Kitabı oku: «Kompetenzorientierter Unterricht mit Portfolio», sayfa 4

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3 Wie kann man Kompetenzen anhand von Portfolios diagnostizieren?

In den vorangegangenen Abschnitten wurde bereits dargelegt, dass das Portfolio und die Portfolioarbeit grundsätzlich vielversprechend sind, um Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern zu diagnostizieren. Damit ist aber nicht gesagt, dass dies eine einfache Aufgabe sei. Einige der Schwierigkeiten, aber auch grundlegende Herangehensweisen sollen nun dargelegt werden.

Eine erste Schwierigkeit der Leistungsbeurteilung und auch der Kompetenzdiagnose anhand von Portfolios ergibt sich daraus, dass Portfolios sehr unterschiedlich angelegt und gestaltet sein können. Ja, noch schlimmer, nicht alles, was Portfolio genannt wird, kann auch als solches angesehen werden (vgl. dazu die Einleitung in den Praxisteil, S. 117ff.).[4] Die Vielfalt der Portfolioarten und der Unterrichtsbedingungen, in denen Portfolios erarbeitet werden, ist riesig. Und sie bestimmen natürlich mit, welche diagnostisch relevanten Informationen zur Verfügung stehen oder gewonnen werden können. Portfolios unterscheiden sich grundsätzlich durch die Inhalte und die Zeiträume, die in ihnen dokumentiert sind, die Vorgaben bzw. Entscheidungsfreiheit, welche den Lernenden dabei gegeben werden, und die Zwecke, für die sie angelegt und genutzt werden sollen (etwa als Arbeitsportfolio, Vorzeigeportfolio, Prüfungsportfolio, Bewerbungsportfolio) (vgl. Häcker 2007, S. 38; Winter 2010, S. 10 f.). So enthält beispielsweise ein Portfolio, an dem ein Schüler lange, sehr selbstständig und bezogen auf gut dokumentierte Aufgabenanforderungen gearbeitet hat, weitaus mehr diagnostisch relevante Informationen als eines, bei dem nur eine kurze Unterrichtsepoche repräsentiert ist und das nur einige wenige Standardaufgaben umfasst. Aber auch diese Aussage gilt nur relativ. Moderierend kommt etwa hinzu, ob die diagnostizierende Lehrkraft Einblicke in den Arbeitsprozess der Lernenden hatte und ob die Schülerinnen und Schüler selbst ihre Portfolioarbeit reflektiert haben und diese Reflexionen im Portfolio dokumentiert sind.

Grundsätzlich lassen sich zwei Typen von Diagnosesituationen bei der Leistungsbeurteilung und Kompetenzdiagnose anhand von Portfolios unterscheiden:

Diagnosesituation Typ A: Leistungsbeurteilung und Kompetenzdiagnose finden begleitend zur Portfolioarbeit statt. Arbeitsprozesse werden beobachtet sowie berichtet und vorläufige Produkte werden beurteilt sowie besprochen. Die Schülerinnen und Schüler sind in die Bemühungen zur Einschätzung der Qualität ihrer Arbeiten und der dabei zutage tretenden Kompetenzen oder Unzulänglichkeiten aktiv einbezogen. Die Diagnostik steht vor allem im Dienste einer Verbesserung der Arbeit und der Ausbildung relevanter Kompetenzen. Sie ist formativ, ganz im Sinne eines »assessment for learning« (Stiggins 2008; Winter 2015, S. 14 f.). Ja, die Diagnostik ist so selbstverständlich mit dem Unterricht verwoben, dass sie »didaktische Diagnostik« genannt werden kann (Prengel 2016). Diese Diagnosesituation liefert eine große Fülle von relevanten Informationen, die aber verarbeitet werden müssen, damit haltbare Schlussfolgerungen gezogen werden können. Diese Folgerungen können unmittelbar für die weitere Arbeit genutzt werden. Im Beitrag von Oswald Inglin in Teil I (S. 65 ff.) finden sich konkrete Arbeitsanleitungen und Beispiele für diese Art der Portfolioarbeit und Kompetenzdiagnostik.

