des wushu. Diese Art des »Tanzes« genießt kaum mehr die Achtung und die Aufmerksamkeit des chinesischen Volkes. Die Formenturniere haben so gut wie keine Besucher. Oft sind Trainer und Verwandte der Teilnehmer die einzigen Zuschauer.

Anfang der 80er Jahre wurde das sanda aus dem Druck heraus geschaffen, auf der Wettkampfbühne mit anderen Kampfsportarten mithalten zu können.

Die chinesische Kampfkunst eignet sich ihrem Wesen nach nicht dazu, aus ihr ein faires und international funktionierendes und vor allem olympiataugliches Wettkampfsystem mit einheitlichen Bewertungsmaßstäben zu konstruieren. Die Essenz dieser Kampfkunst ist das gongfu, und das ist eben nicht als Wettkampfsport einsetzbar. Gongfu ist ein Begriff, der die Zeit und den Aufwand, den man benötigt, etwas zu erreichen, umfasst und auch die Hingabe an eine Sache. Das sanda (散打), also die chinesische Art des Vollkontaktkampfes, versucht hier eine Brücke zu schlagen. Dabei wurde sanda hauptsächlich dem westlichen Kickboxen entlehnt und lediglich etwas mit dem chinesischen Ringen (shuaijiao, 摔跤) vermischt.


Foto 3: Sanda-Kampf auf einem Hochhausdach in Wuhan.

So kann also auch das sanda dem wushu nicht gerecht werden. Das sanda (oder auch sanshou) ist nicht die praktische Anwendung des wushu. Nur ein Teil dieser Disziplin entstammt dem alten wushu. Andernfalls würden die Techniken und Kraftprinzipien der typischen Wushu-Stile, wie zum Beispiel tanglangquan (螳螂拳), Adlerstil (鷹爪派), Betrunkene Faust (醉拳), Affenstil (猴拳), Tigerstil (虎拳) usw. vollkommen zur Anwendung kommen. Das ist aber nicht der Fall, und es ist auch gar nicht möglich, nicht zuletzt deswegen, weil viele Techniken mit Boxhandschuhen nicht ausführbar sind. Sanda ist ohne Frage eine großartige und harte Vollkontaktsportart, aber wie schon gesagt, der Ursprung liegt eher im Kickboxen oder auch im Vollkontaktkarate. Würde man das Kickboxen mit westlichem Ringen mischen, käme etwas Ähnliches heraus, vielleicht besser, vielleicht schlechter. Aus diesem Grund werden sanda und wushu heute auch überall getrennt, egal ob an Sportuniversitäten oder im professionellen staatlichen Verband.

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Yaş sınırı:
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Litres'teki yayın tarihi:
22 aralık 2023
Hacim:
544 s. 274 illüstrasyon
ISBN:
9783938305362
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