Kitabı oku: «Seewölfe Paket 6», sayfa 30

Yazı tipi:

8.

Der Verband erschien, kurz nachdem Dan O’Flynn als letzter seinen Ausguckposten verlassen hatte. Dan hetzte den Berg hinunter, als säße ihm der Teufel im Nacken. Er stürzte durch die Brandung, schwamm zu seinem Schiff – und klammerte sich an einem Tau fest, das die Männer für ihn außenbords geworfen hatten.

Sie zogen ihn an Bord. Er war pudelnaß und völlig außer Atem.

„Ich will dabeisein“, japste er. „Das wird ein Tanz, sage ich euch. Die ‚Santa Ana‘ hat zwölf Geschütze, jeder Kriegssegler mindestens zwei Dutzend. In spätestens zehn Minuten könnt ihr sie sehen.“

Das stimmte. So genau, wie Dan die Zeit und die Strecke berechnet hatte, die er zum Schwimmen benötigte – so präzise waren auch diesmal seine Angaben.

Hasard hob die Hand und winkte Carberry zu. Der Profos verstand. Ausnahmsweise brüllte er mal nicht, alle Manöver wurden in gespenstischem Schweigen durchgeführt.

Bisher hatte die „Isabella“ nur die Fock und die Blinde geführt, jetzt aber lösten sich auch die Reffleinen des Großsegels. Das grauweiße Tuch öffnete und spannte sich, bauschte sich dann prall auf und drückte die Galeone rascher voran.

Das schwarze Schiff nahm nun ebenfalls mehr Fahrt auf.

Zwar befanden sie sich in Lee der Insel, aber der Nordost blies so kräftig gegen die Bergmassive an, daß die bizarren Gipfelregionen keine Barriere für ihn waren, sondern er auf der anderen Seite als stetiger Fallwind in die sanfter geformten südlichen Inselbereiche abglitt.

Die „Isabella“ befand sich auf gleicher Höhe mit dem im Osten aufragenden Kratergipfel Puu O Keokeo, da zeigten sich am Südzipfel der Insel Bugspriet und Galion des ersten spanischen Schiffes.

„Eine Kriegsgaleone“, stellte Hasard fest.

Dan stand neben ihm und sagte: „Die ‚Santa Ana‘ läuft gleich dahinter, und dann folgen die anderen zwei Kriegsschiffe.“

„Sie segeln als kompakte Einheit?“

„Ja.“

„Wir müssen diese Einheit aufbrechen und auseinandertreiben“, sagte der Seewolf ruhig. „Das ist unsere einfache, aber wirksame Taktik.“

Kurze Zeit darauf hatte der Gegner sie entdeckt, aber vorerst nur die „Isabella“, weil das schwarze Schiff sich für ihn nach wie vor im toten Blickfeld befand. Aber nur noch für kurze Zeit.

Hasard beobachtete unausgesetzt durch den Kieker. „Der erste Kriegssegler ist das Flaggschiff des Geleitzuges“, sagte er. „Er signalisiert uns. Wir sollen uns zu erkennen geben.“

Dan O’Flynn war auf die Kuhl hinuntergelaufen und enterte jetzt in den Backbordhauptwanten zum Großmars auf. Blacky, der solange den Ausguckposten übernommen hatte, enterte an Steuerbord ab und begab sich sofort an eine der Culverinen.

Die Vorbereitungen waren längst abgeschlossen. Die „Isabella“ wie „Eiliger Drache über den Wassern“ waren klar zum Gefecht.

„Wir halten voll auf das Flaggschiff zu“, sagte Hasard. „Ben, gib das an Pete Ballie weiter.“

Ben Brighton führte den Befehl aus, dann wandte er sich wieder seinem Kapitän zu. „Sie werden sich voll auf uns konzentrieren, und so lenken wir ihre Aufmerksamkeit von der Roten Korsarin und ihren Männern ab, oder?“

„Genau, Ben.“

„Was ist, zeigen wir die spanische Flagge?“

„Diesmal nicht. Ich will mit offenen Karten spielen.“

„Der Abstand zum Verband beträgt nur noch eine Dreiviertelmeile“, sagte Big Old Shane.