Diagnosesituation Typ B: In diesem Fall liegt ein fertiges Portfolio vor, das als Grundlage für die Leistungsbeurteilung und Kompetenzdiagnose dienen kann. Beides kann und muss sich dabei vor allem auf die vorliegenden Dokumente (Schülerarbeiten, Reflexionen, Kommentare, Arbeitsmaterialien usw.) stützen. Für die Kompetenzdiagnose können aber auch noch andere Informationen herangezogen werden (z. B. Beobachtungen aus dem Prozess). Es können zudem spezielle Arrangements getroffen werden, in denen die Leistungen und die Kompetenzen gemeinschaftlich eingeschätzt werden (s. u.). Das kann auch gemeinsam mit den Urheberinnen und Urhebern des Portfolios geschehen. Eine besondere Diagnosesituation liegt vor, wenn Personen, die den Unterricht und die betreffende Schülerin oder den betreffenden Schüler nicht kennen, nur anhand eines Portfolios auf Kompetenzen schließen sollen. Die Diagnostik dient in all diesen Fällen vorzugsweise dazu, den Lernstand bzw. den Grad der Erreichung bestimmter Standards einzuschätzen – sie ist ihrem Charakter nach bilanzierend. Es kann bei dieser Art von Beurteilung auch darum gehen, eine schon vorliegende Einschätzung (in Form einer Rastereinstufung) zu bestätigen bzw. zu relativieren. Dann gilt es zu klären, ob eine Kompetenz, die bislang im Kontext des Unterrichts bei der Bearbeitung von kleinen Aufgaben sichtbar wurde, auch im Kontext komplexer authentischer Aufgaben – also gewissermaßen neu situiert – beobachtet werden kann. Aber auch der umgekehrte Fall ist denkbar, dass Kompetenzen zuerst im Portfolio sichtbar werden und dann auch im Regelunterricht beobachtet, genutzt und neu eingeschätzt werden. Das ist vor allem deshalb möglich, weil im Rahmen der Portfolioarbeit in der Regel vielfältige Kompetenzen in Erscheinung treten, auch solche, an die eine Lehrkraft zuvor gar nicht gedacht hatte.

Beide Diagnosesituationen (Typ A und Typ B) sind sinnvoll und können ihre besonderen Zwecke erfüllen. Sie können auch miteinander verbunden werden (wie der Beitrag von Oswald Inglin in Teil I zeigt). Dennoch ist es wichtig sie zu unterscheiden: Die eine dient in erster Linie, aber nicht nur, dem »assessment for learning«. Die andere dient vor allem dem »assessment of learning«, sie kann aber auch so betrieben werden, dass Hinweise für die Gestaltung des weiteren Lernens entstehen.

4 Zwei Blickrichtungen bei der Diagnose von Kompetenzen

Eine zweite wichtige Unterscheidung bei der Kompetenzdiagnose betrifft den Bezug zu Normen und Kriterien. Mit dem Vorliegen von Bildungsstandards werden generell Kriterien als Bezugsnormen für die Bildungsbemühungen in den Vordergrund gestellt. Die Kompetenzbeschreibungen können und sollen als Bezugspunkte für den Unterricht und die Leistungsbeurteilung genutzt werden. Die Art, wie man sich dabei auf sie bezieht, kann aber durchaus unterschiedlich sein. Etwas zugespitzt kann man zwei hauptsächliche Perspektiven bzw. Vorgehensweisen unterscheiden:

Blick von der Norm auf die Schülerarbeit: Bei diesem Vorgehen nimmt man die Lernziele und die Kompetenzbeschreibungen (z. B. aus dem Lehrplan 21), die für den Unterricht ausgewählt oder eigens formuliert wurden, in den Blick und prüft, ob und wieweit in den Dokumenten des Portfolios Anhaltspunkte für die Erreichung der Ziele zu finden sind. Man bewegt sich hierbei vom Abstrakten zum Konkreten.[5]

