Kitabı oku: «Flügelschlag für Flügelschlag», sayfa 2

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Nachts

Heute Nacht war es wieder soweit: Ich habe dich wiedergesehen. In meinen Träumen. Ständig sehe ich dich. Du kletterst mit mir auf Berge, reparierst Dinge oder tankst mit mir an Tankstellen. Auch auf der Gartenschaukel bei strahlendem Sonnenschein saßen wir schon zusammen.

Doch es gab eine Zeit, in der ich dich nicht nur in meinen Träumen sah.

Wenn die Nacht Einzug hielt und unsere Sehnsucht uns übermannte, wenn unsere Angst zu gleichen Teilen mit unserer Sehnsucht konkurrierte und wir innerliche Diskussionen führten, während unsere Herzen nur eins wollten: das Gegenüber.

Wenn sich die schwarze Walze der Nacht über das abendliche Rot des Horizontes ausbreitete und wir immer nervöser und aufgeregter wurden. Wenn wir uns wie zwei Gegenpole anzogen. Wenn wir aufeinander zuliefen- gleichgültig, wie groß die Entfernung war- und uns tief im Inneren schon lang spüren konnten. Wenn uns die Musik durch Mark und Bein ging. Wenn der Magen rebellierte.

Nachts war unsere Zeit. Briefe, E-Mails und Nachrichten führten am Ende meist zu einem Treffen. Ein Treffen zwischen dir und mir. Ob akribisch geplant oder spontan. Das Herz stark schlagend, Kloß im Hals, weiche Beine und ein Kribbeln im ganzen Körper. Jede Nachricht, die wir uns zukommen ließen, steigerte die Spannung fast ins Unermessliche. Das alles waren ganz allein unsere Nächte. Jeder einzelne Stern am Himmel schien nur für uns. Der Mond war unser Wegbegleiter.

Wo ich auch wohnte, wenn ich mit meinem Kapuzenpulli in meine Lederjacke schlüpfte, die Cowboyboots anzog und die Tür hinter mir ins Schloss fiel. Wenn ich hinaustrat und die Nacht begrüßte, wenn ein Ende immer offenblieb. Wenn ein kleines Briefkuvert in der Ecke meines Bildschirms aufleuchtete, wenn ich meinen Körper vorher in Fuel for Life badete. Wenn der Wind ging, der diese Spannung nur noch mehr unterstrich, weil er unser Element ist. Immer dann war es allein unsere Nacht.

Unsere Nacht, unser Lied, unser Schnaps, unser Lachen, unsere Sterne, unsere Zigaretten, unsere Nachrichten, alles gehörte uns. Und in Gedanken werden sie uns immer miteinander verbinden, diese Nächte.

Nachts, zu Fuß

Erwartend, voller Vorfreude, Aufregung und Anziehung. Gleichgültig wie kalt, gleichgültig wie viel Schnee oder wie windig- die Nacht gehörte allein uns.

Der Wind der Nacht wehte mir durch die Haare, meine Lungen füllten sich mit der kühlen, nüchternen Luft und trotzdem war ich wie betrunken, wie in Trance. Meine Cowboyboots hinterließen Spuren im Schnee. Mein Telefon hielt ich fest in der Hand für deine nächste Nachricht. Was in all diesen Nächten passierte, das wussten wir immer vorher schon. Doch die Aufregung sank nicht. Keine einzige Nacht war wie die andere und jede übertraf die vorhergehende. Doch je schöner es wurde, umso mehr steigerte sich unsere Angst. Unser Respekt vor dem großen Ganzen wuchs. Die Aufregung war kaum auszuhalten. Mein Magen, mein Körper, alles geriet aus der Bahn. Du warst mein Kontrollverlust, meine größte Schwäche.

Der Wald näherte sich und ich wünschte mir immer, schon weiter zu sein, als ich es war. Mein Telefon gab mir Licht, meine Schritte waren auf dem weichen Waldboden zu hören. Eine Katze funkelte mir mit ihren gelben Augen aus den Büschen zu. Zwischendurch verstohlene Blicke in jede dunkle Himmelsrichtung, flehende Gebete in Richtung Mond und sehnsüchtige Gedanken in Richtung meines Telefons. Jedes Mal, wenn ein Ton erklang und das Display sich erhellte, bekam ich am ganzen Körper Gänsehaut. Nach jeder Nachricht die stetig wachsende Gewissheit: Es geht ihm wie mir.