„Vollzeug setzen“, ordnete Hasard an. Dabei schaute er weiter durch die Optik zum Feind hinüber.

Gewiß, er hätte sich einen Vorteil verschafft, wenn er sich erst als Spanier ausgegeben und dann die Maske hätte fallenlassen. Aber – trotz des ungleichen Kräfteverhältnisses – er wollte fair play und dem Gegner eine echte Chance lassen.

Sie waren auch so schockiert genug, daß plötzlich, wie aus heiterem Himmel, ein fremdes, großes Schiff an der Flanke ihres Konvois auftauchte.

Weißer Pulverqualm stob von der vorderen Bordwand des Flaggschiffes hoch. Die Kugel huschte herüber, aber keiner der Seewölfe ging in Deckung. Noch hielten die Spanier die Spielregeln ein – sie setzten dem Seewolf den obligaten Schuß vor den Bug.

Im Hochrauschen der Wasserfontäne sagte Old O’Flynn: „So, und jetzt signalisieren sie noch mal, die Himmelhunde.“

„Zeigt ihnen unsere Flagge!“ rief der Seewolf.

Sekunden darauf flog der White Ensign mit dem roten Georgskreuz auf weißem Grund im Großtopp der „Isabella“ hoch. Bill, der Schiffsjunge, hatte ihn gehißt.

Er lächelte Edwin Carberry zu und sagte: „Spätestens jetzt schreien die Spanier Zeter und Mordio, nicht wahr, Mister Carberry?“

Der Profos hatte seine grimmige Miene aufgesetzt. „Das will ich meinen, Junge. Leg die Ohren an, hier ist gleich die Hölle los.“

Die „Isabella“ war leicht abgefallen und hielt im spitzen Winkel auf die Spanier zu. Drüben herrschte jetzt wirklich Aufruhr, Hasard sah ganz deutlich durch den Kieker, wie auf dem Oberdeck des Flaggschiffs und auch auf der „Santa Ana“ und den anderen beiden Kriegsgaleonen die Männer wie verrückt auf und ab rasten.

Der komplette Verband lag vor ihnen – sozusagen wie auf dem Präsentierteller.

Das Flaggschiff eröffnete das Feuer. Das Wummern der Kanonen erfolgte fast wie ein einziger, mächtiger Schlag, und der Qualm stieg wie weißer Flaum aus den Stückpforten auf.

„Hört sich sehr eindrucksvoll an“, sagte Hasard. „Aber auf diese Distanz liegen die Kugeln bestimmt nicht im Ziel.“

Das klang überheblich. Aber es traf zu. Die Crew duckte sich, doch die komplette Breitseite des spanischen Flaggschiffes lag zu kurz. Sie klatschte weit vor der „Isabella“ in die klaren Fluten und richtete nur eine sprudelnde Wand vor dem Schiff auf.

„Kurs West!“ schrie Hasard. „Wir gehen auf Backbordbug und verpassen ihm die halbe Backbordbreitseite.“

Im Vergleich zu den spanischen Galeonen war die „Isabella“ als Rahsegler manövrierfähig wie ein sensibler Vollbluthengst im Gegensatz zu biederen Kaltblütern. Schnell glitt sie auf Westkurs, sehr schnell, und dann ertönte Carberrys Ruf: „Feuer!“

Die vorderen vier Culverinen der Backbordseite spuckten Feuer, Rauch und Eisen. Röhrend zuckten sie zurück. Die Männer brachten sie eilends wieder in Ladestellung, und als drüben auf dem Flaggschiff Holz splitterte und Männer schrien, hantierten sie bereits mit den Kellen und Wischern und stopften neue Kartuschen in die Geschützrohre.

„Feuer!“ schrie der Profos wieder.

Die achteren vier 17-Pfünder brüllten los. Diesmal traf es die „Santa Ana“. Ganz deutlich sah der Seewolf, wie es ihr den Bugspriet wegknickte und ihr Fockmast ins Wanken geriet.

„Wieder abfallen und drauf!“ sagte er. Ben gab den Befehl weiter. Die Crew johlte begeistert auf.

