Kitabı oku: «Die Vampirschwestern 2 – Das Buch zum Film», sayfa 2
Ludo fühlt etwas
Auf dem Friedhof war heute nicht viel los, denn im Sommer kamen die Bindburger erst gegen Abend, um die Blumen auf den Gräbern zu gießen. Die Vampirschwestern hatten sich mit Helene hier verabredet. Helene war einfach die allerbeste Freundin der Welt. Schließlich war sie nicht nur das muffig-coolste Mädchen in ihrer Klasse, sondern liebte auch alle düsteren Orte wie Friedhöfe oder verlassene Fabrikhallen. Genau wie Vampire. Und sie träumte vom Fliegen. All das konnte sie mit Daka und Silvania ausleben. Und noch etwas verband die drei Mädchen. Sie hatten alle Geheimnisse. Die Vampirschwestern, dass sie Vampirschwestern waren, und Helene, dass sie nicht gut hören konnte und ein Hörgerät trug. Freundinnen teilen gern Geheimnisse. Und Helene teilte gern ihren Lieblingsplatz an dem romantischen Brunnen auf dem Friedhof. Was sie heute aber nicht teilte, war die schlechte Laune, die Daka noch immer versprühte. Stinkwütend saß die in einem Baum und grummelte wie ein hungriger Vampir.
„Ich lass mir das nicht verbieten. Ich hau einfach heimlich ab“, drohte sie.
„Spinnst du? Das darfst du nicht!“ Silvania war entsetzt. Und entsetzlich genervt. Nach dem Mittagessen hatte sie alles versucht, um Daka aufzuheitern. Sie hatte ihr ihren Lieblingscomic von Flatsch und Mitch rausgekramt, den Daka schon seit Ewigkeiten gesucht hatte, und dann hatte sie sogar das kleine Aquarium von Karlheinz sauber gemacht. Karlheinz war Dakas Blutegel, den sie im Schleimtierunterricht in Bistrien gezüchtet hatte. Daka liebte Karlheinz. Silvania fand Karlheinz eher eklig, denn er war schleimig und pupste ständig. Doch Silvanias Mühen waren umsonst. Daka hatte die Krypton Krax-Musik auf ihrem Kopfhörer lauter gedreht und Silvania den Rücken zugedreht.
Silvanias letzte Hoffnung, dass Helene ihr helfen konnte, hatte sich auch zerschlagen. Dakas Stimmung war auf dem Tiefpunkt. Tiefer als das tiefste Grab des gesamten Bindburger Friedhofs.
Silvania sah sich um und bemerkte Ludo und Jacob, die auf die Mädchen zukamen. Eigentlich bemerkte sie nur Jacob und zumindest ihre Stimmung hob sich deutlich.
„Hallo, Mädels!“, grüßten die beiden Jungs.
„Stellt euch vor: Mein Vater hat ein echtes Beduinenzelt!“, verkündete Jacob stolz. Sein Vater war Australier und schon viel herumgereist. Neben blauen Bildern lagerten bei den Bartons jede Menge Mitbringsel aus aller Welt.
„Wie cool!“, meinte Helene.
„Das ist ja super!“, fand auch Silvania. Sie fand sowieso alles super, was Jacob sagte oder machte.
SCHWUPP! hüpfte Daka vom Baum. „Mann!“, rief sie.
„Was ist denn mit dir los?“, wunderte sich Ludo. Als Daka nicht antwortete, sah Ludo Silvania fragend an.
„Daka will auf ein Konzert und Papa hat es ihr verboten“, erklärte Silvania.
„Was für ein Konzert denn?“, fragte Jacob neugierig. Er liebte Konzerte.
Daka verschränkte trotzig die Arme vor der Brust und sagte: „Krypton Krax! Die weltbeste Vampirband ever!“
„Eine Vampirband?“ Jacob zog verwundert eine Augenbraue hoch.