Der Wald und der schlammig, weiche Boden lagen hinter mir. Von weitem konnte man die Straßenlaternen sehen. In Gedanken ging ich oft durch, wie viele Male ich diese Strecke als Kind gegangen war, um an den Badesee oder zu Freunden zu gelangen. Doch hätte ich damals schon gewusst, dass ich dich eines Tages treffen und wieder hier entlanglaufen würde, hätte ich das Älterwerden wohl kaum erwarten können.

Immer war ich innerlich unruhig. Jede Faser meines Körpers wollte in jeder dieser Nächte genau das. Jeder Zentimeter meiner Haut sprach zu mir. Ich erreichte die Straße und nun wurden meine Schritte schneller. Vorbei an all den Einfamilienhäusern, in denen nur noch vereinzelt Licht zu sehen war. Die Dunkelheit war mir lieber. Im Licht der Straßenlaternen fühlte ich mich wie auf einer Bühne, auf dem Präsentierteller meines Lebens und als ein Opfer meiner eigenen Gefühle. Keinen Ausweg kennend. Abhängig von diesem Gefühl der Lebendigkeit, welches mich in diesen Nächten begleitete wie der Mond. Fieber, glühende Wangen, Gänsehaut. Der eisige Wind fuhr mir in die Glieder. Er spiegelte wider, wie unberechenbar und gefährlich dieses Spiel war. Die Nacht war so dunkel, aber dennoch fühlte ich mich in ihr wohlbehütet, sie war wie eine alte Bekannte. Denn seit ich dir begegnet war, befand ich mich oft in solchen Situationen. Durch das Licht der vorbeifahrenden Autos, der Straßenlaternen und der Häuser fühlte ich mich ertappt. Sie erinnerten mich daran, dass ein neuer Morgen kommen wird. Wie gern hätte ich jedes Mal die Zeit angehalten.

Der Fußweg eisglatt, meine Schritte schnell und gezielt, die Blicke auf mein Telefon gerichtet. Die Vorfreude steigerte sich mehr und mehr. Ich bog ab auf die letzte beleuchtete Straße. Ich stieg über kleinere Schneehaufen, meine Hände, in denen ich mein Telefon hielt, waren schon fast blau. Mein Atem war zu sehen. Meine Augen funkelten im Sternenlicht, meine Sinne schärften sich zusehends. Ein Ast knackte unter meinen Cowboyboots. Ein Hund bellte in der Ferne, ein Moped ratterte. Der Bach plätscherte. Letzte Straße, eine Straßenlaterne flackerte über mir, als wollte sie mich warnen. Ich warf ihr Blicke zu, verstohlen und verschämt rechtfertigte ich mich gedanklich vor dieser Laterne, mit dem Satz: „Ich weiß, aber ich kann nicht anders!“ Kurze Atempause, in der Jackentasche nach einer Zigarette kramen. Meine Finger waren eiskalt. Ein tiefer Zug an der Zigarette und ein Blick hinauf zu meinem Freund, dem Mond. Das Herz sprang mir trotz der Pause fast aus der Brust. Ein weiterer Ton meines Telefons, ein Blick darauf, gleich war es soweit. Du warst ganz nah. Meine Schritte wurden wieder schnell, vorbei an all den flackernden, warnenden und mich verspottenden Laternen. Vorbei an all den Einfamilienhäusern, in denen es warm war und die voller Liebe waren. Da, das Ende der Straße, das Ortsausgangsschild. Die letzte Laterne. Da kamst du um die Ecke. Da warst du, endlich. Nun konnte sie beginnen, unsere Nacht, allein unsere.

