Kitabı oku: «Ur-Praxis»
FRANK VIOLA
Ur-Praxis
GRÜNDUNG UND AUFBAU
ORGANISCHER GEMEINDEN
GLORYWORLD-MEDIEN
© 2009 by Frank Viola
David C. Cook, 4050 Lee Vance View, Colorado Springs, Colorado 80918 U.S.A.
Originaltitel: „Finding Organic Church. A Comprehensive Guide to Starting and Sustaining Authentic Christian Communities“
1. Auflage 2011
© der deutschen Ausgabe 2011 GloryWorld-Medien, www.gloryworld.de
Alle Rechte vorbehalten
Bibelzitate sind, falls nicht anders gekennzeichnet, der Schlachter-Bibel, Fassung von 1951, entnommen.
Weitere Bibelübersetzungen:
[NGÜ]: Neue Genfer Übersetzung, 2009
[Elb]: Elberfelder Bibel, Revidierte Fassung von 1985
[LU84]: Lutherbibel, Revidierte Fassung von 1984
Das Buch folgt den Regeln der Deutschen Rechtschreibreform. Die Bibelzitate wurden diesen Rechtschreibregeln angepasst.
Übersetzung: Ivo Carobbio / Dr. David Poysti
Lektorat / Satz: Manfred Mayer
Umschlaggestaltung: Kerstin & Karl Gerd Striepecke, www.vision-c.de
Foto: istockphoto
ISBN (epub): 978-3-95578-159-0
ISBN (Druck): 978-3-936322-59-0
Inhalt
Vorwort
Einleitung
TEIL 1: DIE SAAT AUSBRINGEN – BIBLISCHE PRINZIPIEN DER GEMEINDEGRÜNDUNG
1 Gemeindebildung nach Gottes Vorbild
2 Die Rückkehr zum reisenden Arbeiter
3 Gottes Plan für Gemeindegründung
4 Apostolische Abdeckung oder apostolische Hilfe?
5 Die moderne Hauskirchenbewegung
6 Wiederherstellung oder Revolution?
TEIL 2: DEN BODEN BEARBEITEN – ANTWORTEN AUF GRUNDSATZFRAGEN
7 Ist das neutestamentliche Vorbild heute noch anwendbar?
8 War Paulus die Ausnahme?
9 Ist Gemeindegründung elitär?
10 Kann nicht jeder eine organische Gemeinde gründen?
11 War Paulus nicht der letzte der Apostel?
12 Wirken Apostel nicht Zeichen und Wunder?
TEIL 3: DEN BODEN KULTIVIEREN – PRAKTISCHE SCHRITTE FÜR DEN ANFANG
13 Organische Gemeinde entdecken
14 Fünf unverrückbare Grundsätze
15 Lernen, wie man sich versammelt
16 Gemeinschaftliches Singen
17 Gemeinschaft bauen
18 Zwölf unverzichtbare Elemente
TEIL 4: DAS UNKRAUT JÄTEN – GESUNDHEIT UND ENTWICKLUNG
19 Die Wachstumsstufen einer organischen Gemeinde
20 Die Jahreszeiten einer organischen Gemeinde
21 Die Krankheiten einer organischen Gemeinde (Teil 1)
22 Die Krankheiten einer organischen Gemeinde (Teil 2)
23 Der Dienst des apostolischen Arbeiters
24 Die vor uns liegende Reise
Dank
Literaturverzeichnis
Über den Autor
Allen Gemeindegründern der Vergangenheit,
die die Kosten überschlagen,
den Weg gebahnt
und die Richtung gewiesen haben …
und einer künftigen, von Gott berufenen
Generation junger Männer und Frauen,
die – auf den Schultern der Altvordern stehend –
noch weiter in die Zukunft blicken werden.
Vorwort
Seit ich über organische Gemeinde schreibe, werden mir immer wieder zwei Fragen gestellt. Erstens: „Wo finde ich die Art Gemeinde, von der Sie schreiben?“ Zweitens: „Wie gründet man eine organische Gemeinde?“ Mit diesem Buch versuche ich beide Fragen ausführlich zu beantworten.
Die hier vorgestellten Prinzipien stellen keine ungeprüften Theorien dar. Ich betreibe weder Stammtischphilosophie noch gebe ich in diesem Buch blutlose Abstraktionen zum Besten.