Hasard hatte den Vorteil der überlangen Culverinenrohre ausgenutzt. Ein bißchen Verwirrung hatte er beim Gegner schon gestiftet, aber er hatte auch die beiden weiter östlich versetzten Kriegsgaleonen auf den Plan gerufen. Sie schoben sich vor das Flaggschiff und die „Santa Ana“, während diese zurückfielen.

Sie eröffneten das Feuer.

Jeder Mensch mußte Hasard in diesem Augenblick für völlig verrückt halten, daß er sich dem Feind so tolldreist entgegenwarf – jeder, außer den Männern seiner „Isabella“ natürlich.

Doch jetzt rauschte auch das schwarze Schiff heran, und Siri-Tong drehte so weit bei, daß sie ihre schweren 25-Pfünder in Zielposition auf die Spanier brachte. Die Geschütze krachten los. Hasard ging auf Steuerbordbug und dann fast in den Wind – und die Culverinen der Steuerbordseite stießen ihre Ladungen aus den Rohren.

Die Spanier schossen erbittert zurück. Die Schlacht war ein tobendes Inferno, und es sah so aus, als würden beide Parteien dabei draufgehen.

Das Gesicht des Störs war noch länger geworden, als es ohnehin schon war, denn er hatte zu seinem hellen Entsetzen festgestellt, daß er und seine drei Kameraden den Anschluß verpaßt hatten.

Er hockte im Bug des Bootes und sagte immer wieder: „Bei Odin, so ein Mist. O, so ein verfluchter Dreck aber auch.“

In dem Boot konnte man einen Mast aufrichten und Großsegel und Fock setzen. Das hatten sie getan, und jetzt segelten sie ihrem schwarzen Schiff nach, glitten hart vor der Brandung an der Insel Hawaii vorbei und fuhren mitten in das Gefecht hinein.

Störs Begleiter waren Oleg, Missjöh Buveur und der Kreole Tammy. Sie hatten alle vier auf der Insel Maui Posten geschoben und auf die Manila-Galeone gewartet. Als dann das Signal zum Aufbruch gegeben worden war, hatten sie den längsten „Anmarschweg“ zur Ankerbucht gehabt – und somit keine Chance, ihren Viermaster noch zu erreichen.

„Unsere Schuld ist es nicht!“ schrie Missjöh Buveur im Donnern der Kanonen. „Wir können doch nicht fliegen!“

„Richtig!“ rief Oleg zurück. Er saß auf der Heckducht und hielt die Ruderpinne. „Aber deswegen können wir noch lange nicht kneifen.“

„Hauen wir den Spaniern eins in die Schnauze!“ schrie Tammy. „Wir haben doch Waffen an Bord!“

Der Stör verzog das Gesicht. „Ja. Musketen, Tromblons, Pistolen. Und unsere Entermesser. Das ist alles.“

„Hey“, sagte Tammy. Er griff unter eine Ducht und zog etwas hervor. Plötzlich grinste er. „Und was ist das hier, wenn ich fragen darf? Ist das nichts?“

„Höllenflaschen“, stellte Missjöh Buveur nüchtern fest. Wirklich, er war total nüchtern. „Sind das nicht Ferris Tuckers Basteleien? Wie kommen die in unseren Kahn?“

„Wir haben sie nachgebaut“, erklärte Oleg. „Wir Wikinger. Nur hatte ich vergessen, in welchem Beiboot wir sie verstaut hatten.“

„Dann bin ich ja nicht der einzige, der manchmal ein bißchen durcheinander ist“, sagte der Franzose grinsend.

Vorläufig war es das letzte, was er äußerte, denn sie waren fast im Zentrum des Gefechts angelangt. Die Fontänen brandeten links und rechts des Bootes hoch, die See war kabbelig durch den Einschlag der vielen Kugeln. Das Boot begann heftig zu schwanken.

Die vier Männer zogen die Köpfe ein. Die Verwegenheit des Seewolfs und der Roten Korsarin hatten aber auf sie übergegriffen – etwa so wie eine ansteckende Krankheit –, und sie schlichen sich kühn an das Heck des letzten Kriegsschiffes im spanischen Verband heran.