Blick von der Schülerarbeit auf die Normen: Hier nimmt man sich zunächst das Portfolio vor, liest es mit ungerichteter Aufmerksamkeit und merkt sich Stellen, die einem gefallen oder die besondere Qualitäten aufweisen (vgl. Pfau und Winter 2008; Winter 2015, S. 183 ff.). Man versucht zu verstehen, was der betreffende Schüler oder die betreffende Schülerin hier im Rahmen der gegebenen Anforderungen Besonderes geleistet hat und welche persönlichen Kompetenzen sich darin zeigen. Erst in einem zweiten Schritt schaut man nach denjenigen Kompetenzen, zu deren Entwicklung der Unterricht einen Beitrag leisten sollte und auf diejenigen, die zum Beispiel im Lehrplan 21 stehen. Und auch dabei ist der Blick geweitet und nicht nur auf die Bereiche fokussiert, die einen unmittelbaren Bezug zu den aktuellen fachlichen Themen und Aufgaben haben. Man bewegt sich hier in mehreren Schleifen vom Konkreten zum Abstrakten.

Beide Blickrichtungen bzw. Vorgehensweisen sind sinnvoll und können sich gut ergänzen: zu einem vollständigeren Bild der Kompetenzen, die mit dem Portfolio in Verbindung gebracht werden können. Das zweite Vorgehen ähnelt dem, was Ruf und Gallin (2005, S. 103) als Suche nach der »Eigendimension« der Fähigkeit bzw. der Leistung beschrieben haben. Sie formulieren die These: »Ohne Erkennen der Eigendimension ist das Fördern von erwünschten Fähigkeiten willkürlich und vielleicht sogar kontraproduktiv.« Für die Kompetenzdiagnose anhand von Portfolios scheint die zweite Blickrichtung auch deshalb von besonderer Bedeutung zu sein, weil das Lernen im Kontext der Portfolioarbeit meist stärker personalisiert ist – die Produkte einen besonderen Sinn für ihre Urheberinnen und Urheber haben (vgl. Schratz und Westfall-Greiter 2010). Es erscheint daher besonders wichtig und aussichtsreich, in Portfolios offen nach den Fähigkeiten zu suchen, die sich in der Arbeit damit gezeigt haben und künftig weiterentwickelt werden sollten.

Die erstgenannte Blickrichtung, bei der nach bestimmten Kompetenzen gesucht wird, hat den Vorteil, dass hier das ganze Spektrum der Fähigkeiten angeschaut wird, die einen unmittelbaren Bezug zum Unterricht haben und sein übergreifendes Ausbildungsziel darstellen. Kompetenz- und Beurteilungsraster werden in diesem Sinne eingesetzt. Allerdings muss man sich bei diesem Vorgehen davor hüten, vorschnell Kompetenzen zu attestieren, nur weil alle Beteiligten sich das wünschen, obwohl vielleicht keine oder nur schwache Hinweise auf deren Vorliegen vorhanden sind.