Die Grundsätze, die ich hier beschreibe, sind auf dem Amboss der Erfahrung geschmiedet worden – positiver wie negativer Erfahrungen. Sie sind das Ergebnis eines Lernprozesses mit vielen Fehlern (von denen eine ganze Reihe auf mein eigenes Konto gehen), verdanken sich aber auch manch glücklicher Fügung. Außerdem finden sie die Unterstützung der Heiligen Schrift.
Ich habe mich selbst oft als beobachtenden Biologen bezeichnet. Seit mehr als zwanzig Jahren studiere ich, wie organisches Gemeindeleben Wurzeln schlägt. Ich habe gesehen, wie es funktioniert, welche Faktoren es fördern und wodurch es erstickt wird.
Ich gebe unumwunden zu, dass ich nicht im Besitz sämtlicher Antworten bin. Noch immer bin ich am Lernen und Ausprobieren und beobachte die Höhen und Tiefen organischen Gemeindelebens. Ich glaube nicht, dass es auf diesem Gebiet Experten gibt – lediglich eine Liste von Erfolgen und Misserfolgen.
Mit diesem Buch versuche ich eine Theologie organischer Gemeindegründung vorzulegen, zusammen mit einigen praktischen Anregungen für alle, die diesen Weg einschlagen wollen.
Seit ich Christ bin, habe ich eine ganze Reihe von Beobachtungen zu den Problemen der heutigen Gemeinden gemacht – der traditionellen wie der nicht-traditionellen. Aus diesen Erfahrungen heraus bin ich zu folgenden Schlüssen gelangt:
1. Die meisten Gemeinden, darunter eine Vielzahl von Hauskirchen und einfachen Gemeinden, sind weit davon entfernt, das zu erleben, was Leib Christi ist. Schuld daran ist, dass wir großenteils außer Acht gelassen haben, was die Schrift zum Thema Gemeindegründung sagt.
2. Viele Grundprobleme sowohl traditioneller als auch nicht-traditioneller Gemeinden könnte man durch eine Rückkehr zum biblischen Muster für Gemeindegründung und -aufbau lösen.
Zugegeben: Meine Schlussfolgerungen basieren auf pragmatischen Beobachtungen, lassen sich aber auch biblisch begründen. Und sie sind der Anlass für das vorliegende Buch.
Ich habe vor diesem Buch vier weitere Titel über radikale Wiederherstellung von Gemeinde verfasst: Ur-Christen1 erzählt die Geschichte der neutestamentlichen Gemeinde in chronologischer Reihenfolge. In Heidnisches Christentum?2 untersuche ich (gemeinsam mit George Barna) die Ursprünge unserer modernen Gemeindepraxis und komme darin zu dem Ergebnis, dass die meisten unserer traditionellen Gemeindepraktiken jeder biblischen Grundlage entbehren und mit der organischen Natur von Gemeinde unvereinbar sind.
In Ur-Gemeinde3 zeichne ich ein buntes Bild neutestamentlichen Gemeindelebens für das einundzwanzigste Jahrhundert.4 Das Buch bietet eine zeitgemäße und ausführliche Theologie organischen Gemeindelebens. In Ur-Schrei5 beschäftige ich mich mit Gottes ewigem Ratschluss – jener großen Mission, die unser Gemeindeleben und unseren geistlichen Dienst prägen sollte. Ich entfalte darin das weitgreifende Epos von Gottes höchster Leidenschaft.
Das vorliegende Buch knüpft dort an, wo Ur-Schrei, Ur-Gemeinde, Heidnisches Christentum? und Ur-Christen aufhören. Es untersucht detailliert die Voraussetzungen für die Entstehung und Aufrechterhaltung organischer Gemeindeformen.
Zusammen mit diesem Buch empfehle ich unbedingt die Lektüre der vier oben genannten Titel, weil sie viele Fragen zu organischer Gemeinde bereits im Vorfeld klären. Dieses Werk bildet das fünfte in der Reihe.