„Nee, Quatsch. Krypton Krax halt.“ Silvania bemühte sich, unbekümmert zu lächeln, obwohl sie ihrer Schwester am liebsten eine Fratze gezogen hätte. Zwischen Jacob und ihr lief es gut und sie vertraute ihm. Aber sie war noch nicht so weit, ihm ihr Geheimnis anzuvertrauen. Es war schon schwer genug gewesen, es Helene und Ludo zu sagen, ohne dass die beiden ihnen die Freundschaft gekündigt hatten. Und es war wirklich nicht so leicht gewesen, hier in Deutschland Freunde zu finden. Geschweige denn einen Freund.
Doch Jacob schien sich nicht weiter zu wundern. Ludo dagegen hatte beim Erwähnen des Bandnamens plötzlich die Augen aufgerissen und sich geschüttelt. Dann hatte er sich hingesetzt und am Nacken gekratzt.
„Is was?“, fragte Helene besorgt.
„Nee, geht schon wieder. Ich hatte gerade nur so ein merkwürdiges Gefühl. So einen unheimlichen Schauer …“, winkte Ludo ab.
„Jedenfalls dürfen wir nicht auf das Konzert gehen. Aber …“, Silvania sah von einem zum anderen, „… wir könnten uns doch einfach die Krypton Krax-Konzert-DVD anschauen. Alle zusammen. Mit Popcorn und Chips – ganz chillig zu Hause.“
Daka schnaubte verächtlich und ging einfach davon. „Nee, echt nicht!“
Silvania blickte zerknirscht ihre Freunde an. „Äh, blöd jetzt, aber ich geh ihr besser nach.“
„Was ist mit Kino heute Abend?“, fragte Jacob. „Soll ich dich abholen oder treffen wir uns dort?“
„Wir treffen uns vorm Kino. Tschüss dann!“, rief Silvania im Weglaufen.
„Und wann wollen wir jetzt zelten?“, fragte Ludo unternehmungslustig.
„Also, ich könnte gleich Montag“, antwortete Jacob.
„Ich auch“, sagte Helene und die drei verließen ebenfalls ihr schattiges Plätzchen auf dem Friedhof.
Ludo sah sich noch einmal vorsichtig um. Er hatte sich zwar von seinem kurzen Schauer erholt, war sich aber nicht ganz sicher, ob das nicht der Vorbote einer neuen Vision war. Aber vielleicht war es auch nur ein kleiner Schwindel. Schließlich war es ganz schön heiß heute.
Abhängen und abfliegen
Nach dem Friedhof waren Silvania und Daka schweigend nach Hause gelaufen und hatten sich in ihr Zimmer verkrochen. Silvania blätterte in ihrer neuen Mädchenzeitschrift und Daka hing ab. Bei Vampiren war das durchaus wörtlich zu nehmen. Das hieß, sie hing kopfüber an dem Seil, das quer durch das Zimmer der Vampirschwestern gespannt war. Sie hatte schon wieder die Arme vor der Brust verschränkt und grummelte noch immer wütend vor sich hin.
„Jetzt komm, ist doch nicht so schlimm. Dafür dürfen wir mit den anderen zelten“, startete Silvania erneut einen Versuch, Daka zu trösten. Sie konnte ihre Schwester ja verstehen. Krypton Krax und Murdo waren für Daka das, was für sie ein schöner Liebesschmöker und ein romantischer Abend mit Jacob waren.
„Ich kann Papa schon verstehen. Wir sind noch zu jung für so ein Konzert“, redete Silvania weiter.
Mit einem gekonnten Salto wirbelte Daka von dem Seil und landete mit einem Knall neben ihrer Schwester.
„Zu jung, zu jung! Das ist mir so was von egal! Ich lasse mir das nicht verbieten. Ich fliege dahin, egal was Papa sagt!“, rief Daka.
„WAS?“ Silvania fiel vor Schreck ihre Zeitschrift aus der Hand. „Das kannst du doch nicht machen! Papa will das nicht.“
Daka stemmte die Hände in die Hüften. „Ich mache, was ich will, und nicht, was irgendwer anders will!“
Mihai Tepes wollte sich gerade noch eine kleine Blutschorle genehmigen, bevor er sich zur Arbeit aufmachte, als seine geliebte Ehefrau hereinflatterte. Auch wenn sie nicht fliegen konnte, weil sie ja ein Mensch war, schien sie wirklich ein paar Zentimeter über dem Boden zu schweben, wie Mihai irritiert feststellte.
