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Die Verschwörung des Fiesco zu Genua

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Sechzehnter Auftritt

Fiesco bei sich.

Ich bedaure, Calcagno – Meinten Sie etwa, ich würden den empfindlichen Artikel meines Ehebetts Preis geben, wenn mir meines Weibes Tugend und mein eigener Werth nicht Handschrift genug ausgestellt hätten? Doch willkommen mit dieser Schwägerschaft. Du bist ein guter Soldat. Das soll mir deinen Arm zu Dorias Untergang kuppeln! – (Mit starkem Schritt auf und nieder.) Jetzt, Doria, mit mir auf den Kampfplatz! Alle Maschinen des großen Wagestücks sind im Gang. Zum schaudernden Concert alle Instrumente gestimmt. Nichts fehlt, als die Larve herabzureißen und Genuas Patrioten den Fiesco zu zeigen. (Man hört kommen.) Ein Besuch! Wer mag mich jetzt stören?

Siebzehnter Auftritt

Voriger. Verrina. Romano mit einem Tableau. Sacco. Bourgognino.

Calcagno. Alle verneigen sich.

Fiesco (ihnen entgegen, voll Heiterkeit). Willkommen, meine würdigen Freunde! Welche wichtige Angelegenheit führt Sie so vollzählig zu mir – Du auch da, theurer Bruder Verrina? Ich würde bald verlernt haben, dich zu kennen, wären meine Gedanken nicht fleißiger um dich, als meine Augen. War's nicht seit dem letzten Ball, daß ich meinen Verrina entbehrte?

Verrina. Zähl' ihm nicht nach, Fiesco. Schwere Lasten haben indeß sein graues Haar gebeugt. Doch genug hievon.

Fiesco. Nicht genug für die wißbegierige Liebe. Du wirst mir mehr sagen müssen, wenn wir allein sind. (Zu Bourgognino.) Willkommen, junger Held! Unsre Bekanntschaft ist noch grün, aber meine Freundschaft ist zeitig. Haben Sie Ihre Meinung von mir verbessert?

Bourgognino. Ich bin auf dem Wege.

Fiesco. Verrina, man sagt mir, daß dieser junge Cavalier dein Tochtermann werden soll. Nimm meinen ganzen Beifall zu dieser Wahl.

Ich hab' ihn nur einmal gesprochen, und doch würd' ich stolz sein, wenn er der meinige wäre.

Verrina. Dieses Urtheil macht mich eitel auf meine Tochter.

Fiesco (zu den Andern). Sacco? Calcagno? – Lauter seltne Erscheinungen in meinen Zimmern. Beinahe möchte ich mich meiner Dienstfertigkeit schämen, wenn Genuas edelste Zierden sie vorübergehen – Und hier begrüße ich einen fünften Gast, mir zwar fremd, doch empfohlen genug durch diesen würdigen Zirkel.

Romano. Es ist ein Maler schlechtweg, gnädiger Herr, Romano mit Namen, der sich vom Diebstahl an der Natur ernährt, kein Wappen hat, als seinen Pinsel, und nun gegenwärtig ist, (mit einer tiefen Verbeugung) die große Linie zu einem Brutuskopfe zu finden.

Fiesco. Ihre Hand, Romano. Ihre Meisterin ist eine Verwandte meines

Hauses. Ich liebe sie brüderlich. Kunst ist die rechte Hand der

Natur. Diese hat nur Geschöpfe, jene hat Menschen gemacht. Was malen Sie aber, Romano?

Romano. Scenen aus dem nervigten Alterthum. Zu Florenz steht mein sterbender Hercules, meine Kleopatra zu Venedig, der wüthende Ajax zu Rom, wo die Helden der Vorwelt – im Vatican wieder auferstehen.

Fiesco. Und was ist wirklich Ihres Pinsels Beschäftigung?