Alles schien still zu stehen. Deine blauen Augen leuchteten im Mondlicht, dein Atem so schwer wie meiner, deine Zigarette in der Kälte verglüht. Vor uns lagen nur noch eine unbeleuchtete Straße durch den Wald und ein Berg in Richtung Anhöhe. Doch gleichgültig wie dunkel, gleichgültig wie steil und gleichgültig wie kalt, von nun an war es unsere Nacht und alles andere spielte keine Rolle mehr. Der Gedanke, dass es so wenige Stunden bis zum Morgen waren, machte mich schwermütig. Umso mehr kostete ich jeden einzelnen Moment aus. Leise rieselten auf unserem gemeinsamen Weg Schneeflocken bedächtig zu Boden, jede einzelne nur für uns. Alles war wie verzaubert.

Nachts, unterwegs

Ich hatte erfahren, dass du an diesem Abend auch dabei sein wirst und alle wussten, worauf das hinausläuft, inklusive uns. Immer, wenn ich wusste, dass du dabei sein wirst, stieß ich erst später zu der Gruppe. Ich hätte es nicht ertragen, eine der Ersten zu sein und vor den Blicken aller anderen auf dich warten zu müssen. Ich hätte meine Aufregung kaum verbergen können, also blieb ich immer so lange wie möglich allein, war aufgeregt und kam erst, wenn alle da waren. „Möchtest Du was trinken?“ „Ja gern.“ Musik, laute Gespräche, viele Stimmen durcheinander, doch wenn wir uns im selben Raum befanden, war es in mir still. Solange du da warst, war ich auch ganz bei mir. Es gab so viel, mit dem ich innerlich zu kämpfen hatte, alles, was außerhalb geschah, ging an mir vorüber. Irgendwann brachen wir dann von unserem Treffpunkt alle gemeinsam auf, meistens hatten wir ein Ziel: Tanzen!

Leichtsinn kommt von Leichtigkeit. Wir haben uns leicht gefühlt, unbeschwert. Wild, frei, rebellisch, feierwütig. Enge Jeans, tiefe Ausschnitte, duftend nach Fuel for Life und Haarspray, munter und hellwach, wenn andere schliefen. Die Musik in jeder Ader, zuckend im Rhythmus, wippend im Takt. Die Augen riesengroß und glänzend im Stroboskoplicht. Unsere Körper erhitzt und verschwitzt. Bei jeder Drehung ließ ich meine Haare über meine Schultern schwingen. Dauerhaftes Lächeln auf den Lippen. Wieder ein Abend voller Spannung, Neugier, Spaß und Ausgelassenheit. „Ohne dich schlaf ich heut Nacht nicht ein, ohne dich fahr ich heut Nacht nicht Heim, ohne dich komm ich heut nicht zur Ruh. Das, was ich will, bist du.“ Dieses Lied erklingt auf der Tanzfläche und du singst es mir zusätzlich zärtlich in mein Ohr. „Danke, ich will ihn natürlich auch!“, dachte ich mir immer.

Grinsen, Lachen, Zwinkern, verstohlene Blicke, ein paar Getränke, schüchternes Umfassen der Taille, Blitze voller Energie, die meinen Körper bei jeder kleinen Berührung durchströmten. Ich zehrte davon. Nebel auf der Tanzfläche, das Spiel mit den Eiswürfeln beginnt. Jagen, Necken, Zielen, die Eiswürfel schmelzen schnell auf der erhitzten Haut und in der heißen Luft der Diskothek. Meine Lippen berühren das Glas, du fixierst dich ganz auf sie, schaust zu, wie ich trinke und meine Zunge danach um meine Lippen herum leckt. Es macht dich wahnsinnig. Du kochst innerlich. Spiel, Satz und Sieg. Endlich gehört sie wieder uns allein, diese Nacht. Was ist das bloß jedes Mal für eine Eigendynamik, die da entsteht? Selbst wenn ich wollte, ich könnte nicht dagegen ankämpfen, keine Chance, hoffnungslos verfallen. Bei jedem Lied haben wir den Text auswendig im Kopf und er wird sich wohl für den Rest unseres Lebens eingeprägt haben. Kichern, ein paar Zigaretten, Gespräche, wieder verstohlene Blicke. Dieses Lied gehört mir. Mein Körper bewegt sich im Takt, weich und sanft. Ich schaue dich dabei an, die ganze Zeit, provokant. Frech von mir, denn es gibt dir den Rest. Dieses Spiel nimmt kein Ende. In langen Gängen verschwindest du und tauchst wieder auf, doch dabei spiele ich gerade Verstecken. Ein klein wenig Panik steigt in uns auf, wenn wir den Blickkontakt verlieren. Doch worin bestünde sonst die Herausforderung? Unser Ziel ist dasselbe. Also darf ein bisschen Spielen vorher schon erlaubt sein. Jedes blinkende, bunte Licht, jeder noch so schnelle Bass, alles allein für uns.