„Huhu, Kinder, Mihai! Ich bin wieder daha!“, flötete sie.
Seine Frau schwebte und flötete – Mihai musterte sie prüfend. Elviras Augen glänzten, ihre Wangen waren gerötet und ihre Haare verwuschelt. Das war im Grunde immer der Fall, aber heute glänzten ihre Augen noch funkelnder, ihre Wangen waren einen Hauch röter und ihr Wuschelkopf noch etwas wuscheliger als sonst. Normalerweise war niemand anders als er selbst für diesen Zustand seiner Frau zuständig. Aber seine Frau war den ganzen Nachmittag unterwegs gewesen und er hatte nach einem kleinen Schläfchen mit seinen Rennzecken Fidel und Castro trainiert. Wer also hatte Elvira zum Flöten und Schweben gebracht?
„Ach, Mihai, heute ist mein Glückstag“, trällerte Elvira. „Das Atelier ist einfach perfekt! Genau richtig. Ich habe sofort den Vertrag unterschrieben.“
Jetzt trällerte Elvira auch noch. Nachdenklich nahm Mihai einen großen Schluck von seiner Blutschorle. „Das ist ja schön“, meinte er.
„Wir haben auch gleich auf unser neues Verhältnis, äh, Miet-Verhältnis angestoßen. Jacobs Vater hat mich spontan auf ein Gläschen eingeladen. Er hatte einen ausgezeichneten Champagner da“, säuselte Elvira und warf ihre Handtasche schwungvoll auf die Küchenanrichte. „Wir haben uns über Kunst unterhalten. Richtig gut. Ich habe gar nicht gemerkt, wie mir das gefehlt hat …“
SCHWAPP! Mihai stieß fast sein Glas um. Seine Frau schwebte, flötete, trällerte, säuselte und ihr fehlte etwas???
„Er ist auch wirklich sehr nett. So erfrischend undeutsch – Australier eben.“ Elvira plapperte immer weiter und bemerkte gar nicht, dass ihr Vampirmann sie mit gerunzelter Stirn beobachtete.
„Und?“ Silvania kam neugierig in die Küche und Elvira umarmte sie stürmisch.
„Alles super, Süße. Jacobs Vater ist ja wirklich total nett. Und witzig. Und attraktiv – wie dein Jacob.“ Elvira strich ihrer Tochter über die Wange.
Silvania sah ihre Mutter überrascht an. „Mama, du bist ja beschwipst!“
Elvira kicherte. Mihai schlürfte geräuschvoll.
„Na ja – ein bisschen vielleicht“, gab Elvira zu.
„Ehrlich gesagt, finde ich es nicht so nett und witzig von diesem Menschen, dich gleich so abzufüllen.“ Mihai spuckte jedes Wort aus wie eine faule Ratte. „Was will der Typ von dir? Ich meine, wo doch erwiesen ist, dass Alkohol Menschen ähnlich enthemmt wie das Blut uns Vampire.“
„Ach komm, Papa. Meinst du vielleicht, Jacobs Vater will Mama anmachen? Das ist doch Gumox.“ Silvania schüttelte ungläubig den Kopf.
Mihai schnaufte und nahm noch einen großen Schluck von seiner Schorle.
„Ach, Schatz, Inima. Wirklich, wir haben uns bloß gut verstanden.“ Elvira drückte Mihai einen dicken Kuss auf die blasse Wange. „Mehr nicht.“
„Na dann. Schnappobyx und Azdio. Prost und tschüss.“ Mihai trank sein Glas leer und nahm seine Aktentasche. Er hatte noch die ganze Nacht, um sich Gedanken zu machen.
Auch Daka hatte sich viele Gedanken gemacht. Aber nicht etwa darüber, was ihr Vater davon halten würde, wenn er herausfand, dass sie heimlich zu dem Krypton Krax-Konzert geflogen war. Nein, Daka dachte an Murdo. Und an Krypton Krax. Und an Murdo. Er war einfach der obermegamuffencoolste Sänger der Welt.