Romano. Er ist weggeworfen, gnädiger Herr. Das Licht des Genies bekam weniger Fett, als das Licht des Lebens. Über einen gewissen Punkt hinaus brennt nur die papierne Krone. Hier ist meine letzte Arbeit.

Fiesco (aufgeräumt). Sie könnte nicht erwünschter gekommen sein. Ich bin heute ganz ungewöhnlich heiter, mein ganzes Wesen feiert eine gewisse heroische Ruhe, ganz offen für die schöne Natur. Stellen Sie Ihr Tableau auf. Ich will mir ein rechtes Fest daraus bereiten. Tretet herum, meine Freunde. Wir wollen uns ganz dem Künstler schenken. Stellen Sie Ihr Tableau auf.

Verrina (winkt den Andern). Nun merket auf, Genueser!

Romano (stellt das Gemälde zurecht). Das Licht muß von der Seite spielen. Ziehen Sie jenen Vorhang auf. Diesen lassen Sie fallen. Gut. (Er tritt auf die Seite.) Es ist die Geschichte der Virginia und des Appius Claudius.

(Lange ausdrucksvolle Pause, worin alle die Malerei betrachten.)

Verrina (in Begeisterung). Spritz zu, eisgrauer Vater! – Zuckst du, Tyrann? – Wie so bleich steht ihr Klötze Römer – ihm nach, Römer – das Schlachtmesser blinkt – Mir nach, Klötze Genueser – Nieder mit Doria!

Nieder! nieder! (Er haut gegen das Gemälde.)

Fiesco (lächelnd zum Maler.) Fordern Sie mehr Beifall? Ihre Kunst macht diesen alten Mann zum bartlosen Träumer.

Verrina (erschöpft). Wo bin ich? Wo sind sie hingekommen? Weg, wie Blasen? Du hier, Fiesco? Der Tyrann lebt noch, Fiesco?

Fiesco. Siehst du? Über vielem Sehen hast du die Augen vergessen.

Diesen Römerkopf findest du bewundernswerth? Weg mit ihm! Hier das Mädchen blick' an! Dieser Ausdruck, wie weich, wie weiblich! Welche Anmuth auch aus den welkenden Lippen? Welche Wollust im verlöschenden Blick? – Unnachahmlich! göttlich, Romano! – Und noch die weiße, blendende Brust, wie angenehm noch von des Athems letzten Wellen gehoben! Mehr solche Nymphen, Romano, so will ich vor Ihren Phantasieen knieen und der Natur einen Scheidebrief schreiben.

Bourgognino. Verrina, ist das deine gehoffte herrliche Wirkung?

Verrina. Fasse Muth, Sohn. Gott verwarf den Arm des Fiesco, er muß auf den unsrigen rechnen.

Fiesco (zum Maler). Ja, es ist Ihre letzte Arbeit, Romano. Ihr Markt ist erschöpft. Sie rühren keinen Pinsel mehr an. Doch über des Künstlers Bewunderung vergess' ich das Werk zu verschlingen. Ich könnte hier stehen und hingaffen und ein Erdbeben überhören. Nehmen Sie Ihr Gemälde weg. Sollt' ich Ihnen diesen Virginiakopf bezahlen, müßt' ich Genua in Versatz geben. Nehmen Sie weg.

Romano. Mit Ehre bezahlt sich der Künstler. Ich schenke es Ihnen.

(Er will hinaus.)