Wenn wir uns trafen, in irgendwelchen Bars, waren wir immer sehr nervös, ganz gleich ob das Treffen zufällig oder verabredet war. In der Öffentlichkeit stand etwas zwischen uns, was auch immer es war, es fühlte sich häufig wie der breiteste und tiefste Abgrund an. Nervosität und zugleich schüchterner Rückzug. Obwohl wir uns auch gleichzeitig immer innerlich nah waren, als ob wir tief in den anderen Blicken könnten. Die gleichen Gedanken, die identischen Worte, dieselben Gefühle, einerlei, ob Angst oder Zuneigung. Anziehen, Wegstoßen, Anziehen, Wegstoßen. Wir hatten dieses Spiel schon fast perfektioniert. Doch je mehr wir versuchten, uns zu widersetzen oder uns zu verschließen, umso mehr spielten wir verrückt. Verstohlene Blicke, Wortverlust und sogar umgestoßene Getränke gab es bei uns nicht selten. Egal wo wir aufeinandertrafen, wir wussten, was daraus wieder und wieder entstehen würde. Doch trotzdem überraschte uns das Feuer, das wir dabei hinterließen. Alle Sinne geschärft, unsere Nasen rochen Fuel for Life, unsere Ohren hörten „Zombie“, unsere Zunge schmeckte Pfefferminz und unsere Augen sahen in ein Spiegelbild des eigenen Ichs.

Nachts, ankommen

Wir steigen verschwitzt und halb nüchtern durch die Kälte der Nacht in das Auto. Zusammengequetscht auf der Rücksitzbank. Meine Wangen noch errötet vom endlosen Tanzen, meine Haare gewellt von der hohen Luftfeuchtigkeit. Drei Uhr, Schwermut, nur noch so wenig Zeit, bis auch diese Nacht wieder zu Ende gehen wird.

Mein Blick auf das Telefon verrät mir, an welcher Adresse ich aus dem Auto steigen muss. Deine Hand sucht auf der dunklen Rücksitzbank nach meiner, nur ganz leicht. Kein festes Drücken, nur eine zarte Berührung, ein Kontakt, nur kurz geben wir der Sehnsucht nach. Keiner im Auto merkt etwas davon. Doch diese Kraft, die wir zusammen ausstrahlen, ist allgegenwärtig und beeindruckt alle. Keiner, der uns gesehen hätte, hätte sich je getraut, ein Wort darüber zu verlieren. Dafür war unsere Verbindung einfach schon immer zu stark. Wir haben damit nicht nur uns erstaunt, sondern auch alle um uns herum. Die Autofahrt, diese Spannung, das Leuchten meines Displays. Hör auf damit, mich noch nervöser zu machen. In Kurven, die das Auto fährt, bin ich stocksteif, angespannter Körper, ja nicht fallen lassen, ja nicht mehr berühren als nur die Hand, Spannung beibehalten, das macht es interessanter. „Du riechst gut“, lese ich auf meinem Display und denke mir „Du auch!“. Kurzes Checken im Rückspiegel, die Frisur- zerzaust, aber gut, Make-up- sieht noch gut aus, Augen- hellwach. Das Auto bleibt stehen. Tür auf, gute Nacht, war schön, „tschau“ und bis zum nächsten Mal. Die Tür schlägt zu und das Auto fährt um die Ecke, die Scheinwerfer verschwinden. Die Straße ist wieder dunkel. Die Kirchturmglocke schlägt, halb vier Uhr morgens. Wir stehen zusammen vor deiner Haustür und du tastest aufgeregt nach dem Schlüssel, ich zittere mehr vor Aufregung als vor Kälte. Nun beginnt sie wieder, unsere Zeit. Unsere Nacht.