Ich verwende die Begriffe Gemeindegründer, Apostel, christlicher Arbeiter, reisender Arbeiter und apostolischer (Mit)arbeiter in diesem Buch synonym. Warum ich das tue, erkläre ich später. Wenn ich von Aposteln spreche, dann sage ich der Einfachheit halber „er“ – nicht weil ich der Ansicht wäre, nur Männer kämen für diesen Dienst in Frage, sondern weil es einfacher ist, „er“ statt ständig „er oder sie“ zu schreiben. (Ich habe kein Problem mit der Auffassung, dass sich auch Frauen am apostolischen Werk beteiligen. Wir lesen in Römer 16,7 von Junia als weiblichem Apostel, und auch Priscilla und Phöbe waren dem apostolischen Dienst von Paulus von großer Hilfe.)6
So viel dazu. Dieses Buch habe ich für drei verschiedene Lesergruppen geschrieben:
Zunächst richtet es sich an jene, die den Wunsch haben, sich in organischer Weise zu versammeln und sich dazu einige praktische Tipps wünschen.
Zweitens spreche ich eine Vielzahl von Menschen in missionalen, inkarnatorischen und relationalen (beziehungsorientierten) Gemeinden sowie sogenannten „emerging churches“7, Hauskirchen, einfachen und sogar organischen Gemeinden an. (Diese Begriffe bedeuten nicht das Gleiche, unterscheiden sie sich doch voneinander.)
Drittens richte ich mich an jeden, der sich berufen fühlt, selbst eine Gemeinde (egal welchen Typs) zu gründen.
Das Buch gliedert sich in vier Teile. Teil 1 untersucht die geistlichen Prinzipien, die der neutestamentlichen Gemeindegründung zugrunde liegen. Teil 2 geht auf allgemeine Einwände ein, die aufgrund meiner Ausführungen in Teil 1 vorgebracht werden. Teil 3 ist eine praktische Anleitung zur Gründung einer organischen Gemeinde, und in Teil 4 geht es schließlich um Fragen der Gesundheit und Entwicklung organischer Gemeinden. Die Fußnoten bieten neben Quellenangaben detaillierte und weiterführende Informationen zu meinen Schlussfolgerungen. Ich bin mir durchaus bewusst, dass der Paradigmenwechsel, zu dem dieses Buch auffordert, für viele Vertreter des traditionellen Denkens schwer zu verdauen sein wird. Ich berufe mich aber auf die Heilige Schrift, auf die Erfahrung und auf die neutestamentliche Wissenschaft, um meine Sichtweise zu stützen. Dabei hoffe ich, dass sich der Leser ernsthaft mit meinen Ausführungen auseinandersetzen wird.
In diesem Zusammenhang bin ich davon überzeugt, dass die meisten Christen in den vorherrschenden Paradigmen gefangen sind, die das religiöse Denken heute dominieren.8 Lassen Sie mich dies anhand eines geschichtlichen Beispiels veranschaulichen.
Bis zur Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts hatten sich die Schweizer Uhrmacher den größten Weltmarktanteil für Armbanduhren gesichert. Das änderte sich, als einer ihrer eigenen Landsleute einen revolutionären Einfall hatte: Die Quarzuhr.
Die Vorstellung dieser Erfindung konnte den Schweizer Uhrenherstellern lediglich ein abschätziges Lächeln entlocken. Sie meinten, eine solche Uhr könne niemals funktionieren, und weigerten sich, die Idee zu patentieren. Anders dagegen die japanische Seiko-Uhrenmanufaktur: Sie sah sich den Vorschlag genauer an – der Rest ist Geschichte.
Die Schweizer Uhrmacher waren so sehr von dem traditionellen Paradigma beherrscht, dass sie das neue Konzept einer Quarz-Armbanduhr einfach nicht begriffen. Weil die Quarzuhr keine Zahnräder, keine Antriebsfeder und dergleichen hatte, lehnte man sie ab. Das seinerzeit vorherrschende Paradigma mochte der neuen Erfindung keine Chance geben. Die Folge war, dass die Schweizer ihre Vormachtstellung auf dem Markt für Armbanduhren einbüßten und tausende Arbeiter entlassen mussten – nur weil die Quarzuhr nicht in ihr Weltbild passte. Sie ließ sich nicht mit ihrem Paradigma vereinbaren. Weil sie sich auf ihrem herkömmlichen Weg völlig verrannt hatten, hatten sie für neue Wege nichts übrig.