Fiesco. Eine kleine Geduld, Romano. (Er geht mit majestätischem Schritt im Zimmer und scheint über etwas Großes zu denken. Zuweilen betrachtet er die Andern fliegend und scharf, endlich nimmt er den Maler bei der Hand, führt ihn vor das Gemälde.) Tritt her, Maler! (Äußerst stolz und mit Würde.) So trotzig stehst du da, weil du Leben auf todten Tüchern heuchelst und große Thaten mit kleinem Aufwand verewigst. Du prahlst mit Poetenhitze, der Phantasie marklosem Marionettenspiel, ohne Herz, ohne thatenerwärmende Kraft; stürzest Tyrannen auf Leinwand; – bist selbst ein elender Sklave? Machst Republiken mit einem Pinsel frei; – kannst deine eignen Ketten nicht brechen? (Voll und befehlend.) Geh! Deine Arbeit ist Gaukelwerk – der Schein weiche der That – (Mit Größe, indem er das Tableau umwirft.) Ich habe gethan, was du – nur maltest. (Alle erschüttert. Romano trägt sein Tableau mit Bestürzung fort.)

Achtzehnter Auftritt

Fiesco. Verrina. Bourgognino. Sacco. Calcagno.

Fiesco (unterbricht eine Pause des Erstaunens). Dachtet ihr, der Löwe schliefe, weil er nicht brüllte? Waret ihr eitel genug, euch zu überreden, daß ihr die Einzigen wäret, die Genuas Ketten fühlten? die Einzigen, die sie zu zerreißen wünschten? Eh ihr sie nur fern rasseln hörtet, hatte sie schon Fiesco zerbrochen. (Er öffnet die Schatulle, nimmt ein Paket Briefe heraus, die er alle über die Tafel spreitet.) Hier Soldaten von Parma – hier französisches Geld – hier vier Galeeren vom Papst. Was fehlt noch, einen Tyrannen in seinem Nest aufzujagen? Was wißt ihr noch zu erinnern? (Da sie alle erstarrt schweigen, tritt er von der Tafel mit Selbstgefühl.) Republikaner, ihr seid geschickter, Tyrannen zu verfluchen, als sie in die Luft zu sprengen. (Alle, außer Verrina, werfen sich sprachlos Fiesco zu Füßen.)

Verrina. Fiesco! – Mein Geist neigt sich vor dem deinigen – mein Knie kann es nicht – Du bist ein großer Mensch! – aber – Steht auf, Genueser.

Fiesco. Ganz Genua ärgerte sich an dem Weichling Fiesco. Ganz Genua fluchte über den verbuhlten Schurken Fiesco. Genueser! Genueser! Meine Buhlerei hat den arglistigen Despoten betrogen, meine Tollheit hat eurem Fürwitz meine gefährliche Weisheit verhüllt. In den Windeln der Üppigkeit lag das erstaunliche Werk der Verschwörung gewickelt. Genug. Genua kennt ich in euch. Mein ungeheuerster Wunsch ist befriedigt.

Bourgognino (wirft sich unmuthig in einen Sessel). Bin ich denn gar nichts mehr?

Fiesco. Aber laßt uns schleunig von Gedanken zu Thaten gehn. Alle Maschinen sind gerichtet. Ich kann die Stadt von Land und Wasser bestürmen. Rom, Frankreich und Parma bedecken mich. Der Adel ist schwierig. Des Pöbels Herzen sind mein. Die Tyrannen hab' ich in Schlummer gesungen. Die Republik ist zu einem Umgusse zeitig. Mit dem Glück sind wir fertig. Nichts fehlt – Aber Verrina ist nachdenkend?

Bourgognino. Geduld. Ich hab' ein Wörtchen, das ihn rascher aufschrecken soll, als des jüngsten Tages Posaunenruf. (Er tritt zu Verrina, ruft ihm bedeutend zu.) Vater, wach' auf! Deine Bertha verzweifelt.

Verrina. Wer sprach das? – Zum Werk, Genueser!

Fiesco. Überlegt den Entwurf zur Vollstreckung. Über dem ernsten Gespräch hat uns die Nacht überrascht. Genua liegt schlafen. Der Tyrann fällt erschöpft von den Sünden des Tages nieder. Wachet für beide!