Kurze Zeit später schleuderten Oleg und der Stör die ersten Höllenflaschen. Sie hatten die Zeit gut berechnet. Zwar sanken die Flaschen hinter dem Ruder der mächtigen Galeone ins Wasser. Aber die Lunten waren schon bis durch den Korken ins Innere der Glasbehälter abgebrannt. Die Ladung zündete trotzdem.

Kochend stieg das Wasser am Heck des Seglers hoch. Das Steuerruder zerbrach in viele Stücke, und anstelle der Hennegatsöffnung klaffte ein riesiges Loch im Heck. Die Galeone war manövrierunfähig. Sie lief nach Südwesten aus dem Ruder, stieß dabei fast mit dem Boot der Siri-Tong-Piraten zusammen – und die vier schleuderten neue Höllenflaschen, diesmal aufs Oberdeck.

Die Explosionen rafften die Spanier wie die Fliegen dahin. Wenig später enterten Oleg, der Stör, Missjöh Buveur und Tammy mit den Entermessern zwischen den Zähnen und den Schußwaffen in den Fäusten. Ja, sie machten diesen Spanier wirklich unschädlich. Vier Mann hoch!

Unterdessen hatte der Seewolf das Flaggschiff des Kriegskonvois in Brand geschossen. Und Siri-Tong setzte die Brandsätze ein, die sie von bronzenen Gestellen aus dem Vor- und Achterkastell ihres Viermasters abfeuern konnte.

Der Kampf hatte seine entscheidende Wende genommen. Die drei Kriegsgaleonen waren ausgeschaltet. Jetzt setzten die „Isabella“ und das schwarze Schiff die „Santa Ana“ gefangen.

Als sich das Vorschiff der „Isabella“ an Steuerbord auf das Heck der Manila-Galeone zuschob, kauerte der Seewolf schon sprungbereit in den Fockwanten. Er packte ein loses Fall.

„Auf sie mit Gebrüll!“ schrie hinter ihm Carberry.

Hasard wartete nicht ab, bis die „Isabella“ richtig längsseits der spanischen Galeone schor. Er versetzte sich einen Stoß, hob aus den Wanten ab und schwang zum Feind hinüber. Mitten zwischen den aufschreienden Gegnern landete er. Er säbelte sich den Weg frei, und hinter ihm waren jetzt auch seine Männer, die mit dem Kampfruf der Seewölfe auf die Spanier eindrangen.

„Ar-we-nack! Ar-we-nack!“

O ja, sie war ein prunkvolles und schweres Schiff, diese „Santa Ana“, und auch um die Armierung war es nicht schlecht bestellt: Zwölf 17-Pfünder, sechs Drehbassen. Nur vom Nahkampf hatten der Kapitän und die Besatzung nicht sehr viel Ahnung.

Hasard kämpfte sich bis zu dem Kapitän, einem knebelbärtigen, entsetzlich fluchenden Vertreter edelsten spanischen Geblüts, durch und stellte ihn.

„Und jetzt zu uns“, sagte er, während er ihm den Degen vor die Brust setzte. „Capitular o morir – kapitulieren oder sterben!“

Da seufzte der stolze Kapitän verzweifelt auf.

Er strich die Flagge.

Der Kampf war entschieden. Brennend sanken die Kriegsschiffe – und die „Nao de China“ gehörte dem Seewolf!

Die Männer, die Häuptling Zegú als Wachtposten vor der Hütte der Gefangenen eingeteilt hatte, hatten die Köpfe zusammengesteckt und tuschelten aufgeregt miteinander. Sie konnten das Kampfgeschehen auf See zwar nicht verfolgen, hatten aber dem Wummern der Kanonen gespannt gelauscht und stellten nun ihre Thesen darüber auf, wie es wohl ausgegangen sein mochte.

Darüber vergaßen sie, daß sie ihre Aufmerksamkeit eigentlich voll und ganz der Bewachung der neun Piraten widmen sollten. Genau das war ihr entscheidender Fehler.

Ciro de Galantes und seine Kumpane hatten vier Tage Zeit gehabt, ihre Flucht vorzubereiten. Einer der Polynesier, der mit zu der Meute gehörte, hatte ein kleines Hartholzmesser mit in die Hütte schmuggeln können. Es war den Gegnern nicht aufgefallen, als sie die neun Männer durchsucht hatten.