Deshalb bin ich überzeugt: Soll der Leib Christi zur ursprünglichen Absicht Gottes zurückgeführt werden, brauchen wir sowohl in Bezug auf die Praxis der Gemeinde als auch die Praxis der Gemeindegründung einen Paradigmenwechsel. Beachten Sie bitte: Ich spreche von der Wiederherstellung der Gemeindepraxis und der Gemeindegründungspraxis. Man darf die beiden Elemente nicht voneinander trennen. Roland Allen hat es so ausgedrückt:
Man hat sich Fragmente der paulinischen Arbeit herausgepickt und versucht, sie fremden Systemen einzuverleiben. Die daraus resultierenden Fehler hat man danach als Argumente gegen die paulinische Vorgehensweise gebraucht.9
Damit wirklich neutestamentliche Gemeinden entstehen, müssen wir die neutestamentlichen Prinzipien der Gemeindegründung wiedergewinnen. Anders ausgedrückt: Wir benötigen eine Wiederherstellung der göttlichen Prinzipien für Gemeindegründung, damit organische Gemeinden entstehen können. Deshalb muss ein gänzlich neues Paradigma verinnerlicht werden – sowohl was die Praxis als auch die Gründung von Gemeinden angeht. Noch einmal Roland Allen:
Es dürfte schwierig werden, ein besseres Modell für Gemeindegründung zu finden als das des Apostels [Paulus]. Eines ist sicher: Genau da, wo unsere Methoden versagt haben, war die paulinische Vorgehensweise erfolgreich.10
Die Wiederentdeckung des biblischen Ansatzes zur Gemeindegründung entfaltet eine explosive Dynamik mit der Kraft, traditionelles Denken und herkömmliche Praxis zu sprengen. Aus diesem Grund bete ich, dass meine Leser ihr Herz weit öffnen, um einen neuen Weg zu erkennen. Ein Weg, der in Wirklichkeit ein alter, von Gott selbst entworfener Weg ist.
Frank Viola
Gainesville, Florida
Februar 2009
1 Ur-Christen – Eine außergewöhnliche Chronologie der Ereignisse des Neuen Testaments, GloryWorld-Medien, 2011.
2 Heidnisches Christentum? – Über die Hintergründe mancher unserer vermeintlich biblischen Gemeindetraditionen, GloryWorld-Medien, 2010.
3 Ur-Gemeinde – Wie Jesus sich seine Gemeinde eigentlich vorgestellt hatte, GloryWorld-Medien, 2010.
4 Beachten Sie, dass ich den Begriff Gemeinde durchweg im neutestamentlichen Sinn verwende. „Gemeinde“ ist kein Gebäude, keine Konfession („Kirche“ / „Denomination“) und meint auch nicht den „Gottesdienst“. Der Ausdruck „Gemeinde“ (gr. ekklesia) beinhaltet zweierlei: Gemeinschaft und Zusammenkunft (Versammlung). Das Neue Testament versteht die Gemeinde als eine verbindliche Gemeinschaft, deren Glieder Gottes Leben teilen und regelmäßig zusammenkommen.
5 Ur-Schrei – Gottes Herzensanliegen seit ewigen Zeiten, GloryWorld-Medien, 2010.
6 Eldon Jay Epp, Junia: The First Woman Apostle. Minneapolis, MN: Fortress, 2005. Vgl. Kap. 11, dazu Apg 18,2-3 u. 18-19.24 ff.; Röm 16,1-4.7; 1 Kor 16,19.
7 „emerging“ ist zu einem festen Begriff in der neueren Gemeindegründungsbewegung geworden; von engl. „to emerge“ = zutage/in Erscheinung treten, hervorgehen, sich entwickeln, entstehen [Anm. d. Übers.].
8 Ein Paradigma ist ein allgemeines Verständnis oder Deutungsmuster, das von einer Gemeinschaft geteilt wird. Ein Paradigmenwechsel bedeutet eine grundlegende Veränderung dieses Verständnisses oder Modells.
9 Roland Allen, Missionary Methods: St. Paul’s or Ours? Grand Rapids, MI: Eerdmans, 1962, 5.
10 Ebd., 147.
Einleitung: Zurück zum biblischen Bericht
Institutionen und Bewegungen, die entstehen, um dem Leben Ausdruck zu verleihen, ersticken durch die ihnen innewohnende Verderbtheit am Ende oft gerade dieses Leben. Sie bedürfen daher ständig einer kritischen Überprüfung und müssen immer wieder zum ursprünglichen Geist und Zweck zurückgeführt werden. Die christliche Gemeinde bildet da keine Ausnahme. Im Gegenteil: Sie ist ein Paradebeispiel für diesen Tatbestand.