Bourgognino. Eh wir scheiden, laßt uns den heldenmüthigen Bund durch eine Umarmung beschwören. (Sie schließen mit verschränkten Armen einen Kreis.) Hier wachsen Genuas fünf größte Herzen zusammen, Genuas größtes Loos zu entscheiden. (Drücken sich inniger.) Wenn der Welten Bau auseinander fällt und der Spruch des Gerichts auch die Bande des Bluts, auch der Liebe zerschneidet, bleibt dieses fünffache Heldenblatt ganz! (Treten auseinander.)

Verrina. Wann versammeln wir uns wieder?

Fiesco. Morgen Mittag will ich eure Meinungen sammeln.

Verrina. Morgen Mittag denn. Gute Nacht, Fiesco! Bourgognino, komm!

Du wirst etwas Seltsames hören. (Beide ab.)

Fiesco (zu den Andern). Geht ihr zu den Hinterthoren hinaus, daß Dorias Spionen nichts merken. (Alle entfernen sich.)

 

Neunzehnter Auftritt

Fiesco, der nachdenkend auf und nieder geht.

Welch ein Aufruhr in meiner Brust! welche heimliche Flucht der Gedanken – Gleich verdächtigen Brüdern, die auf eine schwarze That ausgehen, auf den Zehen schleichen und ihr flammroth Gesicht furchtsam zu Boden schlagen, stehlen sich die üppigen Phantome an meiner Seele vorbei – Haltet! haltet! Laßt mich euch ins Angesicht leuchten – ein guter Gedanke stählet des Mannes Herz und zeigt sich heldenmäßig dem Tage. – Ha! ich kenne euch! – das ist die Liverei des ewigen Lügners – verschwindet! (Wieder Pause, darauf lebhafter.) Republikaner Fiesco? Herzog Fiesco? – Gemach – Hier ist der gähe Hinuntersturz, wo die Mark der Tugend sich schließt, sich scheiden Himmel und Hölle – Eben hier haben Helden gestrauchelt, und Helden sind gesunken, und die Welt belagert ihren Namen mit Flüchen – Eben hier haben Helden gezweifelt, und Helden sind still gestanden und Halbgötter geworden – (Rascher.) Daß sie mein sind, die Herzen von Genua? Daß von meinen Händen dahin, dorthin sich gängeln läßt das furchtbare Genua? – O über die schlaue Sünde, die einen Engel vor jeden Teufel stellt – Unglückselige Schwungsucht! uralte Buhlerei! Engel küßten an deinem Halse den Himmel hinweg, und der Tod sprang aus deinem kreißenden Bauche – (Sich schaudernd schüttelnd.) Engel fingst du mit Sirenentrillern von Unendlichkeit – Menschen angelst du mit Gold, Weibern und Kronen! (Nach einer nachdenkenden Pause, fest.) Ein Diadem erkämpfen ist groß. Es wegwerfen ist göttlich. (Entschlossen.) Geh unter, Tyrann! Sei frei, Genua, und ich (sanft geschmolzen) dein glücklichster Bürger!

Dritter Aufzug

Furchtbare Wildniß.

Erster Auftritt

Verrina. Bourgognino kommen durch die Nacht.

Bourgognino (steht still.)A wohin führst du mich, Vater? Der dumpfe Schmerz, womit du mich abriefst, keucht noch immer aus deinem arbeitenden Odem. Unterbrich dieses grauenvolle Schweigen. Rede.

Ich folge nicht weiter.

Verrina. Das ist der Ort.

Bourgognino. Der schrecklichste, den du auffinden konntest. Vater, wenn Das, was du hier vornehmen wirst, dem Orte gleich sieht, Vater, so werden meine Haarspitzen aufwärts springen.

Verrina. Doch blühet das, gegen die Nacht meiner Seele. Folge mir dahin, wo die Verwesung Leichname morsch frißt, und der Tod seine schaudernde Tafel hält – dahin, wo das Gewinsel verlorner Seelen Teufel belustigt, und des Jammers undankbare Thränen im durchlöcherten Sieb der Ewigkeit ausrinnen – dahin, mein Sohn, wo die Welt ihre Losung ändert, und die Gottheit ihr allgütiges Wappen bricht – dort will ich zu dir durch Verzerrungen sprechen, und mit Zähneklappern wirst du hören.