5 Beispiel einer Kompetenzdiagnose anhand eines Portfolios

Im Folgenden wird über den Versuch einer Kompetenzdiagnose zu einem vorliegenden Portfolio berichtet. Sie folgt dem oben genannten Typ B. Zu diesem Zweck fanden sich acht Personen aus dem Internationalen Netzwerk Portfolio zusammen, um die Kompetenzdiagnose nach einem bestimmten Muster zu erproben.[6] Ein Beteiligter hatte das Portfolio seiner Schülerin »Julia« aus dem Geschichtsunterricht mitgebracht. Siehe hierzu den Beitrag von Franz König in Teil II zum Thema »Schrift« (S. 159 ff.) und das Portfolio der Schülerin auf der Website des INP.[7] Eine solche gemeinsame Diagnose ist der sinnvollste Weg der Kompetenzdiagnose zu einem vorliegenden Portfolio, denn er realisiert das »hermeneutische Modell«, das in Kapitel 7 erläutert wird. In diesem Fall war die Beurteilungssituation aber eine besondere, denn außer einem Anwesenden kannte niemand die Schülerin und auch nicht den pädagogischen Kontext dieser Portfolioarbeit. Im Normalfall einer gemeinsamen Kompetenzdiagnose sitzen Lehrkräfte zusammen, die den Schüler bzw. die Schülerin oder wenigstens die Schule und ihren üblichen Unterricht gut kennen. Auch wenn die Beurteilungssituation im geschilderten Fall in mancher Hinsicht untypisch war, kann ein solches Arrangement zur Kompetenzdiagnose sinnvoll sein, denn die externen Beteiligten können ihre Einschätzungen dabei nur auf die im Portfolio gesammelten Dokumente stützen. Sie müssen sehr sorgfältig lesen und können keine anderen Informationen einbeziehen. Außerdem sind sie gegenüber der Urheberin oder dem Urheber der Arbeiten unvoreingenommen und in diesem Sinne vielleicht objektiver in ihren Einschätzungen. Die Diagnosesituation entsprach also dem Typ B, aber die Zusammensetzung der Gruppe war ungewöhnlich.

Das Vorgehen war so gestaltet, dass nacheinander die beiden oben geschilderten Blickrichtungen realisiert wurden. Nach einer intensiven individuellen Lektüre des Portfolios wurde mit der offenen Kompetenzsuche – gewissermaßen von unten – begonnen und in einem zweiten Schritt wurde gezielt nach relevanten Kompetenzen gesucht, die im Lehrplan 21 stehen. Die erste Herangehensweise ist inspiriert von Vorbildern der »Werkbetrachtung«, wie sie im »Project Zero« von Howard Gardner praktiziert wurde.[8] Das Vorgehen dieser gemeinsamen Bewertungskonferenz wurde durch die in Abbildung 1 dargestellten Fragen geleitet.


Kompetenzen anhand von Portfolios einschätzen (Fragen für eine gemeinsame Bewertungskonferenz)
1.Was beeindruckt mich besonders an diesem Portfolio?
2.Welche besonderen Qualitäten fallen mir an der Portfolioarbeit auf – wie könnte man sie benennen?
3.Welche Anforderungen (psychisch, praktisch) enthalten die Aufgaben und Arbeitsweisen, die den vorliegenden Produkten (vermutlich) zugrunde liegen?
4.Über welche besonderen Kompetenzen (Fähigkeiten, Interessen, Handlungsbereitschaften, Verantwortungsbereitschaften) verfügt der Autor/die Autorin des Portfolios vermutlich?
5.Für welche der aufscheinenden Kompetenzen gibt es Beschreibungen im Lehrplan 21 bzw. in anderen Standards?
6.Wie sicher oder unsicher bin ich mit meiner Schlussfolgerung?

Abbildung 1 Fragen für die gemeinsame Kompetenzdiagnose[9]

In der Portfolioarbeit, die von der Gruppe analysiert wurde, beschäftigt sich Julia mit der Geschichte der Schrift. Sie begegnet dabei erstmals der Tatsache, dass es ganz andere Schriften gab und gibt und dass sich die Techniken des Schreibens verändert haben. Gerade die technische Seite des Schreibens interessiert sie. So recherchiert sie z. B., wie teuer heute historische Schreibgeräte sind. Ausgelöst wurde ihr Interesse anscheinend durch die Begegnung mit der chinesischen Schrift, die sie besonders beeindruckt. Das verarbeitet sie auch in ihrer »Phantasiegeschichte«. Sie erstellt in ihrem Portfolio (entsprechend den Vorgaben) einige Forschungsfragen und geht ihnen nach. Ihre Erkenntnisse werden u. a. in einer Übersicht wiedergegeben, in der sie Schriften und Schreib- bzw. Drucktechniken im vorchristlichen Zeitalter (etwa um Christi Geburt und danach) zusammenstellt. Das war auch ein Hauptziel des Unterrichts: Entwicklungen entlang einer gedachten Zeitachse sichtbar zu machen. Julia erstellt auch eine Europakarte, in der sie ansatzweise einträgt, wo wie geschrieben wurde.