Nachts, zu dir oder zu mir?

Unter einer wärmenden Decke auf dem Sofa, das Flackern der Bioethanol-Flammen, das dämmernde Licht im Zimmer. Die leise Musik. Oder aber auch auf dem Fensterstock sitzend mit Zigarette in der einen und einem Glas in der anderen Hand, die Nachtluft tief einatmend und den Himmel bestaunend. Oder aber gerade nach Hause kommend, erst einmal Sachen ablegen. Den Eingangsbereich der Wohnung in Licht tauchen, die Wärme spüren. Ich habe es immer gemerkt, unerheblich, was ich tat. Ich spürte es jedes einzelne Mal vorher. Die Sehnsucht war kaum auszuhalten, ich rief dich innerlich und du riefst mich. Dieses Gefühl, welches durch den Körper zog. Schon fast unheimlich. Vorahnungen, wenn man so will. Und sie haben mich noch nie getäuscht.

„Sehen wir uns?“ Und ob! „Was machst du gerade?“ Ja, das wolltest du oft wissen. „Ich wäre gern bei dir“, oder „ich hätte dich heute gern bei mir“. Keine Chance, daran etwas zu ändern! „Nein, ich kann nicht“, und doch konnte ich immer. Ein Nein war für mich ausgeschlossen. Ich hätte immer alles stehen und liegen lassen. Der Ton erklingt erneut, das kleine Kuvert leuchtet auf. Ich kann nicht beschreiben, wie mein Körper verrücktspielte. Zittern der Hände, weiche Beine, der Magen drehte sich mir fast um. Erst einmal schnell etwas trinken, damit der Kreislauf stabil bleibt. Was hast du da nur jedes Mal mit mir getan? Ob es dir bewusst war, was du angestellt hast? Ob es dir ähnlich erging? Dieses Gefühl, dieser Zustand, er war so befremdlich, er machte mir große Angst. Und doch, niemals hätte ich dazu Nein sagen können.

Du haust mich jedes Mal aufs Neue um, stellst alles auf den Kopf, was ich mir aufgebaut hatte. Ich bin auch nur ein Mensch, der versucht weiterzumachen, voranzukommen, Perspektiven zu schaffen. Irgendwie durchs Leben zu kommen, ohne Reue. Es schüttelt mich, ich habe überall Gänsehaut. Mein Körper ist wieder so eiskalt. Mein Magen tut mir weh. Das kommt häufig vor, wenn es um dich geht. Ich kenne das alles schon und doch ist es mir jedes Mal neu und unheimlich. Neue Nachrichten, aktualisieren. Da ist wieder der kleine Brief. „Wann kannst du hier sein?“ „Wann kann ich da sein?“ oder „Ich habe letzte Nacht von dir geträumt, seitdem will ich dich heute wiedersehen, schnell, bald, jetzt!“ Ich bin bereit für dich! Schnell ins Badezimmer, schnell an den Kleiderschrank. Noch schneller meine sieben Sachen in die Tasche gepackt. Cowboyboots, Lederjacke, Fuel for Life, die Tür fällt ins Schloss. Auto, Schlüssel dreht sich, Zündung, noch schnell an der Tankstelle unser Getränk des Abends kaufen und ein paar Zigaretten. „Ich bin gleich da. Ich freue mich auf dich.“ Das Herz rast wie verrückt, gehört es überhaupt noch zu mir? Wer bin ich? Was tue ich hier wieder? Ein Uhr nachts, sie gehört wieder uns, die Nacht. Alle Sterne kennen uns bereits und wissen, was passieren wird.

Auch wenn du bei mir vorbei kamst, glichen die Abfolgen einander. Schnell ins Bad, schnell an den Kleiderschrank, schnell noch etwas aufräumen, „Oh Gott, ich brauche eine Zigarette, ich breche gleich zusammen.“ Wann fährt sein Auto vor? Wann ertönt die Türklingel? Fuel for Life, Blick in den Spiegel. Ich freue mich so, doch morgen früh ist wieder alles vorbei.