Bourgognino. Hören? Was? ich beschwöre dich.

Verrina. Jüngling! ich fürchte – Jüngling, dein Blut ist rosenroth – dein Fleisch ist milde geschmeidig; dergleichen Naturelle fühlen menschlich weich; an dieser empfindenden Flamme schmilzt meine grausame Weisheit. Hätte der Frost des Alters oder der bleierne Gram den fröhlichen Sprung deiner Geister gestellt – hätte schwarzes, klumpigtes Blut der leidenden Natur den Weg zum Herzen gesperrt, dann wärst du geschickt, die Sprache meines Grams zu verstehen und meinen Entschluß anzustaunen.

Bourgognino. Ich werde ihn hören und mein machen.

Verrina. Nicht darum, mein Sohn – Verrina wird damit dein Herz verschonen. O Scipio, schwere Lasten liegen auf dieser Brust – ein Gedanke, grauenvoll, wie die lichtscheue Nacht – ungeheuer genug, eine Mannsbrust zu sprengen – Siehst du? Allein will ich ihn vollführen – allein tragen kann ich ihn nicht. Wenn ich stolz wäre, Scipio, ich könnte sagen, es ist eine Qual, der einzige große Mann zu sein – Größe ist dem Schöpfer zur Last gefallen, und er hat Geister zu Vertrauten gemacht – Höre, Scipio-Bourgognino. Meine Seele verschlingt die deinige.

Verrina. Höre, aber erwiedre nichts. Nichts, junger Mensch! Hörst du? Kein Wort sollst du drauf sagen – Fiesco muß sterben!

Bourgognino (mit Bestürzung). Sterben? Fiesco?

Verrina. Sterben! – Ich danke dir, Gott! es ist heraus – Fiesco sterben, Sohn, sterben durch mich! – Nun geh – es gibt Thaten, die sich keinem Menschen-Urtheil mehr unterwerfen – nur den Himmel zum Schiedsmann erkennen – Das ist eine davon. Geh. Ich will weder deinen Tadel, noch deinen Beifall. Ich weiß, was sie mich kostet, und damit gut. Doch höre – du könntest dich wohl gar wahnsinnig daran denken – Höre – sahest du ihn gestern in unsrer Bestürzung sich spiegeln? – Der Mann, dessen Lächeln Italien irre führte, wird er seines Gleichen in Genua dulden? – Geh. Den Tyrannen wird Fiesco stürzen, das ist gewiß! Fiesco wird Genuas gefährlichster Tyrann werden, das ist gewisser! (Er geht schnell ab. Bourgognino blickt ihm staunend und sprachlos nach, dann folgt er ihm langsam.)

Zweiter Auftritt

Saal bei Fiesco.

In der Mitte des Hintergrunds eine große Glasthüre, die den Prospect über das Meer und Genua öffnet. Morgendämmerung. – Fiesco vom Fenster.

Was ist das? – der Mond ist unter – Der Morgen kommt feurig aus der See – Wilde Phantasieen haben meinen Schlaf aufgeschwelgt – mein ganzes Wesen krampfig um eine Empfindung gewälzt – Ich muß mich im Offenen dehnen. (Er macht die Glasthüre auf. Stadt und Meer von Morgenroth überflammt. Fiesco mit starken Schritten im Zimmer.) Daß ich der größte Mann bin im ganzen Genua? und die kleineren Seelen sollten sich nicht unter die große versammeln? – Aber ich verletze die Tugend? (steht still.) Tugend? – Der erhabene Kopf hat andre Versuchungen, als der gemeine – Sollt' er Tugend mit ihm zu theilen haben? – Der Harnisch, der des Pygmäen schmächtigen Körper zwingt, sollte der einem Riesenleib anpassen müssen?