In der Portfoliobesprechung wird als beeindruckend vermerkt:

•die Komplexität des gewählten Themas;

•die Fantasiegeschichte;

•dass die Schülerin sich neue Erfahrungen verschafft;

•das große Interesse, mit dem sie an ihr Thema herangeht;

•der Wortschatz und die Ausdrucksfähigkeit der Schülerin;

•dass Julia selbstexplorativ schreibt, z. B. in der Begründung ihrer Themenwahl;

•ihr Staunen und die Fragen, die sie entwickelt;

•dass sie bei dem Thema bleibt, obwohl sie es teilweise nicht recht fassen kann;

•dass ihre Arbeit die historische Dimensionierung gut verfolgt;

•dass sie gute Bücher auswählt;

•dass sie wichtige Fakten findet und sie auf geeignete Weise darstellen kann.

Wenn man diese Eindrücke liest, so kann man direkt Vermutungen über Kompetenzen von Julia entwickeln. Diese sind freilich noch singulär und nichts weiter als Hypothesen, die entweder im Portfolio oder – was wichtiger ist – im sonstigen schulischen Alltag bestätigt, differenziert, relativiert oder verworfen werden müssen. So könnte man beispielsweise annehmen, dass Julia die Fähigkeit besitzt, zu staunen und Fragen zu entwickeln, die ihr wichtig sind, und dass sie denen anhand von Literatur nachgehen kann. Außerdem kann man ihr eine gewisse Medienkompetenz zuschreiben. In der Diskussion möglicher Kompetenzen wurden u. a. die folgenden genannt:

•Sachkompetenz bezüglich der Geschichte der Schrift (Julia zeigt Entwicklungen auf und ordnet sie weitgehend richtig ein);

•geschichtliche Themen mit fremden Kulturen und mit sich in Verbindung bringen können;

•Medienkompetenz: Literatur finden, sich die Texte erschließen und Informationen strukturiert herausziehen;

•Beharrlichkeit, Zuverlässigkeit;

•Fragen entwickeln und ihnen nachgehen können;

•guter Wortschatz und Schreibfähigkeit (z. B. »sperriges Holz«);

•Fähigkeit zur Recherche (belegt z. B. durch die Preise für Schreibgeräte, die sie ermittelt);

•Reflexionskompetenz (Julia erkennt und beschreibt eigene Schwächen).

Es wird auch darüber diskutiert, was nächste Lernschritte für die Schülerin sein könnten, und dabei wird sowohl an Stärken als auch an Schwächen der Arbeit angeknüpft:

•verwandte Themen kennenlernen, wie Buchdruck und chinesische Kultur;

•freies Schreiben, Weiterentwickeln ihrer Formulierungskunst;

•eigenen Fragen nachgehen, dabei aber noch besser sortieren, und einzelnen Fragen vertieft nachgehen;

•Rechtschreibung verbessern;

•mehr Techniken grafischer Darstellung kennenlernen und weiterentwickeln.

Auf die Kompetenzbeschreibungen des Lehrplans 21 wird bei dieser ersten Herangehensweise nicht mehr Bezug genommen, weil sie zu diesem Zeitpunkt den meisten Beteiligten nicht genügend bekannt sind.