Und so hatten die Piraten ihre Fesseln in mühseliger Arbeit auftrennen können. De Galantes selbst hatte die Hüttenrückwand zu lockern verstanden und eine Lücke geschaffen. Jetzt, im richtigen Augenblick, schlüpften die Kerle einer nach dem anderen aus dem Verlies.

„Mir nach“, zischte de Galantes ihnen zu.

Er drückte sich an der Rückwand entlang, erreichte die Ecke des Baus und spähte zu den Wächtern.

Die standen immer noch dicht beieinander und berieten darüber, wie die Schlacht wohl verlaufen sein mochte.

Seewolf, dachte Ciro de Galantes, krepiere! Ich wünsche es dir von ganzem Herzen!

Dann pirschte er von hinten auf die Wachtposten zu. Es waren fünf junge Männer. Dem ersten, ihm am nächsten Stehenden trieb de Galantes das Hartholzmesser in den Rükken, als er sich auf ihn warf.

Die anderen acht Piraten – fünf Spanier und drei Männer von Oahu – rückten nach und rangen die übrigen vier Posten nieder. Sie hieben und traten auf sie ein.

Dann richteten sie sich von den niedergestreckten Opfern auf. De Galantes blickte sich nach allen Seiten um und sagte: „Außer diesen Hunden scheint sich keiner im Dorf zu befinden. Sie sind alle zum Strand oder in die Berge gelaufen, um das Gefecht verfolgen zu können.“

Plötzlich zuckte er zusammen. In einem Hütteneingang hatte er eine Bewegung registriert. Er duckte sich halb, gab den anderen einen Wink und schlich auf die Behausung zu. Einen Speer, den er einem der niedergeschlagenen Wächter abgenommen hatte, hielt er stoßbereit vor sich hin.

Er trat entschlossen in die Hütte. Jemand war neben ihm und stieß einen entsetzten, keuchenden Laut aus. De Galantes ließ den Speer los und packte mit der rechten Hand zu. Er zerrte ein wimmerndes Mädchen zu sich heran und hielt ihr den Mund zu.

Die Spießgesellen waren heran und öffneten den Schilfmattenvorhang am Eingang der Hütte. Licht fiel herein und gab ihnen den Blick auf drei andere Mädchen frei, die ängstlich neben dem Lager einer kranken alten Frau zusammenkrochen.

„Die Alte kann liegenbleiben“, sagte de Galantes kalt. „Aber die Mädchen nehmen wir mit. Alle vier. Wir können sie noch als Faustpfand gebrauchen. Haltet ihnen die Münder zu, damit sie nicht schreien.“

Seine Kerle nahmen die Mädchen gefangen, und er, der Anführer, trat dicht vor sie hin und sagte mit spöttischem Grinsen: „Es würde mir sehr leid tun, euch töten zu müssen, wirklich. Ich gebe euch den guten Rat: Stellt keine Dummheiten an, sondern tut lieber alles, was ich euch befehle.“

Die Mädchen nickten mit weit aufgerissenen Augen.

Die „Isabella“ und das schwarze Schiff lagen zu beiden Seiten der „Santa Ana“ und hatten sie festgekeilt. Während Thorfin Njal, Juan, der Boston-Mann, Ben Brighton, Ferris Tucker, Carberry und die meisten anderen damit beschäftigt waren, die Spanier zu entwaffnen und in Räume des Vordecks zu sperren, stiegen Hasard und Siri-Tong mit ein paar Begleitern in die Frachträume der Manila-Galeone hinunter.

„Hat es bei euch viele Verwundete gegeben?“ fragte Hasard.