Die Sonne geht auf über Genua.

Diese majestätische Stadt! (Mit offenen Armen dagegen eilend.) Mein! – und drüber emporzuflammen, gleich dem königlichen Tag – drüber zu brüten mit Monarchenkraft – all die kochenden Begierden – all die nimmersatten Wünsche in diesem grundlosen Ocean unterzutauchen? – Gewiß! Wenn auch des Betrügers Witz den Betrug nicht adelt, so adelt doch der Preis den Betrüger. Es ist schimpflich, eine Börse zu leeren – es ist frech, eine Million zu veruntreuen, aber es ist namenlos groß, eine Krone zu stehlen. Die Schande nimmt ab mit der wachsenden Sünde. (Pause, dann mit Ausdruck.) Gehorchen! – Herrschen! – ungeheure schwindlichte Kluft – Legt Alles hinein, was der Mensch Kostbares hat – eure gewonnenen Schlachten, Eroberer – Künstler, eure unsterblichen Werke – eure Wollüste, Epikure – eure Meere und Inseln, ihr Weltumschiffer! Gehorchen und Herrschen! – Sein und Nichtsein! Wer über den schwindlichten Graben vom letzten Seraph zum Unendlichen setzt, wird auch diesen Sprung ausmessen. (Mit erhabenem Spiel.) Zu stehen in jener schrecklich erhabenen Höhe – niederzuschmollen in der Menschlichkeit reißenden Strudel, wo das Rad der blinden Betrügerin Schicksale schelmisch wälzt – den ersten Mund am Becher der Freude – tief unten den geharnischten Riesen Gesetz am Gängelbande zu lenken – schlagen zu sehen unvergoltene Wunden, wenn sein kurzarmiger Grimm an das Geländer der Majestät ohnmächtig poltert – die unbändigen Leidenschaften des Volks, gleich so viel strampfenden Rossen, mit dem weichen Spiele des Zügels zu zwingen – den emporstrebenden Stolz der Vasallen mit einem – einem Athemzug in den Staub zu legen, wenn der schöpferische Fürstenstab auch die Träume des fürstlichen Fiebers ins Leben schwingt. – Ha! welche Vorstellung, die den staunenden Geist über seine Linien wirbelt! – Ein Augenblick Fürst hat das Mark des ganzen Daseins verschlungen. Nicht der Tummelplatz des Lebens – sein Gehalt bestimmt seinen Werth. Zerstücke den Donner in seine einfachen Silben, und du wirst Kinder damit in den Schlummer singen; schmelze sie zusammen in einen plötzlichen Schall, und der monarchische Laut wird den ewigen Himmel bewegen – Ich bin entschlossen! (Heroisch auf und nieder.)

Dritter Auftritt

Voriger. Leonore tritt herein mit merklicher Angst.

Leonore. Vergeben Sie, Graf. Ich fürchte, Ihre Morgenruhe zu stören.

Fiesco (tritt höchst betreten zurück.) Gewiß, gnädige Frau, Sie überraschen mich seltsam.

Leonore. Das begegnet nur den Liebenden nie.

Fiesco. Schöne Gräfin, Sie verrathen Ihre Schönheit an den feindlichen Morgenhauch.

Leonore. Auch wüßt' ich nicht, warum ich den wenigen Rest für den Gram schonen sollte.

Fiesco. Gram, meine Liebe? Stand ich bisher im Wahn, Staaten nicht umwühlen wollen, hieße Gemüthsruhe?