E. Stanley Jones
Der Zweck dieses Buches ist einfach: Es will darlegen, was wir in der Bibel zum Thema Gemeindegründung finden, und es für die heutige Zeit wieder nutzbar machen.
Der Ursprung bestimmt das Endziel
Die Bibel legt großen Nachdruck auf Ursprünge, denn in geistlichen Dingen bestimmt der Ursprung das, was am Ende herauskommt. Deshalb sind auch Geschick und Qualität einer Gemeinde von ihrem Ursprung her bestimmt. Anders ausgedrückt: Wie eine Gemeinde gegründet wird, hat tiefgreifende Auswirkungen auf ihren Charakter, ihre Effektivität und ihre Zukunft. Bedenken Sie, was Paulus schreibt:
Ich habe gepflanzt, Apollos hat begossen, Gott aber hat das Wachstum geschenkt. Auf wen kommt es denn nun an? Doch nicht auf den, der pflanzt, oder auf den, der begießt, sondern auf den, der das Wachstum schenkt, auf Gott.
Und was ist mit dem, der pflanzt, und mit dem, der begießt? Ihre Aufgaben, so unterschiedlich sie sind, dienen demselben Ziel, und beide werden von Gott ihren Lohn bekommen – den Lohn, der ihrem persönlichen Einsatz entspricht.
Es ist also Gottes Werk, an dem wir miteinander arbeiten, und ihr seid Gottes Ackerfeld; ihr seid Gottes Bauwerk. Die Gemeinde ist Gottes Tempel – das Fundament, das Baumaterial und die Bauleute.
Weil Gott mich in seiner Gnade dazu befähigt hat, habe ich als ein kluger und umsichtiger Bauleiter das Fundament gelegt; andere bauen jetzt darauf weiter. Aber jeder soll sich sorgfältig überlegen, wie er die Arbeit fortführt. Das Fundament ist bereits gelegt, und niemand kann je ein anderes legen. Dieses Fundament ist Jesus Christus.
Wie nun aber jemand darauf weiterbaut – ob mit Gold, Silber, Edelsteinen, Holz, Schilfrohr oder Stroh –, das wird nicht verborgen bleiben; der Tag des Gerichts wird bei jedem ans Licht bringen, welches Material er verwendet hat. Denn im Feuer des Gerichts wird das Werk jedes Einzelnen auf seine Qualität geprüft werden (1 Kor 3,6-13; NGÜ).
Hier verwendet Paulus zwei Bilder, um das Werk der Gemeindegründung zu beschreiben: die Bepflanzung eines Feldes und die Konstruktion eines Hauses. Gemeindegründer sind nach Paulus vergleichbar mit „Bauern“ und „Bauleuten“: Sie „pflanzen“ und „bauen“ Gemeinden.
Ein Gemeindegründer (oder Gemeindepflanzer) ist jemand, der den Samen des Evangeliums „aussät“, woraus – in der Folge – Gemeinde entsteht. Dazu schreibt Charles Brock:
Die Vorstellung, dass jemand Gemeinden „pflanzt“, ist für viele eher ungewohnt. Ein Gemeindegründer ist jemand, der – ob in seiner Heimat oder im Ausland – den Samen des Evangeliums so ‚aussät‘, dass eine neutestamentliche Gemeinde entsteht und wächst.1
Paulus bezeichnet die Gemeinde als Ackerfeld. Er sieht sie aber auch als lebendigen Bau. Spricht er vom Ackerfeld, dann hat er kein brachliegendes, sondern ein bebautes Feld vor Augen, auf dem zum Beispiel Weizen gedeiht.2 Beide Bilder bezeugen das organische Wesen von Gemeinde. Die Gemeinde ist ein lebendiger Organismus.
In diesem Abschnitt nennt Paulus drei Grundvoraussetzungen für die Gründung gesunder Gemeinden:
1. Die Kompetenz dessen, der Gemeinden pflanzt oder baut:
Weil Gott mich in seiner Gnade dazu befähigt hat, habe ich als ein kluger und umsichtiger Bauleiter das Fundament gelegt (1 Kor 3,10a).