„Kaum“, antwortete die Korsarin. „Meine Leute haben mächtiges Glück gehabt. Außer Kratzern hat keiner etwas abgekriegt.“

„Bei uns ist es auch glimpflich abgelaufen“, sagte Big Old Shane, der gleich hinter ihnen schritt und ein Talglicht hielt. „Smoky hat eine Streifwunde an der Schulter, und Matt Davies hätte beinahe den heilen Arm eingebüßt. Der Kutscher ist gerade dabei, ihm den Eisensplitter herauszupulen. Er sagt, Matt sei mit einem blauen Auge davongekommen. Die ‚Isabella‘ hat ein paar Löcher, aber die liegen Gott sei Dank alle über der Wasserlinie.“

„Alles in allem können wir uns nicht beklagen“, sagte der Seewolf. „Übrigens habe ich über den Stör, Oleg, Missjöh Buveur und Tammy gestaunt. Wie die das achtere Kriegsschiff des Verbandes geknackt haben – großartig.“

Sie hatten den ersten Frachtraum erreicht. Er hatte außer dem Schott noch eine Tür aus Eisengitter, und die war fest verriegelt. Old Shane brach sie mit einem seiner Werkzeuge auf. Quietschend öffnete sich die Tür, und der Weg zu den Truhen und Kisten, die in dem großen Raum verstaut waren, lag frei.

Hasard öffnete eine der Truhen. Shane hielt das Talglicht darüber, und sie alle gaben Laute der Begeisterung von sich. Gold- und Silbermünzen lachten sie aus der Truhe an. Sie war bis zum Rand damit gefüllt. Hasard griff hinein, ließ die Münzen prasseln und hob einige hoch.

Deutlich waren die spanischen Wappen, die Kreuz-Reliefs und die Achter-Markierungen auf den Stükken zu erkennen.

„Da hätten wir sie also, die ‚Pieces of eight‘“, sagte Siri-Tong. Ihre Stimme hallte von den düsteren Schiffswänden wider. „Ob es tatsächlich zwei Millionen sind?“

„Madame“, sagte Shane. „Wir haben wohl genügend Zeit, die Dinger zu zählen, was meinen Sie?“

Die Männer lachten, stießen sich an, öffneten die Truhen und Kisten und wühlten in den Bergen von Münzen herum. Sie ahnten nicht, daß ihr Freudentaumel schon Minuten später empfindlich gedämpft werden sollte.

Alle Männer der „Isabella“ und des schwarzen Schiffes waren auf die „Santa Ana“ übergewechselt – mit vier Ausnahmen. Jeff Bowie und Bob Grey hielten auf der Galeone die Deckswache, der Stör und Missjöh Buveur auf dem schwarzen Viermaster.

„Eigentlich könnten wir auch ruhig die Stellung räumen“, meinte der Franzose. „Was soll denn jetzt noch passieren?“

„Pflicht ist Pflicht“, sagte der Stör. „Wir haben unsere Befehle. Das Schiff ist zwar an der Manila-Galeone vertäut, aber es darf nicht ohne Aufsicht bleiben.“

„Ich weiß“, entgegnete Missjöh Buveur. „Aber die Piaster würde ich mir zu gern auch mal ansehen.“

Der Wikinger hatte sich umgedreht und blickte plötzlich angestrengt nach Nordosten, zur Insel hinüber. „Da nähert sich was. Zwei Auslegerboote. Was soll das bedeuten?“

Der Franzose grinste. „Ist doch klar. Zegús Leute kommen, um uns zu unserem Sieg zu beglückwünschen. Hoffentlich haben sie auch Mädchen dabei!“

„Hör bloß auf, du Lustmolch. Du weißt doch, wir sollen sie in Ruhe lassen.“

„Ich meine doch nur – vielleicht hängen uns die Kleinen wieder Blumenkränze um.“

„Ach so.“ Der Stör kniff die Augen zu Schlitzen zusammen. Er konnte nicht genau erkennen, wer in den zwei Booten saß. Ein Spektiv hatte er nicht zur Hand, konnte also nur mit bloßem Auge beobachten.

„Thomas Federmann ist nicht dabei“, sagte er. „Oder doch?“

„Weiß ich nicht“, erwiderte der Franzose. „Aber sie haben Mädchen dabei. Fein. O, was werden wir heute nacht für ein Fest feiern!“

Kurze Zeit darauf legten die Auslegerboote am schwarzen Schiff an. Zwei junge Eingeborene enterten als erste an der Jakobsleiter auf, die der Stör und sein Kamerad oben am Schanzkleid belegt hatten. Die beiden standen oben auf der Kuhl und erwarteten den Ansturm der Gratulanten mit einem Lächeln – aber dann schwangen sich die braunen Gestalten an Deck und hieben mit Messern zu.