Leonore. Möglich – Doch fühl' ich, daß meine Weiberbrust unter dieser Gemüthsruhe bricht. Ich komme, mein Herr, Sie mit einer nichtsbedeutenden Bitte zu belästigen, wenn Sie Zeit für mich wegwerfen möchten. Seit sieben Monaten hatt' ich den seltsamen Traum, Gräfin von Lavagna zu sein. Er ist verflogen. Der Kopf schmerzt mir davon. Ich werden den ganzen Genuß meiner unschuldigen Kindheit zurückrufen müssen, meine Geister von diesem lebhaften Phantome zu heilen. Erlauben Sie darum, daß ich in die Arme meiner guten Mutter zurückkehre?

Fiesco (äußerst bestürzt). Gräfin?

Leonore. Es ist ein schwaches, verzärteltes Ding, mein Herz, mit dem Sie Mitleiden haben müssen. Auch die geringsten Andenken des Traums könnten meiner kranken Einbildung Schaden thun. Ich stelle deßwegen die letzten überbliebenen Pfänder ihrem rechtmäßigen Besitzer zurück. (Sie legt einige Galanterieen auf ein Tischchen.) Auch diesen Dolch, der mein Herz durchfuhr – (seinen Liebesbrief) auch diesen – und (indem sie sich laut weinend hinausstürzen will) behalte nichts, als die Wunde!

Fiesco (erschüttert, eilt ihr nach, hält sie auf). Leonore! Welch ein Auftritt! Um Gotteswillen!

Leonore (fällt matt in seinen Arm). Ihre Gemahlin zu sein, hab' ich nicht verdient, aber Ihre Gemahlin hätte Achtung verdient – Wie sie jetzt zischen, die Lästerzungen! Wie sie auf mich herabschielen, Genuas Damen und Mädchen! »Seht, wie sie wegblüht, die Eitle, die den Fiesco heirathete.« – Grausame Ahndung meiner weiblichen Hoffart! Ich hatte mein ganzes Geschlecht verachtet, da mich Fiesco zum Brautaltar führte.

Fiesco. Nein, wirklich, Madonna! dieser Auftritt ist sonderbar.

Leonore. Ah, erwünscht. Er wird blaß und roth. Jetzt bin ich muthig.

Fiesco. Nur zwei Tage, Gräfin, und dann richten Sie mich.

Leonore. Aufgeopfert! – Laß mich es nicht vor dir aussprechen, jungfräuliches Licht! Aufgeopfert einer Buhlerin. Nein, sehen Sie mich an, mein Gemahl! Wahrhaftig, die Augen, die ganz Genua in knechtisches Zittern jagen, müssen sich jetzt vor den Thränen eines Weibes verkriechen. – Fiesco (äußerst verwirrt). Nicht mehr, Signora. Nicht weiter.

Leonore (mit Wehmuth und etwas bitter). Ein schwaches Weiberherz zu zerfleischen! O es ist des starken Geschlechts so würdig. – Ich warf mich in die Arme dieses Mannes. An diesen Starken schmiegten sich wollüstig alle meine weiblichen Schwächen. Ich übergab ihm meinen ganzen Himmel – Der großmüthige Mann verschenkte ihn an eine-Fiesco (stürzt ihr mit Heftigkeit ins Wort). Meine Leonore! nein-Leonore. Meine Leonore? – Himmel, habe Dank! das war wieder echter Goldklang der Liebe. Hassen sollt' ich dich, Falscher, und werfe mich hungrig auf die Brosamen deiner Zärtlichkeit – Hassen? Sagte ich hassen, Fiesco? O glaub' es nicht! Sterben lehrt mich dein Meineid, aber nicht hassen. Mein Herz ist betrogen. (Man hört den Mohren.)

Fiesco. Leonore, erfüllen Sie mir eine kleine kindische Bitte.

Leonore. Alles, Fiesco, nur nicht Gleichgültigkeit.

Fiesco. Was Sie wollen, wie Sie wollen – (Bedeutend.) Bis Genua um zwei Tage älter ist, fragen Sie nicht, verdammen Sie nicht! (Er führt sie mit Anstand in ein anderes Zimmer.)