Daka horchte. Mamas Schnarchen konnte sie bis über den Flur hören. Auch Silvania schien schon fest zu schlafen. Entschlossen schlug Daka ihre Decke zurück und stieg in ihren coolsten Klamotten aus dem Bett. Schnell knüllte sie ein paar herumliegende Pullis und drapierte sie so unter ihrer Decke, dass es so aussah, als läge sie darin. Dann nahm sie Karlheinz aus seinem Glas, steckte ihn in ihre Jackentasche und schlich zur Zimmertür.
„Warte!“, hörte sie plötzlich Silvania rufen.
Fumpfs! Wieso war die noch wach? Daka drehte sich ertappt um und staunte nicht schlecht: Silvania kletterte ebenfalls vollständig angezogen aus ihrem Bett, präparierte ihre Decke mit ein paar Klamotten und setzte sich entschlossen ihre Fliegermütze auf.
„Nur, dass du es weißt. Das würde ich für niemand anderen tun!“, flüsterte sie.
Daka sah Silvania mit offenem Mund an. „Äh …“, machte sie.
„Okay. Wir können!“, sagte Silvania lässig.
Daka verzog ihren Mund zu einem breiten Grinsen. „Echt?“
„Ja. Ich kann dich doch nicht allein hinlassen …“, murmelte Silvania.
Daka fiel Silvania um den Hals. „Du bist die beste, coolste und tollste Schwester der Welt!“
„Psst! Sonst wacht Mama auf“, mahnte Silvania und die beiden Vampirschwestern schlichen aus ihrem Zimmer.
Schmerzlich verbunden
Vampirjäger arbeiteten hauptsächlich nachts. Das lag in der Natur ihrer Zielobjekte. Die waren schließlich nachtaktiv. Dirk van Kombast lag mit seiner neuen Waffe im Garten auf der Lauer. Er zielte mit dem Trichter auf das Haus mit der Nummer 23 und griff sich eine Ladung Knoblauchknollen, ohne die Eingangstür der Familie Tepes aus den Augen zu lassen.
„Schön Kacka machen, Poldilein. Dass wir schnell wieder in die Heia können“, hörte van Kombast diese unmögliche Frau Hase sagen. Die lief wohl wieder mit Nachthemd und Schaufel Gassi mit ihrem dicken Dackel. Aber der Vampirjäger ließ sich von ein bisschen Hundekacke nicht aus dem Konzept bringen.
„Onu, zoi, trosch, Azfugli!“, hörte er da auf einmal. Dirk van Kombast sah angestrengt nach oben, konnte aber nichts erkennen. Verdammt, er hatte sein Nachtsichtgerät vergessen. Sonst hätte er Daka und Silvania gesehen, die fast lautlos über die Siedlung einem ihm unbekannten Ziel entgegenflogen. So richtete er seinen Knoblauch-Zerstäuber wieder entschlossen auf das Tepesche Heim und drückte auf Blasen. PFFF! SCHHH! dampfte eine dicke Knoblauchwolke in die Nachtluft.
„Kommt raus! Verstecken nutzt euch jetzt nichts mehr. Mein Knobinator zieht unter jeden Busch!“, rief der Vampirjäger siegesgewiss.
KRRP! KRMPF! rappelte und stotterte da plötzlich sein Präzisions-Staubsauger und schaltete sich dann zu seiner Enttäuschung ganz aus. Van Kombast rüttelte und schüttelte den Schlauch des Saugers und sah prüfend in den Trichter. Dabei trat er aus Versehen auf einen der Schalter. WUMM! sprang seine Wunderwaffe wieder an, allerdings hatte Dirk van Kombast nicht auf Blasen, sondern auf Saugen gedrückt. SCHLÜRF, SCHLURP! machte der Sauger. GRMPF! GRUMPF! machte der Vampirjäger. Er hing kopfüber im Trichter fest.
„Hast du das auch gehört, Poldilein?“ Frau Hase sah sich besorgt um und nahm ihren Dackel sicherheitshalber auf den Arm. Dann sah sie ihren Nachbarn, der blind durch seinen Garten taumelte und vergeblich versuchte, sich aus dem Trichter zu befreien.
„Oh mein Gott!“, schrie Frau Hase entsetzt.