In einem folgenden Schritt befasst sich die Gruppe wieder mit dem Portfolio von Julia. Diesmal werden Kompetenzbeschreibungen aus dem Lehrplan 21 herangezogen und es wird geprüft, für welche es im Portfolio Anhaltspunkte gibt. Nun wird die Diagnose mit der zweiten Blickrichtung vorgenommen. Es wird über folgende Kompetenzen diskutiert: Zuerst über die Fähigkeit zur Darstellung eines Überblicks über die Geschichte in Form eines Zeitstrahls (Lehrplan 21: RZG 6.1c und NMG 9.1.c). Es wird darüber spekuliert, ob Julia das auch verstanden hat. Außerdem geht es um die Kompetenz zum Vergleich von früher und heute sowie um kulturellen Wandel (Lehrplan 21: NMG 9.2. e und f). Diskutiert wird auch die Fähigkeit, sich anhand von Geschichten ein Bild über eine vergangene Kultur machen zu können (Lehrplan 21: NMG 9.3. d). Außerdem konnten viele Bezüge zu überfachlichen sozialen Kompetenzen hergestellt werden – zum Beispiel Kritik aufnehmen können und umsetzen (Lehrplan 21: Grundlagen S. 15).

In ihren Einschätzungen sind sich die Beteiligten recht einig. Es wird festgestellt, dass dieser zweite Durchgang, respektive die zweite Blickrichtung noch wichtige Differenzierungen zur Einschätzung des Geleisteten und des Nichtgeleisteten brachte. Interessant war aber auch der Eindruck, dass für die vielleicht wichtigste Kompetenz, welche die Schule vermitteln kann, nämlich sich eigenständig für etwas interessieren können, Fragen aufwerfen und ihnen nachgehen können, keine ganz angemessenen Kompetenzbeschreibungen im Lehrplan gefunden wurden (eventuell bei Deutsch D.2.C1.3h).

6 Bedingungen für die Kompetenzdiagnostik anhand von Portfolios

Wie bei der Schilderung der Bewertungskonferenz deutlich geworden sein dürfte, bedarf es bestimmter Voraussetzungen dafür, dass diese ertragreich werden kann. Salopp gesagt muss das Portfolio etwas für die Kompetenzdiagnostik hergeben, es muss aussagekräftige Belege (»artefacts«) haben. Damit solche Belege im Portfolio entstehen können, braucht die Portfolioarbeit wiederum entsprechende Aufgaben und Rahmenbedingungen. Einige günstige Bedingungen sollen im Folgenden genannt werden.

6.1 Merkmale von Portfolios, die eine Kompetenzdiagnose erleichtern

•Das Portfolio soll gut rezipierbar sein. Das heißt zum Beispiel, dass eine erkennbare Ordnung darin herrscht, eine Gliederung und ein Vorwort vorhanden sind und die einzelnen Belege möglichst ein Deck- und Reflexionsblatt haben. Außerdem sollte das Portfolio nicht zu umfangreich sein.

Vorgaben und wichtige Materialien, welche die Portfolioarbeit angeleitet haben, sollten dem Portfolio beigegeben sein. So zum Beispiel die Vorgaben und Aufgabenstellungen für die Portfolioarbeit, aus denen erkennbar ist, welche Anforderungen erfüllt sein mussten und welche selbst gewählt werden konnten. Falls vorhanden, sollten auch Kompetenzziele und Bewertungskriterien (z. B. Raster) beigegeben sein, wie sie den Schülerinnen und Schülern vorlagen.

Angaben zur Arbeitsweise und den benutzten Quellen. Es sollte offengelegt sein, welche Quellen die Lernenden bei ihrer Arbeit benutzt haben. Sofern diese zugänglich sind, kann exemplarisch geprüft werden, wie die Schülerinnen und Schüler sie verarbeitet haben und worin ihre eigene Leistung (und damit verbundene Kompetenz) besteht.

Erläuterungen und Reflexionen der Schülerinnen und Schüler zu ihrer Arbeit. Es ist von großem Vorteil für die Beurteilung der Portfolios, wenn dazu Reflexionen von den Urheberinnen und Urhebern selbst vorliegen. Besonders gut sind die schon genannten Deck- und Reflexionsblätter zu einzelnen Belegen, in denen erläutert wird, was hier vorliegt, wie daran gearbeitet wurde und was dabei subjektiv gelernt wurde.[10] Besonders wertvoll sind auch Erläuterungen zu den Zielen und Forscherfragen.

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