Ob du mich eingeladen hast oder ich dich, egal wo, solange wir zusammen waren, fühlten wir uns wohl – nachts.

Der Tag ist uns zu nüchtern, zu vernünftig, er passt nicht zu uns, nicht zu unserer Verbindung. Auch wenn ich es mir ab und an gewünscht hätte. Es war wieder allein unsere Nacht, jedes Mal. Wenn einer von uns beiden dem anderen die Tür öffnete, waren wir angekommen und die wenigen Stunden, die uns bis zum Sonnenaufgang noch blieben, begannen.

Nachts, allein in Gedanken

Ob ich durch den tiefen Schnee in sternenklaren Nächten auf dich zulief oder hinter dem Lenkrad meines Autos saß. Mein Kopf war ausgeschaltet, ich tat alles wie ferngesteuert und meine Beine wurden butterweich. Du warst mein nicht enden wollender Gedanke. Was haben wir uns da über all die Jahre nur für wahnsinnige Erinnerungen geschaffen? Sie setzen uns auch heute noch schachmatt. Lassen uns heute noch nervös werden. Haben wir uns auf ein Podest gestellt? Wäre es heute anders? All die Sterne könnten diese Geschichte wohl genauso erzählen, diese unendliche Geschichte, die sie über all die Jahre von ihrem Himmelszelt aus beobachten konnten.

Eins hatte jede Nacht mit der anderen gemeinsam: Alle endeten. Am Morgen fand ich mich ängstlich, traurig und verloren wieder. Wie viele Sonnenaufgänge habe ich mir auf meinen Heimwegen allein angesehen, wie oft den Postboten gegrüßt. Die Fahrerin des Speditionsautos, die die Zeitungen brachte, sah mich häufig durch die morgendliche Stille nach Hause irren. Schon fast peinlich waren mir diese Begegnungen mit der Zeitungsfrau. Was wird sie wohl über mich gedacht haben? Ich kam mir ertappt vor. Wie ein Kind, das den Kuchen gegessen hat, obwohl es das hätte nicht tun dürfen. Doch ich hatte es getan. Immer wieder aufs Neue. Ohne zu zögern. Ich und du haben diese Nächte verbracht und das ist kein Traum, sondern eine Tatsache! Was ist das mit dieser Eigendynamik? Was lässt uns immer wieder aufeinander zugehen? Was ist es, dass uns nicht voneinander loskommen lässt und uns gleichzeitig voneinander entfernt?

Es liegt so lange zurück. Ein halbes Leben. Ich verzeihe dir diese Zeit und ich hoffe, du verzeihst mir, dass ich weitergehen und nach vorne schauen muss. All diese Nächte, ich werde sie nicht vergessen und du auch nicht, das ist sicher. Aber solange wir sie nicht endlich hinter uns lassen, werden wir weder getrennt noch gemeinsam jemals glücklich werden. Immer, wenn ich an dich denke, immer, wenn ich dich für einen kurzen Moment wieder auf dieses Podest stelle, um mich dann selbst wieder maßzuregeln, immer, wenn dieses Gänsehautgefühl mich wieder durchdringt, immer dann ist es nachts.

Doch der Tag ist mir nun wichtiger geworden.

Nach diesem Leben wachte ich als Gottheit auf. Doch ich hatte nicht viel zu sagen. Wurde nicht gebraucht. Das ärgerte mich und ich spielte mich auf. Beweisen wollte ich allen, dass ich zu Höherem fähig bin, doch mit all dem vorhergehenden Leid konnte dies gar nicht funktionieren. Ich übernahm mich und schätze alles falsch ein. Verlor auch noch das letzte bisschen Selbst. Und zerstörte eine Ehe. Oder auch zwei Menschen durch mein Handeln. Ich lernte wieder auf schmerzlichste Art und Weise, dass ich nachgeben muss und nichts erzwingen kann. Dies war wohl eine Lernaufgabe, die mir zum endgültigen Loslassen noch fehlte. Ich wollte meinen Willen durchsetzen und deshalb blieb mir auch in diesem Leben der Genuss versagt.

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