Dirk van Kombast sah und hörte nichts außer diesem schrecklichen Schlürfen. Und er fühlte Schmerz. Reißenden Schmerz an seinen Wangen, an seiner Stirn, Nase und Mund. Er kämpfte gegen seine eigene Waffe und zerrte mit aller Kraft an dem Trichter. Dabei stolperte er über den Sauger und knickte um. KNURPS! machte sein Bein. Und KLACK! machte der Schalter. Mit einem PLOPP! gab der Trichter das Gesicht des Vampirjägers frei und dessen Schmerzensschrei schnitt durch die Dunkelheit wie zwei Eckzähne in den Hals ihres Opfers.
„QqqqqqqqqqqqqqqqqqQQQQQQQQQQ!“, quietschte van Kombast. Sein Schrei war hoch, schrill und klang am Ende noch lauter und verzerrter als eine Geige im Stimmbruch. Oder eben wie ein Mensch, der von einem Vampir gebissen wird. Oder wie ein Vampirjäger, der mit seinem Gesicht im Trichter seines Spezialsaugers gelandet ist.
Das war zu viel für den armen Poldi. Nicht nur, dass er mit seinem einzigen Verbündeten mitgelitten hatte, als der in diesem furchtbaren Trichter gesteckt hatte, jetzt durchdrang dessen Kreischen auch noch jede seiner hundischen Zellen und schmerzte von der Schnauze bis zu seinem Schwanzstummel. Poldi winselte, bellte und drehte sich wild um sich selbst.
„Poldi, Poldi, Poldilein!“, versuchte sein Frauchen ihn verzweifelt zu beruhigen und einzufangen.
Doch Poldi war nicht zu bändigen. Er fühlte nur noch Schmerz.
Bat Church Club
Während Dirk van Kombast wieder einmal einen Angriff auf seine vampirischen Nachbarn vermasselt hatte (was er sich niemals eingestehen würde), hatten Daka und Silvania ihren Anflug auf Schattenwalde ohne Zwischenfälle hinter sich gebracht. Wenn man von Silvanias kleinen Flugunfällen absah. Silvania flog weder besonders gern noch besonders gut und plumpste immer wieder eine Luftschicht tiefer, als sie eigentlich wollte. Dabei stieß sie mal hier an einen Ast, mal schrappte sie dort an einem Hausdach entlang (was sie alles freimütig zugeben würde). Dennoch kreisten die Vampirschwestern pünktlich kurz vor Mitternacht über der verlassenen Kirche und mit ihnen einige andere Gestalten der Nacht.
Daka und Silvania landeten vor dem Eingang des Bat Church Club und gingen gespannt hinein. Daka saugte alle Eindrücke in sich auf wie Blutsuppe. Statt eines Altars stand hinten im Kirchenschiff eine riesige Bühne, an der Bühnenarbeiter gerade noch die letzten Handgriffe tätigten. Nirgends hingen Kreuze, stattdessen brannten Fackeln und an ein paar Säulen waren Schilder angebracht mit der Aufschrift: Fliegen und flopsen während des Konzerts verboten. Alles war in rotes Licht getaucht und es gab sogar eine Bar, an der allerhand blutrote Getränke ausgeschenkt wurden. Es war oberschauriggrottencool! Auch Silvania sah sich beeindruckt und ein wenig verängstigt um, wurde dann aber von Daka mitgezogen.
„Komm, schnell. Ich will ganz vorne an die Bühne!“, drängte sie ungeduldig.
Den Vampirschwestern gelang es, sich durch die bereits wartenden Fans bis ganz vor die Bühne zu quetschen. Die Bühnenarbeiter beendeten den Aufbau der Instrumente und es wurde dunkel.
Daka hüpfte vor Aufregung herum und umarmte Silvania stürmisch. „Danke, Schwesterherz!“
In diesem Moment schnitten Lichtkegel durch die Dunkelheit und weißer Nebel waberte über die Bühne. Im Dunst erschienen vier Gestalten. Es waren niemand anders als Raff, der Schlagzeuger, Bato mit der Knochpete und Onko, der Bassist von Krypton Krax. Und er. Murdo, der Sänger. Er war blass und dünn und seine schwarzen Haare mit der roten Strähne standen nach allen Seiten ab. Daka bewunderte seine dunklen Lippen, an die er jetzt das Mikro hielt und rief: „Datiboi, Deutschland! Hallo, Schattenwalde! Sollen wir den Club rocken?“
„YEAH!“, schrien alle Fans begeistert.