Der Stör wollte noch seine Pistole ziehen. Aber in seinem Geist breitete sich dröhnend ein großes, steinernes Rad aus, es wuchs und wuchs und sprengte seinen Schädel.

Missjöh Buveur sank mit einem Ächzer auf die Planken.

Die beiden Attentäter – Männer von Oahu – beugten sich außenbords und winkten den anderen in den Auslegerbooten zu. De Galantes und seine Komplicen klommen an der Bordwand hoch. Sie trieben die Mädchen vor sich her.

Voll Haß blickte de Galantes zur „Santa Ana“, als er auf der Kuhl des Schwarzen Schiffes angelangt war. Noch hatte man drüben nichts von dem Vorfall bemerkt. Noch war der allgemeine Siegesrausch zu groß.

„Der Schatz“, flüsterte er. „Er gehört mir. Ich habe gewußt, daß die Manila-Galeone hier aufkreuzen würde, mir steht die Beute zu. Man müßte diese Hundesöhne überfallen und niedermachen.“

„Das schaffen wir nie“, raunte ihm einer der Spanier zu seiner Rechten zu. „Wir können froh sein, daß wir es fertiggebracht haben, diesen Kahn hier zu kapern.“

„Ja …“

„Wir müssen die Festmacherleinen lösen und verschwinden.“

„Dann tu’s doch“, zischte de Galantes ihm zu. „Auf was wartest du? Und ihr anderen? Los, beeilt euch.“

Sie huschten gebückt über Deck. De Galantes trieb die vier Mädchen mit dem Speer vor sich her, sperrte sie ins Achterkastell und stieg dann aufs Achterdeck. Er hielt neben dem Kolderstock und blickte an sich herunter.

Ein Lendenschurz! Als Eingeborener verkleidet, um den Gegner zu täuschen und zu überlisten – wie hatte er sich doch selbst herabgewürdigt!

Seewolf, das wirst du mir büßen, sagte er sich voll unbändigem Haß.

Die Leinen waren gelöst.

Das schwarze Schiff dümpelte von der „Santa Ana“ fort. Ciro de Galantes winkte seinen acht Kerlen zu, und die enterten wie die Affen in den Wanten hoch, um die Segel aus dem Gei zu lösen.

Die Distanz zwischen den Schiffen wuchs und wuchs. De Galantes grinste wild. Vier Männer enterten wieder ab, sie wußten, was sie zu tun hatten. Sie hasteten an die Geschütze, richteten sie und brauchten sie nicht mehr zu laden. Das hatten vor ihnen schon die Männer der Roten Korsarin getan.

Sie zündeten die Lunten.

Thorfin Njal, der gerade wieder aus dem Vordeck der Manila-Galeone trat, sah es als erster. Er riß die Augen auf und dachte, sie müßten ihm aus dem Kopf fallen.

Er rief „Bei Odin“ und „Bei allen Göttern“, stürmte auf die Kuhl und brüllte dann: „Unser Schiff! Hölle und Teufel, was …“

In diesem Augenblick donnerten drüben auf dem Viermaster vier Kanonen los.

Das Schanzkleid der „Santa Ana“ zerfetzte. Ein Brüllen raste über Deck, begleitet von Trümmern, Rauch und Geschrei. Der Seewolf konnte gerade noch Siri-Tong mit seinem Körper schützen, da hatte die Woge des Todes auch ihn ereilt. Das tosende Inferno hatte wieder eingesetzt. Alles schien noch einmal anzufangen …

Ücretsiz ön izlemeyi tamamladınız.

Türler ve etiketler
Yaş sınırı:
0+
Hacim:
2102 s. 21 illüstrasyon
ISBN:
9783954394951
Yayıncı:
Telif hakkı:
Bookwire
İndirme biçimi:
epub, fb2, fb3, ios.epub, mobi, pdf, txt, zip

Bu kitabı okuyanlar şunları da okudu