2. Die Baustoffe:
Wie nun aber jemand darauf weiterbaut – ob mit Gold, Silber, Edelsteinen, Holz, Schilfrohr oder Stroh –, das wird nicht verborgen bleiben; der Tag des Gerichts wird bei jedem ans Licht bringen, welches Material er verwendet hat. Denn im Feuer des Gerichts wird das Werk jedes Einzelnen auf seine Qualität geprüft werden (1 Kor 3,12-13).
3. Die Bauweise:
Aber jeder soll sich sorgfältig überlegen, wie er die Arbeit fortführt (1 Kor 3,10b).
Mechanisch oder organisch?
Leider haben heute viele Christen die naive Vorstellung, die Gründung einer Gemeinde gleiche dem Zusammensetzen von Legosteinen. Man stecke seine Nase in die Bibel, untersuche die Praktiken der Urgemeinde, ahme diese möglichst getreu nach, und – siehe da! – schon hat man eine funktionierende „neutestamentliche Gemeinde“ geschaffen. Diese mechanische Methode der Gemeindebildung nenne ich „biblisches Blaupausentum“.
Biblisches Blaupausentum ist auf eine ziemlich dürftige Ekklesiologie und ein Missverständnis vom organischen Wesen des Gemeindelebens zurückzuführen. Deshalb ist es höchst mangelhaft.
Eine authentische Gemeinde kann nicht allein von Menschenhand entstehen – genauso wenig wie menschliche Nachahmungskunst und Einfallsreichtum eine Frau erschaffen können. Eine Frau muss geboren und danach so lange ernährt werden, bis sie sich von selbst weiterentwickelt.
Verzeihen Sie mir einen krassen Vergleich: Das Verschnüren von ein paar Armen und Beinen und einem Kopf mit einem weiblichen Rumpf ergibt noch kein Mädchen. Dem bloßen Auge mag es zwar so vorkommen und einem menschlichen Wesen zum Verwechseln ähnlich ausschauen. Nur fehlt diesem „Wesen“ das zum Menschsein Wesentliche: Leben. Leben entsteht durch Geburt. Dieses Prinzip gilt auch für die Gründung von Gemeinden.
Biblisches Blaupausentum rührt von der Vorstellung, das Neue Testament sei ein Regelwerk vergleichbar einem neuen 3. Buch Mose. Verfechter dieser Methode gehen an die Bibel heran wie Ingenieure an ein Lehrbuch: Analysiere und kapiere die Strukturprinzipien und wende sie dann an.
Gemeindegründung ist aber keine Technik für Ingenieure. Und das Neue Testament ist weder ein Regelwerk noch ein Handbuch, sondern ein Bericht über DNA der Gemeinde in Aktion. T. Austin-Sparks sagt dazu:
Tatsache ist, dass – obwohl sich die Gemeinden im Neuen Testament durch einige gemeinsame Merkmale auszeichnen – das Neue Testament uns kein komplettes Muster an die Hand gibt, nach dem Gemeinden zu gestalten wären. Es gibt im Neuen Testament keine Blaupause für den Bau von Gemeinden. Wer dennoch den Versuch unternimmt, neutestamentliche Gemeinden zu bilden, läuft Gefahr, ein neues System zu schaffen, das am Ende genauso gesetzlich, sektiererisch und tot ist wie alle anderen. Gemeinden sind, wie die Gemeinde als Ganzes auch, Organismen, die aus dem einen Leben geboren werden, das dem Kreuz Christi entspringt und in jeden Gläubigen hineingepflanzt worden ist. Ohne Gläubige, die nicht selbst gekreuzigte Menschen sind, kann es echte Gemeinde nicht geben.3
Der menschlichen Spezies ist Familie in die Erbanlagen gelegt worden. Es wird immer Väter, Mütter und Kinder geben. Das gehört selbstredend zur unverbrüchlichen Schöpfungsordnung.
In gleicher Weise gehört organisches Gemeindeleben – die Erfahrung des Leibes Christi – zum Erbgut der christlichen Spezies. Es steckt dem Universum sozusagen im Blut. Sobald bestimmte Grundvoraussetzungen gegeben sind, bricht das organische Leben des Leibes Christi inmitten einer Gruppe von Christen spontan hervor.
Heute stehen wir vor der Herausforderung, allen Ballast abzuwerfen, damit dieses Leben des Leibes auf natürliche Weise wachsen und gedeihen kann. Dies bringt uns auf Konfrontationskurs mit vielen traditionellen Gemeindegründungsprinzipien.