Murdo lachte heiser und seine Augen funkelten herausfordernd. „Wir werden den Club nicht rocken, wir werden ihn zerfetzen!“
Wieder johlte und klatschte das Publikum wie wild und Raff begann, auf sein Schlagzeug einzudreschen. Krypton Krax legten los!
Gefährliche Notaufnahme
Zu Hause im Lindenweg beobachtete Elvira eine ganz andere Vorstellung. Ihr Nachbar Dirk van Kombast wurde auf einer Trage in einen Krankenwagen geschoben. Elvira war von einem merkwürdigen Schrei, gefolgt von einem wilden Bellen, aufgewacht und hatte nach einem kurzen Blick aus ihrem Fenster den Notarzt verständigt. Jetzt wollte Elvira so schnell es ging zurück ins Bett.
„Schsch, ist ja gut, ist alles gut“, versuchte Frau Hase, ihren Dackel zu beruhigen. „Es ist ja gut, der böse Mann ist weg. Schsch. Frauchen ist da, mein Hase.“
Hase oder Hund Poldi knurrte und kläffte weiter.
„Okay, wir ham’s dann. Gute Nacht.“ Der Sanitäter winkte Elvira zu. Elvira kannte ihn aus dem Krankenhaus, in dem Mihai arbeitete.
Der Krankenwagen fuhr ab. Elvira und Frau Hase wünschten sich eine gute Nacht und gingen in ihre Häuser zurück.
Für den Vampirjäger war die Nacht noch lange nicht vorbei. Der Sanitäter hatte ihm auf der Fahrt sein Bein geschient und ein riesiges Pflaster auf seine geschundene Stirn geklebt. Im Krankenhaus angekommen, wurde er unsanft in einen Rollstuhl verfrachtet, durch die Gänge der Notaufnahme geschoben und im Wartebereich abgestellt.
Mit einem „Kommt gleich wer“ verabschiedete sich der Sanitäter und ließ Dirk van Kombast allein. Der Vampirjäger schloss ein wenig die Augen. Er musste sich von seinem anstrengenden Einsatz erholen …
Plötzlich schreckte er auf. Er musste wohl etwas eingenickt sein, denn er hatte den Mann mit dem Rollwagen voller Laborutensilien gar nicht kommen hören. Und es war nicht irgendein Mann, der da immer näher kam. Genau genommen war es überhaupt kein Mann, sondern ein Vampir. Es war niemand anders als Mihai Tepes. Sein Erzfeind. Und er war ihm wehrlos ausgeliefert. Dirk van Kombast wurde weiß vor Schreck, doch Herr Tepes grinste ihn freundlich an.
„Na, wenn das nicht der liebe Herr Kompost ist“, grüßte Mihai und wollte ihm gerade auf gute alte transsilvanische Art eine Kopfnuss verpassen. Doch dann zuckte er entzückt zusammen.
„Boi searo, Herr Nachbar! Was haben Sie denn angestellt? Das blutet ja!“
Bei dem Wort bluten zuckte van Kombast erschrocken zusammen, denn er sah das Blitzen in Herrn Tepes Augen. Auch die nachfolgenden Worte Mihais konnten den Vampirjäger nicht wirklich beruhigen. „Wollen Sie etwa zu mir in mein unterirdisches Labor?“
Dirk van Kombast schüttelte entsetzt den Kopf. „Nein, nein, nein. Ich bin hier bloß … ich hab doch bloß …“, stammelte er.
Doch Herr Tepes schien ihm ohnehin nicht zuzuhören. Wie gebannt sah er auf das blutige Rinnsal, das sich unter van Kombasts Pflaster einen Weg über dessen Stirn bahnte. Mihai beugte sich gierig vor und tippte dann mit seinem Finger in das Blut. Dann schleckte er genüsslich seinen Finger ab, schmatzte zunächst anerkennend, runzelte dann aber die Stirn. „Die Blutwerte sind so weit okay, aber Ihr Cholesterin ist zu hoch. Da müssen Sie aufpassen.“
Der Vampirjäger sah den Vampir vor ihm starr vor Angst an. Schließlich waren erhöhte Cholesterinwerte lächerlich angesichts der tödlichen Gefahr, in der er sich gerade befand. Und wer weiß, vielleicht liebte Herr Tepes cholesterinreiches Blut? Bei diesen Vampiren konnte man ja nie wissen …
Mihai grinste diabolisch. Da wusste es Dirk van Kombast. Er würde sterben. Jetzt. Hier.
Er dachte an seine Mutter und schloss die Augen.
„Herr van Kombast?“, hörte er da jemanden rufen. Aber es war nicht Herr Tepes, es war eine weiche, weibliche Stimme … das musste ein Engel sein. Komisch. Dirk van Kombast hatte sich den Tod durch einen Vampirbiss anders vorgestellt. Irgendwie stechender. Schmerzhafter.
„Herr van Kombast!“, rief der Engel wieder und Dirk van Kombast öffnete die Augen. Der Engel trug weiße Gewänder, blondgelockte Haare und sah ihn aus tiefblauen Augen an. Das war … „Mutti?“, murmelte van Kombast verwirrt. Aber – seine Mutter war doch noch gar nicht tot. Was machte sie denn hier im Himmel?
„Herr van Kombast!“, rief der Engel wieder und fühlte seine Stirn. Die Hände des Engels waren eiskalt und brachten van Kombast wieder zur Besinnung. Er war gar nicht im Himmel, sondern im Krankenhaus. Und der Engel war gar kein Engel, sondern eine Krankenschwester. Ursula stand auf ihrem Namensschild.
„Jaaa!“, hauchte van Kombast vor Erleichterung.
„Na dann, viel Spaß noch!“ Herr Tepes zwinkerte Schwester Ursula zu und verschwand mit seinem Rollwagen den Gang entlang.
Erleichtert blickte der Vampirjäger seine Retterin an. Langsam fühlte er sich wieder sicher. Als Pharmavertreter waren Krankenhäuser für ihn eigentlich vertrautes Terrain. Und auch wenn er sich für gewöhnlich gern mit Ärztinnen verabredete, war diese Krankenschwester nicht zu verachten. Ganz im Gegenteil. Sie war wunderschön.
Schwester Ursula ahnte nichts von diesen Gedanken. Sie betrachtete missbilligend sein Stirnpflaster. „Hat der Sanitäter Ihnen das verpasst?“
„Ja“, hauchte van Kombast. Ursula war bezaubernd.
„Das muss wieder weg.“ Mit einem heftigen Ruck riss Schwester Ursula das Pflaster ab und Dirk van Kombast jaulte vor Schreck und Schmerz auf.
„QQQqqqqqQQQQQQ!“, kreischte er. Ursula war brutal.
„Schon vorbei!“ Schwester Ursula wedelte triumphierend mit dem Pflaster und sah Dirk van Kombast mit ihrem entwaffnenden Lächeln an.
Der lächelte zurück. Ursula war doch bezaubernd. Und Herr Tepes war zum Glück nicht mehr zu sehen.
Was Dirk van Kombast nicht gesehen hatte, war, dass sein Nachbar nicht einfach weggegangen, sondern geflohen war. Der merkwürdige Schrei des Vampirjägers war in jede seiner vampirischen Zellen gelangt und schmerzte ihn von seinen schwarzen Haaren bis zu seinen schwarzen Zehen (Mihai steckte seine Füße regelmäßig in ein Katzenklo voll mit dunkler Heimaterde, das war für einen Vampir im Ausland lebenswichtig). Gegen diesen Schrei half aber auch keine Heimaterde. Es half auch nichts, sich die Ohren zuzuhalten. Mit seinen 2676 Jahren hatte Mihai Tepes noch nie so einen Schmerz gefühlt und er flüchtete völlig entkräftet zum Fahrstuhl.
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